Denken

  • Wenn man so durch die gegenwärtigen Darstellungen von Zen-Adepten, nicht nur hier im Forum, zappt, gewinnt man den Eindruck, "Denken" sei höchst "Bäh" - unterstützt wird das dann auch durch Zitate der "Zen-Patriarchen".


    Ist das so?

  • Dann frag doch den Kanon


    Zitat

    4. Wenn einer aber nicht denkt, ihr Bhikkhus, und nichts beabsichtigt und auch nicht (bei den Dingen) verharrt, - so entsteht damit keine Grundlage für den Bestand des Bewußtseins. Wenn keine Grundlage vorhanden ist, so tritt Fortdauer des Bewußtseins nicht ein. Wenn das Bewußtsein nicht fortdauert und nicht zunimmt, so tritt für die Zukunft Wiedergeburt und Neuerstehung nicht ein. Wenn Wiedergeburt und Neuerstehung nicht vorhanden ist, so werden für die Zukunft Geburt, Alter und Tod, Schmerz, Kummer, Leid, Betrübnis und Verzweiflung aufgehoben. Auf solche Art kommt die Aufhebung der ganzen Masse des Leidens zustande."


    Oder "Wissenschaftler"...
    falls nicht die Patriarchen,
    wenn dir da noch im unklaren bist.

  • Und falls dir noch nicht aufgefallen ist, "Satipatthana" is verunmöglicht beim Denken.
    Ob s nun Bäh ist, beantworte dir selber.



    Namu Amidha Butsu _()_

  • bel:

    Wenn man so durch die gegenwärtigen Darstellungen von Zen-Adepten, nicht nur hier im Forum, zappt, gewinnt man den Eindruck, "Denken" sei höchst "Bäh" - unterstützt wird das dann auch durch Zitate der "Zen-Patriarchen".


    Ist das so?


    Produktives Denken ist nicht bäh, das andere ist gagga.

  • mukti:

    Zitat

    Alle Anhaftungen sind "bäh".


    Anhaftung ablehnen ist Anhaftung. Bäh.
    Wann ist denn : "letztlich" ? Doch immer Jetzt und Hier.

  • keks:

    Jetzt und hier ist auch Anhaftung, an das Jetzt und Hier.


    Logisch, konventionell Sprech, aber bist direkt drauf angesprungen.
    Kannste halt nicht unterscheiden, wann konventionell, wann absolut angebracht is.
    Aber versuch mal ne Alternativantwort, ohne Gewese.

  • Hätte der Buddha nach seiner Erleuchtung aufgehört zu denken, wüssten wir heute nichts mehr von ihm, auch nichts über die "Zen Patriarchen",
    hätten sie ganz und gar aufgehört, an seiner Lehre anzuhaften, könnten wir heute gar nicht drüber diskutieren.
    Meiner Meinung nach sind Denken und Anhaften zutiefst menschliche Eigenschaften, mit denen man weiterhin leben muss solange man hier ist. Im besten Fall kann man nur lernen, sie zu modellieren.

  • Denken führt dazu einen beobachteten Beobachter anzunehmen (ist das ist nicht ein erster Irrtum?) der einen Gedanken eines existieren müssenden Denkers (ist das ist ein zweiter Irrtum?) den man nicht beobachten kann wahrnehmen zu müssen glaubt (ist das nicht ein dritter Irrtum?).


    Was sagt der Buddhist dazu?
    Ist das nicht ein Dilemma?

  • gbg:

    Denken führt dazu einen beobachteten Beobachter anzunehmen (ist das ist nicht ein erster Irrtum?) der einen Gedanken eines existieren müssenden Denkers (ist das ist ein zweiter Irrtum?) den man nicht beobachten kann wahrnehmen zu müssen glaubt (ist das nicht ein dritter Irrtum?).


    Der Wirbel spielt sich nur draussen ab, innen bleibt alles ruhig wenn man sich mit der unsichtbaren Sache die manche Stille nennen identifiziert 8)

  • Hrrrmph .... äh - ritzambää ... wie war nochmal die Frage?

    bel:

    Wenn man so durch die gegenwärtigen Darstellungen von Zen-Adepten, nicht nur hier im Forum, zappt, gewinnt man den Eindruck, "Denken" sei höchst "Bäh" - unterstützt wird das dann auch durch Zitate der "Zen-Patriarchen".


