Visuddhi-Magga vs. Sutta-Piṭaka

  • mukti:

    In welchem Zusammenhang Paramattha im Palikanon vorkommt habe ich nicht untersucht.


    Gut, dann werde ich mir mal Florian Buddhaghosas Verweise ansehen:


    Buddhaghosa:

    In Anguttara-nikaya 10.29 taucht paramattha auf. Auch in der Bedeutung 'am Höchsten', aber dennoch ein anderer Sinn. Aber schließlich geht es hier ja ums 'an Worte kleben', daher ist das nachrangig. Von den 72 Treffern gehen 30 Treffer auf paramattham, paramattho und paramatthena.


    Auf welche Weise hast Du diese Treffer gefunden, Florian?


    mukti:

    Ich sehe in diesem Begriff wie er im Visddhi Magga verwendet wird wie gesagt dem Sinn nach keine Entstellung der Lehre des Palikanon.


    Naja nun.


    Im Sutta-Piṭaka gibt es durchaus Personen, sie können sogar wiedererscheinen ihren Handlungen entsprechend in einer späteren Existenz, nur sind sie dann eben nicht dieselben:


    Zitat

    "Und was, Puṇṇa, ist dunkle-und-helle Handlung mit dunklem-und-hellem Ergebnis? Da erzeugt jemand eine körperliche Gestaltung, die sowohl leidbringend, als auch nicht-leidbringend ist, eine sprachliche Gestaltung, die sowohl leidbringend, als auch nicht-leidbringend ist, eine geistige Gestaltung, die sowohl leidbringend, als auch nicht-leidbringend ist [7]. Nachdem er eine körperliche Gestaltung, eine sprachliche Gestaltung, eine geistige Gestaltung, die sowohl leidbringend, als auch nicht-leidbringend ist, erzeugt hat, erscheint er in einer Welt wieder, die sowohl leidbringend, als auch nicht-leidbringend ist. Wenn er in einer Welt wiedererschienen ist, die sowohl leidbringend, als auch nicht-leidbringend ist, berühren ihn sowohl leidbringende, als auch nicht-leidbringende Kontakte. Von sowohl leidbringenden, als auch nicht-leidbringenden Kontakten berührt, fühlt er sowohl leidbringende, als auch nicht-leidbringende Gefühle, Glück und Schmerz vermischt, wie im Fall der Menschen und einiger Himmelswesen und einiger Wesen in den niedrigeren Welten. So geschieht das Wiedererscheinen eines Wesens aufgrund eines [weder anderen noch desselben] Wesens: man erscheint aufgrund der Handlungen, die man begangen hat, wieder. Wenn man wiedererschienen ist, berühren einen Kontakte.


    So sage ich, daß die Wesen die Erben ihrer Handlungen sind. Dies nennt man dunkle-und-helle Handlung mit dunklem-und-hellem Ergebnis."


    (Majjhima Nikāya 57: Der Asket mit der Hundeübung - Kukkuravatika Sutta)


    Im Visuddhi-Magga dagegen mag es in "konventioneller Wahrheit" Personen geben, in "höchster Wahrheit" ( paramattha ) gibt es jedoch keine Personen:


    Zitat

    Im höchsten Sinne ( paramatthena ) hat man alle vier Wahrheiten als leer zu betrachten, und zwar weil es da:


    keinen Fühlenden (I),
    keinen Täter (II),
    keinen Erlösten (III) und
    keinen auf dem Pfade Wandelnden (IV) gibt.


    (http://www.palikanon.com/visuddhi/vis16_02.htm#vis_xvi13)


    Das finde ich schon bemerkenswert.


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Buddhaghosa:

    Gibt es für dich ein Atman außerhalb der Daseinsfaktoren?


    Genaugemommen müsste (zumindest für die Zeitgenossen des Buddha) so ein "Atman außerhalb der Daseinsfaktoren" ja gerade das sogenannte Brahman sein, die nicht-individuelle "Weltseele":



    Während der Begriff "Atman" als atta sehr häufig im Sutta-Piṭaka auftaucht, scheint es "Brahman" dort nirgends zu geben.


    Oder habe ich da wieder etwas übersehen?


