Diskussionen zum Thema Urheberrecht

  • fotost:
    Doris Rasevic-Benz:

    ..
    Aber wenn ich in das Museum gehe, in dem Urtexte ausgestellt werden, und diese abschreibe und übersetze, darf ich das dann auch? Oder muss ich den Staat oder das Museum fragen? (Ich meine, ich würde das, aber wie sieht das rechtlich aus?)


    Vorab nochmal - ich bin kein Jurist. Aber: bei Texten, deren Autor vor als 70 Jahre gestorben ist erlöscht das Urheberrecht. Oder bei anonymen Autoren 70 Jahre ab Erstveröffentlichung.


    Da muss man ganz genau aufpassen. Wenn es sich um eine spätere Bearbeitung und Herausgabe handelt, dann gilt das eben nicht. Das muss dann erst geprüft werden.


    Zitat


    Du solltest ältere Texte also problemlos abschreiben und übersetzen können, ohne jemanden zu fragen.


    Wie gesagt - kommt drauf an.

    Zitat


    Ich habe bei der Behauptung der deutschen Bibelgesellschaft auch meine Zweifel, daß man ihre ursprachlichen Ausgaben nicht bearbeiten darf, wenn diese 1:1 mit anderen Versionen, die zugänglich sind übereinstimmen. Wenn und sobald an den ursprachlichen Versionen Änderungen vorgenommen wurden (Beseitigung von Übertragungsfehlern, Korrektur von Rechtschreibfehlern von denen die ursprachlichen Texte wimmelten, Anmerkungen zur wissenschaftlichen Aufarbeitung) stellen diese natürlich wieder ein schützenswertes Gut dar, für das neues Urheberrecht entsteht.


    Einen Urheber und eine ursprachliche Version der Bibel(n) gibt es ja nicht. Es gibt nur bearbeitete Fassungen, die auch unter dem Namen bzw. der Gesellschaft verbreitet werden - und die haben da auch Rechte. Außerdem weichen ja alle Bibeln mehr oder weniger sprachlich ab.

  • Doris Rasevic-Benz:

    Danke fotost, danke Bailong!
    Ist noch viel komplizierter als ich das in meinem Kopf so dachte.
    Aber wenn ich in das Museum gehe, in dem Urtexte ausgestellt werden, und diese abschreibe und übersetze, darf ich das dann auch? Oder muss ich den Staat oder das Museum fragen? (Ich meine, ich würde das, aber wie sieht das rechtlich aus?)


    Liebe Grüße
    Doris


    Wenn du das verbreitest, kannst du Probleme kriegen, da das Museum ein Verbreitungsrecht hat. Du musst das Museum fragen - und du darfst ja auch nicht fotografieren im Museum.

  • Zitat

    Einen Urheber und eine ursprachliche Version der Bibel(n) gibt es ja nicht. Es gibt nur bearbeitete Fassungen, die auch unter dem Namen bzw. der Gesellschaft verbreitet werden - und die haben da auch Rechte. Außerdem weichen ja alle Bibeln mehr oder weniger sprachlich ab.


    Du grüne Neune!
    Aber wenn ich das Exemplar finde, dass der Luther verwendet hat, dann darf ich das doch?
    Oder wenn ich im Besitz einer Original Guttenberg-Bibel bin? :D


    Und wenn ich eine Handschrift von einem Werk von Goethe erworben habe, dann darf ich das doch abschreiben oder gar ein Faksimile herstellen?
    Das gehört dann ja mir, und der Goethe ist tot.

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Aiko:
    Doris Rasevic-Benz:

    Danke fotost, danke Bailong!
    Ist noch viel komplizierter als ich das in meinem Kopf so dachte.
    Aber wenn ich in das Museum gehe, in dem Urtexte ausgestellt werden, und diese abschreibe und übersetze, darf ich das dann auch? Oder muss ich den Staat oder das Museum fragen? (Ich meine, ich würde das, aber wie sieht das rechtlich aus?)


    Liebe Grüße
    Doris


    Wenn du das verbreitest, kannst du Probleme kriegen, da das Museum ein Verbreitungsrecht hat. Du musst das Museum fragen - und du darfst ja auch nicht fotografieren im Museum.


