Beiträge von Merkur-Uranus im Thema „Ist Erleuchtung den Mönchen vorbehalten?“

    MonikaMarie1:


    Ob Nichtwiederkehrer oder Stromeingetretener - all diese Bezeichnungen sind lediglich Wegweiser. Es ist doch wirklich nicht wichtig, ob jemand den Dalai Lama für erleuchtet hält oder Jesus in das Konzept passt. Ich möchte mich gar nicht (mehr) mit anderen und an anderen messen (müssen). Ich habe vor meinen eigenen Fußen genug zu tun.


    Der Punkt ist meines Erachtens eher der: Menschen sind in der Regel sogenannte "Modell-Lerner". Sie verstehen Dinge am besten dann, wenn sie ein Vorbild sehen, an dem sie sich orientieren können. Darum halte ich es für wichtig zu wissen, an welche "erleuchtete Vorbilder" man sich halten kann.


    Zu Buddhas Zeiten wurde anscheinend sehr offen darüber gesprochen, wer erleuchtet war und wer nicht - schließlich ging es ja genau darum. Heute wird immer mehr so ein Verbots-Schild über diese Frage gelegt, so als ob es anrüchig wäre, darüber zu sprechen.


    Vermutlich liegt das daran, das vielen Praktizierenden im Grunde ihres Herzens mehr die buddhistische Praxis bzw. der Buddhismus am Herzen liegt, als das Erwachen selbst (so zumindest formuliert es Dzogchen Ponlop Rinpoche in seinem Buch "Buddha Rebell).

    Geronimo:
    Merkur-Uranus:

    Und ob Buddha ein Sammasambuddha war und ob er alle Siddhis entfaltet hat - diese Behauptungen lassen sich nicht erfahren, sie lassen sich - ebenso wie der Glaube an Feuerhöllen und himmlische Wesen - nur glauben.


    Wenn du es erfährst wirst du es verstehen.


    So redet auch Osama bin Laden ;)

    Simo:


    Buddha wusste sicher so viel mehr. Aber er hat alles gelehrt, was nötig ist, damit sich die Wesen vom pragmatischsten aller Probleme, dem des Leidens, befreien können. Warum hat er das andere nicht gelehrt? Weil es nicht zweckdienlich ist, nicht pragmatisch (pragmatisch="auf die anstehende Sache und entsprechendes praktisches Handeln gerichtet; sachbezogen") .


    Liebe Grüße.


    So betrachtet, würde er wohl den Kopf schütteln angesichts der ellenlangen Diskussionen hier über Wiedergeburt oder säkularen Buddhismus oder dies oder das :) Und vielleicht würde er auch sagen, he leute, erwacht mal wieder und sprecht dann aus der erfahrung des erwachens heraus und nicht darüber...

    Jikjisa:

    merkur:

    Zitat

    Deswegen halte ich auch die - angebliche - Aussage des Buddha für problematisch


    Wieso ? Buddha war ein Sammasambuddha, deswegen hatte er unbegrenztes Wissen und Einsicht, und konnte dies auch artikulieren.
    Auch alle Siddhis hatte er entfaltet. Das in dieser Vollkommenheit, ist aber nicht notwendig, um "gewöhnliche" Buddhaschaft zu verwirklichen. Wenn Du nicht an die Lehre glaubst, bzw. den Erfahrungen Praktizierender, wird es schwierig deine Fragen vertrauensvoll zu reflektieren. Da kommt man dann nicht mal auf den Minimalnenner. Also ist es müßig.


    Damit wird Buddhismus zu einer reinen Glaubensform. Jeder Christ und jeder Muslime wird sagen, dass sich durch Glauben und Vertrauen Gott (oder was auch immer offenbart). Und das ist auch vollkommen in Ordnung. Nur dann ist es halt Religion.


    Auf der anderen Seite ist es jedoch die große Würde der Lehre des Buddha, dass sich Vertrauen auch ohne mythologischen Glauben entfalten lässt. Und das man nichts glauben muss, was sich nicht überprüfen lässt. Und ob Buddha ein Sammasambuddha war und ob er alle Siddhis entfaltet hat - diese Behauptungen lassen sich nicht erfahren, sie lassen sich - ebenso wie der Glaube an Feuerhöllen und himmlische Wesen - nur glauben.

    Jikjisa:
    Merkur-Uranus:

    Beziehungsweise gibt es überhaupt einen Menschen, für den diese Zuschreibung zutrifft?


