• Diese Art der Überheblichkeit ala " Mythen gehören abgeschafft", hat schon ganze Kulturen zu Grunde gerichtet.
    Auf der einen Seite die "Primitiven", auf der anderen Seite die " Hochentwickelten, Wissenden". Dabei war es bestimmt sogar irgendwie gut gemeint, wenn man versucht hat die " Primitiven" von ihren Mythen zu befreien. Aber das Resultat war, dass alles aus dem Gleichgewicht geraten ist... Einige dieser so zerstörten Kulturen ,hätten mit ihren "primitiven Mythen" vlt. noch Jahrtausende weitermachen können, ohne etwas kaputt zu machen. Schaffen wir das mit unserem modernen "Mythos von der Wissenschaft" auch? Welcher Mythos ist da der Primitive ? Bzw. was funktioniert wirklich nachhaltig und was ist bloß ein Mythos ?

  • Lucy:

    ...dazu kommt, dass sie auch in uns eingebrannt sind, unser Erbe sind aus den Anfängen der Menschheit und früher.
    Schon bei unterschiedlichen Tieren gibt es Umgang mit Tod und Sterben .. es steckt wissen und Weisheit in den sog primitiven Mythen, im Umgang mit Krankheit und Tod etc.
    unser unterbewußtsein spricht in Bildern und Symbolen, nicht in Aufsätzen.


    Wer Mythen abschaffen will, hat ihre Heilkraft nicht erfahren oder ist schlicht undankbar.


    Ich verstehe nicht inwiefern das ein Mythos sein soll.

    2 Mal editiert, zuletzt von Spock ()

    • Offizieller Beitrag
    Spock:


    Ich verstehe nicht inwiefern das ein Mythos sein soll, wenn man sich seiner eigenen Fähigkeiten bewusst is oder wäre oder angemessen mit Leben und Sterben umgeht.


    Manchmal verweisen ja die Mythen auf was Konkretes und Sinnliches. So gibt es ja z.B bei vielen Kulturen die Idee des Lebensbaumes z.B Yggdrasil. Ich finde das eine gute Idee, weil da die Säugetiere wie wir nicht als was isoliertes erscheinen. sondern Teil von was größeren sind, das zu einem nicht unerheblichen Teil aus Pflanzen besteht. Und ich finde gerade Bäume sind etwas, wo man so die zyklischen Vorgänge in der Natur gut sehen kann. Geburt im Frühling und Tod im Herbst.


    Wobei dann da wieder so eine Weisheit der Natur, wo man die gemeinsamen Zyklen von Leben und Sterben anerkennt sehr nahe an irrwitzigen Konzepten wie "Jungfrauen opfern ist gut für die Ernte" liegt.

  • Wenn das Spektrum genug heilsames bietet, dann verstehe ich nicht wieso man sein "Schicksal" absichtlich von einen Mythos (egal ob exotisch oder modern) abhängig machen sollte.

  • Spock:

    Man könnte den tib. Buddhismus teilweise genauso als Aufklärung bezeichnen, weil sie (im besten Fall) sich ihrer selbst bewusst sind und dafür Techniken benutzen oder entwickelten eben weil es kein reiner Zufall is. Das hat nichts damit zu tun ob es überliefert is oder besonders blumig, das ist für mich noch kein Mythos.


    Ja, nur hat man das vor einiger Zeit noch anders gesehen. Weil man die Funktion dieser so genannten Mythen nicht kannte. Viel kam erst mit der Entwicklung der Psychologie bzw. hat zum Verständnis beigetragen. Da erkannte man dann den Wert der hinter diesen "Mythologien" steckt....der sie dann entmythologisierte.Aber wer mag sich da heute noch anmaßen zu sagen, was ein " echter" Mythos ist und was nicht ? Zumal man z.T. im stande ist, ein ganzes System zum Zusammenbruch zu bringen, wenn man an einem Schräubcen dreht, dessen Funktion man gar nicht kennt.

    Einmal editiert, zuletzt von Sunu ()

    • Offizieller Beitrag
    Spock:

    Wenn das Spektrum genug heilsames bietet, dann verstehe ich nicht wieso man sein "Schicksal" absichtlich von einen Mythos (egal ob exotisch oder modern) abhängig machen sollte.


