die dunkle Nacht der Seele

  • Sehnsüchtig hoffen,
    suchen, glauben
    doch die Sehnsucht
    bleibt noch ungestillt



    Nach Verklingen der Worte ... Mondstille
    hinter bläulich weißen Nebelschleiern.
    Schau hinab, das Wasser
    will lächelnd seine Verse dir erzählen



    Mitgerissen von dem Strom
    gleich Geröll,
    tief im Strudel
    ohne Halt und Ausweg



    Es ist längst zu spät.
    Unsere Konstruktionen lösen sich auf
    und mit ihnen alles
    was sie je hervorbrachten, selbst Zeit



    Nichts zu sehen,
    zu hören oder
    zu fühlen.
    Eine unendliche Neutralität



    Auf diese Weise
    täglich neu geboren,
    in ewiger Verliebtheit
    und Augenblicken tiefer Demut



    Wenn die Sonne nun erscheint und diese Welt wiederum
    in eine Symphonie von Licht und Schatten taucht
    haben wir erfahren was es bedeutete,
    namenlose Gleichheit



    Jahrhunderte später ...
    ein wieder entdecktes Meditationsgedicht ?

  • Nein, christlichen Suchern wohl bekannt:


    Johannes vom Kreuz
    Die dunkle Nacht der Seele
    Johannes vom Kreuz war einer der bekanntesten Mystiker des Christentums. Er unterstützte die Reformbemühungen Teresa von Avilas im Orden der Karmeliten und geriet dadurch immer wieder in Konflikt mit den Kirchenoberen. Seine mystischen Erfahrungen hat er in einem umfangreichen lyrischen Werk überliefert.
    Von Burkhard Reinartz


    _()_

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Ich habe gelernt, dass Christen durchaus meditieren oder auch immer meditiert haben.


    Ich weiss genauso, dass das von Person zu Person verschieden ist oder war. Aber das Gedicht klingt im ersten Moment durchaus nach Meditation :)

  • nescio:

    danke, Monika für deinen Hinweis.


    Doch klingen die Zeilen nicht auch irgendwie buddhistisch ?


    Christliche Mystik hat sehr verwandte Themen mit dem Buddhismus. Vor allem Johannes vom Kreuz ist sehr empfehlenswert für alle Meditierenden. Die Phasen, die er beschreibt, werden auch von buddhistischen Meditierenden so erlebt. Ein sehr gutes Hilfswerk unter vielen! :like:

  • nescio:


    Doch klingen die Zeilen nicht auch irgendwie buddhistisch ?


    Danke Nescio,
    aus meiner Erfahrung und Sicht heraus unterscheiden sich mystische Erfahrungen keineswegs von buddhistischen. Ich bin sogar sicher, dass Mystiker, ob nun Sufis oder Christen, die gleiche Sichtweise erreicht haben können wie der Buddha. Die buddhistische Sicht vom Leiden und seinem Ende ist lediglich vom Buddha in so klarer Weise ausgedrückt worden. Das allein unterscheidet ihn vielleicht von anderen Mystikern.


    Im Gegensatz zu Jesus, der sich offenbar auch im letzten Moment noch auf "seinen Vater im Himmel" beruft, nehmen viele Mystiker vom üblichen Gottesbild Abstand. So auch Theresa von Avila, an deren Seite Johannes vom Kreuz häufig gedient hat.


    Zunächst ist da Glaube, dann Vertrauen und zu guterletzt Gewissheit durch eigenes Erleben.


    Im übrigen hat mir das Büchlein von Johannes vom Kreuz "Die dunkle Nacht der Seele" einmal sehr geholfen, aus diesem dunklen Tal wieder herauszukommen.
    _()_ Monika

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  • Ist Glaube somit eine Art nützliche, vor allem in jungen Jahren Trost spendende und gleichzeitig Vertrauen schenkende Hilfskonstruktion ?


