John R. Searle: Dinge sehen, wie sie sind

  • Der Philosophie-Professor John Searle (geb. 1932) behauptet in seinem aktuellen Buch "Seeing things as they are" (Oxford University Press 2015), dass wir die Dinge so sehen, wie sie sind.


    Ich dachte mir, ich poste das mal in einem Extrafaden hier, denn für den Salon war's mir zu schade. Offensichtlich deutet sich da ein entscheidender Wandel in der Philosophie an, wie man dem Artikel in der SZ entnehmen kann: http://www.sueddeutsche.de/kul…it-1.2646719?reduced=true


    Mir fiel natürlich sofort die Ähnlichkeit seines Buchtitels mit Formulierungen im Zen auf. Es geht dem Philosophen vor allem um eine bestimmte Theorie der Wahrnehmung und die Abkehr von einem Argument ("Repräsentationstheorie"), das mehrere Jahrzehnte die Philosophie bestimmte: dass wir die Dinge und Verhältnisse der Welt nur indirekt wahrnähmen. Dies wird von ihm als "bad argument" bezeichnet. Es habe Objekt und Inhalt verwechselt und das Wahrnehmungserlebnis selbst zum Objekt des Erlebens gemacht. Dies erschwere aber den direkten Zugang zu den Dingen. Searles Ideen haben Vorläufer etwa in Richard Rorty ("Philosophy and the mirror of nature"), der die Welt u.a. als Produkt unserer wechselnden Wortbeschreibungen ansah, als "Widerschein unserer Beschreibungen". Doch Searle geht weiter und lehnt die Vorstellung ab, die Welt würde uns nur als Idee und Spiegelung erscheinen.


    Hochinteressant, finde ich, und hoffentlich bald in deutscher Übersetzung zu haben. Es streift viele Ansätze des Zen, von der Ausgangsidee, dass wir die Welt nur illusionär wahrnehmen, bis hin zum Übungsziel, sie zu "durchschauen" bzw. eben die Dinge so zu sehen, wie sie wirklich sind. Ist das, was Searle beschreibt, also Zen oder ist es schlicht so, dass wir einen Fehler machten, wenn wir je glaubten, wir hätten die Welt nicht so gesehen, wie sie ist?

  • diamant:

    von der Ausgangsidee, dass wir die Welt nur illusionär wahrnehmen


    Ist das die Ausgangsidee des Zen?


    Zitat

    bis hin zum Übungsziel, sie zu "durchschauen" bzw. eben die Dinge so zu sehen, wie sie wirklich sind


    Endet im Zen das Schauen bei "Dingen" im Sinne von externen Objekten?

  • Jojo:
    diamant:

    von der Ausgangsidee, dass wir die Welt nur illusionär wahrnehmen


    Ist das die Ausgangsidee des Zen?


    Zitat

    bis hin zum Übungsziel, sie zu "durchschauen" bzw. eben die Dinge so zu sehen, wie sie wirklich sind


    Endet im Zen das Schauen bei "Dingen" im Sinne von externen Objekten?


    Insofern als du das bevorzugte Objekt der Wahrnehmung und auch Teil der Welt bist, und "Direktes Verweisen auf den Geist des Menschen" (jikishi-ninshin) sowie "Buddha-Werdung durch Schau der Selbstnatur" (jôbutsu-kenshô) zur Selbstdefinition des Zen gehören: ja.

  • Meine Frage dreht sich nicht um "Ich" vs. "Ding/Objekt".
    Bei dieser Frage zähle ich "ich/mich" ebenfalls zu den "Dingen/Objekten".


    Edit: Falls dir jetzt nicht klar wird, was ich damit meine... vielleicht habe ich Deine Erklärung ja gar nicht begriffen. Ein bisschen schwindlig ist mir davon nämlich geworden, mit den ganzen japanischen Ausdrücken drin :(

  • Moin Jojo,


    gut, das ist jetzt sehr allgemein: über den Status der Dinge der Außenwelt gibt es ja auch im Buddhismus unterschiedliche Ansichten. Ich glaube ganz grob trifft es schon zu, dass "die Außenwelt" dabei in den Mahayana-Schulen keine gänzlich unabhängige, objektive Realität darstellt. Sie als solche aufzufassen, ist eine falsche (illusionäre) Sichtweise und generiert Leiden. Und es wird angestebt, diese falsche Sichtweise zu beenden. So gesehen passt das schon.


    Inwieweit aber jetzt Philosophen wie Searle und andere (Davidson, Kripke, Ryle, Quine und wie sie alle heißen), bzw. deren Ideen und Konzepte sinnvoll in Bezug zu buddhistischen Lehren gebracht werden können, bin ich mir nicht sicher. Dafür habe ich mich zu wenig mit ihnen beschäftigt. Ich glaube es gibt viele Überschneidungen in den Fragestellungen, aber darüber hinaus...
    Ich halte z.B. auch nichts von den ganzen "Buddhismus-Quantenphysik"-Büchern. In der Regel haben die Autoren nämlich nur von einem der beiden Bereiche Ahnung, während sie den anderen einfach in ihr Denken eingliedern.