    Der Psychologieprofessor Jonathan Haidt schreibt (http://m.spiegel.de/spiegel/print/d-90438239.html )


      Der Geist ist gespalten; der bewusste, räsonierende Teil dient vor allem dazu, die Entscheidungen und Neigungen des unbewussten, intuitiven Teils im Nachhinein zu begründen und zu rechtfertigen. Man kann unser Bewusstsein mit einem Reiter auf einem Elefanten vergleichen. Das große Tier hat seine eigene Intelligenz und seinen eigenen Willen. Es neigt dazu, den Weg einzuschlagen, den es für den richtigen hält. Der Reiter liefert die Kommentare dazu, sein Job besteht darin, dem Elefanten zu helfen, aber das Hauptgeschehen spielt sich nicht in seinen Erklärungen ab. Wir sind gewissermaßen nur die Pressesprecher unseres tieferen, verborgenen Selbst.


    Die Frage ist, wie man damit umgeht. Versucht man, die unterbewussten, intutiven Anteile möglichst unter die Kontrolle des rationalen Teils zu bekommen? Dann wir man nätürlich alle Arten Kommunikation, die eben die intutiven Anteile anspricht, meiden wollen. Oder möchte man eben die gewaltige Kraft, des Unterbewussteseins verwenden und benutzt deswegen eben auch Symbole und Bilder die den unterbewussten Teil - den Elefanten -ansprechen


    Ich glaub Buddha Shakyamuni war jemand, für den Buddhismus bedeutet, sich vom Joch der Begierde und Sinnelust zu befreien. Wesegen er allem, was unsere Sinne anspricht (Musik, prächtige Statuen, Räucherstäbchen) extrem skeptisch gegenüberstand und eben auch allem, was an unsere tiefen Sehnsüchte und Archetypen appelieriert, negativ gegenüberstand. Die Idee, man könne das zur Befreiung verwenden, hätte er wohl als eine Illusion gesehen, die in einer Verstrickung in Sinnesgenuss und Träume resultiert.

  • Spock:

    Wenn das Spektrum genug heilsames bietet, dann verstehe ich nicht wieso man sein "Schicksal" absichtlich von einen Mythos (egal ob exotisch oder modern) abhängig machen sollte.


    Was meinst Du damit?

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Kurze Ergänzung, weil ich gleich los muss: mit "Spektrum" meine ich "Möglichkeiten die einem zur Verfügung stehen".


    Damit ich nicht missverstanden werde:


    Ich meine damit also nicht, wie formallogisch etwas ist oder wie absolut freischwebend man dort in seiner Autonomie ist oder wie ¨westlich modern¨, sondern ein Prozess unter jeweiligen Umständen. Man kann sich ja auch seiner selbst bewusst sein um zu merken, dass man sich täuscht (oder auch das man richtig lag). Das muss man ja nicht absolut setzen, darum gehts ja garnicht.

    Einmal editiert, zuletzt von Spock ()

  • Axel:
    accinca:

    Wenn ich einer Tages solche Sätze mal verstehen werde,dann sage ich bescheid. :)


    Es ist Dir wichtig, dass Du diese Aussage veröffentlicht hast.
    Ich habe sie zur Kenntnis genommen.


    Gut das du es sagst, habe ich in der Tat viel zu wichtig genommen.

  • Hallo,
    ich sehe das etwas differenzierter als void. Ich denke, Buddha stand solchen Dingen nicht skeptisch und negativ gegenüber.
    So wie ich die Lehren Buddhas bis jetzt erlebt habe, wird doch immer wieder betont den Dingen offen gegenüber zu stehen. "Sei ein Kind der Illusion". Also kann ich prinzipiell nur schwer gegen Dinge eine negative oder skeptische Haltung einnehmen! Ich lerne sie ja jedes mal aufs neue kennen ohne Vorbehalt.
    Ich kenne beide Seiten aus eigener Erfahrung. Den extrem rationalen und realistischen Typ und den mystischen Typ. Ich denke, es tut jedem gut in seinem Leben etwas Mystik und Mythos zu bringen. Vor allem, dem extrem rationalen und realistischen Typ. Das entspannt.
    Würde man Mythen abschaffen, wo hält man sich dann fest wenn die rationale und realistische Welt zusammenbricht?


