Shinzen Young

  • Kennt jemand Shinzen Young? Kann jemand mehr erzählen?

  • Axel Benz:

    Shinzen Young?


    Danke für den "Tip". Ich habe gerade kurz in den Talk geschaut, den er bei Google gegeben hat und finde es sehr interessant.

  • Auf den bin auch vor einiger Zeit gestoßen. Ich mag den Kerl, im Gegensatz zu den meisten anderen Dharma-Lehrer der "Neuzeit" ist er jemand der nicht um den heißen Brei herumredet. Neben Kenneth Folk, Daniel Ingram, An Eternal Now und Thusness (So nennen die sich) ist er einer der von sich gerade aus behauptet "Erleuchtung" realisiert zu haben. Jedoch machen die daraus keinen Hokuspokus sondern bleiben auf dem Boden und räumen mit Mythen die schon seit Jahrhunderten kursieren auf.


    Ihm und den anderen der oben genannten scheint es wirklich in erster Linie daran zu liegen mit offenen Karten zu spielen und anderen zu zeigen "wie es geht".


    Hier ein Interview mit ihm in dem er sogar ehrlich sagt, was aus seiner Sicht an der Art und Weise wie lehrt vielleicht problematisch sein könnte: http://www.youtube.com/watch?v=WTUEinAs42I&feature=related

    "Zufriedenheit bedeutet, aufzuhören nach ihr zu jagen" "Alles was sich Beobachten lässt, bist nicht du"

  • danke, bango. Ich muss zugeben, dass ich überhaupt nicht auf die Idee gekommen bin, nach ihm mal suf youtube zu schauen...

  • Ich beschäftige mich jetzt seit einer ganzen Weile mit seinen Sachen, und muss sagen, dass ich es insgesamt sehr ansprechend finde. Ich kam über einen Zen-Lehrer auf ihn, was ein bisschen ironisch ist, da Shinzens Ansatz sicher nicht sehr nah am Zen ist.


    Ist interessant - er hat klassische asiatische Sprachen studiert, spricht Mandarin, Japanisch und Tibetisch, hat in Japan gelebt und wurde dort in einem Shingon-Kloster (japanischer Diamantweg) ausgebildet. Kennt auch Zen, arbeitet jetzt hauptsächlich mit Mindfulness-Techniken, weil er diese leichter systematisierbar und erklärbar findet.


    Zusammenfassend würde ich sagen: Sein System ist sehr kenntnisreich und bemüht sich, wie ich sagen würde, mit Erfolg, die großen Meditationstechniken der klassischen Schulen in ein modernes, logisches System einzubinden. Zum Teil ist es sehr ausführlich, und kann für Anfänger ziemlich unüberschaubar wirken, und die ganze Sache komplizierter erscheinen lassen, als sie ist.


    Er ist an kostenpflichtigen Systemen beteiligt, die einen an der Hand nehmen und durchführen (Brightmind App, Unified Mindfulness Training). Hab davon nichts benutzt. Wenn man eine gewisse Einführung in Achtsamkeitsarbeit bekommen hat und einen sorgfältig strukturierte, komplexe Systeme ansprechen, sowie wenn man nicht zu sehr mit traditionelleren Systemen arbeiten will, dann kann man hier sehr viele gute Informationen finden.

    Man muss auch nicht viel Geld ausgeben, wenn man nach seinem System üben will. Sein Buch "The Science of Enlightenment" ist randvoll mit interessanten Anekdoten und ausführlichen Darlegungen seines Systems. Zudem hat er hunderte von Videos auf Youtube, und das Kernprogramm von Unified Mindfulness ist auch kostenlos zugänglich. Auf seiner Homepage sind auch längere Texte online, die zum Teil Bücher für sich sind. Kann man alles runterladen.


    Articles - Shinzen Young

    https://www.youtube.com/channel/ucy5nviptajlshxx5cjcnnda

    https://www.youtube.com/channel/uc86n5crgjozk_z0lbhcwuiq


    Nachteile? Die Komplexität des Systems ist sicher nicht jedermanns Sache, wobei er da recht klar sagt, dass das ein eindeutiger Nachteil ist. Auch ist sein Ansatz "taking the mist out of mysticism" sicher etwas, das Traditionalisten abschrecken wird, Man braucht schon eine gewisse Erfahrung darin, seine Praxis selber zu strukturieren, wenn man seinem System etwas abgewinnen will, damit man sich nicht in endlosem Lesen und Sortieren verliert, sondern sich die Infos rauszieht, die man braucht, und sich dann wirklich zum Üben hinsetzt.