    Bestimmt, aber die sind ja entsüchtet, sie suchen höchstens nochmal Bestätigung durch einen Meister/Siegel und hängen es nicht an die Glocke oder ans schwarze Brett. Allen gemeinsam ist ja, daß sie ganz oder größtenteils in Abgeschiedenheit leben, als eine Art Adäquat zur Abgeschiedenheit des Geistes ( und Gemüts ).


    Da sollte man aufpassen. Denn mit solchen Aussagen schreibt man anderen Menschen enorme Kräfte zu - ohne es selbst wissen zu können, oder es überprüft zu haben - einfach aus dem persönlichen Glauben heraus.


    Deswegen halte ich auch die - angebliche - Aussage des Buddha für problematisch, wenn er - angeblich - eine Handvoll Blätter in die Hände nimmt und sie als das notwendige Wissen definiert, das es braucht um zu erwachen, während sein Wissen mit den Blättern des ganzen Baumes verglichen wird. - Das sind dann schon immer sehr idealisierende, mythologische Heiligsprechungen, die meiner Ansicht nach nicht wirklich mit dem pragmatischen Ansatz der Lehre des Buddha in Einklang steht.

    Jikjisa:

    Merkur:

    Zitat

    dass ein Laie erwacht, er am selben Tag noch Mönch werden oder sterben muss.


    Ich bin der festen Überzeugung, daß ein/e Laie, wenn er/sie voll-erwacht ( zum Arhat/MeisterIn ) nur unter dem Schutz der Sangha weiterleben kann oder als Obdachlose/r. Im Westen mag er/sie dann irgendwie aufgefangen werden durch Suppenküchen. Aber er/sie wird die Tendenz haben sich weiter zurückzuziehen. Insofern ist ein baldiger Tod eher warscheinlich, denn ausgeschlossen.


    Interessant. Da bräuchte ich an dieser Stelle noch präzisere Definitionen über das Konzept "voll-erwacht". Ist der Dalai Lama beispielsweise "voll-erwacht"? Beziehungsweise gibt es überhaupt einen Menschen, für den diese Zuschreibung zutrifft?

    Als Basis dieser Frage dient ein Absatz von Bhante Dhammikas Buch "Broken Buddha": Er schreibt:


    "Schon sehr früh schloss der Theravâda die Laien von der Möglichkeit aus, Nibbâna zu verwirklichen – zwar nicht offiziell per Dekret, aber in Form eines ungeschriebenen Gesetzes. Wie der Name schon impliziert, bezieht sich der Theravâda hauptsächlich nur auf ältere Mönche zu, nicht auf Laien und schon gar nicht auf Nonnen oder weibliche Laien. Zur Zeit des Milindapaìha (1. Jh.. u. Z.) war es orthodoxe Lehrauffassung geworden, dass wenn das seltene Ereignis stattfindet, dass ein Laie erwacht, er am selben Tag noch Mönch werden oder sterben muss. Auch Thanissaro deutet an, dass es für einen Laien unmöglich ist, zu erwachen. Er sagt: „(Wir) sollten bemerken, dass der Dhamma nur in Verbindung mit dem Vinaya funktioniert. Man wird das angestrebte Ziel nur mit beiden erreichen. In der Theorie mögen sie getrennt sein, aber in der Person, die beides praktiziert, verschmelzen beide als entwickelte Qualitäten im Geist und Charakter ...“ Für das Erwachen ist der Vinaya ein wesentlicher Faktor, und weil Laien den Vinaya nicht praktizieren, können sie nicht erwachen. Das scheint nicht gerade gut mit dem übereinzustimmen, was der Buddha lehrte, aber der Buddha war eben kein Theravâdin. In den Sutten werden viele Laien erwähnt, die erwachten. Weiterhin wird uns erzählt, dass der Vinaya in den ersten 20 Jahren der Lehrtätigkeit des Buddha noch nicht existiert hat. Wenn Thanissaros Aussagen stimmen würden, dann müsste man sich wohl fragen, wie die vielen Erwachten dieser Zeit es ohne Vinaya geschafft haben? Ganz abgesehen von den vielen großen tibetischen, Ch’an- und Zen-Meistern, die den Vinaya oder wenigstens nicht den Vinaya des Theravâda praktiziert haben. Thanissaros Aussagen zufolge, müssten sie alle von der Möglichkeit des Erwachens ausgeschlossen sein. Und was ist mit Bhaddalis interessanter Beobachtung, dass es mehr Erwachte gab, als noch kein Vinaya existierte? (M,I,444)."


    Was seht ihr?