    Grüße

    :buddha: Es geht immer darum, sich in die Unannehmlichkeiten des Lebens hineinzulehnen und sich diese ganz genau anzuschauen. :buddha:

    • Offizieller Beitrag
    Spock:

    Ich meine damit also nicht, wie formallogisch etwas ist oder wie absolut freischwebend man dort in seiner Autonomie ist oder wie ¨westlich modern¨, sondern ein Prozess unter jeweiligen Umständen. Man kann sich ja auch seiner selbst bewusst sein um zu merken, dass man sich täuscht (oder auch das man richtig lag). Das muss man ja nicht absolut setzen, darum gehts ja garnicht.


    Du gehst vom Begriff der Aufklärung aus. Und normalerweise versteht man da ja was darunter, was den Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit befreit. Und hinstorisch war das ja was, was das Denken von der katholischen Mythologie befreitete. Während es für unsere Kultur noch so klar ist, was Mythos ist und was Aufklärung, ist das für vergangene Zeiten und sehr ferne Kulturen schwer.


    Weil die sich einfach ganz anders ausgedrückt haben, ist es sehr schwer rauszufinden, ob etwas den Menschen eher aus der Unmündigkeit raustreibt ( und in diesem Sinne Aufklärung ist) oder ihn in die Unmündigkeit reintriebt und zum Sklaven kollektiver Vorstellungen macht.


    Mir fallen das jetzt z.B Yogis ein: Indem diese sich von der Gesellschaft, ihren Werten und Mythen abwandten, hat das so einen von "von Mythen befreienden" Aspekt. Während aber dann natürlich so hinduistische Asketen dann wieder ihre eigenen Mythologien ( z.B Shivaverehrung) hatten.

  • Lucky:

    Hallo,
    ich sehe das etwas differenzierter als void. Ich denke, Buddha stand solchen Dingen nicht skeptisch und negativ gegenüber.
    So wie ich die Lehren Buddhas bis jetzt erlebt habe, wird doch immer wieder betont den Dingen offen gegenüber zu stehen. "Sei ein Kind der Illusion". Also kann ich prinzipiell nur schwer gegen Dinge eine negative oder skeptische Haltung einnehmen! Ich lerne sie ja jedes mal aufs neue kennen ohne Vorbehalt.
    Ich kenne beide Seiten aus eigener Erfahrung. Den extrem rationalen und realistischen Typ und den mystischen Typ. Ich denke, es tut jedem gut in seinem Leben etwas Mystik und Mythos zu bringen. Vor allem, dem extrem rationalen und realistischen Typ. Das entspannt.
    Würde man Mythen abschaffen, wo hält man sich dann fest wenn die rationale und realistische Welt zusammenbricht?


    Grüße


    Ja, der mittlere Weg eben.... Um ihn zu veranschaulichen nutzte Buddha sogar das Gleichnis einer Laute, deren Saiten weder zu straff noch zu locker gespannt sein dürfen, damit sie einen brauchbaren Ton von sich gibt.
    Auf die Idee würde wohl kaum jemand kommen, der der Musik extrem skeptisch gegenüber steht.

  • Zitat

    sondern was Aufklärung ist und in meinen Augen ist es, wie oben erwähnt, etwas das verschiedene Formen hat und in Stücken ebenfalls in der Mythologie stattfand, es war dann aber nicht der Wunsch sich den Gegebenheiten zu unterwerfen, der zum Erkennen und loslösen von bestimmten Prozessen führte, was für mich aber bei einem Mythos der Fall ist, dh. wenn ich den für-wahr halte, usw.


    Puh! Du drückst Dich echt kryptisch aus.
    Ich versuche erst mal aufzudröseln …


    1. Auch ein Mythos kann ein Produkt eines Aufklärungsprozesses sein
    2. Dieses Produkt verbleibt aber, trotz seiner aufklärerischen Intention allein durch die Einkleidung in einen Mythos nur eine halbherzige Sache, weil es durch seinen Erzählduktus als Mythos mit einem Bein im alten Mythos stecken bleibt.


    Habe ich Dich richtig verstanden?

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

    • Offizieller Beitrag

    Es scheint so zu sein, das Mythologien bei der Bindung des Individuuums an das Kollektiv eine wichtige Rolle spielen. Während dann die Aufklärung etwas ist, was darauf zielt den Einzelnen aus dem Übergriff des Kollektivs zu ziehen. Und insofern das Kollektiv-Ich mit Mythologie assoziiert ist, ist sie anti-mythologisch.


    Wobei ich es interessant finde, dass die dee, das alle primitiven Gruppen stark kollektivitisch sind und der Individualismus etwas Modernes ist, wohl falsch ist. In dem Zusammenhang find ich die Arbeiten der Antropologin Mary Douglas sehr interessant.