    Ist das so?


    Ich versuche mal, mit Hilfe eines Zitates von Hanshan Deqing (den ich dazu etwas kommentiere) eine mögliche Sichtweise zu der Frage darzustellen.

    Hanshan Deqing:

    Was gemeinhin als Übung bekannt ist, heisst einfach, mit dem aktuellen Geisteszustand übereinzustimmen, um die täuschenden Gedanken und die Spuren der Gewohnheits-Neigungen zu läutern und loszulassen.


    Bemerkenswert ist, dass hier nicht von Aufgeben und/oder Beenden der Gedanken die Rede ist, sondern vielmehr davon, sie zu läutern.

    Hanshan Deqing:

    Darauf deine Anstrengungen zu richten, wird Übung genannt. Wenn innerhalb eines einzigen Augenblicks die täuschenden Gedanken plötzlich enden, wirst du deinen eigenen Geist bis auf den Grund wahrnehmen und erkennen, dass er gewaltig und offen ist, hell und leuchtend - in sich vollkommen und vollständig.


    ... was als Resultat der Übung endet, sind täuschende Gedanken. Hier stellt sich dann zunächst die Frage, ob (alle) Gedanken zwangsläufig täuschend sind. Eine Bejahung dieser Frage führt zu dem in der westlichen Philosophie unter dem Namen 'Paradoxon des Epimenides' bekannten infiniten Regress, denn selbstverständlich wäre dann der Gedanke, dass alle Gedanken täuschend sind, selbst ein täuschender Gedanke. Daraus folgt, dass die Annahme "alle Gedanken sind täuschend" schon aus formallogischen Gründen nicht richtig sein kann. Das sollte zumindest jedem einleuchten, der sich schon einmal entweder mit abendländischen oder indischen Logikern (z.B. den Zen-Patriarchen Nagārjuna und Kānadeva) befasst hat. Weiter im Text:

    Hanshan Deqing:

    Dieser Zustand, Sein in ursprünglicher Reinheit, bar jeder Dinglichkeit, wird Erleuchtung genannt. Getrennt von diesem Geist existiert kein spiritueller Fortschritt, keine Erleuchtung. Die Essenz deines Geistes ist wie ein Spiegel und all die Zeichen täuschender Gedanken und des Haftens an Bedingungen sind verunreinigender Staub des Geistes. Deine begriffliche Auffassung von Erscheinungen ist dieser Staub und dein emotional bestimmtes Bewusstsein die Verunreinigung. Wenn alle täuschenden Gedanken dahinschmelzen, wird sich die zu Grunde liegende Essenz aus eignem Antrieb offenbaren. Wie wenn die Verunreinigung durch Polieren entfernt wird, gewinnt der Spiegel seine Reinheit wieder. Dasselbe gilt für die Ausübung der Lehre.


    Der entscheidende Punkt in Hanshans Argumentation ist die "begriffliche Auffassung von Erscheinungen" - das in der Tat eine Definition von "Denken" im herkömmlichen Sinn. Dieses Denken veranschaulicht Hanshan mit dem Bild "Staub". Die Frage ist jedoch, was macht diesen "Staub" zu einem "verunreinigenden Staub" bzw. "Denken" zu "täuschendem Denken"? Dazu führt Hanshan eine zweite Komponente ein: das mit dem Denken verbundene "emotional bestimmte Bewusstsein" ist die "Verunreinigung". Ist nun Denken zwangsläufig mit einem emotional bestimmten Bewusstsein verbunden? Ist ein nicht emotional (also durch die Grundantriebe Gier und Hass in ihren reinen wie vermischten, groben wie subtilen Formen) bestimmtes Bewusstsein fähig, zu denken? Zumindest theoretisch ist dies ja ohne weiteres denkbar - die Frage ist jedoch, wie ein solches Denken, ohne "Spuren der Gewohnheits-Neigungen" (vgl. 1. Absatz) ist und wie es praktisch möglich ist. Die Erfahrung eines solchen Denkens ist uns nicht - jedenfalls nicht jedem von uns - ohne weiteres möglich.


