Fliege nicht gerettet

  • Hallo, ich bin neu hier.
    Seitdem mir Karma bewusster geworden ist achte ich mehr drauf. Und Heute ist wieder etwas passiert was mich belastet.


    Heute Morgen im zug hab ich eine Fliege auf dem boden krabbeln sehen, die nicht fliegen konnte.
    Ich hab allerdings nur zugesehen, und sie nicht gerettet!
    Als dann viele Leute eingestiegen sind, ist sie zertreten worden.
    Ich war der einzigste der von der Fliege wusste, die Menschen wussten von ihr nichts, Sie trifft keine Schuld.
    Entweder hätte ich sie vorher retten sollen oder die Leute aufhalten, da eine Fliege auf dem Boden liegt.
    Allerdings blockierte mich scham, denn in unserer Gesellschaft glaube ich gilt es als verrückt 10 Leute aufzuhalten, weil eine schwache Fliege auf dem Boden umherkrabbelt.
    Egal welches Lebewesen, es muss geschützt werden!


    Wie seht ihr das? Hätte ich die Leute aufhalten sollen? Oder in Zukunft mehr Tiere retten, die an gefährlichen Orten liegen?!


    Danke!


    Ganz liebe Grüße
    Michael

  • Grüß Dich Michael,
    ich stecke da oft in einem ähnlichen Dilemma drin.
    Im Weltgetümmel wärest du ohne Unterbrechung (und damit ohne der Möglichkeit für geistige Praxis) von einer konkreten Hilfsaktion in die nächste geworfen. Klar, dafür muss es eine Lösung geben.
    Buddha sagt: Die Motivation einer Handlung gibt den Ausschlag (fürs Karma). Du musst dich also nicht selbst zerfleischen Michael, ich denke an deiner Motivation ist nicht zu mäkeln - die scheint gut zu sein (aber überprüfe das auch stetig). Du bist bemüht, du machst dir Gedanken, du suchst eine Lösung (auch für die Fliege).
    Buddha sagt auch: Das positive Potenzial (fürs Karma), das von jemandem mit Höherer Wahrnehmung (der Nichteigenexistenz/Leerheit) in einem Tag angehäuft wird, wird von jemandem ohne diese (höhereWahrnehmung) nicht einmal in hundert Leben erreicht. Das heißt also, Klare Sicht finden und praktizieren lohnt sich - weil man dann sehr schöne, gewogene Handlungen setzen kann, punktgenau, die Lebewesen sehr gut helfen. (Heute tun wir uns noch mit der Fliege schwer. Aber das wird schon :->)



    Und willkommen im Forum.

  • Was ich sagen will: die höhere, also subtilere Wahrnehmung schlägt die 'niedere', gemeint ist die gröbere. Wenn du dich umständehalber grad nicht mit deinem Körper der Länge nach im Zugwagon vor die Fliege werfen kanns/willst, um sie zu retten - dann gehe einen Schritt weiter, verfeinere dich und mache dir die großen Maßstäbe des Lebens bewusst, die Leerheit, Bodhicitta, das allumfassende Mitgefühl (das auch den Fliegezertreter mit einschließt; und dich selbst in dieser auch machtlosen Situation), die vielen Leben und wie sie aufeinander folgen - - und erbitte für die Fliege einen guten Tod und eine Wiedergeburt in schönen reinen Bereichen, nimm das eventuell schlechte Karma des Fliegezertreters großzügig auf dich (weil du nicht mehr an guten Gefühlen haftest, sondern vor allem an der Befreiung anderer interessiert bist), und schicke ein letztendliches Erkennen (soweit es dir gerade möglich ist) durch den ganzen Zug, sodass vielleicht jeder kurz davon berührt werde. Und dann danke für die Möglichkeit das alles tun zu können - und praktiziere weiter . . .

  • Hi!


    Also ehrlich gesagt glaub ich machst du dir zu viele Gedanken darüber :)


    Wenn du sie nicht gleich rettest isses zu spät. 10 Leute aufzuhalten um eine Fliege zu retten wird in unserer Gesellschaft sicher als verrückt abgestempelt.
    Wenn du sowas dann immer wieder machst werden sich die Leute auch distanzieren von dir denke ich. Man sollte auch sehen dass man in der Gesellschaft so gut es geht funktionieren kann, sonst kann du den Leuten dort nichts gutes tun.


    Beim nächsten Mal wenn du schon die Gelegenheit verpasst hast und die 10 Leute nicht ausn Zug werfen möchtest :) dann wünsch der Fliege eine gute Wiedergeburt in einem westlichen Land wo sie gute Vorraussetzungen hat den Dharma zu begegnen :)


    Gruss

    mani-tibetan.jpg

  • Hi Weltensegler,
    willkommen.


