Alles ist wechselseitig durchdrungen
Die Leerheit ist der Lebensmodus, der die Tendenz zur Fixierung auswurzelt. Im Einleitungsvers heißt es: "Die Buddhas lehren das wechselseitige Durchdrungensein, um von den Fixierungen zu erleichtern".
Den Erwachten widerstrebt es, ihre Lehren auf feste Konzepte zu reduzieren. Fixierung und Festklammern entstehen immer bloß dann, wenn man die Dinge als ein "Selbst" empfindet, indem man ihre wechselseitig durchdrungene, restlos bedingte bzw. vollkommen von einem "Selbst" leere Natur ignoriert. Dieses Wahrnehmen fixierbarer oder separater "Dinge" ist unsere gewöhnliche Weltsicht voller Identitäten und Verschiedenheiten, wo alles klare Anfänge, Enden bzw. "scharfe (Selbst-) Konturen" besitzt.
Die Erwachten sprechen vom "Selbst".
Sie lehren ebenfalls das "Nicht-Selbst".
Sie sagen auch "Es gibt nichts, was entweder
das Selbst oder das Nicht-Selbst wäre".
Wenn sich folglich alle "Dinge" auflösen, bleibt nichts mehr zu sagen.
Das Ungeborene und Unaufhörliche ist bereits in sich frei.
Der Buddha sagt: "Es ist alles real", und "Es ist alles unreal",
und "Es ist sowohl real als auch unreal",
und "Es ist weder das eine noch das andere".
Denn es ist alles zutiefst erleichtert:
Nicht fixierbar durch Fixierungen,
nicht vermittelbar, nicht fassbar,
und nicht teilbar.
Weil Du weder Dasselbe bist wie die Bedingungen,
von denen Du abhängst, noch von ihnen verschieden,
bist Du weder identisch mit ihnen (also nicht inexistent),
noch getrennt von ihnen (also nicht real existent).
(Und damit bist du selbst in Wahrheit gar kein fixierbares, getrenntes "Ich",
das als Quelle unserer gewöhnlichen Wahrnehmung aller Dinge
als ein "Selbst" dienen könnte.)
Dies ist das todlose Lehre der Buddhas,
die sich um die Welt kümmern.
Wenn keine Buddhas vorkommen
und ihre Anhänger verschwunden sind,
bricht die Weisheit des Erwachens
ganz von selbst hervor.
Stephen Batchelor.