    Ein zweiter Punkt: das Bewusstsein kann in sehr unterschiedlichem Grad emotional bestimmt sein - entsprechend sind Gedanken bzw. das Denken auch unterschiedlich täuschend. Dabei kann ein weniger täuschendes Denken - wenn es zu der "Übung", die darauf gerichtet ist, "mit dem aktuellen Geisteszustand übereinzustimmen, um die täuschenden Gedanken und die Spuren der Gewohnheits-Neigungen zu läutern und loszulassen" motiviert, zu einer Aufhebung und Überwindung stärker täuschender Gedanken führen, wenn schon nicht zur Aufhebung von Täuschung überhaupt. Darum geht es in der Upaya-Doktrin und Dōgen drückt diesen Gedanken(!) mit diesem Bild aus:

    Dōgen:

    "Obwohl die Weisen alle Übungen entwerfen, die die Wurzel von Schlingpflanzen abschneiden, üben sie nicht, dass 'abschneiden' bedeutet, Schlingpflanzen mit Schlingpflanzen abzuschneiden; sie wissen nicht, dass Schlingpflanzen von Schlingpflanzen umschlungen sind. Wieviel weniger können sie dann wissen, dass Schlingpflanzen auf Schlingpflanzen folgen. Wenige verstehen, dass die Dharmanachfolge Schlingpflanzen ist. Niemand hat dies gehört. Niemand hat es je gesagt. Wie könnte es da Viele geben, die es bestätigt haben?"

    Und kurz darauf lässt Dōgen Bodhidharmas Schüler Dōfuku seinem Lehrer sein Verständnis so darlegen:

    Dōgen:

    "Meine gegenwärtige Sicht ist, dass man, ob ohne am geschriebenen Wort zu haften oder vom geschriebenen Wort losgelöst, doch in der Funktion des Weges wirkt".

    Das ist Bodhidharmas Haut - und Dōgen spricht deutlich aus, dass die nicht weniger wert ist als sein Fleisch, seine Knochen, sein Mark. Dass Dōfukus Verständnis nicht seichter ist, als das von Eka.

    Dōgen:

    "Jene, die so sprechen, haben nie die Buddhas und Patriarchen studiert und es fehlt ihnen die korrekte Überlieferung der Worte des Patriarchen [Bodhidharma]. Wir sollten verstehen, dass es in den Worten "Haut, Fleisch, Knochen und Mark" des Patriarchen kein 'seicht' oder 'tief' gibt".
    (Zitate aus Shōbōgenzō Kattō)


    Doch zurück zu Hanshan - ich überspringe einen Absatz:

    Hanshan Deqing:

    Im Allgemeinen gesprochen gibt es in diesem Zeitalter des Verfalls der Lehre mehr Leute, die üben, als Leute, die tatsächlich Verwirklichung erfahren. Es gibt mehr Leute, die ihre Mühen verschwenden als solche, die Stärke erlangen. Warum ist dies so? Sie üben ihre Anstrengungen nicht auf direkte Weise aus und kennen nicht die Abkürzung. Statt dessen füllen viele Leute lediglich ihren Geist mit vergangenem Wissen von Wörtern und Sprachen wovon sie gehört haben, oder sie messen die Dinge mit dem Maßstab ihrer emotionalen Wertungen, oder sie unterdrücken die täuschenden Gedanken, oder sie blenden sich selbst mit Visionen an den Tore ihrer Sinne. Diese Leute klammern sich an die Worte der Alten in ihrem Geist und halten sie für wirklich. Darüber hinaus haften sie an diesen Worten als an eigener Sicht. Nichts wissen sie davon, dass nichts davon auch nur im Geringsten nützlich ist. Dies nennt man "nach dem Verständnis Anderer greifen und den eigenen Zugang zur Erleuchtung verbergen".