    Ich bin Gärtnerin und rette jeden Regenwurm und jeden Marienkäfer vor meinen arbeitenden Händen und Geräten. Ich bremse auch mit dem Rasenmäher vor Hummeln, damit sie Zeit haben wegzufliegen (sie scheinen taub zu sein). Das ist so eine Gewohnheit, dass es mir auch nicht mehr peinlich ist. Manchmal werde ich dafür ausgelacht. Macht nichts, die Leute verstehen es halt nicht, es ist auch nicht meine Aufgabe, ihnen meine Sichtweise aufzudrängen. Wenn mich einer fragt, reicht ein "Ich finde es nunmal schöner so." Ein großartiges Moralisieren ist nicht nötig.


    Andererseits kommt es vor, dass eine wertvolle Pflanze von Blattläusen befallen wird. Ohne meinen Eingriff müsste die Pflanze sterben. Oder ich zerteile mit dem Spaten einen Regenwurm, den ich nicht gesehen habe. Oder ich mache den Wühlmäusen das Leben ungemütlich, in der Hoffnung, dass sie sich eine andere Wiesen zum Durchwühlen suchen...
    So ist das Leben. JEDER macht immer irgendwann ETWAS falsch, denn es geht nicht anders. Man kann letztendlich nur zwischen Regen und Traufe wählen. Ein Paradies durch rechtes Handeln ist nie ganz möglich, man kann immer nur abwägen.


    Im tibetischen Buddhismus gibt es die verschiedensten Praktiken des Bereinigens. Das würde hier den Rahmen sprengen zu erläutern. Man bereinigt jeden Abend, wenn's geht.
    Den frei gewordenen Kopf kann man dann dazu nutzen, es in Zukunft immer ein Stückchen besser zu machen. Aber niemand wird je ganz perfekt sein, bevor nicht die Buddhaschaft erreicht ist.
    Also sei bitte etwas gnädiger auch mit Dir selbst. :)

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • Ich sehe das sehr pragmatisch, aus buddhistischer Sicht mag das manchmal fast nach fehlendem Mitgefühl aussehen. Ich finde, dass ich für mich eine gute Balance aus Mitgefühl und Weisheit gefunden habe. Und letztlich, in einem gewissen Rahmen, geht es vielleicht dem Buddha genau darum: innerhalb eines gesteckten Rahmens eine Balance zu finden, mit der man selbst gut leben kann.


    So komme ich, wenn ich mich auf Deine Situation beziehe, sofort auf den Gedanken, dass die Fliege, wenn sie nicht fliegen kann, ohnehin nicht mehr lange zu leben gehabt hätte. Wenn Du sie "gerettet" hättest, hättest Du sie vielleicht an einem netteren Ort zum Sterben liegen lassen können. Ich hätte in der Situation vermutlich ein paar Mantras gemacht, wenn ich mir denn überhaupt Gedanken darum gemacht hätte. Wenn eine Fliege überhaupt ein individuelles Bewusstsein hat, was ich persönlich bei Insekten nicht so sehe, ich sehe sie eher wie Pflanzen als Teil der "unbeseelten" Natur, dann helfen ihr Mantras noch am ehesten.


    Mir geht es immer um Balance. Meine Interpretation des mittleren Wegs. Leben ist ohne Tod nicht möglich, Balance in der Natur bringt immer auch den Tod vieler Lebewesen mit sich. Obwohl ich aber Insekten, Würmer, Spinnen nicht als bewusste Wesen sehe, bringe ich der Natur grundsätzlich Respekt entgegen. Ich würde also nicht absichtlich unnötig den Tod eines Lebewesens oder den Schaden einer Pflanze verursachen. Aber ich halte mich auch nicht mit Mitleid auf, wo meine Handlung keinen nachhaltigen Nutzen bringt. Also ich Zeit dafür hatte und Freude daran, habe ich mal einen halben Tag lang versucht, eine Libelle mit verklebtem Flügel wieder flügge zu machen. Sie war regelrecht zutraulich, als ob sie gespürt hätte, dass ich helfen will. Am Ende flog sie - immer noch mit massiver Schlagseite, aber immerhin - davon. In meinem Weltbild ist die "Zutraulichkeit" der Libelle aber noch nicht zwangsläufig ein Zeichen für ein Eigenbewusstsein, da es sich - wie bei Pflanzen, die auf Menschen reagieren können - auch um eine reine Projektion meiner eigenen geistigen Energien gehandelt haben kann.

