• Doris Rasevic-Benz:


    Nein.
    Ich meine die individuelle Überzeugung, man könne dem entkommen. Statt es zu akzeptieren als conditio humana und damit so gut wie möglich, so offen wie nur geht, umzugehen. Der Große Zweifel.
    In dem Moment, in dem ich meine, ich hätte das überwunden, habe ich mir eine Religion gebastelt, mit der ich mich vor dem Freien Fall schütze. Und den Mythos über meine eigene Befreiung. Das kommt einer Gottgleichheit nahe.


    Das scheint imho Dein Fehler im Denken zu sein, sry.
    Ich will nicht "entkommen", weil das nicht geht, da ich ein Mensch bin und bleibe. Und genau dieses "offen damit umgehen" ist doch imho das, was Du als "überwinden" bezeichnest.
    Der freie Fall - in den Buddhakaya - welch schöner Augenblick, in dem man sich umdrehen kann zum Hier und Jetzt der Welt, um "es" zu überwinden, dem Irrtum zu entkommen.
    Das Beharren auf dem "Stand in der Leere" würde oft als eine Krankheit bezeichnet.
    Seid auf der Hut vor der Schildkrötennasenschlange am Südberg.


    _()_

    Wenn im dürren Baum der Drache Dir singt
    siehst wahrhaft Du den WEG.
    Wenn im Totenkopf keine Sinne mehr sind
    wird erst das Auge klar.


    jianwang 健忘 = sich [selbst] vergessend

  • Mir scheint es so das Mythen eher bei den Hirten, Nomaden, Jägern und Sammlern gebraucht werden um sich einen Ort in der Hauslosen Welt zu schaffen, Jenseitige Welten die sich mit ihnen bewegen. Ein Reich das auch ohne festen Wohnsitz ist.


    Für Ackerbau Viehzucht und Handwerk wurden die Mythen zu Sesshaften Welten, wurden Stationär, bekamen auch in den Orten der Häusler Gebäude. Die Mythen der Anderen, Hauslosen, wurden zu Mythos weil sie nicht mehr zu den Häuslichen passten. Beide wussten es besser. In den Orten entstand Wohlstand durch stationäres arbeiten und Gestalten der Umwelt. Bei den Hauslosen durch arbeiten mit den Bedingungen die die Umwelt bot.


    Um zu Buddha zu kommen gibt diese Meinung einen anderen Blick auf das was Buddha mit Hauslosigkeit sagen wollte. Das die Sesshaften mehr auf die sie erhaltende Umwelt achten müssen, eine Eingrenzung der Gestaltung und ein mehr eingehen auf die Lebensweise der Hauslosen, denen nur das Wirken mit der Umwelt gewollt war. Das zusammen führen der beiden Mythen. Ein Teilen beiderseitigem Wohlstand und das gegenseitige Anerkennen der beiden Arten von Wohlstand. Das ein nicht verrottender Besitz nicht zur Ernährung dient wenn er nicht mit denen geteilt wurde die lebenden Besitz ihr Eigen nennen.


    Meine Sicht auf Märchen hat gerade auch eine andere Einsicht gebracht. Da wird immer wieder dieser Konflikt gezeigt, der zwischen Häuslern und Hauslosen. Da sind auch immer Lösungen für die jeweiligen Konfliktlagen gezeigt der immer in aufgeben von Feindschaft hin zur Zusammenarbeit gezeigt. Natürlich auch Strategien den jeweils anderen zu besiegen. Und natürlich verschlüsselt, verbergend, denn die Wirkliche Lösung findet sich in Gerichtsurteilen-akten. Der Mythos ist wichtig um Urteile, Rechtsbrüche zu vermeiden.


  • Was ist dann kein Mythos ? Aus einer buddhistischen Perspektive heraus, wäre die Möglichkeit des Auffindens von absoluten Wahrheiten ein Mythos...
    Was bleibt da noch ?
    Mythen sind innere Landkarten die der Orientierung dienen und die sind abhängig Entstanden...bedingt durch die jeweiligen Lebensumstände, die Umwelt usw. . Ein Mythos der existiert ist bezogen auf sein funktionieren wahr....sonst wäre er nicht existent. Alles was zu einem jeweiligen Zeitpunkt existiert, hat seine Berechtigung...der Beweis dafür ist, dass es existiert.


  • Kein Problem.
    Ich denke aber, Du hast mich nicht ganz verstanden.