    Ich find, dass er einen interessanten und sehr vielversprechenden Ansatz hat, was eine moderne Herangehensweise an das ganze Thema angeht. Er inkorporiert sowohl Zen-Methoden, als auch Samatha-Vipassana-Techniken und nicht weniges aus dem Vajrayana. Er ist auch recht ehrlich und sagt, dass man keinesfalls alle diese Methoden praktizieren muss, dass all diese Wege gültige sind, und vielen Menschen geholfen haben. Da ist er also recht aufgeklärt, keilt nicht gegen andere Lehrer / Lehren und hält sich auch nicht für was besseres.


    Nur mal ein Beispiel, zur Veranschaulichung. Er definiert fünf Methoden, um "Fokus" zu praktizieren. Zu all diesen fünf Unterpunkten gibt es sehr ausführliche Anleitungen. Er stellt klar, dass es nur eine andere Sortierung der überlieferten Techniken ist - nie wird behauptet, er habe dies erfunden. Aber seine Denkweise wird m.E. schon gut erkennbar:


    Focus In

    Praktisch Vipassana-Meditation. Man lernt, seine Empfindungen aufzuteilen in mentale Gespräche, mentale Bilder und körperliche Anteile von Emotionen. Alles ist feinteilig untergliedert und mit verschiedenen Techniken versehen.


    Focous Out

    Folgt insbesondere Zen-Techniken, indem auf äußere Einflüsse großer Wert gelegt wird, welche als Konzentrationsobjekt verwendet werden. (Natürlich gibt es solche Ansätze in fast allen kontemplativen Systemen). Die Dreiteilung ist wieder: Hören, Sehen, Fühlen. Man hat also ein paralleles System zum oberen.


    Focus on Rest

    Das ist praktisch Shamatha-Meditation. Es gibt um die 7 Untertechniken, entsprechend den verschiedenen Möglichkeiten, Konzentrationsobjekte zur Praktik der tiefgründigen Einsicht zu wählen.


    Focus on Change

    Darunter versteht er eine Fokussierung auf "Vergänglichkeit", was quasi ein Teil der fortgeschrittenen Vipassana-Meditation ist, und einen großen Schwerpunkt legt auf das Erfahren der stetigen Veränderung und inhärenten Leerheit der Dinge.


    Focus on Positive

    Das entspricht quasi Metta-Techniken und auch den Visualisierungen des tibetischen Buddhismus, wo eben gezielt verschiedene Arten positiver Gedanken kultiviert werden.


    Es gibt in den bezahlten Programmen Dinge, die dann über Videogespräche und E-Mails Lehrer einbinden, aber ich denke, dass ein Kerndilemma nie wirklich eliminiert werden kann: Eine Lehrperson zu finden, mit der man vor Ort üben kann, wird m.E. immer unvergleichliche Vorteile bieten, und Lehrer für dieses System gibts in Europa wohl sehr wenige.


    Aber da er die meisten kontemplativen Traditionen respektiert und viele ihrer Methoden einbindet, ist man als Shinzen-Jünger wohl recht einfach in der Lage, sich in verhältnismäßig vielen Traditionen einzufinden. Das einmal, weil man die Grundzüge verschiedener Meditationsformen kennt, und zum anderen, weil man in einer offenen Atmosphäre praktiziert, die die Gültigkeit vieler verschiedener Pfade anerkennt und nicht behauptet, etwas anderes oder besseres zu machen, als andere.


    Ich glaub nicht, dass dieses System sich sehr weit verbreiten wird, da man erstmal eine Weile ziemlich viel Arbeit hineinstecken muss, bis man da 'ankommt' und die Dinge wirklich Sinn ergeben. Aber grade für die Leute, die mit religiös anmutenden Dingen nichts zu tun haben wollen ist es m.E. ein sehr wertvoller Beitrag zu modernen, westlich formulierten Praktiken, die dennoch die Tiefe der traditionellen Techniken beibehalten.