    Und liegt so gesehen, der tiefere Sinn des Glaubens nicht darin, eben jene zugrunde liegende, prinzipiell auf Subjekt Objekt beruhende Konstruktion (ich glaube an ...) als solche zu erkennen und irgendwann, wenn die Zeit gekommen ist, in stiller Meditation zur Einheit zurückzukehren ?


    Aus meiner Sicht ein entwicklungsgeschichtlich bedeutsamer, eher aus östlicher Tradition stammender Weg, der den Menschen da abholt wo er in seinem Glauben eigentlich steht

    vergleichbar mit einem Pilgerweg, der neben den tausend Namen einer Religionsrichtung schließlich auch meditative Elemente in sich vereinigt


    Näheres unter
    www. mondo zen.ego deconstruction

  • nescio:

    Ist Glaube somit eine Art nützliche, vor allem in jungen Jahren Trost spendende und gleichzeitig Vertrauen schenkende Hilfskonstruktion ?


    Hallo Nescio,
    ich "befürchte", ohne Glauben verlieren die Menschen ihren Halt. Es fehlt die Kraft, ein sinnvolles Leben zu führen. Der Abfall vom Glauben führt zu Anarchie. Es ist hierbei egal, was geglaubt wird, weil jeder Glauben Menschen Kraft verleiht. Fatal ist er natürlich, wenn er zu Gewalt und Terrorismus missbraucht wird.
    Im übrigen hilft er auch gerade alten Menschen, mit den Schwierigkeiten des Alterns zurecht zu kommen. Ich persönlich finde es besser, ein alter Mensch glaubt an die Mutter Maria als dass er in Hass und Missgunst zerfällt.


    Zitat

    Und liegt so gesehen, der tiefere Sinn des Glaubens nicht darin, eben jene zugrunde liegende, prinzipiell auf Subjekt Objekt beruhende Konstruktion (ich glaube an ...) als solche zu erkennen und irgendwann, wenn die Zeit gekommen ist, in stiller Meditation zur Einheit zurückzukehren ?


    Ja, für jene, die dazu fähig sind.


    Zitat

    Aus meiner Sicht ein entwicklungsgeschichtlich bedeutsamer, eher aus östlicher Tradition stammender Weg, der den Menschen da abholt wo er in seinem Glauben eigentlich steht

    vergleichbar mit einem Pilgerweg, der neben den tausend Namen einer Religionsrichtung schließlich auch meditative Elemente in sich vereinigt.


    Eben, für jene, die mehr wissen wollen.


    _()_ Monika

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  • ja,
    es kommt darauf an wie es mit dem Glauben weitergeht



    Aus Sicht des Buddhismus geht es wohl nebenbei um die allgemeine Konstruktion eines Bewußtseins ... um es Jahre oder Jahrzehnte später, wenn die Zeit gekommen ist, wieder allmählich loszulassen und damit gewissermaßen zu 'dekonstruieren'. Zugegeben, letzterer ist ein etwas gewöhnungsbedürftiger Begriff, doch einmal genossen, wird die dahinter stehende Erfahrung des Loslassens von Meditierenden als sehr angenehm empfunden und es fällt ihnen meistens leicht, ihr 'ego' auch mal hintenan zu stellen, ganz behutsam und mit einer gewissen Demut.



    Kann der Weg des egos vielleicht als Beispiel für den Weg des Glaubens dienen (und womöglich umgekehrt) ?
    So dürfte es zumindest die genannte Mondo Zen Gruppe verstanden haben.

  • nescio: solche Aussagen: "“Mondo Zen offers Zen interpreted from a more integral perspective and using more integral practices. It is apparent that it accelerates stage-state development more than traditional and post modern approaches. It is integral and it works better.” Ken Wilber", (http://www.integralzen.de/mondo-zen-retreat.html), machen mich persönlich etwas hellhörig. Wenn man seine eigene Richtung als "...beschleunigt die Entwicklung von... funktioniert besser" anpreist...aber ich bin auch ein Skeptiker.