    Zitat

    Ich will nicht "entkommen", weil das nicht geht, da ich ein Mensch bin und bleibe. Und genau dieses "offen damit umgehen" ist doch imho das, was Du als "überwinden" bezeichnest.


    Das ist das, was ich beschreibe: die Conditio humana. Wir entkommen nicht.
    Diese Offenheit ist das Ergebnis des Erkennens und der Akzeptanz dieser Grundbedingung. Aber davor steht bei den Meisten (jedenfalls, was ich in den Jahren so beobachte) der Glaube, das könne abgeschafft werden und der Buddhismus ist der Weg dorthin.
    __________
    Kleiner Einschub, damit ich korrekterweise auch mich selbst einbeziehe:
    Ich kann das bei mir rückblickend nicht mehr genau nachvollziehen ohne einen neuen Mythos zu schaffen – ich müsste alle Posts der letzten 15 Jahre durchforsten, und dazu habe ich keine Lust – aber ich vermute, dass auch ich anfangs davon ausgegangen bin, dass der Dharma das zum Ziel hätte (was immer noch nicht bedeutet, dass dies auch mein Ziel gewesen wäre, denn ich erinnere mich daran, dass "Erleuchtung" mich nie interessiert hat).
    _________


    Also, machst Du Deine Gegenrede nur am Wort "überwinden" fest? Dann lass uns das überwinden :D
    Du weißt doch, dass ich damit meine, dass es um den Glauben, ja die feste Überzeugung geht, man könnte das richtiggehend abschaffen.


    Der Freie Fall macht in der Regel erst mal Angst: Wer bin ich denn dann noch? Woran kann ich mich orientieren? Muss ich wirklich alles alleine entscheiden? Bin ich alleine für mein Wohl und Wehe verantwortlich? Wenn mein Nachbar nicht mehr blöd sein soll, weil das nur meine subjektive Sicht ist, was soll ich dann mit meinen Emotionen anstellen? usw.


    Zitat

    Das Beharren auf dem "Stand in der Leere" würde oft als eine Krankheit bezeichnet.
    Seid auf der Hut vor der Schildkrötennasenschlange am Südberg.


    Ich beharre da gar nicht drauf. Im Gegenteil. Das sehe ich als Hilfsmittel, als Türöffner. Nicht als Selbstzweck. Sobald sie zum Selbstzweck werden, sind sie schon wieder ein Mittel zum Festhalten, eine Religion geworden – die Tür hat sich geschlossen. Nun habe ich den Selbstmythos geschaffen erlöst zu sein. Der Freie Fall ist aufgehalten worden. Und das auf eine sehr stabile Art und Weise – in den Schriften wird das dann mit Äonen der Gefangenschaft beschrieben, weil da ein überzeugender ideologischer Überbau geschaffen wurde. Jedenfalls lese ich das so. Gemeinhin nennt man das dann "Fundamentalismus". Da steckt schon die Verneinung des Freien Falls im Wort drin. :grinsen:


    Verstehst Du nun besser, was ich meine?

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Sunu:

    Was ist dann kein Mythos ? Aus einer buddhistischen Perspektive heraus, wäre die Möglichkeit des Auffindens von absoluten Wahrheiten ein Mythos...
    Was bleibt da noch ?
    Mythen sind innere Landkarten die der Orientierung dienen und die sind abhängig Entstanden...bedingt durch die jeweiligen Lebensumstände, die Umwelt usw. . Ein Mythos der existiert ist bezogen auf sein funktionieren wahr....sonst wäre er nicht existent. Alles was zu einem jeweiligen Zeitpunkt existiert, hat seine Berechtigung...der Beweis dafür ist, dass es existiert.


    Eben.

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Doris
    Ja - und auch ich hatte im Anfang diesen "Erlösungsglauben"


    _()_

    Wenn im dürren Baum der Drache Dir singt
    siehst wahrhaft Du den WEG.
    Wenn im Totenkopf keine Sinne mehr sind
    wird erst das Auge klar.


    jianwang 健忘 = sich [selbst] vergessend

  • void:


    In so einer Situation kommt dem Mythos die Funktion zu, den Menschen zu zähmen und zu erziehen: Ihn sich als Teil einer Familie fühlen zu lassen und auf die Aufrechterhaltung der gemeinamen Ordnung auszurichten. Ich sehe Rituale als so eine Ausrichten. So wie ja auch heute kaum ein Armee auf das Exerzieren verzichtet: Die Gruppe soll wie aus einem Guss zusammenarbeiten. Ich habe gehört, dass es für Veteranen auch eine riesige emotionale Erfahrung (Erhabenheit) ist, sich als Teil so eines Kolletiv-Ichs zu fühlen.