    Genau. Das ist der Unterschied zwischen dem Text 'als solcher' also der Ansammlung von ASCI Zeichen und der Präsentation/Darstellung dieser Zeichen. Niemand kann einen Anspruch auf einen uralten Text erheben ohne diesen bearbeitet zu haben. Jeder kann einen Anspruch auf die Bearbeitung oder die künstlerische Gestaltung dieses Textes einfordern.


    Wenn ein Museum Anerkennung dafür erheischt, daß sie ein uraltes Buch vor dem Verfall bewahrt haben und in besonders prunkvoller Umgebung der (steuerzahlenden) Öffentlichkeit präsentieren - es ist ok! Fotoverbot inklusive! Wenn das gleiche Museum einen Anspruch auf Ausschließlichkeit für dieses Buch und die Texte darin erhebt - nein danke :lol:

  • Das Problem geht für mich viel weiter.
    Ein Spezialgebiet während meines Studiums war die Übersetzung von alten Steintafeln, Dokumenten und die Übertragung von Volksepen. Was mache ich, wenn ich das veröffentlichen möchte?
    Klar ist, dass ich für wissenschaftliche Zwecke zitieren und übersetzen darf. Aber wen frag ich bei einem alten Gerichtsdokument, bei einer Inschrift, bei der Übertragung von Volksepen? Was ist bei einem Volkslied? Ab wann muss ich fragen? Wenn ich eine Inschrift zitiere und übersetze, dürfte es kein Problem sein. Aber was ist mit einer Stele, die sehr viel Text enthält?
    Was also, wenn hier jetzt jemand einen kleinen Text auf einem Thanka übersetzt und reinstellt? Oder er übersetzt ein Lied, das er in Indien gehört hat und stellt es uns vor?


    Liebe Grüße
    Doris

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Doris Rasevic-Benz:


    Was also, wenn hier jetzt jemand einen kleinen Text auf einem Thanka übersetzt und reinstellt? Oder er übersetzt ein Lied, das er in Indien gehört hat und stellt es uns vor?


    Wie alt ist das Thanka? Wie alt ist das Lied und in welcher Form ist es festgehalten?


    Hallo Doris,
    Ich finde, Du triffst hier genau die Nägel auf den Kopf.


    Es ist sinnvoll, wenn wir (die Gesellschaft) bei Urheberrechtsfragen auftreten, weil die Machtansprüche der Beteiligten so extrem unterschiedlich sind. Was ist ein einzelner Author/Urheber gegenüber einem Monsterkonzern wie dem ZDF mit Milliarden Umsätzen und tausenden Rechtsanwälten?


    Auf der anderen Seite sollte man nicht jede (wirklich jede) Frage unseres Zusammenlebens den Anwälten und jämmerlichen Politikern überlassen.

  • Hallo,
    für eine konstruktive diskussion empfehle ich einmal, das ganze urheberechtsgestz http://dejure.org/gesetze/UrhG zu lesen. nicht alles was hier gesagt wurde entspricht auch dem gesetz. so sind z.b. nicht alle werke geschützt, sondern nur einige: http://dejure.org/gesetze/UrhG/2.html.


    es gibt auch viele ausnahmen, wo das urhg nur eingeschränkt gilt:
    übersetzungen: http://dejure.org/gesetze/UrhG/3.html.
    werke in ausstellungen: http://dejure.org/gesetze/UrhG/58.html
    werke in öffentlichen plätzen: http://dejure.org/gesetze/UrhG/59.html
    bildnisse: http://dejure.org/gesetze/UrhG/60.html
    verwaiste werke: http://dejure.org/gesetze/UrhG/61.html
    allgemeines: http://dejure.org/gesetze/UrhG/64.html
    anonyme werke: http://dejure.org/gesetze/UrhG/66.html


    für die publikation von büchern ist auch das verlagsgesetz zu beachten: http://www.gesetze-im-internet…desrecht/verlg/gesamt.pdf

  • Ich empfehle doch einfach beim konkreten Fall zu bleiben: das Angebot hier selbst angefertigte Übersetzungen von Texten, die ja offensichtlich veröffentlich wurden, per PN an Interessierte weiter zu geben.
    Wer das macht, muss das hier ja ankündigen, damit sich Interessierte melden. Spätestens da sieht einer, was für ein Text es ist und dann lässt sich auch klären, ob es ein Verstoß gegen UrhG ist oder nicht. Letztlich fährt hier sowohl das Forum, als auch der Übersetzer bzw. Anbieter auf eigenes Risiko.