    Man könnte dies als Gegenposition zu Dōgen missverstehen - wenn da nicht die kleine, aber bedeutsame Einschränkung "lediglich" wäre ("Statt dessen füllen viele Leute lediglich ihren Geist mit vergangenem Wissen von Wörtern und Sprachen") - und man sich dann nicht fragen müsste, warum Hanshan selbst sich überhaupt die Mühe gemacht hat, dickleibige Bücher zu schreiben. Das Manko ist: "Sie üben ihre Anstrengungen nicht auf direkte Weise aus". Das verweist nicht darauf, dass das "vergangene Wissen von Wörtern und Sprachen" falsch oder hinderlich ist - es alleine ist lediglich nicht hinreichend. Das "Üben auf direkte Weise" ist absolut unverzichtbar. Das Üben mit dem rechten Denken (shō shiyui) ist es allerdings auch. Man übt im Sitzen, Liegen, Stehen und Gehen - und auch, wenn man nicht sitzend Gehen oder liegend Stehen kann, so ist und bleibt es doch eine Übung.


    Man sollte sich bewusst sein, dass Hanshan, wenn er im Folgenden im Zusammenhang mit der "Übung" davon spricht, sich "von Wissen und Verstehen zu lösen" nicht meint, sich damit vom Denken zu lösen - sondern vielmehr, das Denken auf einen Gedanken zu reduzieren und den Geist darauf zu richten. Natürlich ist dies dann auch nicht die "eine Übung". Es ist "Sitzen" - nicht "Sitzen, Liegen, Stehen und Gehen". Zumindest ist es nicht "Holz hacken", nicht "Autofahren", nicht "schlaue Bücher (oder Forumsbeiträge) schreiben" oder "allen Wesen von Nutzen sein". Das alles ist ohne "Wissen und Verstehen" schlecht möglich. Wenn sich das "Wissen und Verstehen" des "einen Gedankens" hingegen in der Übung einstellt - dann ist das das "Wissen und Verstehen" aller Gedanken. Es ist das "Wissen und Verstehen", das aus dem "einen Gedanken" selbst kommt und nicht aus dem durch "emotional bestimmtes Bewusstsein" und "emotional bestimmte Begriffe" "verunreinigenden" Denken. Positiv ausgedrückt: reines Denken. Hanshan nennt es den "ungeborenen Gedanken".

    Hanshan Deqing:

    Um dich der Übung zu widmen, musst du dich zuerst von Wissen und Verstehen lösen und mit geeintem Geist all deine Anstrengung auf einen Gedanken richten. Hege in deinem Geist die feste Überzeugung, dass er ursprünglich rein und klar ist, ohne das geringste beständige Ding - er ist strahlend und vollkommen und er durchdringt das Reich der Wahrheit. Eigentlich gibt es keinen Körper, keinen Geist, keine Welt, noch gibt es irgendwelche falschen Ansichten und emotional bestimmte Begriffe. Gerade in diesem Augenblick ist dieser eine Gedanke selbst ungeboren. Alles, was sich nun vor Dir offenbart, ist nur Schein und ohne Substanz - es ist alles Widerspiegelung des wahren Geistes. Arbeite auf diese Art, sie zu vernichten. Du solltest Deinen Geist fest ausrichten, um zu beobachten, wo die Gedanken entstehen und wo sie enden. Wenn Du so übst - gleich, welche Arten von täuschenden Gedanken auftauchen; ein Schlag, und sie sind alle zerschmettert. Sie alle werden sich auflösen und verschwinden. Du solltest niemals täuschenden Gedanken folgen oder sie bestehen lassen. Meister Yongjia hat uns ermahnt: "Man muss den verweilenden Geist abschneiden." Der Grund dafür ist, dass der Erscheinungen wahrnehmende Geist der Täuschung ursprünglich ohne Wurzel ist. Du solltest niemals einen täuschenden Gedanken für real halten und versuchen, in deinem Herzen daran festzuhalten. Bemerke ihn, sowie er erscheint. Sowie du ihn bemerkst, wird er verschwinden. Versuche nie, Gedanken zu unterdrücken sondern lasse sie zu, wie Du einen Kürbis beobachtest, der auf dem Wasser davon treibt.


