Praxis mit der Sangha

  • Das Schwierigste finde ich ja immer die Praxis mit der lokalen Sangha :(


    Wenn mal wieder so ein Ding auftaucht, erwische ich mich schnell bei dem Gedanken, einfach abzuhauen, und mir eine schönere, angenehmere Sangha zu suchen, mit cooleren Leuten, weniger Dogmatikern, weniger Aufmerksamkeits- und Harmoniesüchtigen, weniger Bescheidwissern, weniger Gutmenschen, weniger Moralaposteln und Weltverbesserern, kurzum einfach weniger Deppen.


    Kann man nicht mal einfach vor sich hin LEBEN?


    Dann sitze ich ein-zwei Runden und beruhige mich wieder. Ja, ich weiß, es gibt keine bessere Sangha. Wo Menschen zusammenkommen, blubbert es, wo Buddhisten zusammenkommen, ist das Absolute Wahre Gute Richtige immer dabei, und ich gehöre auch zu den Idioten. Trotzdem, manchmal ist es einfach anstrengend.


    Das Blöde ist, dass man ja nicht nur mit irgendwelchen Gedanken und Emotionen anderer und eigener zu tun bekommt. Das Blöde ist, dass sich solche Gedanken und Emotionen in Handeln umsetzen, mit konkreten Auswirkungen auf mein Leben.


    Wie beim Sitzen nicht vor den Schmerzen abzuhauen, finde ich es eine echt schwierige Übung, hier nicht vor den inneren und äußeren Verwicklungen abzuhauen.


    Damit einfach zu sitzen, ohne stumpf zu werden. Immer wieder zur Aufmerksamkeit zurück zu kehren, bis sich ein Fädchen zeigt, an dem man ziehen kann, so dass sich was lösen und verändern kann. Weder in eine resignative Hinnahme zu verfallen, noch in Regelungswut.


    Den Unterschied zwischen Resignation und Annahme finde ich immer wieder verdammt schwer zu erkennen.


    Musste nur mal ein bisschen jammern. Schon vorbei. Weiter gehts... :?

  • "Mitten im Leben und somit allen im Weg." :lol::lol::lol:


    Du machst das schon. Und denk dran, wer für alles offen ist, ist nicht ganz dicht.

  • Hallo Jojo


    Zitat

    mit cooleren Leuten, weniger Dogmatikern, weniger Aufmerksamkeits- und Harmoniesüchtigen, weniger Bescheidwissern,
    weniger Gutmenschen, weniger Moralaposteln und Weltverbesserern, kurzum einfach weniger Deppen


    Wer bleibt da noch übrig ? :D


    Rolf

  • Gibt immer Menschen denen irgendwas nicht passt. Zieh du dein Ding durch JoJo und lass die anderen denken/sagen was sie wollen :)

  • @ Rolf Ja, das Muster "alles Idioten außer mir" kommt mir natürlich bekannt vor.


    @ Elke Ich glaube schon, vor allem, wenn man eine Familie hat, oder Kollegen, mit denen man zusammen schwierige Situationen durchsteht und mit denen man lange zusammenarbeitet, so dass man sie jenseits der Rollen als Menschen kennenlernt. denen brauch ich aber nicht mit Gesprächen über die Praxis zu kommen, und im Internet möchte ich nicht zu detailliert werden. Sangha ist also schon was anderes.


    @ Keks Ich fürchte, im aktuellen Fall bin ich das Hindernis. Eben wie Jiun Ken sagt: "allen im Weg". Es ist keine große Sache, aber doch was Grundsätzliches, was die Frage betrifft, was wir als Sangha wollen, und worin die gemeinsame Praxis besteht. Meiner Meinung nach besteht sie darin, gemeinsam Zazen zu üben und einen Ort bereit zu stellen, wo Leute gemeinsam Zazen üben können.


    es gibt aber Leute, die meinen, dass wir mehr tun müssen, geben und helfen. Und ich finde, das überfordert unsere Gemeinschaft - nicht im Einzelfall, aber als grundsätzliche Zielsetzung für die Gruppe, die vielleicht sogar noch in der Satzung verankert werden soll. Es ist schwer, da zu argumentieren, denn was kann man gegen Geben und Helfen haben? Ich finde aber, dass da eine Art Gruppenego aufgebaut wird, dass wir die Guten sind.


    Wenn der Einzelne aus unserer Gruppe geben und helfen will, soll er das gern machen, aber ich bin dagegen, eine Art Zwangsverpflichtung für die Gruppe einzuführen. Das Ganze wurde motiviert durch einen aktuellen Fall, in dem Hilfe scheinbar dringend und schnell nötig ist. Da sind die Emotionen und das Mitleid hochgekocht. Und das ist nicht das erste Mal. Sie kochen jedenfalls immer noch, und ich steh da als egoistisches Arschloch. Ich glaube schon, dass ich mich letztendlich verständlich machen werde, aber das wird mühsam.