    Meine Bedenken richten sich aber nicht gegen Fragen des Urhrechtes - hier könnte eh nur der Betroffene gegen vorgehen und dazu müsste er das erst einmal wissen. Das kann aber durch google gefunden werden. Meine Bedenken richten sich gegen die "Qualität" einer Übersetzung. Also vom Englischen ins Deutsche kann ich auch übersetzen und da erkenne ich genau, ob da jemand ein Übersetzungsprogramm verwendet hat. Z.B. kann man bei BoD seine "Werke" auch übersetzen lassen - und da zeigt sich bei Übersetzungen, dass da kein Muttersprachler am Werk war, sondern ein Programm. Das ist dann für den "Autor" eine peinliche Lachnummer.


    @ Doris - wenn das dein Spezialgebiet war, dann wirst du doch auch wissen, dass das alles eingebunden ist in archäologische Projekte und die Genehmigungen sind da auch eingeholt. So eine Übersetzung ist dann als wissenschaftliche Arbeit auch nur dann dein "Eigentum", wenn du auch die Verbreitung selbst übernehmen kannst.
    Wenn du in Archiven fündig wirst, dann hast du vorher eine Erlaubnis erhalten, dort zu suchen. Und dann hast du auch die Erlaubnis eingeholt zu übersetzen - und du hast dich vor allem auch um die Finanzierung deines Übersetzungsprojektes gekümmert. Ohne das geht ja nichts mehr.
    Aber die Frage der Veröffentlichung klärt sich dann auch erst in diesem Prozess. Und die Verwertungsrechte liegen meistens bei den Archiven.

  • Aiko:

    Ich empfehle doch einfach beim konkreten Fall zu bleiben: das Angebot hier selbst angefertigte Übersetzungen von Texten, die ja offensichtlich veröffentlich wurden, per PN an Interessierte weiter zu geben.
    Wer das macht, muss das hier ja ankündigen, damit sich Interessierte melden. Spätestens da sieht einer, was für ein Text es ist und dann lässt sich auch klären, ob es ein Verstoß gegen UrhG ist oder nicht. Letztlich fährt hier sowohl das Forum, als auch der Übersetzer bzw. Anbieter auf eigenes Risiko.


    @ Doris - wenn das dein Spezialgebiet war, dann wirst du doch auch wissen, dass das alles eingebunden ist in archäologische Projekte und die Genehmigungen sind da auch eingeholt. So eine Übersetzung ist dann als wissenschaftliche Arbeit auch nur dann dein "Eigentum", wenn du auch die Verbreitung selbst übernehmen kannst.
    Wenn du in Archiven fündig wirst, dann hast du vorher eine Erlaubnis erhalten, dort zu suchen. Und dann hast du auch die Erlaubnis eingeholt zu übersetzen - und du hast dich vor allem auch um die Finanzierung deines Übersetzungsprojektes gekümmert. Ohne das geht ja nichts mehr.
    Aber die Frage der Veröffentlichung klärt sich dann auch erst in diesem Prozess. Und die Verwertungsrechte liegen meistens bei den Archiven.


    Nein. Denn ich habe das ohne Finanzierung gemacht, nur zum Spaß, an Verbreitung dachte ich nicht. Die Texte habe ich nicht in Archiven gefunden, sondern entweder in freier Natur einsehbar oder als Faksimile in den Bibliotheken zu finden, ohne Übersetzung nur als Quellensammlungen. Mir ging es eher um die Frage, wie das bei jemandem wäre, der z.B. in Tibet wäre und den Text von Stelen fotografieren und übersetzen würde. Oder jemand würde dort Leute Geschichten erzählen lassen und diese Erzählungen niederschreiben und veröffentlichen. Es geht um mündliche Überlieferung oder um Texte z.B. auf alten Gräbern.
    Aber vielleicht führt das jetzt alles zu weit. ...

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.