    Zur "Wurzel" hatten wir ja schon Dōgen. Ich will da jetzt nicht darauf rekurrieren (man lese notfalls selbst nach), denn eigentlich geht es ja um etwas Anderes, nämlich um die Übung. Entscheidend für die Übung ist also nicht, das Denken zu unterlassen, sondern der Umgang mit den Gedanken. Es gilt, den verweilenden Geist abzuschneiden, die Anhaftung - nicht die oder den Gedanken.

    Hanshan Deqing:

    Lass Körper, Geist und Welt beiseite und erzeuge einzig diesen einen Gedanken wie ein Schwert, das den Himmel durchbohrt. Gleich, ob Buddha oder Mara erscheinen, schneide sie ab wie ein Knäuel verwirrter Seidenfäden. Gebrauche geduldig all deine Anstrengung und Stärke um deinen Geist bis an das äußerste Ende zu drängen. Was man "einen Geist, der korrektes Denken wahrer Soheit aufrecht erhält" nennt, bedeutet, dass korrektes Denken Nicht-Denken ist. Wenn du in Lage bist, Nicht-Denken zu betrachten, steuerst du bereits auf die Weisheit aller Erwachten zu.


    So ist Nicht-Denken tatsächlich zu verstehen - als "korrektes Denken wahrer Soheit". Zur Soheit gehören auch die mehr oder weniger täuschenden Gedanken - nur liegen sie nicht als "verunreinigender Staub" auf einem Spiegel oder der "Essenz des Geistes". Spiegel und Geistessenz sind selbst nur Staubkörnchen, die mit allen anderen gemeinsam im Sonnenlicht tanzen und glitzern.


    ()

    OM MONEY PAYME HUNG

  • sudhana:

    Zitat

    Bemerkenswert ist, dass hier nicht von Aufgeben und/oder Beenden der Gedanken die Rede ist, sondern vielmehr davon, sie zu läutern.


    Sachen jibet.


    Zitat

    16
    Das Aufgeben der Worte und des Denkens
    Führt uns jenseits aller Orte.
    Ohne Worte und Denken aufzugeben,
    Kann man sie nicht lösen.


    Zitat

    Hege in deinem Geist die feste Überzeugung, dass er ursprünglich rein und klar ist, ohne das geringste beständige Ding - er ist strahlend und vollkommen und er durchdringt das Reich der Wahrheit.


    Korrekt.



    "Eine zugedeckte Schale Wasser reflektiert den Mondschein nicht" ( vergessen von wem oder was )
    Grüße
    Blue_


  • Dieses plötzliche aufhören der täuschenden Gedanken habe ich als nicht mehr nachdenken erfahren. Da sind Gedanken aber kein Verknüpfen mehr. Die Übung die ich sehe und auch von bestimmten Menschen in meiner Umgebung immer wieder einfordere ist: sage deine Gedanken, nicht deine Vorstellungen. Sprich es aus, egal was. Ob wahr oder nicht für Hörer und Sprecher kann erst geklärt werden wenn es gesagt ist. -()-

  • Die Menschheit hat es lieber kompliziert.
    Das ist wie als ich heute einem Bekannten sagte, dass es einfach ist den Herkunftsort eines straftätigen Flüchtlings herauszufinden ganz ohne Pass oder Ausweis. Mit seinem Handy, da sind alle GPS-Standorte gespeichert und wenn die da nicht sind dann sind Telefonnummern von Bekannten und Anruflisten auf dem Handy. "Ja aber so einfach geht das nicht, das ist viel schwieriger".


    Ja genau, viel schwieriger :badgrin:

  • Sudhana:

    Hier stellt sich dann zunächst die Frage, ob (alle) Gedanken zwangsläufig täuschend sind.


