Gestern rief mich das Altersheim an. Die Altenpflegerin bat mich mit meiner Mutter spazieren zu gehen, weil das Wetter so schön sei. Außerdem sei meine Mutter heute ziemlich unruhig und wollte immer raus. Ich erklärte ihr, dass ich meine Mutter erst in zwei Tagen besuchen wollte. Dann dachte ich mir, dass ich heute ja mal eine Ausnahme machen könnte und fuhr eine dreiviertel Stunde mit dem Rad zum Altenheim.
Ich ging in ihr Zimmer. Meine Mutter lag in ihrem Bett und schlief. Und ihre Zimmergenossin lag auch in ihrem Bett und war tot. Die Altenpflegerin erklärte mir, dass die alte Frau vor einer halben Stunde gestorben sei. Ich empfand das als Führung durch meine Meister. Ich spürte in mir den Impuls ein Sterberitual für sie durchzuführen. Ich verband mit geistig mit meinen Meistern und erklärte ihnen, dass ich dazu spirituell noch nicht weit genug entwickelt bin.
Ich erinnerte mich, wie die tibetischen Meister das machen. Als erstes versuchte ich die Seele der Verstorbenen zu orten. Sie war nicht mehr in ihrem Körper. Sie schwebte über mir im Altersheim. Dort konnte ich sie spüren. Die alte Frau war friedlich gestorben. Ihre Seele beobachtete von oben relativ neutral das Geschehen. Die Frau hatte nicht an ein Leben nach dem Tod geglaubt und wunderte sich jetzt, dass sie nach dem Tod weiterleben konnte. Sie steckte aber in einer erdnahen Energieebene fest.
Ich überlegte, wie ich sie ins Paradies bringen konnte. Das ging ganz einfach. Ich habe seit vielen Jahren die Amtibabha-Meditation praktiziert. Ich visualisiere dabei den Buddha Amitabha (den Buddha des Lichts und der Liebe) über mir im Himmel im Paradies und denke dann das Mantra "Amitabha." Das tat ich auch gestern. Ich konzentrierte mich auf den Buddha Amitabha im Paradies und verband ihn mit der Seele der Verstorbenen. Ich bat ihn der Seele zu helfen. Dann dachte ich längere Zeit das Mantra "Amitabha." Bis ich das Gefühl hatte, dass die Seele der Frau jetzt ihren Weg ins Licht finden konnte. Ich machte dann mit meiner Mutter einen langen Spaziergang. Dabei wiederholte ich das Mantra noch eine längere Zeit. Ich betete auch für meine Mutter und für alle Menschen im Altersheim.
Nach dem Spaziergang betrachtete ich noch einige Zeit die Leiche im Zimmer meiner Mutter. Sie lag so friedlich da, dass ich alle Angst vor dem Tod verlor. Ich empfand den Tod als etwas völlig Normales. Ich stellte mich geistig darauf ein, dass ich in einiger Zeit auch meine Mutter so daliegen sehen würde. Und auch ich würde irgendwann von oben meinen Körper betrachten. Das wird vermutlich zwar noch einige Jahrzehnte dauern, aber kein Mensch lebt ewig. Das einzig Sichere im Leben ist der Tod. Heute bin ich irgendwie sehr nachdenklich. Ich bin der Endlichkeit des Lebens begegnet. Und ich glaube, dass meine Meister mich zu der alten Frau geführt haben, damit ich ihr spirituell helfe. Das berührt mich auch irgendwie.