  • stimmt,
    manchmal übertreiben die Amerikaner ein bißchen, doch langfristig scheint mir der hier aufgezeigte Weg 'vom Glauben zur Meditation' für Menschen aller Religionsrichtungen geeignet zu sein.


    Lyrik kann hier entschleunigend und beruhigend wirken.



    Auf meiner Suche bin ich übrigens auch mit Benjamin Radcliffs "Zen denken" in Berührung gekommen.
    Der Titel scheint etwas unglücklich gewählt, doch dieses ansonsten außergewöhnliche Werk geht ganz behutsam auf die Konstruktion des persönlichen EGOs ein, mit all seinen Facetten und Winkelzügen. Aus eigener Erfahrung ist es dann nur noch ein kleiner Schritt ... das ganze auch wieder loszulassen


    Und die Literatur kann man ebenso getrost beiseite legen

  • nescio: danke für deine Antwort. Ich habe schon an anderer Stelle geschrieben, dass für mich "spiritueller Eklektizismus" - "Meditations-Supermarkt" - keine allzu vertrauenswürdige Entwicklung darstellt. Dieser "Buddhismus light" bei dem Leute nur Meditation rauspicken. "Wohlfühlbuddhismus" in meinen Augen und natürlich ein Riesenmarkt, auf dem es wahnsinnig viel Geld (und "Ansehen") zu gewinnen gibt.
    Und: Wozu erst ein Ego aufbauen, wenn es schon "nicht ganz" einfach ist, das vorhandene loszulassen? Diesen Ansatz hab ich noch nie verstanden.

  • nescio:

    danke, Monika für deinen Hinweis.


    Doch klingen die Zeilen nicht auch irgendwie buddhistisch ?


    Äh, nein :?

    Wenn ich eine Frage stelle, ist das immer als echte Frage gemeint! :vajra:

  • Yeshe:
    nescio:

    danke, Monika für deinen Hinweis.


    Doch klingen die Zeilen nicht auch irgendwie buddhistisch ?


    Äh, nein :?


    Dem stimme ich zu, denn diese Worte des Leidens klammern sich an Samsara. Buddhas Lehre will davon ja befreien.
    Aber wenn es darum geht, welche dunklen Täler ein Suchender durchlaufen mag, haben alle Richtungen dieses gemein.
    _()_ Monika

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  • Varadinno:

    nescio: danke für deine Antwort. Ich habe schon an anderer Stelle geschrieben, dass für mich "spiritueller Eklektizismus" - "Meditations-Supermarkt" - keine allzu vertrauenswürdige Entwicklung darstellt. Dieser "Buddhismus light" bei dem Leute nur Meditation rauspicken. "Wohlfühlbuddhismus" in meinen Augen und natürlich ein Riesenmarkt, auf dem es wahnsinnig viel Geld (und "Ansehen") zu gewinnen gibt.


    ja,
    auf dem spirituellen Markt wird manipuliert wie sonst nirgendwo.



    So lag es mir am Herzen, einen Weg zu finden bei dem die Menschen ihre eigene kulturelle Identität bewahren können, da sie hiermit am ehesten vertraut sind, Christen beispielsweise mit der dunklen Nacht der Seele oder Muslime mit dem meditativen Pilgerweg der Sufis.


    Gehören Glaube und Meditation nicht seit jeher zu den sinnstiftenden Traditionen aller Religionsrichtungen ?


    Und wie schon gefragt, besteht jener tiefere Sinn des Glaubens nicht darin, beide Traditionen irgendwann miteinander zu verbinden wie es fernöstliche Religionen bereits seit tausenden von Jahren tun ?

  • nescio:


    So lag es mir am Herzen, einen Weg zu finden bei dem die Menschen ihre eigene kulturelle Identität bewahren können, da sie hiermit am ehesten vertraut sind, Christen beispielsweise mit der dunklen Nacht der Seele oder Muslime mit dem meditativen Pilgerweg der Sufis.