    *
    Mir fällt dazu spontan ein, wie es aussieht, wenn Rituale ins Extrem getrieben werden und was sie bezwecken. Nämlich bei Zwangsneurosen. Die Rituale haben ja auch eine beruhigende, ordnende Wirkung auf die Erkrankten. Da wird auch der Versuch unternommen, was zu zähmen, zu kontrollieren, beherrschbar zu machen.




    *Hervorhebung von mir

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • jianwang:

    Doris
    Ja - und auch ich hatte im Anfang diesen "Erlösungsglauben"


    _()_


    Ist jetzt off topic …


    Dazu hatten wir sicher schon mindestens einen Thread hier. Aber immer wieder interessant zu ergründen, warum der Einzelne sich dem Dharma zugewandt hat.

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Doris Rasevic-Benz:
    Sunu:

    Was ist dann kein Mythos ? Aus einer buddhistischen Perspektive heraus, wäre die Möglichkeit des Auffindens von absoluten Wahrheiten ein Mythos...
    Was bleibt da noch ?
    Mythen sind innere Landkarten die der Orientierung dienen und die sind abhängig Entstanden...bedingt durch die jeweiligen Lebensumstände, die Umwelt usw. . Ein Mythos der existiert ist bezogen auf sein funktionieren wahr....sonst wäre er nicht existent. Alles was zu einem jeweiligen Zeitpunkt existiert, hat seine Berechtigung...der Beweis dafür ist, dass es existiert.


    Eben.


    Dann bliebe noch der Leidaspekt. Ab wann wird durch einen "Mythos" leid erzeugt, welches vermeidbar wäre ? Ich denke vorallem dann, wenn dogmatische Ansichten hinzukommen, die einem bestimmten Mythos den Stellenwert einer absoluten, unveränderlichen Wahrheit zuschreiben...

  • Sunu:
    Doris Rasevic-Benz:

    Eben.


    Dann bliebe noch der Leidaspekt. Ab wann wird durch einen "Mythos" leid erzeugt, welches vermeidbar wäre ? Ich denke vorallem dann, wenn dogmatische Ansichten hinzukommen, die einem bestimmten Mythos den Stellenwert einer absoluten, unveränderlichen Wahrheit zuschreiben...

    Aus einem Mythos wird Leiden wenn ein Dogma, eine sicher Wahrheit, gefunden werden will. Das Dogma von Außen war nie mein Problem, der Glaube an ein Dogma in mir durch mich gefunden, geglaubt, hat viel mehr Leiden erzeugt.

  • Ellviral:
    Sunu:

    Dann bliebe noch der Leidaspekt. Ab wann wird durch einen "Mythos" leid erzeugt, welches vermeidbar wäre ? Ich denke vorallem dann, wenn dogmatische Ansichten hinzukommen, die einem bestimmten Mythos den Stellenwert einer absoluten, unveränderlichen Wahrheit zuschreiben...

    Aus einem Mythos wird Leiden wenn ein Dogma, eine sicher Wahrheit, gefunden werden will. Das Dogma von Außen war nie mein Problem, der Glaube an ein Dogma in mir durch mich gefunden, geglaubt, hat viel mehr Leiden erzeugt.

    Das Speicher-Bewusstsein, im Sinn von Gerümpelspeicher, aufzuräumen ist schmerzhafte Arbeit.

  • moos:


    Zitat

    Man kann sie überhaupt nicht abschaffen, sie entstehen immer wieder neu. Dass Bodhodharma Zen nach China brachte ist ein Mythos, unsere ununterbrochene "Blutlinie" ist ein Mythos ... aber selbst wenn wir das erkennen, verlieren diese Geschichten nicht ihre Bedeutung, selbst dann, wenn sie keinerlei historische Wahrheit enthalten.

    Letztens haben wir ja besprochen, wie Zen nach Europa kam, oder ein Macher eines hier besprochenen Films über ein bekanntes Kloster erzählte, dass die Wahl des jetzigen Abtes dadurch entschieden wurde, wer als Letzter vom Zazen aufsteht.
    Es wird halt zu jeder Zeit n Haufen Quatsch getratscht, das sollte man einfach wissen.


    Ja, ich weiß :)


    @ moos, void, axel, fotost u.a. unbuddhist, christoph....usw.


    Ganz frisch angerichtet:


    Ready to Mine: Zen's Legitimating Mythology an Cultish Behavior. ( buddhism-controversy-blog)
    Stuart Lachs.


    "shared at the ICSA Conference/Bordeaux"
    Ach so, sorry, Christoph kennt das bereits, war ja da.



    Ein Motiv für derartige Werke sehe ich übrigens gänzlich und allein auferstanden 8 Winden.


    Man möge mich kreuzigen.


    ()




    '

    • Offizieller Beitrag

    Ich habe das Gefühl, Mythen sind Geschichten, wo das wichtige über einen drinsteht.
    Also sowas wie "fetischisierte Geschichten".


    Wenn man seine Oma fragt: "Wer sind wir und woher kommen wir" dann kann man ja auch entweder so einen Familienmythos zu hören bekommen. Oder eben etwas, was keinen Sinn macht und kein tiefes Gefühl rüberbringt. In diesem Fall wäre, das was der Familie so passiert ist, einen Aneinaderreihung von Zufällen, wo sich eben keine Geschichte rauskristllisiert.


    Während es ja total schönes Gefühl ist, wenn sich da eine Geschichte rauskritallisiert. Weil die Welt wieder ein Stück einfacher und berherrschbarer geworden ist.


    Von David Loy gibt es das schöne Buch The World is Made of Stories geht es ja darum, wie wir uns aus dem was uns passiert, Ich-Geschichten und Wir-Geschichten (also Mythen) spinnen.

  • Also wenn ich (!) meine Oma/Opa/Eltern fragte, bekam ich keine Mythen, sondern einfach Informationen über meine Ahnen ohne spezielle "Geschichten"

    Wenn im dürren Baum der Drache Dir singt
    siehst wahrhaft Du den WEG.
    Wenn im Totenkopf keine Sinne mehr sind
    wird erst das Auge klar.


    jianwang 健忘 = sich [selbst] vergessend

    • Offizieller Beitrag
    jianwang:

    Also wenn ich (!) meine Oma/Opa/Eltern fragte, bekam ich keine Mythen, sondern einfach Informationen über meine Ahnen ohne spezielle "Geschichten"


    Aber was sind das für Familien, wo das anders ist?


    Ich glaube das sind Familien, wo die Vergangenheit viel Einfluss auf die Gegenwart hat, und so Rollenmodelle im Raum stehen. Also irgendwelche Ahnen, denen man sich würdig erweisen muss. Firmengründer, denen man dankbar sein muss. Widerstandkämpfer in deren Fusstapfen man treten muss. Oder irgendwelche anderen Leute auf die man sehr stolz sein sol oder denen man dankbar sein soll, oder?

  • Void:


    Zitat

    Während es ja total schönes Gefühl ist, wenn sich da eine Geschichte rauskritallisiert. Weil die Welt wieder ein Stück einfacher und berherrschbarer geworden ist.


    Zitat

    zu zähmen und zu erziehen: Ihn sich als Teil einer Familie fühlen zu lassen und auf die Aufrechterhaltung der gemeinamen Ordnung auszurichten. Ich sehe Rituale als so eine Ausrichten. .... Die Gruppe soll wie aus einem Guss zusammenarbeiten.


    Ich finde es äußerst bedenklich, dass du oft 'absolute Wahrheiten' verkündest;
    bedenklich auch insofern, da mir scheint, du lagerst 'absolute Wahrheiten' auf User um.
    Karnataka ist darauf eingegangen ... ein Status Quo des Formhaften.
    Finde es daher auch problematisch, dass du gleichzeitig als User und globaler Moderator fungierst.


    Warum ? Als Moderator solltest du nicht den Anschein erwecken, du wolltest "das System" des Buddhismus in einen Misskredit rücken; privat geht das, privat kannst du auch Systemkritik üben, aber nicht als Mod. Siehst du das anders ?

    2 Mal editiert, zuletzt von Anonymous ()

  • void
    mag sein, doch sowas kenne ich nicht.

    Wenn im dürren Baum der Drache Dir singt
    siehst wahrhaft Du den WEG.
    Wenn im Totenkopf keine Sinne mehr sind
    wird erst das Auge klar.


    jianwang 健忘 = sich [selbst] vergessend

  • void:


    Ich glaube das sind Familien, wo die Vergangenheit viel Einfluss auf die Gegenwart hat, und so Rollenmodelle im Raum stehen. Also irgendwelche Ahnen, denen man sich würdig erweisen muss. Firmengründer, denen man dankbar sein muss. Widerstandkämpfer in deren Fusstapfen man treten muss. Oder irgendwelche anderen Leute auf die man sehr stolz sein sol oder denen man dankbar sein soll, oder?


    Ich kenne keine Familie, in der das anders wäre. Ich kenne allerdings nur eine begrenzte Auswahl an Familien :grinsen:


    Es gibt auch den negativen Mythos. Also die Geschichten mit dem Schwarzen Schaf. Die Geschichten, die gar nicht erzählt werden, wo eine Lücke klafft. Die sind nicht weniger virulent. In Europa haben viele Familien noch eine offene Geschichte aus der dunklen Zeit vor 70 und mehr Jahren. Manche wird laut erzählt, manche durch Schweigen und manche durch neurotische Verhaltensweisen und Krankheiten.


    Ich glaube, dass der Mythos nicht einfach eine lügenhafte Heldengeschichte ist, sondern durch jede Art von Erzählung entsteht. Wenn z.B. ein Jugendlicher ein Bild von seinem Vater aus den 70ern sieht, mit Motorrad, Helm, im Kreise seiner damaligen Clique, dann entsteht schon ein Bild im Kopf, das den Keim des Mythos in sich trägt. Selbst wenn dann der Vater erzählt, dass das Foto während der Zeit seiner Ausbildung als Bürokaufmann entstanden ist, könnte so ein Gedanke von "Cool!" sich durchaus festsetzen und den Mythos von einem Vater als Easy Rider erschaffen.

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

    Einmal editiert, zuletzt von Doris ()

  • Ellviral:

    Aus einem Mythos wird Leiden wenn ein Dogma, eine sicher Wahrheit, gefunden werden will. Das Dogma von Außen war nie mein Problem, der Glaube an ein Dogma in mir durch mich gefunden, geglaubt, hat viel mehr Leiden erzeugt.


    Der Prozess des "einbläuens" von Dogmen von " außen", kann mitunter aber auch leidvoll sein...

    • Offizieller Beitrag
    Morpho:

    Ich finde es äußerst bedenklich, dass du oft 'absolute Wahrheiten' verkündest;



    Also ich sehe es nicht so, dass ich absolute Wahrheiten verkünden. Nimm nur mal den Satz:


    Zitat

    zu zähmen und zu erziehen: Ihn sich als Teil einer Familie fühlen zu lassen und auf die Aufrechterhaltung der gemeinamen Ordnung auszurichten. Ich sehe Rituale als so eine Ausrichten. .... Die Gruppe soll wie aus einem Guss zusammenareiten.


    Ich denke dieser Satz stimmt doch überhaupt nicht. Es gibt sehr viele Rituale, die überhaupt nicht dazu dienen, Kollektive zu formen. Nimm z.B mal viele religiöse Rituale wie z.B Niederwerfungen. Auch andere Rituale haben einfach nur eine Ordnungsfunktion. So ist ja im Buddhismus vieles nur deswegen Ritual weil es genormt ist und immer gleich gemacht wird.


    Morpho:

    bedenklich auch insofern, da mir scheint, du lagerst 'absolute Wahrheiten' auf User um. Karnataka ist darauf eingegangen ... ein Status Quo des Formhaften.


    Wie lagere ich absolute Wahrheiten auf User um?


    Zitat

    Finde es daher auch problematisch, dass du gleichzeitig als User und globaler Moderator fungierst.


    Ich finde das auch blöd. So kriegt alles was ich sage unnötig Gewicht. Gottseidank gibt es jetzt diese mod-tags, wo dann alles so grün wird, was man "ex cathedra" spricht. Da wird das ein wenig sichtbarer, wann ich als Moderator spreche.

  • void
    OT - Du bist für mich in erster Linie ein User, mit dem ich gern schreibe. Und ansonsten (als Mod) ein Helfer, wenn man ihn braucht.


    _()_

    Wenn im dürren Baum der Drache Dir singt
    siehst wahrhaft Du den WEG.
    Wenn im Totenkopf keine Sinne mehr sind
    wird erst das Auge klar.


    jianwang 健忘 = sich [selbst] vergessend

  • jianwang:

    Also wenn ich (!) meine Oma/Opa/Eltern fragte, bekam ich keine Mythen, sondern einfach Informationen über meine Ahnen ohne spezielle "Geschichten"


    Mein Opa fing von sich aus an, zu erzählen, mir Orte zu zeigen und seine Erinnerungen dazu. Ich bat ihn, alles aufzuschreiben, das tat dann auch die Oma, ausserdem wurden alte Briefe dazugetan von entfernteren Verwandten, und alles um wichtige Daten ergänzt. So entstand eine Familienchronik.


    Die andere Oma wollte kaum was erzählen und es war sehr mühsam, sie um Daten und Geschichten zu bitten... ab und zu hat sie dann doch mal gern erzählt... vom Opa gab es bereits Geschichten, er war schon gestorben und hätte sicher noch viel mehr erzählen können...


    Aber auch die Geschichten der Elterngeneration und die eigenen Geschichten, manche schon erzählt aber noch nicht aufgeschrieben... es sind in gewisser Weise Wurzeln, frühere Lebenswelten, deren Einfluss noch heute wirksam ist, auf die eine oder andere Weise...


    :rainbow::om:


    P.S.: man versteht dann auch, woher sich bestimmte Einstellungen entwickelt haben, nicht nur die von der "guten Butter", die man nur ordentlich aufs Brot geben soll...

    Im erwachten Herzen leuchtet jede Farbe. (Jack Kornfield)

  • Mythen sind unter Anderem auch eine Kunstform mit Einfluss auf das seelische Erleben. So ist z.B. mit dem Aufkommen der Industriealisierung, die den Menschen in einen mechanischen Ablauf integriert hat, die Romantik entstanden, die mit Sagen und Mythen durchzogen war.


    Es ist der Unterschied von Denken und Fühlen, bis in die Tiefe des Weltverständnisses, mittels Rationalität oder Intuition. Was mag da tiefer dringen? Der Rationalist empfindet nichts dabei die Umwelt nach Zweck und Nutzen auszubeuten, der Romantiker empfindet achtsam alles als belebt.
    Es ist wohl kein Zufall dass mit dem Sterben mythischer Weltbilder die Achtung vor der Umwelt und ihrer Bewohner abgenommen hat. Anstatt bloßer Naturkräfte derer man sich nach Belieben bedienen kann, sah man alles durchdrungen von Wesenheiten oder Göttern, auf die man Rücksicht nahm und denen man Ehre erwies. Mancherorts gibt es das noch: Kürzlich habe ich gehört dass man in Irland durch ein bestimmtes Gebiet keine Straße gebaut hat, weil dort angeblich Naturgeister leben.

  • Spock, eigentlich war das nur ein unausgegorener Versuch das Mythologische eher dem Fühlen und Intuitiven zuzuordnen und das ursprünglich hier angesprochene Ablehnen des Mythischen dem wissenschaftlichen Denken. Über die jeweiligen Ursachen, Auswirkungen und Verbindungen ließe sich noch viel nachforschen und nachdenken.

  • mukti:

    Mythen sind unter Anderem auch eine Kunstform mit Einfluss auf das seelische Erleben. So ist z.B. mit dem Aufkommen der Industriealisierung, die den Menschen in einen mechanischen Ablauf integriert hat, die Romantik entstanden, die mit Sagen und Mythen durchzogen war.


    Natürlich habe ich wieder einmal Probleme mit Begriffen wie "Seele" in einem Forum zu buddhistischen Themen, aber ich denke, ich verstehe, was Du sagen möchtest.


    Ob man das Aufkommen der Romantik jetzt in Beziehung zur beginnenden Industrialisierung setzen kann kann ich nicht beurteilen. Auf jeden Fall war es auch eine Reaktion auf Aufklärung und das Aufkommen der Naturwissenschaften.


    Die Beschreibung von Mythen (Märchen, Fabeln, Sagen, religiöse Dichtungen) als Kunstform mit Einfluß auf das innere Erleben gefällt mir. Es sind Erfindungen aus einer vorwissenschaftlichen Zeit in der eine subjektive Wahrheit als wichtiger angesehen wurde als eine objektiv überprüfbare Wahrheit.


    mukti:


    Der Rationalist empfindet nichts dabei die Umwelt nach Zweck und Nutzen auszubeuten, der Romantiker empfindet achtsam alles als belebt.
    Es ist wohl kein Zufall dass mit dem Sterben mythischer Weltbilder die Achtung vor der Umwelt und ihrer Bewohner abgenommen hat.


    Wirklich? Das entspricht absolut nicht meiner Erfahrung. Die Achtung vor der Umwelt und unseren Mitmenschen ist in den langweilig nüchternen, entmystifizierten Gebieten Zentraleuropas und Skandinaviens massiv viel größer als in den Gebieten, in denen Menschen noch in mythischem Denken behaftet sind.


    Es ist kein Zufall - Deine Annahme ist ganz simpel falsch!