  • Jojo:

    Zitat

    Da sind die Emotionen und das Mitleid hochgekocht.


    Merkwürdig.
    Erinnert mich an die Jokes vom Mann im Kreisssaal ;)
    Angemessen für einander da sein in einer Sangha find ich aber richtig,
    was ist das sonst für ein gemeinsames Sitzen ?

  • Angemessen füreinander da sein - ja sicher, das ergibt sich von selbst, wenn man sich besser kennen lernt. Aber die Sangha als Wohltätigkeitsverein für Dritte - das ist eine ganz andere Sache. Das muss man sich gut überlegen, und da muss man alle fragen. Das kann nicht per Dekret verordnet werden.

  • Elke:

    Apropos Sangha: Kann man eigentlich auch ohne "glücklich" werden? Ich such nämlich gar nicht erst nach einer bzw. habe kein Bedürfnis danach und bin quasi "Einzelkämpferin".
    Mal abgesehen von der virtuellen Sangha hier.


    Das Juwel der Zuflucht ist dreifach. Buddha, Dharma und Sangha. Zuflucht nimmt man ganz oder garnicht. Eine Zweidrittel-Zuflucht gibt es nicht.


    Jedes der drei Zufluchtsobjekte hat seine eigenen Probleme und Schwierigkeiten des Zugangs. Und jeder kommt mit unterschiedlichen Problemen auf seine eigene Art besser oder schlechter zurecht. Die Probleme, mit denen man selbst schlechter zurecht kommt, weisen einen auf persönliche Lerndefizite hin und sind insofern besonders hilfreich.


    Just my 2 cents ...


    _()_

    OM MONEY PAYME HUNG

  • Elke:

    Apropos Sangha: Kann man eigentlich auch ohne "glücklich" werden?


    Klar, so wie man auch ohne Schwimmverein auskommen kann und für sich selbst schwimmen kann.
    Der eine ist gerne alleine und kommt mit dem Alleinsein super zurecht, der andere ist lieber unter Menschen.

  • Sangha hat ja mit "unter Menschen sein" vordergründig nix zu tun, abgesehen natürlich davon, dass Buddha die "gute" Freundschaft ( Kalyāṇa-mittatā ) mehr pries als anderes ( ! ) - die gegenseitige Hilfe und Begleitung. Erst wenn man diese nicht vorfindet, wenn der Umgang nicht "heilsam" ist, sollte man ganz für sich allein gehen ( als wie ein Nashorn ), abgesehen natürlich von den Zeiten des Retreat, mit dem auch die Entsagung vom Hang nach Geselligkeit und Schwatzhaftigkeit :D geübt werden soll. Der Einzelgänger vermag doch nicht zu geben, im Mahayana ist aber die Erfahrung von Geben und Nehmen wichtig, von Zuwendung zur Welt, eine subtile Angelegenheit, die sich nicht unbedingt auf materielles bezieht. Mahayana als Beispiel entstand ja auch durch den Wunsch zu geben, zu fördern, zu begleiten, hier den Laien die Lehre und Praxis, die vom Orden vordem ausgeschlossen wurden, eine Sache die aber nicht von Buddha her stammt. Das ist so wie mit den Kai, man vergisst das und die Gelübde, die individuelle Baustelle sind.

    Einmal editiert, zuletzt von Anonymous ()

  • Ich schrieb ja , es geht was Sangha betrifft eher um immaterielle Dinge und kalyâna mittattâ bezieht sich hier auf Menschen einer Gemeinschaft die mit dem Dhamma der Lehre des Buddha, verbunden sind.

  • Namaste


    wenn man nicht mal den Mut aufbringt der Sangha Vertrauen zu schenken, bei denen man weiß was sie anstreben, woran sie arbeiten, welches Ziel sie haben, wie will man dann fremden Menschen Vertrauen entgegen bringen ? Wie will man Befreiung erlangen ?
    Wie sollte man in den Wesen die Buddhanatur erkennen, wenn es mit der Sangha schon nicht geht ?
    Wenn man sich noch als einzeln von einer Sangha betrachtet, wie will man je verstehen das wir alle miteinander verbunden sind ?
    Stolz ist die erste Hürde die zu nehmen ist.



    Gute Wünsche,
    Karma Pema

  • Sudhana:

    Zweidrittel-Zuflucht


    :lol:
    Zuflucht nehmen ist glaube ich noch mal was anderes, als einfach nur ein bisschen praktizieren.


    Bin jetzt wieder ein bisschen runtergekommen. In meiner Sangha sind halt ein paar schwere Idealisten. Wir werden miteinander reden müssen. Ja, für mich gibt´s da sicher auch was zu lernen. Manchmal wünsche ich mir, weniger lernen zu müssen. Ich bin aber doch froh, dass es uns gibt, und dass wir es uns erlauben, über sowas aneinanderzugeraten.