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot


  • Schon bemerkenswert, aber auch nicht neu, denn wenn wir den Überlieferungen über das Erwachen des Buddhas folgen, dann ist ja dort auch nicht von "Fühlenden", "Tätern", "Erlösten" usw die Rede, sondern schlicht von Paticcasamuppada. (MV.I.01 - Bodhikathā), also von Funktionszusammenhängen.

  • Doch doch, da ist vom Brahma Sahampati die Rede:



    Eine ganz besondere Person im Leben des Buddha.


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot


  • Gut, dann haben wir eben da verschiedene Ansichten, und das wird offenbar nicht anders egal wie oft wir noch dran rumkauen. "Wesen" gibt es anscheinend, aber nicht "im höchsten Sinne", bzw. in der höchsten Wirklichkeit oder Wahrheit, oder Parinibbana, weil das ja alles nur Faktoren sind wie sie in den khandhas aufgelistet sind. Anders kann ich die Lehre nicht verstehen.

  • Elliot:

    Eine ganz besondere Person im Leben des Buddha.


    Hat nur nix mit dem zu tun, was das Erwachen selbst betrifft, also worin nach dem Bericht der Inhalt des Erwachens besteht.
    Allerdings ist es bemerkenswert, daß der nun Erwachte sich nun von einem Unerwachten raten ließ.

  • mukti:

    Gut, dann haben wir eben da verschiedene Ansichten, und das wird offenbar nicht anders egal wie oft wir noch dran rumkauen. "Wesen" gibt es anscheinend, aber nicht "im höchsten Sinne", bzw. in der höchsten Wirklichkeit oder Wahrheit, oder Parinibbana, weil das ja alles nur Faktoren sind wie sie in den khandhas aufgelistet sind. Anders kann ich die Lehre nicht verstehen.


    Jetzt haben wir nicht mehr Paramatta, sondern Parinibbana.


    Parinibanna taucht im Sutta-Piṭaka auf:



    Aber dass es den Erhabenen "im Parinibbana" nicht gab oder gibt (in einem "höheren Sinne" oder wie auch immer), das könnte man nicht behaupten, zumindest nicht dem Sutta-Piṭaka zufolge, das wäre eine hinderliche Ansicht:


    Zitat

    "Wenn die Ansicht besteht 'ein Tathāgata existiert nach dem Tode', kann das heilige Leben nicht gelebt werden; und wenn die Ansicht besteht 'ein Tathāgata existiert nach dem Tode nicht', kann das heilige Leben nicht gelebt werden. Ob nun die Ansicht besteht 'ein Tathāgata existiert nach dem Tode' oder die Ansicht 'ein Tathāgata existiert nach dem Tode nicht', es gibt Geburt, es gibt Altern, es gibt Tod, es gibt Kummer, Klagen, Schmerz, Trauer und Verzweiflung, deren Vernichtung ich hier und jetzt erkläre."


    "Wenn die Ansicht besteht 'sowohl existiert ein Tathāgata nach dem Tode, als auch existiert er nicht', kann das heilige Leben nicht gelebt werden; und wenn die Ansicht besteht 'weder existiert ein Tathāgata nach dem Tode, noch existiert er nicht', kann das heilige Leben nicht gelebt werden. Ob nun die Ansicht besteht 'sowohl existiert ein Tathāgata nach dem Tode, als auch existiert er nicht' oder die Ansicht 'weder existiert ein Tathāgata nach dem Tode, noch existiert er nicht', es gibt Geburt, es gibt Altern, es gibt Tod, es gibt Kummer, Klagen, Schmerz, Trauer und Verzweiflung, deren Vernichtung ich hier und jetzt erkläre."


    (Majjhima Nikāya 63: Die kürzere Lehrrede an Māluṅkyāputta - Cūḷamāluṅkya Sutta)


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Hallo Elliot,


    Elliot:
    Buddhaghosa:

    In Anguttara-nikaya 10.29 taucht paramattha auf. Auch in der Bedeutung 'am Höchsten', aber dennoch ein anderer Sinn. Aber schließlich geht es hier ja ums 'an Worte kleben', daher ist das nachrangig. Von den 72 Treffern gehen 30 Treffer auf paramattham, paramattho und paramatthena.