    Wie ich die Zen-Lehre verstehe, ist es tatsächlich so gemeint, dass Gedanken ihrem Wesen nach illusorisch, weil etwas Vorgestelltes sind und im Zen keineswegs eine dualitäre Unterscheidung zwischen täuschenden Gedanken auf der einen und wahrhaftigen Gedanken auf der anderen Seite errichtet werden sollte.


    bel:

    Wenn man so durch die gegenwärtigen Darstellungen von Zen-Adepten, nicht nur hier im Forum, zappt, gewinnt man den Eindruck, "Denken" sei höchst "Bäh"


    Dass Gedanken als die Abstraktionen, die sie nun mal sind, ihrem Wesen nach illusorisch sind, ist ja gar nichts Schlimmes und keineswegs Bäh. Vielmehr ist die Vorstellung, Gedanken seien dies oder das oder Bäh selbst eine gedankliche Vorstellung. Die Lehre besagt doch lediglich, dass in genau dem Augenblick, in dem alles Anhaften (an Vorstellungen etc.) aufgegeben ist, der Geist in seiner Soheit verbleibt. Während der Zen-Praxis wäre das ein angemessener Zustand. Im Rahmen der Anforderungen des Alltags mag das Hervorbringen von situationsbezogenen Gedanken ebenso angemessen sein. Die Leerheit der Gedanken (/aller Dinge) zu schauen, bedeutet doch nichts anderes als dasjenige zu schauen, das schaut.


    Das Herausstellen einer prinzipiellen Berechtigung (oder Verwerflichkeit) von Gedanken scheint mir einem eher philosophischen Ansatz zu entsprechen, auf den sich meines Wissens weder Buddha, noch die mir bekannten Patriarchen eingelassen haben.


    _()_
    Tai

  • Tai:

    in dem alles Anhaften (an Vorstellungen etc.) aufgegeben ist, der Geist in seiner Soheit verbleibt.


    Anhaften aufgeben ist unnötig und irgendwie funktioniert das auch nicht.


    Der Geist, die Soheit befindet sich immer vor der Person. Dann verschiebt sich der Blickwinkel weg von der Identifikation mit dem Körper hin zu dem "keine Ahnung zu was". Gleichzeitig ist auch das Ego der Person weg. Gedanken werden nach wie vor da sein, die Stille/Ruhe der Meditation nimmt aber immer mehr Raum ein und lässt weniger Gedanken zu. Aus der Stille kommen Gedanken, Identifikation und alles andere. Durch die Stille verschiebt sich nach und nach der Blickwinkel/die Wahrnehmung. Da ist trotzdem der Körper und da sind dennoch Schmerzen aber die Stille ist stärker und zieht einen immer wieder zu sich hin, so dass die Identitikation mit dem vorherigen Weltbild wegfällt.

  • Tai:
    Sudhana:

    Hier stellt sich dann zunächst die Frage, ob (alle) Gedanken zwangsläufig täuschend sind.


    Wie ich die Zen-Lehre verstehe, ist es tatsächlich so gemeint, dass Gedanken ihrem Wesen nach illusorisch, weil etwas Vorgestelltes sind und im Zen keineswegs eine dualitäre Unterscheidung zwischen täuschenden Gedanken auf der einen und wahrhaftigen Gedanken auf der anderen Seite errichtet werden sollte.


    Das mit dem infiniten Regress hast Du jetzt aber nicht wirklich verstanden, oder? Wenn das tatsächlich "so gemeint" ist, wie Du die "Zen-Lehre" verstehst - ist das "so gemeinte" nicht auch ein Gedanke? Und ist dieser dann nicht auch seinem "Wesen nach illusorisch, weil etwas Vorgestelltes"? Wenn er aber rein illusorisch und nur eine Vorstellung ist - was ist dann von seiner Aussage zu halten?


    Ansonsten - ich habe nirgendwo "eine dualitäre Unterscheidung zwischen täuschenden Gedanken auf der einen und wahrhaftigen Gedanken auf der anderen Seite" getroffen. Echt nicht (hab's nochmal nachgelesen). Ich weiss nicht, wo Du das her hast. Hanshan und ich haben allenfalls von dem "einen Gedanken" bzw. "ungeborenen Gedanken" geschrieben (Einzahl, nicht Mehrzahl) - und auch nicht, dass der "wahrhaft" sei, sondern "korrektes Denken wahrer Soheit". Von Gedanken (Mehrzahl) habe ich wiederum geschrieben, dass sie aus einem Bewusstsein kommen, das "in sehr unterschiedlichem Grad emotional bestimmt" sein kann und "entsprechend [...] auch unterschiedlich täuschend" sind.