  • Karma Pema:

    wenn man nicht mal den Mut aufbringt der Sangha Vertrauen zu schenken, bei denen man weiß was sie anstreben, woran sie arbeiten, welches Ziel sie haben
    Wenn man sich noch als einzeln von einer Sangha betrachtet, wie will man je verstehen das wir alle miteinander verbunden sind ?


    Ich weiß ja nicht, in was für einer Sangha von Unfehlbaren du unterwegs bist. Ich bin in einer Sangha, die aus ganz normalen Menschen besteht, mich selbst eingeschlossen.


    "Ich weiß, wo´s lang geht!" rief der Chef der Lemminge und stürzte sich über die Klippe. Ist natürlich auch eine Art der Befreiung.


    Zitat

    Stolz ist die erste Hürde die zu nehmen ist.


    Ich denke, nein. Hier geht´s um die Frage, wie die Praxis der Gabe aussehen kann. Und das ist ein komplexes und interessantes Thema.

  • Karma Pema:

    Ich weiß nur welches Ziel sie haben, sie ergänzen mich und ich ergänze sie.


    Das ist sehr schön.
    Wir sind nicht so toll.
    Wir zanken uns, und auch sonst irren wir eher orientierungslos durch die Gegend.
    Wie ich das so zusammenfasse, denke ich gerade: ich bin doch schon ganz am richtigen Platz.

  • Liebe jojo,


    leider habe ich habe nicht ganz alles gelesen, nur so viel: beides kann richtig sein, zu bleiben, und zu gehen.


    Depends on ;)

  • Elke:

    Apropos Sangha: Kann man eigentlich auch ohne "glücklich" werden? Ich such nämlich gar nicht erst nach einer bzw. habe kein Bedürfnis danach und bin quasi "Einzelkämpferin". Mal abgesehen von der virtuellen Sangha hier.


    Langfristig finde ich es sehr schwer ohne Sangha "glücklich" zu werden, denn ich habe das Gefühl, Du meinst damit nicht nur "ohne Sangha" sondern auch "ohne Lehrer". Nach meiner Erfahrung helfen einem Dharmafreunde bei der Praxis (auch wenn sie manchmal rumzicken, aber das tue ich ja genauso :lol: ), der Lehrer sowieso !
    Eine Sangha ist gerade dann wertvoll weil man sich räumlich zu ihr hin bewegen muss und Familie und sonstige Verpflichtungen nicht mit sich nehmen muss....Ein stiller Ort wo man in Ruhe mit Freunden praktizieren kann. Ist doch toll ! :)

  • Namaste Jojo


    ich habe grade große Schwierigkeiten mit einer Person die mich sehr enttäuscht hat. Von der ich mir immer wieder wünsche, dass sie mich anders behandelt, das sie selbst anders ist. Und in dieser wirklichen Not kam mir ein Gedanke der mir sehr geholfen hat, der mir inneren Frieden gebracht hat der mit einem Mal nur mir ganz allein gehörte. Das war der Gedanke, das Seine Heiligkeit gesagt hat wir sollen keine Zuflucht zu nieder Göttern nehmen. Unsere einzige Zuflucht sind nicht andere Menschen sondern Buddha allein.
    Ich wünsche dir das du das annehmen kannst.



    Gute Wünsche,
    Karma Pema

    • Offizieller Beitrag
    Jojo:

    Dann sitze ich ein-zwei Runden und beruhige mich wieder. Ja, ich weiß, es gibt keine bessere Sangha. Wo Menschen zusammenkommen, blubbert es, wo Buddhisten zusammenkommen, ist das Absolute Wahre Gute Richtige immer dabei, und ich gehöre auch zu den Idioten. Trotzdem, manchmal ist es einfach anstrengend.


    Ja, da hast du recht. Das was man selber anderen selber anbieten kann, ist ja auch nur so ein weiterer verblendeter, egoistischer Trottel. Der deswegen theoretisch bei den anderen verblendeten, egoistischen Trotteln auch ganz gut aufgehoben ist. Wobei es sehr praktisch wäre, wenn da wenigstens ein oder zwei rumlungern würden, die für die anderen Geduld,Weisheit und Gelassenheit ausstrahlen.


    Seung Sahn hat geschrieben, dass sie in Korea, die Kartoffeln nicht einzeln waschen, sondern sie zusammen in einem Topf tun, so dass sie sich gegenseitig den Schmutz abrubbeln, wenn der geschwenkt wird. Was ja kartoffel-technisch nicht so dass schlechteste ist. Aber einem selbst - so als Kartoffel - wäre es doch lieber, von so einem weisen Meister Yoda rausgezupft und achtsam mit lauwarmen Wasser gereinigt zu werden. Statt auch noch den Dreck von den anderen in die Fresse zu kriegen.