    Alles ist, was es von Anfang an war: dem Wesen nach pur - und damit Buddhaschaft.
    Wer dies erkennt, ist aufgewacht. Wer seine sechs Sinne im Naturzustand belässt sieht sie überall:
    die Allgegenwärtige Vollkommenheit. (Longchenpa)

  • Ich habe sogar eine Fliegen-Klatsche...
    ...nicht nur für kranke Fliegen :evil:


    hedin

  • .[/quote



    boenchen Danke. schöner Post _()_

    Ja, manchmal weiss ich nicht was ich über die Dinge denken soll und dann lass ich es. Und dann sind die Dinge so wie sie sind.

  • hedin:

    Ich habe sogar eine Fliegen-Klatsche...
    ...nicht nur für kranke Fliegen :evil:


    :->)) schäm dich, hedin.
    Eine Fliegenklatsche ist ein buddhistisches Gerät
    wenn man die zwei Enden symbolisch erfasst - der Griff steht für Methode und das weite Netzteil auf der anderen Seite steht für Weisheit, die höhere Sicht.
    Im Ganzen (und nicht gegen Fliegen zweckentfremdet) ergibt das ein Symbol für die zwei Flügel, mit denen man fliegen kann: Schweiß (stetes Bemühen) und zunehmende Klarheit.
    so wird aus Waffe Werkzeug



    Danke snoopy

  • Die Fürsorge für Fliegen und andere Insekten wird gerne zitiert; dies ist auch ein gutes Übungsfeld für Nonnen und Mönche.
    Manche Mönche sieben sogar das Trinkwasser durch ein Leinentuch, um auch noch die kleinsten Mikroorganismen vor dem Tode zu retten.

    Für den Alltag des Samsarianer gelten m.E. aber gröbere Prioritäten. 8)


    hedin

  • VOOM108:


    Ich hätte in der Situation vermutlich ein paar Mantras gemacht, wenn ich mir denn überhaupt Gedanken darum gemacht hätte. Wenn eine Fliege überhaupt ein individuelles Bewusstsein hat, was ich persönlich bei Insekten nicht so sehe, ich sehe sie eher wie Pflanzen als Teil der "unbeseelten" Natur, dann helfen ihr Mantras noch am ehesten.


    Wie kommst du darauf, dass einer Fliege ein paar Mantras helfen?

  • Das ist tibetische Tradition, dass man Mantras für Tiere macht, z.B. Chenrezig, wenn das Tier noch lebt, und Öpame, wenn es grad gestorben ist. Es gibt Geschichten und Mythen darüber, dass diese auf diese Weise eine Chance für eine bessere Wiedergeburt erhalten. Abgesehen davon ist es eine Möglichkeit, etwas zu tun, in einer Situation, wo man sich durch Mitleid hilflos fühlt. (Ich schreibe jetzt bewusst Mit-leid, denn wenn man im Mitgefühl ist, fühlt man sich nie hilflos...)

    Alles ist, was es von Anfang an war: dem Wesen nach pur - und damit Buddhaschaft.
    Wer dies erkennt, ist aufgewacht. Wer seine sechs Sinne im Naturzustand belässt sieht sie überall:
    die Allgegenwärtige Vollkommenheit. (Longchenpa)

  • Auch wenn manche meinen könnten das es nur ne Fliege ist.


    Liebe, Glück, Zufriedenheit, Harmonie, Gesundheit und Langes Leben wünsche ich dir im nächsten Leben. _()_


    Zwei Dinge die für mich zählen:


    1. Achtung und Respekt vor dem Leben


    2. die Motivation dahinter


    So bei allen Wesen und Unwesen


    _()__()__()_

    Ja, manchmal weiss ich nicht was ich über die Dinge denken soll und dann lass ich es. Und dann sind die Dinge so wie sie sind.

  • Weltensegler:


    Wie seht ihr das? Hätte ich die Leute aufhalten sollen? Oder in Zukunft mehr Tiere retten, die an gefährlichen Orten liegen?!


    MIr gefällt dein fürsorgliches Empfinden für alle Lebewesen. Meine Meinung: Ja, retten wäre gut gewesen und ja, man kann es bei weiteren Gelegenheiten tun. Ich könnte mir aber gut vorstellen dass ich es ebenso unterlassen hätte, um nicht als Spinner dazustehen. Obwohl ich sonst gerne Insekten gerne.


    Schöne Grüße,
    mukti

  • .


    Eine Fliege, die auf dem Boden herumkrabbelt, weil sie nicht mehr fliegen kann, befindet sich sowieso kurz vor dem Exitus.


    Es ist eine besondere Gnade für sie, wenn jemand sie unwissend tottritt.
    Der Fliege bleibt weiteres Leiden erspart und sie hat eine bessere Chance für eine nächste Existenz (hoffentlich).
    Und den Tottreter trifft auch keine Schuld.


    Also hat die ganze Situation zu einem guten Ende geführt.