    Mary Douglas erwähnt da z.B die Forschung über das Verhältnis zwischen den Buschmännern und ihren Bantu-Nachbarn. Die Buschmänner hatten eine sehr sehr einfach, nicht materielle Kultur und führten ein Leben in dem man sich eher zu lockeren Gruppen ( im englischen Bands) verband, die sich dann auch wieder neu arrnagieren konnten.


    Während eben die höher entwickelten Bantu-Nachbarn so das ganze Arsenal an Kultur hatten: Stammesgöttern, Initiationsriten, Gesänge hatten, um so eine kollektive Ordnung zu schaffen. Ein Unterfangen, dem die Buschmänner eher spöttisch belustigt gegenüberstanden.

  • Doris Rasevic-Benz:


    Puh! Du drückst Dich echt kryptisch aus.
    Ich versuche erst mal aufzudröseln …


    1. Auch ein Mythos kann ein Produkt eines Aufklärungsprozesses sein
    2. Dieses Produkt verbleibt aber, trotz seiner aufklärerischen Intention allein durch die Einkleidung in einen Mythos nur eine halbherzige Sache, weil es durch seinen Erzählduktus als Mythos mit einem Bein im alten Mythos stecken bleibt.


    Habe ich Dich richtig verstanden?


    Danke fürs nachfragen. Das is etwas schwierig, ich wollte kein Pamphlet schreiben, um den Thread nich zu kapern mit meinem ¨relativ¨.


    Zu 1. Jein. Also eine Aufklärung kann Ergebnis eines Mythos (in Prozess - weil bedingt) sein zb. die Diskurse innerhalb der Religionen ;). Oder umgedreht ein Mythos kann auch Ergebnis einer Aufklärung sein zB. wenn man in der Psychologie glaubt aufgrund der Vergangenheit oder bestimmten Gegebenheiten sei damit zukünfitge Zustände festgelegt, usw. Das heisst ich wurde als Baby nich per Mutterbrust gesäugt und nun werde ich auf ewig innerlich in Isolationshaft leben (das habe ich grade frei erfunden).


    Und dass es dieses Spannungsverhältnis gibt macht eine Aufklärung von etwas (das meine ich in einem vollkommen neutralen und allgemeinen Sinn - dh. nicht adornisch oder sonstewie) überhaupt nur möglich. (imho)

  • Lucky:


    Würde man Mythen abschaffen, wo hält man sich dann fest wenn die rationale und realistische Welt zusammenbricht?


    Wieso sucht "man" Etwas zum Festhalten?


    _()_

    Wenn im dürren Baum der Drache Dir singt
    siehst wahrhaft Du den WEG.
    Wenn im Totenkopf keine Sinne mehr sind
    wird erst das Auge klar.


    jianwang 健忘 = sich [selbst] vergessend

  • void:

    Mary Douglas erwähnt da z.B die Forschung über das Verhältnis zwischen den Buschmännern und ihren Bantu-Nachbarn. Während die Buschmänner eine sehr sehr einfach, nicht materielle Kultur hatten, führten sie ein Leben in dem man sich eher zu lockeren Gruppen ( im englischen Bands) verband, die sich dann auch weie neu arrnagieren konnten. Während eben die höher entwickelten Bantu-Völker so das ganze Arsenal an Kultu hatten: Stammesgöttern, Initiationsriten, Gesänge hatten, um so eine kollektive Ordnung zu schaffen. Ein Unterfangen, dem die Buschmänner eher spöttisch belustigt gegenüberstanden.


    Ich bin da immer ein bisschen skeptisch bei solchen Interpretationen. Auch wenn sie von Forschern kommen. Außerdem vermute ich, das auch die Buschmänner ein ganzes Arsenal an Mythen haben. Vielleicht keine Stammesgötter, aber dennoch Mythen z.B. um die Entstehung der Welt, Entstehung der Menschen und Tiere, Sonne und Mond, Wetterphänomene, Tiere.
    Vieles davon ist wohl auch Teil des gemeinsamen Wissensschatzes. Anhand von Mythen werden Jagdtechniken überliefert, Wasserquellen, Jagdgründe, Nahrungsquellen, medizinische Erfahrungen. Es wird die eigene Geschichte überliefert usw.