    Auf welche Weise hast Du diese Treffer gefunden, Florian?


    ich habe hierfür den Digital Pali Reader http://pali.sirimangalo.org/ vom Ehrwürdigen Yuttadhammo verwendet.


    Gruß
    Florian

  • Elliot:

    Aber dass es den Erhabenen "im Parinibbana" nicht gab oder gibt (in einem "höheren Sinne" oder wie auch immer), das könnte man nicht behaupten, zumindest nicht dem Sutta-Piṭaka zufolge, das wäre eine hinderliche Ansicht...


    Die hinderliche Ansicht besteht schon darin zu meinen, es gebe einen Tathagatha zu Lebzeiten. Wie viel weniger dann erst nachdem Tode.


    Gruß
    Florian

  • elli:

    Zitat

    Es gibt sogar "höhere Sittlichkeit" ( adhi-sīle ):


    Ja, nun... Beruhte die auf iwas, auf Regelwerk, Tugenddenken, Haltung und Einstellung ? Nö. Jetzt könntest du "Höhere Wahrheit" ableiten, denn da steht Weisheit, Schauung ( im Zitat ) ergo: nichtkonzeptuelle "leere" Wahrnehmung - die beruht auf "nix";
    denn: erwachte Sichtweise "zeigt" "die vollkommene Abwesenheit von unmöglichen Weisen, die Existenz von etwas zu begründen oder zu beweisen bzw. die vollkommene Abwesenheit der Existenz der Phänomene, die durch irgendetwas, was auf Seiten dieser Phänomene auffindbar wäre, begründet werden könnte. Die Existenz von etwas kann lediglich Kraft des abhängigen Entstehens begründet werden" ( Berzin )
    ( BloßSo 'intuitiv' is klar, dass diese Zeilen wohl korrekt sind, aber wenn du sie auch nicht begreifst, ist das, glaub ich, ein gutes Zeichen - zerbrich dir bloß nicht den Kopf .... ;) )
    Das heißt, weder eine andere, noch dieselbe Person, ergo: gar keine Person ( im landläufigen Sinne) - aber "individuelle" Wesenheit wird "realisiert" -wirklich- ( "ach, guck mal einer an..." ;) ) so wie es ja auch die Defintion von Puggala ausdrückt:
    are mere names for certain combinations of material and mental processes, and apart from them they have no real existence. ( PK /siehe: Puggala )

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  • Es wird ja auch im Visuddhi-Magga nicht behauptet dass es an sich jemanden gibt oder nicht gibt, sondern nur dass es


    keinen Fühlenden (I),
    keinen Täter (II),
    keinen Erlösten (III) und
    keinen auf dem Pfade Wandelnden (IV) gibt.

  • Schon in der normalen Med ist es ja so, dass, wenn Benennungen weg-gelassen sind, nur Wahrnehmung von Singularität, Einheit, Leerheit oder wie man sagen möchte vorhanden ist, bei mir ist ist da nicht "Frau", "Mensch", "Name". Aber das ist (noch ) nicht "höchste Wahrheit", denn man könnte nicht sagen "Nicht Mein, (ich)bin- ich bin nicht" - man muss erst "sterben", wenigstens mal "ansterben". Ausflug in "höchste Wahrheit" merkst du dann schon, da kannst du ganz gewiss sein, und dann fragst du sowas und vieles andere nicht mehr. Eigentlich gar nix mehr. Du weißt dann, die einzige Antwort, Wahrheit liegt sowieso "dahinter", aber es gibt Sätze, Bilder, Definitionen, die sie ungefähr darzustellen vermögen,


    Oben genannter gehört nicht dazu, genügte aber "der Intelligenzia"( unterfüttert leider ) ; ein Notnagel. Wird leider oft zum Hinderniss, grade bei den Konzeptdualisten. Da weiß ich dann gar nicht, darf ich das jetzt eigentlich posten, ob das hilfreich ist, eher nicht, oder ?! - Die sagen sich auch: ach ja, ich soll ja zuhören, analysieren, drüber kontemplieren, dann meditieren. Aber für einen Zennie ist das ist ganz falsch-rum. Es gibt aber auch da Leute, hab ich die Tage grad von einem gelesen, die "kapiert" haben: Wenn schon, dann nur parallel: Meditation und (philosophische) Ergründung. Aber es genügt "mittlerer Weg" halbwegs zu raffen, das Wesen der Phänomene, Buddhanatur, Nibbana und so, also philosophisch-kontemplativ verinnerlichen...Man darf sich aber nicht dran festhalten, "aufhalten"...das dient nur dem Vertrautwerden. Die intellektuellen Konzepte haben einen großen Nachteil... OT