    Will man noch etwas Gutes dazu beitragen, so kann man über den Kreislauf des Samsara kontemplieren, über das Bewusstsein eines Menschen und einer Fliege und wie die Erscheinungen des Entstehens und Vergehens zustande kommen.
    Dann können wir Dankgebete in den Raum senden, dass uns als Menschen solche Fähigkeit gegeben ist.


    So können wir die Situation, die ohnehin zu einem guten Ende geführt hat, noch optimieren.
    Das ist der Segen der Erlangung eines menschlichen Körpers und der Dank für diese Art von Existenz.


    Liebe Grüße - Amdap

    Verlange nicht, dass alles so geschieht, wie du es wünschest,
    sondern wolle, dass alles so geschieht, wie es geschieht,
    und es wird dir gut gehen.
    Epiktet

  • Da ist der Gedanke des Anhaftens: "Ich muss die Fliege retten ..." Und daraus entsteht Leiden. Von diesen Gedanken befreit zu werden ist Erwachen. Dann geschieht Handeln in Freiheit, also entweder wird die Fliege gerettet oder es entsteht kein schlechtes Gewissen, weil sie nicht gerettet wurde. Es folgt also eine Tat aus unmittelbarem Impuls (weil sich keine störenden Gedanken darübersetzen) oder es folgt keine Tat ohne weiteren Impuls (sich störende Gedanken darüber zu machen). Dies ist die Art und Weise der Zenübung.

  • goldie:

    Da ist der Gedanke des Anhaftens: "Ich muss die Fliege retten ..." Und daraus entsteht Leiden. Von diesen Gedanken befreit zu werden ist Erwachen. Dann geschieht Handeln in Freiheit, also entweder wird die Fliege gerettet oder es entsteht kein schlechtes Gewissen, weil sie nicht gerettet wurde. Es folgt also eine Tat aus unmittelbarem Impuls (weil sich keine störenden Gedanken darübersetzen) oder es folgt keine Tat ohne weiteren Impuls (sich störende Gedanken darüber zu machen). Dies ist die Art und Weise der Zenübung.


    Dem kann ich nur voll zustimmen, schön formuliert :) Unabhängig davon ob das Zen ist oder nicht, darüber kann ich nichts sagen, aber der Aussage an sich kann ich nichts mehr hinzufügen, passt!

    Alles ist, was es von Anfang an war: dem Wesen nach pur - und damit Buddhaschaft.
    Wer dies erkennt, ist aufgewacht. Wer seine sechs Sinne im Naturzustand belässt sieht sie überall:
    die Allgegenwärtige Vollkommenheit. (Longchenpa)

  • Schon allein der Fakt, DASS man sich über das Leben der Fliege Gedanken macht, zeigt, dass man auf dem richtigen Pfad angekommen ist. Leben ist Leben und auch eine Fliege kann den Dharma erfahren. Es gibt da ja Geschichten, wie Buddha in seinem früheren Leben Tieren das Dharma gelehrt hat.

    Lauter im Handel und Wandel: vor geringstem Fehl auf der Hut kämpft er beharrlich weiter, Schritt um Schritt.

  • Thubten Gawa:

    Schon allein der Fakt, DASS man sich über das Leben der Fliege Gedanken macht, zeigt, dass man auf dem richtigen Pfad angekommen ist. Leben ist Leben und auch eine Fliege kann den Dharma erfahren. Es gibt da ja Geschichten, wie Buddha in seinem früheren Leben Tieren das Dharma gelehrt hat.


    mmm, für mich deutet es eher darauf hin, dass man sich zu wichtig nimmt. Man kann im Leben nicht ALLE WESEN retten, auch wenn man sich das vielleicht in einem buddhistichen Gebet vorgenommen hat. Das ist vermessen! Laufe ich über eine Wiese oder esse ich einen Salatkopf töte ich unzählige lebender Organismen.


    Bewahre Dir die Achtung vor dem Leben, geh in die 3. Welt und hilf den Menschen vor Ort! Das macht die tote Fliege wieder wett! :D


    LG Prathiba

  • Man kann nicht Alle/ Alles im Leben erretten.
    Man kann aber eine Fliege retten, nichts spricht dagegen.
    Man tut es nicht, hat man es nicht getan.
    Das Gefühl vom Scham oder Angst von anderen Menschen als Spinner angesehen zu werden........ Es bedarf einer Übung sich davon zu befreien.

  • Ich soll Euch ausrichten, dass es sich bei jener Fliege im Zug um einen ehemaligen Verwandten von mir handelte (also dessen Reinkarnation) und er dafür dankbar ist, zertreten worden zu sein, da ihm das seine nächsthöhere Wiedergeburt als Menschenaffe beschert hat. Gut, dass ihn niemand rettete. ;)