    Ich habe die Vermutung, dass das etwas ist, das uns Menschen angeboren ist. Es geht um das Suchen von Mustern (Apophänie) und Erklärungen und die Tradierung von Erfahrungen und Wissen. Alle suchen wir ständig nach Erklärungen für alles, und auch unser Sein. Deshalb ist es auch so schwer, darüber hinweg zu schreiten. Selbst die Buddhisten, die sich das auf die Fahne geschrieben haben, machen das. Ulkigerweise wird das umso mehr getan, je mehr man denkt, das überwunden zu haben. (Nur um den Bogen zum Buddhismus zu spannen …)

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Zitat

    Selbst die Buddhisten, die sich das auf die Fahne geschrieben haben, machen das. Ulkigerweise wird das umso mehr getan, je mehr man denkt, das überwunden zu haben. (Nur um den Bogen zum Buddhismus zu spannen …)


    Meinst Du damit z.B. die buddhistische Kosmologie?

    Wenn im dürren Baum der Drache Dir singt
    siehst wahrhaft Du den WEG.
    Wenn im Totenkopf keine Sinne mehr sind
    wird erst das Auge klar.


    jianwang 健忘 = sich [selbst] vergessend


  • Kaper nur. Ich finde, Du bringst da einen schönen Dreh in die Diskussion rein.


    Jetzt glaube ich, versteh ich Dich. Das ist eine gute Beobachtung.
    Und ja, ich stimme Dir zu.
    Siehe meinen vorangegangenen Post: Ich vermute, dass Mythologisieren ein urmenschliches Phänomen ist. Und unvermeidbar. Ein Hirn-Ding.

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Lucky:

    Hallo,
    ich sehe das etwas differenzierter als void. Ich denke, Buddha stand solchen Dingen nicht skeptisch und negativ gegenüber.


    Woher weißt du das?


    Zitat

    So wie ich die Lehren Buddhas bis jetzt erlebt habe, wird doch immer wieder betont den Dingen offen gegenüber zu stehen. "Sei ein Kind der Illusion".


    Also ne, wirklich. So wie ich ich sie bisher erlebt habe, war es eher "Du bist ein Kind der Illusion, und das ist der Weg zur Auflösung der Illusionen" (4fache Wahrheit)


    Zitat

    Ich kenne beide Seiten aus eigener Erfahrung. Den extrem rationalen und realistischen Typ und den mystischen Typ.


    Ich dachte, wir reden über Mythen?


    Zitat

    Würde man Mythen abschaffen, wo hält man sich dann fest wenn die rationale und realistische Welt zusammenbricht?


    Man kann sie überhaupt nicht abschaffen, sie entstehen immer wieder neu. Dass Bodhodharma Zen nach China brachte ist ein Mythos, unsere ununterbrochene "Blutlinie" ist ein Mythos ... aber selbst wenn wir das erkennen, verlieren diese Geschichten nicht ihre Bedeutung, selbst dann, wenn sie keinerlei historische Wahrheit enthalten.
    Letztens haben wir ja besprochen, wie Zen nach Europa kam, oder ein Macher eines hier besprochenen Films über ein bekanntes Kloster erzählte, dass die Wahl des jetzigen Abtes dadurch entschieden wurde, wer als Letzter vom Zazen aufsteht.
    Es wird halt zu jeder Zeit n Haufen Quatsch getratscht, das sollte man einfach wissen.

  • jianwang:
    Zitat

    Selbst die Buddhisten, die sich das auf die Fahne geschrieben haben, machen das. Ulkigerweise wird das umso mehr getan, je mehr man denkt, das überwunden zu haben. (Nur um den Bogen zum Buddhismus zu spannen …)


    Meinst Du damit z.B. die buddhistische Kosmologie?


    Nein.
    Ich meine die individuelle Überzeugung, man könne dem entkommen. Statt es zu akzeptieren als conditio humana und damit so gut wie möglich, so offen wie nur geht, umzugehen. Der Große Zweifel.
    In dem Moment, in dem ich meine, ich hätte das überwunden, habe ich mir eine Religion gebastelt, mit der ich mich vor dem Freien Fall schütze. Und den Mythos über meine eigene Befreiung. Das kommt einer Gottgleichheit nahe.