    5 Mal editiert, zuletzt von Anonymous ()

  • Buddhaghosa:
    Elliot:

    Aber dass es den Erhabenen "im Parinibbana" nicht gab oder gibt (in einem "höheren Sinne" oder wie auch immer), das könnte man nicht behaupten, zumindest nicht dem Sutta-Piṭaka zufolge, das wäre eine hinderliche Ansicht...


    Die hinderliche Ansicht besteht schon darin zu meinen, es gebe einen Tathagatha zu Lebzeiten. Wie viel weniger dann erst nachdem Tode.


    Hierzu noch ergänzend mein Kommentar, was mit dem Buddha nach seinem Tod passiert: http://tsurezuregusa.de/was-ist-buddha-nach-seinem-tod/


    Gruß
    Florian

  • mukti:

    Es wird ja auch im Visuddhi-Magga nicht behauptet dass es an sich jemanden gibt oder nicht gibt, sondern nur dass es


    keinen Fühlenden (I),
    keinen Täter (II),
    keinen Erlösten (III) und
    keinen auf dem Pfade Wandelnden (IV) gibt.


    Also verstehe ich Dich richtig, das es zwar Personen und Wesen geben mag, diese aber als "Fühlend" oder "Täter" zu titulieren, irreführend sei?


    Ich frage, weil es offenbar alle möglichen Ideen gibt, wie es sich nun verhält.


    Florian ist ja schon so weit, anzunehmen, aufgrund seines Anatta-Verständnisses, dass es nicht mal einen lebendigen Buddha gab und wohl auch keinen Bodhisatta.


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Elliot:

    Florian ist ja schon so weit, anzunehmen, aufgrund seines Anatta-Verständnisses, dass es nicht mal einen lebendigen Buddha gab und wohl auch keinen Bodhisatta.


    In solche Fehlannahmen läuft man halt rein, wenn man kein Verständnis der beiden Wahrheitsebenen hat.


    Gruß
    Florian

  • Lieber Florian,


    vielleicht kennst Du, (oder auch die anderen) schon diese Stelle im Sutta Nipāta - eine deutlichere Beantwortung dieser Frage von Seiten des Buddha könnte man sich wohl kaum erhoffen. Im übrigen räumt sie auch mit dem gegenseitigen Vorwurf zwischen den Theravādins und Mahāyānins von Vernichtungsglaube und Ewigkeitsglaube auf (sn 5.7, Übers. Nyanaponika):





    Liebe Grüße,


    Simo

    Kein "Ich" - keine Probleme.


  • Wenn an den Daseinsgruppen angehaftet wird, gibt es die Ansicht "Personen und Wesen":



    Wenn nicht dran angehaftet wird, gibt es die Ansicht "Personen und Wesen" nicht:


  • mukti:

    Wenn an den Daseinsgruppen angehaftet wird, gibt es die Ansicht "Personen und Wesen":... Wenn nicht dran angehaftet wird, gibt es die Ansicht "Personen und Wesen" nicht:...


    Nach wie vor weigere ich mich ja, die Begriffe Person (puggala) und Wesen (sattānaṃ) einfach so mit dem Begriff Atman gleichzusetzen.


    Und im Sutta-Piṭaka steht nun mal:



    Wobei diejenigen, die Anhänger von sakkaya-ditthi waren, aus irgendeinem Grund der Meinung gewesen sein müssen, Form, Gefühl, Wahrnehmung, Bewusstsein und/oder Gestaltungen wären ewig und unveränderlich, denn dies war ja ein wesentliches Mermal des Atman:


    Zitat

    Dieses ist demnach das wahre Selbst des Menschen, das bei allen Wahrnehmungen, Gedanken und Gefühlen unverändert bleibt.