    Huch!


    Zitat

    Und wie schon gefragt, besteht jener tiefere Sinn des Glaubens nicht darin, beide Traditionen irgendwann miteinander zu verbinden wie es fernöstliche Religionen bereits seit tausenden von Jahren tun ?


    Nein.
    _()_

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  • Monikadie4.:
    nescio:



    kleine aber bedeutsame Korrektur


    ... wie es fernöstliche Religionen bereits seit tausenden von Jahren 'zulassen'

  • nescio:


    kleine aber bedeutsame Korrektur


    ... wie es fernöstliche Religionen bereits seit tausenden von Jahren 'zulassen'


    Auch das nicht. Denn zulassen bedeutet ja, dass sie ein Recht dazu hätten. Wenn Du das überhaupt ausdrücken willst, fände ich tolerieren besser.


    Ich widersprach aber vor allem dieser Ansicht,


    nescio:

    ... besteht jener tiefere Sinn des Glaubens nicht darin, beide Traditionen irgendwann miteinander zu verbinden ...
    _()_


    denn das ist nicht der tiefere Sinn des Glaubens. Zunächst einmal ist jeder Glaubende ja mehr oder weniger begeistert von der Erkenntnis bzw. Einsicht des Religionsstifters.
    Der Buddha hatte jedenfalls nicht die Einsicht, dass sich die Traditionen alle miteinander verbinden, sondern er hat sehr klar getrennt und damaligen Gelehrten widersprochen, die eine andere Lehre verbreiteten. Für den Buddha ging es um das Ende des Leidens, und das hat wenig mit Religion zu tun, aber sehr viel mit Eigenverantwortung und Arbeit an sich selbst.
    _()_ Monika

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  • Monikadie4.:


    Zunächst einmal ist jeder Glaubende ja mehr oder weniger begeistert von der Erkenntnis bzw. Einsicht des Religionsstifters.


    es ist zunächst der Glaube etwas gefunden zu haben,
    doch aus eigener Erfahrung ist dies nur der halbe Weg ...


    Monikadie4.:


    Für den Buddha ging es um das Ende des Leidens


    ... und somit sucht der Mensch weiter und sucht und sucht und sucht, im wahrsten Sinne des Wortes.
    Um die Sucht zu stillen werden bis zum heutigen Tage leider auch betäubende Drogen oder gar Medikamente eingenommen, welche die Persönlichkeit eines Menschen verändern können. Darüber sollte sich jeder im klaren sein, der solch eine 'Abkürzung zum Paradies' nimmt.



    Wie man in Meditation allmählich zu Ruhe und Zufriedenheit gelangen kann,
    davon haben immer noch die Wenigsten eine Ahnung

  • nescio:


    und somit sucht der Mensch weiter und sucht und sucht und sucht, im wahrsten Sinne des Wortes


    ... wenn er doch merken würde daß hinter der Sucht nur eine Sehnsucht steckt

  • nescio:
    nescio:


    und somit sucht der Mensch weiter und sucht und sucht und sucht, im wahrsten Sinne des Wortes


    ... wenn er doch merken würde daß hinter der Sucht nur eine Sehnsucht steckt

    Sehnsucht ist eine Leiden-schafft die mit Sehnen sucht was Leiden schafft.

  • mukti:
    Ellviral:

    Sehnsucht ist eine Leiden-schafft die mit Sehnen sucht was Leiden schafft.


    Und wenn man mit Sehnen sucht was kein Leiden schafft?

    Dann ist das "-sucht","sucht" keine Sucht/Siechtum/Krankheit mehr.

  • Ellviral:
    mukti:


    Und wenn man mit Sehnen sucht was kein Leiden schafft?

    Dann ist das "-sucht","sucht" keine Sucht/Siechtum/Krankheit mehr.


    Das ist dann die einzige Sucht die abnimmt wenn sie zunimmt :?