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

    • Offizieller Beitrag
    Doris Rasevic-Benz:

    Ich bin da immer ein bisschen skeptisch bei solchen Interpretationen. Auch wenn sie von Forschern kommen. Außerdem vermute ich, das auch die Buschmänner ein ganzes Arsenal an Mythen haben. Vielleicht keine Stammesgötter, aber dennoch Mythen z.B. um die Entstehung der Welt, Entstehung der Menschen und Tiere, Sonne und Mond, Wetterphänomene, Tiere.
    Vieles davon ist wohl auch Teil des gemeinsamen Wissensschatzes. Anhand von Mythen werden Jagdtechniken überliefert, Wasserquellen, Jagdgründe, Nahrungsquellen, medizinische Erfahrungen. Es wird die eigene Geschichte überliefert usw.


    Klar haben die Buschmänner jede Menge Mythen. Mir ging es ja eben darum zus sagen, dass eben auch die traditionelle Welt nichts homogenes ist. Bei vielen Jäger- Und Sammlervölkern gibt es ja eben auch so Trickster-Gestalten, die etwas sehr Spontanes und Anarchisches haben. Das trifft man auf sehr lustige Schöpfungsmythen.


    Während dann die Mythologien der Ackerbauern etwas viel gravitätisches und ernsthafteres haben. Da hat ja Mythologie dann wirklich die Funktion grosse Gemeinwesen gedanklich zu organisieren und jedem seinen Platz und seine Kaste zuzuweisen. Und erst insofern Mythos mit dieser Unfreheit verbunden ist, wird er zum Gegenteil von Aufklärung.


    Diese Veränderung des Fokus hat damit zu tun, dass für den Jäger und Sammler der Refeenzpunkt ja die Natur ist, die ja wirklich sehr vielgestaltig und häufig unerwartet ist. Während der Referenzpunkt für die Ackerbauern ja schon die menschliche Gesellschaft und ihre Organisation ist.

  • Einverstanden. :)


    Noch was.
    Vielleicht haben das Gravitätische auf der einen Seite und das Anarchische auf der anderen Seite auch was damit zu tun, dass sesshafte Kulturen immer relativ stabile Machtstrukturen innerhalb der Gemeinschaft entwickeln? Und dass eine gewisse Beherrschbarkeit der Natur angenommen wird?

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Hallo Leute,
    jianwang, sind die Lehren Buddhas insgeheim nicht auch eine Methodik an der man sich orientieren kann, an der man festhalten kann wenn man am Abgrund steht?


    Mit "Ein Kind der Illusion" meinte ich, stehe den Dingen jeden Tag aufs neue "neu" gegenüber, ohne Vorbehalt. Erlebe sie neu jeden Tag.
    Die Mythen machen eben einen Teil des Lebens aus, welcher sehr interessant sein kann, wenn man den Mut aufbringt, sich darauf einzulassen.


    Grüße

    :buddha: Es geht immer darum, sich in die Unannehmlichkeiten des Lebens hineinzulehnen und sich diese ganz genau anzuschauen. :buddha:

    • Offizieller Beitrag
    Doris Rasevic-Benz:

    Vielleicht haben das Gravitätische auf der einen Seite und das Anarchische auf der anderen Seite auch was damit zu tun, dass sesshafte Kulturen immer relativ stabile Machtstrukturen innerhalb der Gemeinschaft entwickeln? Und dass eine gewisse Beherrschbarkeit der Natur angenommen wird?


    Ja, glaube ich auch. Bei vielen der alten Stadtstaaten gibt es ja so eine Mandalastruktur: In der Mitte ist sowas wie Pyramide bzw. Palast, was für die Ordnung steht, die es zu bewahren gilt. Während von den Rändern überall die verschiedene Mächte des Chaos lauern, die diese fragile Ordnung bedrohren: Naturkatastrophen, Seuchen, Feinde, aber eben auch die menschlche Neigung, eher am privaten Wohl interessiert zu sein.


    In so einer Situation kommt dem Mythos die Funktion zu, den Menschen zu zähmen und zu erziehen: Ihn sich als Teil einer Familie fühlen zu lassen und auf die Aufrechterhaltung der gemeinamen Ordnung auszurichten. Ich sehe Rituale als so eine Ausrichten. So wie ja auch heute kaum ein Armee auf das Exerzieren verzichtet: Die Gruppe soll wie aus einem Guss zusammenarbeiten. Ich habe gehört, dass es für Veteranen auch eine riesige emotionale Erfahrung (Erhabenheit) ist, sich als Teil so eines Kolletiv-Ichs zu fühlen.