    (https://de.wikipedia.org/wiki/Atman)


    Und diese Merkmale wurden den fünf Daseinsgruppen ja klar und deutlich abgesprochen:



    Andere Lehrer mögen das natürlich anders gesehen haben:


    Zitat

    tasya ha vâ etasyaivam pashata evam manvânasyaivam vijânata âtmatah prâna âtmatah âshâ 'tmatah smara âtmata âkâsha âtmatas teja âtmatas teja âtmata âpa âtmata âvir bhâvatir obhâvâv âtmato 'nnam âtmato balam âtmato vijñânam âtmato dhyânam âtmatash cittam âtmatah samkalpa âtmato mana âtmato vâg âtmato nâmâ 'tmato mantrâ âtmatah karmâny âtmata evedam sarvam iti


    - Für den, fürwahr, welcher also sieht und denkt und erkennt, stammt aus seiner Seele (âtman) das Leben, aus seiner Seele die Hoffnung, aus seiner Seele das Gedächtnis, aus seiner Seele der Weltraum, aus seiner Seele die Glut, aus seiner Seele das Wasser, aus seiner Seele Schöpfung und Vergang, aus seiner Seele die Nahrung, aus seiner Seele die Kraft, aus seiner Seele das Bewusstsein (vijñânam), aus seiner Seele die Versenkung, aus seiner Seele der Geist (cittam), aus seiner Seele der Entschluß, aus seiner Seele das Denken, aus seiner Seele die Rede, aus seiner Seele der Name, aus seiner Seele die heiligen Lieder und Sprüche, aus seiner Seele die heiligen Werke, aus seiner Seele diese ganze Welt.“


    (Chandogya-Upanishad, Siebtes Kapitel)


    Das ist die reinste Form von sakkaya-ditthi.


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot


  • Auch wenn man Atta hier ausschließlich mit einem metaphysischen Selbst gleichsetzt, bleibt immer noch dieser zentrale Teil der Lehre:


    Dies ist nicht mein, dies bin ich nicht, dies ist nicht mein Selbst
    N’etaṃ mama, n’eso’ham-asmi, na m’eso attā


    Ich bin nicht der Körper, habe ihn nicht, er ist kein Selbst, hat kein Selbst, ist nicht in einem Selbst und es ist auch kein Selbst drin, wo bliebe da noch Platz für ein Wesen oder eine Person?

  • mukti:

    Auch wenn man Atta hier ausschließlich mit einem metaphysischen Selbst gleichsetzt, bleibt immer noch dieser zentrale Teil der Lehre:


    Dies ist nicht mein, dies bin ich nicht, dies ist nicht mein Selbst
    N’etaṃ mama, n’eso’ham-asmi, na m’eso attā


    Ich bin nicht der Körper, habe ihn nicht, er ist kein Selbst, hat kein Selbst, ist nicht in einem Selbst und es ist auch kein Selbst drin, wo bliebe da noch Platz für ein Wesen oder eine Person?


    Also dann Punkt für Punkt:


    Zitat

    "Bhikkhu, man sieht jegliche Art von Form, Gefühl, Wahrnehmung, Gestaltungen, Bewußtsein, ob vergangen, zukünftig oder gegenwärtig, innerlich oder äußerlich, grob oder subtil, niedrig oder hoch, entfernt oder nah, man sieht alles Bewußtsein mit angemessener Weisheit der Wirklichkeit entsprechend:


    1. 'Dies ist nicht mein, ( N’etaṃ mama )
    2. dies bin ich nicht, ( n’eso’ham-asmi )
    3. dies ist nicht mein Atman.' ( na m’eso attā )


    (Majjhima Nikāya 109: Die längere Lehrrede in der Vollmond-Nacht - Mahāpuṇṇama Sutta)


    Die Begründung zu 1. lautet:



    Die Begründung zu 3. lautet:



    Zu Punkt 2:



    Also ist dieses "So’ham asmi", von dem Sutta-Pitaka gesprochen wird, von derselben metaphysischen Qualität wie Atman und reicht daher in der Bedeutung weit über das hinaus, was man als "Ich" oder "Person" oder "Wesen" bezeichnen würde.


    Also bedeutet das Motto:


    Zitat

    Über dies verfüge ich nicht, zu diesem sage ich nicht "So'ham', dies ist nicht mein Atman
    N’etaṃ mama, n’eso’ham-asmi, na m’eso attā


    -> Keine der fünf Daseinsgruppen ist geeignet, die Kriterien eines metaphysischen Atman, Jivatman oder sonstigen übersinnlichen, ewigen, perfekten Selbstes zu erfüllen, und zwar aufgrund ihrer Vergänglichkeit und Unvollkommenheit.


    Die Nicht-Existenz von herkömmlichen Personen und Wesen jedoch daraus abzuleiten, das scheint mir nicht nachvollziebar.


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Lieber Elliot,


    wenn sich ātman in der Buddha-Lehre ausschließlich auf ein subsitsierendes, ewiges etc. Selbst beziehen würde, wie es z.B. von den Jains und auch anderen angenommen wird, welche Bedeutung hätte die anatta-Lehre dann für diejenigen, die von vorneherein nicht an solch einen ātman glauben (wie z.B. die meisten westlichen naturwissenschaftlichen Materialisten)? Das saccakasutta und auch das anattalakkhanasutta verdeutlichen beide, dass es sich bei der atta-Vorstellung um Vorstellungen von Zugehörigkeit, und Kontrollierbarkeit handelt.
    atta erstreckt sich im Ganzen sehr viel tiefer, bis hin zum vorreflexiven, unthematischen "ich-bin"-Vermeinen (asmi-māna), welches, solange noch avijjā vorhanden ist, aufgrund der grundliegenden Perspektivität jeglichen Erlebens immer gegeben ist.



    Liebe Grüße,


    Simo

    Kein "Ich" - keine Probleme.

  • Elliot:


    -> Keine der fünf Daseinsgruppen ist geeignet, die Kriterien eines metaphysischen Atman, Jivatman oder sonstigen übersinnlichen, ewigen, perfekten Selbstes zu erfüllen, und zwar aufgrund ihrer Vergänglichkeit und Unvollkommenheit.


    Die Nicht-Existenz von herkömmlichen Personen und Wesen jedoch daraus abzuleiten, das scheint mir nicht nachvollziebar.


    Interessante Schlussfogerung, aber offenbar war der Begriff Atta im Umfeld des Buddha nicht ausschließlich im Sinne eines ewigen metaphysischen Atman gebräuchlich:


    Zitat

    Da hat, ihr Mönche, irgend ein Asket oder Priester diese Meinung, diese Ansicht: Da ja doch dieses Selbst formhaft (attā rūpī), aus den vier Hauptstoffen entstanden ist, von Vater und Mutter gezeugt wird, so geht es bei der Auflösung des Leibes zugrunde, geht verloren, besteht nicht mehr nach dem Tode; daher fällt denn also dieses Selbst (attā) völliger Vernichtung anheim. Auf solche Weise künden die einen des lebendigen Wesens Zerstörung, Vernichtung, Aufhebung an.


    http://palikanon.com/digha/d01_4.htm
    Pali: http://palikanon.com/pali/digha_mula/digha01.htm

  • Hallo Simo,


    Simo:


    atta erstreckt sich im Ganzen sehr viel tiefer, bis hin zum vorreflexiven, unthematischen "ich-bin"-Vermeinen (asmi-māna), welches, solange noch avijjā vorhanden ist, aufgrund der grundliegenden Perspektivität jeglichen Erlebens immer gegeben ist.


    Gute Erklärung finde ich, nett dass du mal wieder schreibst hier.


  • Eigentlich wäre ich ja nicht auf die Idee gekommen, das hinduistische "So’ham" mit dem "n’eso’ham" im Sutta Pitaka gleichzusetzen, weil sich das eine "so" (er, das) eben auf das Absolute bezieht und das andere "so" auf die Daseinsgruppen. Also hier "ich bin das Absolute" und dort "Ich bin nicht die Daseinsgruppen".


  • Hallo Simo,
    ich denke der Materialist fällt unter die Gruppe der "Vernichtungs-Gläubigen", oder?
    Was meinst du mit "Vermeinen"? ("ich-bin-Vermeinen")