    Tai:

    Das Herausstellen einer prinzipiellen Berechtigung (oder Verwerflichkeit) von Gedanken scheint mir einem eher philosophischen Ansatz zu entsprechen, auf den sich meines Wissens weder Buddha, noch die mir bekannten Patriarchen eingelassen haben.


    Nun, ich weiss ja nicht, was Du unter einem philosophischen Ansatz verstehst - aber diesen von anderen zu unterscheiden, würde nun ich "eine dualitäre Unterscheidung" nennen. Was 'Buddha' angeht, so würde ich empfehlen (falls Du Mahāprajñāpāramita-sūtra, Laṅkāvatāra-sūtra, Avataṃsaka-sūtra und Saddharma Puṇḍarīka - die voller "philosophischer Ansätze" stecken - nicht gelten lassen magst), sich mal mit Yoniso Manasikāra auseinanderzusetzen. Zum Einstieg: http://www.bdcu.org.au/Yoniso-Manasikara-Sampada.pdf. Was die Patriarchen angeht, so hatte ich bereits (wenn man schon Dōgen oder Hanshan nicht gelten lassen mag) beispielhaft auf Nagārjuna und Kānadeva verwiesen. Die sind nicht zufällig in die Patriarchenliste hineingeraten, sondern als Verfasser der San Lun (drei Abhandlungen). So wie auch Aśvaghoṣa als Verfasser des Dasheng qixin lun (Mahāyāna-śraddhôtpāda) da hinein geraten ist. Ohne die Madhyamaka-Philosophie der San Lun und das Amalgam von Yogâcāra und Tathagathagarbha-Doktrin im Dasheng qixin lun hätte es nie ein Chan oder Zen gegeben - und die chinesischen Patriarchen wussten sehr gut, warum sie sich in diese Übertragungslinie einordneten.


    ()

    OM MONEY PAYME HUNG

  • keks:

    Zitat

    Der Geist, die Soheit befindet sich immer vor der Person.


    Wo guckst du denn hin ?
    Das mit der "Stille", dem Anflug von Leerheit, das hat sich bald, wenn du der Sila nicht "eingedenk" bist, selbst wenn du sie nicht wörtlich kennst, intuitiv würden dir Hemmnisse klar sein, da erhebst du dich nicht, verleumdest BDS nicht und treibst kein Sport. Das zeigt übrigens "Ego".
    Also nix mit

    Zitat

    Gleichzeitig ist auch das Ego der Person weg.


    Auch wenn wirklich existenzielle Schwierigkeiten aufkreuzen, hat es sich, wenn du nicht weiter "einigst und vertiefst". Entspannt - wovon lebst du eigentlich ?- unter der Sonne des Südens, ist ja nettikett. Ich weiß gar nicht wie viele da hängen geblieben sind, aber es waren und sind so einige.



    Geht mir auf den Keks
    Blue_

  • sudhana:

    Zitat

    Yoniso Manasikāra auseinanderzusetzen. Zum Einstieg: http://www.bdcu.org.au/Yoniso-Manasikara-Sampada.pdf.


    Bloß nicht ! …theoretisch... `Yoniso Manasikāra`muss "bloß so". Koanarbeit ist da gut. 'Prajna Paramita`.
    Und wozu ist das gut: studier(te) dies, studier(te) das ? Besser nur lesen, wenn 'Inspiriration' da ist, dann klettet das nicht. Kletten vernebelt.
    Ich finde "korrekt" was Tai geschrieben hat.

  • blue_aprico:

    wenn du der Sila nicht "eingedenk" bist


    Sila - das war doch die personifizierte Nussschale an die sich Buddhisten klammern damit die Person nicht ungewollt davon schwimmt. Lass es schwimmen Blue :shock: