Reinheit in der Dzogchen / Mahamudra-Sichtweise

  • Sprite:
    Zitat

    Ich finde das merkwürdig am Boddhisattva-Versprechen, dass es mir nicht umsetzbar erscheint.


    Ja das erscheint DIR aber nur so.


    erscheint es dir anders? Sehr hohe Meister können bei einer Begegnung mit 100 Menschen den Eindruck bei einzelnen hinterlassen, er habe eine persönliche Begegnung mit dem Meister alleine gehabt. So als hätte der Meister nur mit ihm gesprochen. Das sind dann man hundert Menschen. Aber auch der hohe Meister kann nur entweder nach Amerika oder nach Europa reisen. Auch er muss sich für jemanden entscheiden und gegen jemand anderen in dem Moment.


  • Fürsorge ist absolute Liebe. Eine Mutter die ihr Kind von der Straße zerrt tut es aus relativer Angst um es und aus relativer Liebe zu ihm.
    Unsere Welt Jenseits des Atman/Brahman, Jenseits der des Erwachten und des immer schon Vollendeten ist eine welt in relativer Liebe und relativer Angst.
    Deshalb strebt ohne Unterlass nach Erwachen. Durch Umkehr in die eigene Geburt weg von Gier, Hass und Anhaftung hin zu Genügsamkeit, Zutraulichkeit und Gelassenheit.
    Dann vereinigt sich nachdem Karma erloschen und ihr so als bereit erkannt worden seid durch Gott als Weltbewusstsein der euren Geist als geistger Vater beruhigt sich euer Selbst mit dem großen Brahman ihm selbst in seiner Unaussprechlichkeit.
    Bleibt ihr dann im Brahman bleibt das Brahman in euch. Richtet euch aber nicht nach dem Brahman sondern nach dem Vater denn er ist die Personifikation des Brahman.
    Und ihm gebührt aller Dank. Dankt auch den Pflanzen indem ihr Brahman einen abgefallenen Zweifg opfert. Dankt den Tieren indem ihr ihm eine Schale Milch opfert. Und schmückt dann mit den Opfergegenständen und nehmt die Opfernahrung zu euch denn so ehrt ihr Gott in euch in seinem Raum. Gott selbst braucht keine Diener und keine Opfer aber wir den Dienst an und die Opfer über ihn.

    6 Mal editiert, zuletzt von gbg ()

  • Die Mittel die ein Bodhisattva hat um den Wesen zu nutzen steigen mit jeder Stufe an. Dabei ist das nicht auf unsere Welt-Vorstellung beschränkt - z.B. kann ein Lehrer im Traum erscheinen. Dann ist es egal wo er sich aufhält und er kann vielen Leuten auf einmal im Traum erscheinen - weil sein Kraftfeld universell zugänglich ist. Was "helfen" bedeutet ändert sich auch auf jeder Stufe. Die Oma anzurufen ist nicht unbedingt Bodhisattva-Aktivität. Sich um das eigene Kind zu kümmern auch nicht zwangsläufig. Das ist normales menschliches oder ethisches Verhalten.


    gbg:

    Fürsorge ist absolute Liebe. (...)


    Oder man drückt es so aus.... ;)


    kilaya

  • kilaya:
    gbg:

    Fürsorge ist absolute Liebe. (...)


    Oder man drückt es so aus.... ;)


    kilaya


    Und Verständnis. Auch für meine Rechtschreibschwächen... :)
    Aber wieder ernst. Man soll den Balken erst aus seinem eigenen Auge ziehen (Jesus).

  • sprite:

    Zitat

    Ah ok, dann weiß ich was du meinst. Ja es ist einfach nur eine andere Sichtweise. Dzogchen und auch Tantra gehen vom "Ziel" an die Sache heran. Der übliche Weg ist genau umgekehrt.


    Zen ist damit behutsamer, es "sieht von der Mitte her", da ist "kein Anfang, kein Ziel" (dies hieße im Zen:konzeptionelle Ansichten erzeugen, - ein Hindernis )
    "Vom Anfang an" stünde für Hinayana, "vom Ziel her" für Mahayana, "Anfängergeist" für non-dual, weder-noch, Leerheit- "Mitte".

    Einmal editiert, zuletzt von Anonymous ()

  • blue_aprico:

    sprite:

    Zitat

    Ah ok, dann weiß ich was du meinst. Ja es ist einfach nur eine andere Sichtweise. Dzogchen und auch Tantra gehen vom "Ziel" an die Sache heran. Der übliche Weg ist genau umgekehrt.


    Zen ist damit behutsamer, es "sieht von der Mitte her", da ist "kein Ziel" ( dies wäre im Zen: konzeptionelle Ansichten erzeugen, - ein Hindernis )


    Ich bin nicht ganz mitgekommen.


    Aber es gibt eine Ethik die nach Absichten ausgerichtet ist, die Regeln setzt und sagt tut so dann ist ein Minimalkonsens erreicht.
    Und eine Ethik die nach Zielen ausgerichtet ist und sagt tut so und ein Maximalunkonsens ist erreicht.


    Beim Minimalkonsens stößt man an Regeln. Beim Maximalunkonsens an Menschen.


    Wenn wir doch uns allen wie Kinder begegnen würden
    die Regeln der Erwachsenen verstehen aber nicht Sprache einsetzen die die Regeln hinbiegt.
    die erwachsenen Menschen verstehen aber nicht Handlung einsetzen die Menschen zurechtstutzt.


    Zen als Kindergarten? :D


    Liebe Grüße

  • Versteh kein Wort.
    Zen hat ne Menge Sila. Wir reden hier aber im Tread von "Sichtweise" ,- oder so. k-A.,
    die schließt konzeptionell- konventionell ein (integral)

  • Halte Dich an selbstentwickelte Silas, blue_aprico. An die Genügsamkeit nicht als Tugend aus Entbehrung. An die Gelassenheit nicht als Tugend aus Einsamkeit. An die Zutraulichkeit nicht als Tugend aus Verlassenheit.
    Denn es gibt den besseren Weg
    des Schenkens der Genügsamkeit angenehm macht.
    der Hilfe zur Selbsthilfe der Gelassenheit voranbringt.
    und den Weg des Da seins der Zutraulichkeit fruchtbringend macht.
    Achte auf das was Dein Liegen Dir sagt.
    Achte auf das was Dein Aufstehen Dir sagt.
    Achte auf das was Dein bei Tisch sitzen Dir sagt.
    Hab vertrauen auf das was vor Dir liegt. Nicht auf die Worte auch nicht auf den Geist dahinter sondern in Dein Herz.
    Dann wird schlechtes Karma aus Unwissenheit verschwinden neues gutes Karma für den Leidenschaftlichen aufgebaut und Karma für den Absichtlosen für sich ohne Erwartung für sich verschwinden.
    So regt sich nicht mehr Dein Gewissen sondern ist in der Nacht Dir ein sanftes Ruhekisssen.
    Und Morgens stehst Du auf mit dem Glockenschlag als wärest Du eingebunden in eine zeitlose Welt.
    So kann der Stock Dich nicht brechen denn zum Wasser bist Du geworden das den Stock bricht und um die Täuschung weis.
    So geht die Sonne auf und sie geht wieder unter aber in Deinem Herzen ist kein Wechsel der Jahreszeiten sondern ewiger Frühling.
    Und auf den Hochebenen und in den Tälern surren emsig die Bienen jede dort wo es ihr gefällt.


    Liebe Grüße

  • Zitat

    Reinheit in der Dzogchen / Mahamudra-Sichtweise
    Sherab Yönten hat geschrieben:
    Was genau versteht man denn unter "Reinheit" im Rahmen dieser Sichtweisen ?


    Der Ausdruck dafür ist "Klares Licht" ( "Unbeflecktheit" - "Selbstleerheit" )


    Jetzt versteh ich auch.


    kilaya:

    Zitat

    Die Oma anzurufen ist nicht unbedingt Bodhisattva-Aktivität. Sich um das eigene Kind zu kümmern auch nicht zwangsläufig. Das ist normales menschliches oder ethisches Verhalten.


    Das seh ich anders, es gehört zur Bodhisattva Aktivität. Das "höhere und niedrige" impliziert an sich nur jeweilige Erleuchtungsqualität.
    Eine Kluft zu schaffen, zwischen "richtig/echt" und "gewöhnlich/beschränkt" finde ich deswegen nicht förderlich.

  • Turmalin:

    Ich finde das merkwürdig am Boddhisattva-Versprechen, dass es mir nicht umsetzbar erscheint. Im Alltag gibt es schon ein Problem, wenn man sich zwischen zwei Menschen entscheiden muss. Man hat zu tun... Kind oder so... und wieder die Oma nicht angerufen. An alle fühlenden Wesen kann man da schon gar nicht denken...


    Es geht nicht unbedingt darum, sofort alle Wesen "helfen" zu können, sondern um den Wunsch, alle Lebewesen zu helfen (wünschendes Bodhicita). Die Motivation ist entscheidend: "Mögen alle Wesen glücklich sein und frei sein von Leid".


    Sprite:

    Dann kommt es irgendwann soweit, dass du nur noch in deinen eigenen Geist blickst (Dzogchen/Zen/Yogacara)


    Das verstehe ich. Was passiert aber nun wenn ich in meinem eigenen Geist Geistesgifte entdecke ? Die kann ich doch unmöglich als "rein" betrachten oder doch ? Wie kann ich die Sicht halten wenn ich mich ärgere oder wenn ich anhafte, selbst wenn "ich" erkenne, dass es aus der Perspektive der Leerheit kein Ich geben kann, das inhärent existiert ? Trotzdem ist da Ärger oder Anhaftung in meinem Geist.

  • @ sherab:
    Ist es möglich, dass du den Begriff "rein" eher mit moralischer "Reinheit" assoziierst ?

  • blue_aprico:

    @ sherab:
    Ist es möglich, dass du den Begriff "rein" eher mit moralischer "Reinheit" assoziierst ?


    Nein - ich meinte es so wie ich es geschrieben habe: Reinheit in Bezug auf Dzogchen/ Mahamudra.

  • Ich mag eigentlich hier nicht wieder mit Zen kommen, aber der Ausdruck Rein kommt da so gut wie nie vor, denn er impliziert auch gleich Unrein.
    Von da bis Vorstellungen von "Gut und Böse" ist es nicht weit. "Befleckungen" sind aber sozusagen "jenseits von Gut und Böse",
    sie sind "transzendierbar" ( wenn "das Licht [Achtsamkeit] umgewendet ist" ) und von daher ebenfalls leer [ lauter, licht, substanzlos ]:

    Zitat

    Lauter, ihr Mönche, ist dieses Bewußtsein; doch es wird [zuweilen] verunreinigt von hinzukommenden Befleckungen...
    Lauter, ihr Mönche, ist dieses Bewußtsein; und [zuweilen] ist es frei von hinzukommenden Befleckungen.


    Das "Gegenteil" von "rein" ist also nicht "unrein", sondern "frei" ( erlöst, ungebunden ). Was meinst du mit "Sichtweise halten" ? Für mich ist "Sichtweise halten" "Bewahre Weiß Nicht Geist" ( bloße Vergegenwärtigung, non dual ), vielleicht meint das ja "radikales Dzogchen" ( k.A. )
    Eine "konzeptuelle [ intellektuelle] Sichtweise" in Bezug auf die Natur der Phänomene, sehe ich als hilfreich, aber ( noch ) nicht das "gelbe vom Ei" an. Es wäre aber wichtig einzusehen, dass Abneigung gegen ( Abwehr von ) Ärger, Stolz...( "Geistesgifte" ) Klarheit und Güte verhindern muss.

    2 Mal editiert, zuletzt von Anonymous ()

  • Sherab Yönten:
    blue_aprico:

    @ sherab:
    Ist es möglich, dass du den Begriff "rein" eher mit moralischer "Reinheit" assoziierst ?


    Nein - ich meinte es so wie ich es geschrieben habe: Reinheit in Bezug auf Dzogchen/ Mahamudra.


    Ich finde Blue_s Bemerkung ist schon etwas, das man etwas genauer betrachten könnte. Vielleicht hast Du eine andere Vorstellung oder Assoziation zum Begriff "rein" als es im Dzogchen gemeint ist. Vielleicht kann man hier die (manchmal überstrapazierten) Begriffe relative und absolute Ebene hinzunehmen. Auch wenn es diese Trennung aus dem "radikalen" Dzogchen-Blickwinkel nicht gibt.


    Zitat

    Das verstehe ich. Was passiert aber nun wenn ich in meinem eigenen Geist Geistesgifte entdecke ? Die kann ich doch unmöglich als "rein" betrachten oder doch ?


    Aus dem relativen Blickwinkel kommen hier die Methoden des Tantra und Sutra ins Spiel. Man kann versuchen, die Situation die diesen Ärger auslöst, zu vermeiden. Oder man versucht, den Ärger zu transformieren, tantrisch das "Geistesgift" zu einer Weisheit zu transformieren. Oder, und hier kommt pures Dzogchen ins Spiel, man erkennt die natürliche Reinheit jeder Erfahrung. Da muss nichts transformiert werden. Der Ärger ist aus der gleichen "Substanz", entsteht aus dem gleichen Elementarraum, aus dem auch Weisheit entsteht. Erst, was wir daraus machen, macht auf der relativen Ebene daraus ein "Gift" oder "Segen" usw. Diese Sicht, als Methode angewendet, macht aus dem Ärger direkt eine Weisheit, in dem Moment, wo das Gefühl aufsteigt. Das könnte man mit dem Begriff "Trekchöd" in Verbindung bringen, man durchdringt oder durchschneidet in jedem Augenblick das, was auf aufsteigt und erkennt die natürliche Reinheit dahinter. In der letztendlichen Erfahrung ist das keine Methode mehr sondern beständige und natürliche Erfahrung.


    Zitat

    Wie kann ich die Sicht halten wenn ich mich ärgere oder wenn ich anhafte, selbst wenn "ich" erkenne, dass es aus der Perspektive der Leerheit kein Ich geben kann, das inhärent existiert ? Trotzdem ist da Ärger oder Anhaftung in meinem Geist.


    Um es mit Milarepa zu sagen: "Emaho, heute ist ein zornvoller Tag!" ;) Das wäre typisch für Mahamudra: man erkennt das Freudvolle hinter jeder Erscheinung. "Wie wunderbar: die Erfahrung von Zorn ist möglich! Machen wir das Beste aus der Energie!" Diese Einstellung macht aus dem "kleinen Praktizierenden, der immer noch zornig wird" einen "grossen Yogi, in dessen geistiger Weite das Potential von Zorn Ausdruck finden kann".


    kilaya


  • blue_aprico:

    Ich mag eigentlich hier nicht wieder mit Zen kommen, aber der Ausdruck Rein kommt da so gut wie nie vor, denn er impliziert auch gleich Unrein.


    Das liegt einfach nur an der Dualität der Sprache, nicht an einer Dualität der Sichtweise, um die es geht, die ja genau aufgehoben werden soll. Vielleicht verzichtet Zen hier auf Worte, um das zu umgehen. Dzogchen tut das letztendlich auch, benutzt aber bestimmte Worte im Kontext mit einer anders belegten Bedeutung, die man erst wie eine Dzogchen-Vokabel lernen muss, um es richtig verstehen zu können. Statt "rein" wird eher "ursprünglich rein" verwendet, was alle Phänomene jenseits aller Dualität durchdringt. Das scheinbar "Unreine" ist ebenso ursprünglich rein, wie das scheinbar "Reine". Wenn man sich am Begriff "rein" stösst sollte man versuchen, davon auszugehen, dass Dzogchen meint, was gemeint ist, nicht was man darunter versteht. Dann kann man eine andere Begrifflichkeit finden, die einen selbst dahin führt, oder jegliche Begrifflichkeit über den Haufen werfen und sich auf die Essenz der Erfahrung stü(t/r)Zen. ;)


    kilaya

  • kilaya:

    [... Wenn man sich am Begriff "rein" stösst sollte man versuchen, davon auszugehen, dass Dzogchen meint, was gemeint ist, nicht was man darunter versteht. Dann kann man eine andere Begrifflichkeit finden, die einen selbst dahin führt, oder jegliche Begrifflichkeit über den Haufen werfen und sich auf die Essenz der Erfahrung stü(t/r)Zen. ;)


    Beifall klatscht :lol:

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • kilaya:

    Ich finde Blue_s Bemerkung ist schon etwas, das man etwas genauer betrachten könnte.


    Warum ?


    kilaya:

    Vielleicht hast Du eine andere Vorstellung oder Assoziation zum Begriff "rein" als es im Dzogchen gemeint ist.


    Natürlich hatte ich eine andere Vorstellung.


    Deshalb hatte ich ja auch im Eingangsthread gefragt. Verstehe ich jetzt gerade nicht :?


    kilaya:

    Dzogchen tut das letztendlich auch, benutzt aber bestimmte Worte im Kontext mit einer anders belegten Bedeutung, die man erst wie eine Dzogchen-Vokabel lernen muss, um es richtig verstehen zu können.


    Genau darum ging es mir: Die Dzogchen Vokabel (ursprüngliche) Reinheit zu verstehen.

  • Sherab Yönten:

    Genau darum ging es mir: Die Dzogchen Vokabel (ursprüngliche) Reinheit zu verstehen.


    Und, bist Du damit jetzt weitergekommen? :)


    kilaya

  • kilaya:
    Sherab Yönten:

    Genau darum ging es mir: Die Dzogchen Vokabel (ursprüngliche) Reinheit zu verstehen.


    Und, bist Du damit jetzt weitergekommen? :)


    kilaya


    Ich verstehe nun was Dzogchen unter ursprünglicher Reinheit meint. Ansonsten muss ich Deine Erklärungen wohl noch mehrfach lesen um sie in der Tiefe zu verstehen oder gar zu verinnerlichen.


    kilaya:

    Statt "rein" wird eher "ursprünglich rein" verwendet, was alle Phänomene jenseits aller Dualität durchdringt


    Gibt es auch eine Dzogchen spezifische Vokabel für "Dualität" oder "jenseits aller Dualität" ?
    Wie meditiert man im Dzogchen ? Mehr Shamatha oder geht es genau um die Fragen mit denen wir uns hier beschäftigen (also mehr Vipassana) ?

  • Sherab Yönten:

    Gibt es auch eine Dzogchen spezifische Vokabel für "Dualität" oder "jenseits aller Dualität" ?


    Genau genommen gibt es aus Dzogchen-Sicht keine Dualität ;) Dzogchen ist grundlegend Nicht-Dual. Genau das macht die Sicht aus und definiert sie.


    Sherab Yönten:

    Wie meditiert man im Dzogchen ? Mehr Shamatha oder geht es genau um die Fragen mit denen wir uns hier beschäftigen (also mehr Vipassana) ?


    Tatsächlich basiert die Trekchöd-Thögal Methode auf Shamata-Vipassana. (Was man meiner Auffassung nach gar nicht wirklich trennen kann, denn Geistesruhe führt zu Einsicht und Einsicht zu Geistesruhe)
    Dabei ist Trekchöd - sehr vereinfacht gesagt - die Methode, jedes Phänomen (Nirmanakaya) mithilfe der Sichtweise so zu durchdringen, dass man direkt mit dessen Ursprung (Dharmakaya) in Berührung kommt. In dem Moment wo man den Ursprung berührt, steigen die "Reinen Lichter" auf, d.h. das was erscheint ist schon rein, ohne dass man etwas erst "durchdringen" müsste. Das ist eine sehr essentielle Beschreibung dessen worum es geht, in die eigentlichen Meditationen dazu bin ich nicht eingeweiht und kenne daher keine Details. Man könnte sagen, so wie ich es geschrieben habe, wäre es die radikale Dzogchen-Urform von Trekchöd/Thögal ohne Methode im eigentlichen Sinne.


    Vielleicht kann jemand dazu spezifischer werden, der darin eingeweiht ist oder sich auskennt, sofern oder soweit man damit öffentlich überhaupt gehen kann, wenn man es traditionell sieht.


    kilaya

  • Ich stoß mich nicht am Begriff "rein" ( im Dzogchen-Zusammenhang ) es war lediglich ein einführender Satz um den Rest meines "Gedankengangs" nachvollziehbar weiter zu führen. Selbstverständlich hat Zen "Wörter" - "ursprünglicher Zustand", "Essenz", "klare Weite" ... usw. Eher reibe ich mich "vor meinem Hintergrund" ( nicht im Dzogchen Zusammenhang )- am Begriff "Unrein", denn :

    Zitat

    22 Bleibt uns auch nur ein wenig Richtig und Falsch, Dann versinkt unser Geist in der Verwirrung.


    http://www.zen-azi.org/de/node/1098
    * Ku bedeutet Leere. Shinjinmei


    Mitschreiben bei den Tibetern geht nur "vor meinem Hintergund". Sorry.


    Zitat

    20
    Nicht die Wahrheit suchen,
    Nur die Vorurteile unterlassen.

  • Ich mag mal noch ein wenig nachreichen als Begründung meiner Anteilnahme, obwohl ich damit weder genügen kann, noch kommt es mir zu pass all zu "individuell- subjektives"auszuführen, ist nicht sachdienlich vor meinem Hintergrund: man könnte sagen, ich verstehe das als papancca: weiter denken und ausführen als wie es sachdienlich ist.


    Zen Sprache, Philosophie, empfinde ich klärend, "schlicht", sachlich, und, das ist vielleicht merkwürdig, tröstlich..., durchaus auch erfreulich erhellend, wenn auch nachdrücklich ernsthaft. In jeder traditionellen Literatur findet sich Aufklärung zum Thema Wesensnatur -umfasst Phänomenologie und Buddhanatur- etwas mehr oder weniger in dieser o.g. Weise.


    Für "Zennis" eine Form nicht-technisch-"ansprechende" Aufklärung, non-konfontativ, fließend, verbindend: wesens-gerecht...Man muss also nicht besonders studiert sein, oder sich viel merken müssen, um - subjektiv ( objektiv )"zu verstehen". Ich seh nichts was dagegen sprechen würde, dass ich mich, was Fragen betrifft auch mal von einer anderen Seite annähern kann - wenn es "mir" dienlich ist.


    Ich denke fürderhin, dass das Thema: ' Wesensnatur' von wesentlicher Bedeutung ist, zum DharmaVerständnis, aber auch weil es "meine Sichtweise" bestimmt. Die Sichtweise ( auch Denkweise ) hat auch einen "psychologisch-seelischen" Aspekt: sie wirkt, so ist meine Erfahrung, rückkoppelnd auf die Gemütsverfassung, was wiederum meine "Weltanschauung" nicht unerheblich beeinflusst ( die schließt "Mich" und "Dich" nicht aus )




    Grüße, Blue_

  • Sprite:

    So erlebt er natürlich auch alle Stufen der Emotionen, benennt sie aber nicht, macht keine dualistische Betrachtung und somit "verpuffen" diese Energien sehr sehr schnell.


    Ich glaube mein Problem wäre die Betonung von Dzogchen auf das Phänomen der "Nicht - Dualität".
    Für mich ist Leerheit solange keine Frage wenn es darum geht es im Rahmen vom "bedingten Entstehen" zu erklären. Wenn ich aber hier ein "sich permanent veränderndes Körper - Geist Phänomen" (ich nenne es "Ich") habe und dort ein anderes " "sich permanent veränderndes Körper - Geist Phänomen" (ich nenne es "Du"), dann habe ich durch diese trennende Betrachtung von "Ich" und "Du" doch automatisch wieder eine dualistische Sichtweise, die dann wieder verstärkt wird wenn Gefühle (welcher Art auch immer) in meinem Geist auftauchen. Wie erhalt man diese nicht - dualistische Sichtweise im Alltag (nicht in der Meditation !) aufrecht ?

  • Vielleicht ist es hilfreich, zu verstehen, dass die Trennlinie zwischen "Ich" und "Du", zwischen "Innen" und "Aussen" wie auch zwischen "gut" und "böse" immer willkürlich / gewohnheitsmäßig irgendwo gezogen wird. Aber genau genommen gibt es nur fliessende Übergänge. Nicht-Dual bedeutet nicht, nicht mehr zu unterscheiden oder alles gleich zu machen auf der Ebene der Phänomene. Ein Ei ist ein Ei und ein Huhn ist ein Huhn. Aber sie entstehen in gegenseitiger Abhängigkeit und sind in der Essenz von der gleichen Natur. Was für den einen gut ist, kann für den anderen böse sein. Was jetzt gut ist jemand hilft, kann morgen jemand anders schaden. Es geht also auch darum, nicht mehr in groben Kategorien zu denken, sondern mit den Erfordernissen des Augenblicks zu fliessen. Bis man das kann, wendet man eben konzeptuelle Ethik an, die der Gesellschaft in der man lebt angemessen ist.


    Zitat

    Was viele dann denken - das wäre ein Freibrief für das hemmungslose Ausleben von Emotionen, wie z.B. Ärger oder Hass. Dies ist aber eine Fehlinterpretation, da der Dzogchen Anwender kein Bedürfniss hat, die Dinge tatsächlich auszuleben, denn er verspürt keinen Druck oder Zwang dies zu tun. So erlebt er natürlich auch alle Stufen der Emotionen, benennt sie aber nicht, macht keine dualistische Betrachtung und somit "verpuffen" diese Energien sehr sehr schnell.


    Das hast Du jetzt wiederum sehr treffend beschrieben ;) jedenfalls deckt es sich mit dem, wie ich es erlebe. Da ich die vorhandenen Emotionen weder auslebe noch unterdrücke, sind viele Menschen im Alltag irritiert und interpretieren das z.B. als Emotionskälte o.ä. Ich habe mir daher angewöhnt, den Ausdruck der Emotionen deutlicher geschehen zu lassen, ohne mich dabei darin zu verlieren. Das geht dann vielleicht eher in die Richtung von Mahamudra, wo man die Emotionen etwas näher heran lässt. Bzw. als Meister sogar komplett ausdrücken kann, ohne sich darin zu verlieren oder die Kontrolle zu verlieren. So ist wohl Milarepas "Emaho, heute ist ein zornvoller Tag" zu interpretieren. Er nutzt die Energie freudvoll, und lässt sie nicht sofort wieder "verpuffen".


    kilaya

  • kilaya:

    Zitat

    Ich habe mir daher angewöhnt, den Ausdruck der Emotionen deutlicher geschehen zu lassen, ohne mich dabei darin zu verlieren.


    Ich bin mir echt nicht sicher, ob "das geht". Ich denke, die Emotion hat schon das Bewusstsein "beschlagnahmt", wenn sie als
    deutliche Reaktion ( Tat ) hervortritt, anders als "Empfindungs-Gefühl" ( Vipaka ) was aufsteigt.
    Ein Beispiel: Angst vor der Angst. Angst ist ein Gefühl, wenn du jetzt ( unbewusst ) urteilst, negierst, erzeugst du Aversion als Emotion.
    Außerdem kann das doch "andere Wesen" in ihr pot. Geistesruhe/Entfaltung stören, es hemmt ihr "Erleuchtungspotential"
    Ich hab heute einen Kalenderspruch aufgeschlagen: "Wenn man nur einen einzigen Menschen schlecht behandelt, so beeinträchtigt dies die göttlichen Kräfte und schadet damit anderen Menschen" ( Ghandi )
    Da ist mir einiges klar geworden über paticca-samuppada - a la Mahayana.

    Einmal editiert, zuletzt von Anonymous ()