Graduelles Training (aus: "Buddhas Lehre von der Wiedergeburt")

    • Offizieller Beitrag
    Frieden-und-Freude:

    Die Übung von Tugenden und Sinneszügelung steht dabei am Anfang des "Lehrplans".Und erst unter der Voraussetzung, dass die Tugenden ausreichend begründet sind, kann mit Erfolgsaussicht auf dem Weg weiter gegangen werden. (Wie gesagt: Ich gehe davon aus, dass man nicht "perfekt" sein muss in der Einübung der Tugenden, um voranzuschreiten, aber die Formulierungen gehen durchaus in die Richtung, dass man "erfüllt" sein muss mit Tugend, also darin schon gute Fortschritte gemacht haben muss.)


    Der edle achtfache Pfad gibt es also eine Art "Batchelor" in dem es um Tugend und Entsagung geht. Und erst wenn man in diesen Grundlagen Sicher ist, kann man zum drauf aufbauenden "Master" weitergehen?

  • void:

    Oder es kann sein, dass man an einer Stelle abwärts muss um ein dunkles Tal zu überqueren.


    Ja, genau; besser, man ist darauf vorbereitet! :)


    Mit abnehmender Verblendung kann man ja manchmal das (vorübergehende) Gefühl haben, man wäre überhaupt die ganze Zeit bergab gegangen...

  • Ellviral:

    Solange den Pfad benutzen bis die persönliche Entwicklung und der Weg beim nächsten Schritt eins sind und beide da sind ohne persönlich zu verwickeln. Auf dem Weg sein heißt kein Weg nehmen.


    Das klingt für mich sehr erstrebenswert!


    Liebe Grüße,
    Aravind.


  • http://www.palikanon.com/digha/d02_2.htm



    Also erst auf Grundlage von Tugend und Sinneszügelung ist es möglich, die fünf Hindernisse zu überwinden und in der richtigen Art und Weise konzentriert zu sein.


    Ob man das nun mit den Begriffen "Bachelor" und "Master" bezeichnen sollte, ist eine andere Frage, lieber Void. :)


    Gesagt wird nur: Ohne eine Grundlage in Tugend und Sinneszügelung geht es nicht weiter auf dem Weg.

    • Offizieller Beitrag

      „Treu dieser heiligen Tugendsatzung, treu dieser heiligen Sinnenzügelung, treu dieser heiligen klaren Einsicht, treu dieser heiligen Zufriedenheit sucht er einen abgelegenen Ruheplatz auf, einen Hain, den Fuß eines Baumes, eine Felsengrotte, eine Bergesgruft, einen Friedhof, die Waldesmitte, ein Streulager in der offenen Ebene. Nach dem Mahle, wenn er vom Almosengange zurückgekehrt ist, setzt er sich mit verschränkten Beinen nieder, den Körper gerade aufgerichtet, und pflegt der Einsicht."


    Das heisst für dich, dass erstmal Tugend, Sinneszügelung und Zufriedenheit kommen und dies die Grundlage für das Pflegen der Einsicht ist. Wir sollten die Meditation also ersteinmal sein lassen und vorher so langeweiligen biedere Tugenden pflegen und die Sinnestore bewachen gehen.

  • Die Debatte, ob das Erwachen, die Erleuchtung (Bodhi) eher stufenweise, graduell oder spontan und plötzlich zu erreichen wäre und/oder sie durch eingenes bemühen oder durch den Segen ein Buddha Amitabha einfach geschieht, ist wohl fast so alt wie die ganze Geschichte des Buddhismus. Sowohl im Pali-Kanon als auch im chineisch-japanischen Kanon und im tibetischen Kanon finden sich Suttas, Sutras, Tantras und Shastra (Kommentare) die sowohl die eine Perspektive unterstützen als auch die andere. Selbst in den einzelnen, unterschiedlichen Traditionen und Schulen gibt es hierüber häufig verschiedene Meinungen. Im Chan/Zen- Buddhismus wird dieses Thema z.B. im 8. Kapitel des Plattform Sutra des 6. Patriarchen behandelt und sowohl im Rizai- als auch im Soto-Zen gibt es hierzu unterschiedliche Ansichten. So gibt es einige die der Meinung wären, dass durch die Koan-Schulung im Rinzai-Zen eher ein spontanes Erwachen geschieht und im Soto-Zen dagegen durch die regelmäßige Schulung des Za-Zen eher ein graduelles Erwachen ermöglicht wird und umgekehrt.


    Einen guten Überblick hierzu gibt diese Arbeit:
    Plötzliches oder allmähliches Erwachen – konträre Positionen im chinesischen Meditationsbuddhismus?
    https://www.buddhismuskunde.un…enwart/bd9-k02meinert.pdf

  • void:


    Das heisst für dich, dass erstmal Tugend, Sinneszügelung und Zufriedenheit kommen und dies die Grundlage für das Pflegen der Einsicht ist. Wir sollten die Meditation also ersteinmal sein lassen und vorher so langeweiligen biedere Tugenden pflegen und die Sinnestore bewachen gehen.



    In welcher Form "wir" das in den Lehrreden beschriebene monastische graduelle Training übernehmen, ist eine separate Frage.


    Erst einmal wollte ich zeigen, dass es tatsächlich so ein graduelles Training gibt.
    Und dass in diesem graduellen Training eine gute Grundlage an Tugend, Sinneszügelung und Zufriedenheit als Voraussetzung für die weitere Praxis angesehen wird.


    Das jetzt als "langweilig" und "bieder" zu betrachten, scheint ja gerade der verhängnisvolle Irrtum zu sein. Man möchte ja viel lieber einen direkteren und spannenderen Weg gehen, ohne sich lange um diese Grundlagen zu kümmern.


    So kommt es dann halt bei manchen (vielen?) zu der Illusion, bereits ein fortgeschrittener Praktizierender zu sein, obwohl der Betreffende keine Grundlage an Tugend, Sinneszügelung und Zufriedenheit eingeübt hat.


    Da geht man dann vielleicht auf ein Retreat, vollbringt dort scheinbar Samadhi-Höchstleistungen und ist hinterher in seinem Alltag wieder ganz der alte.


    Oder man redet sich ein, es komme gar nicht darauf an, Fähigkeiten zu trainieren. Oder es reiche, sich irgendwie mit Buddhismus geistig zu beschäftigen, etwa indem man im Forum diskutiert.


    Ich fürchte, das sind alles lediglich Hindernisse in angenehmer Verkleidung.

  • Frieden-und-Freude:


    Ich bin ja nicht dogmatisch der Ansicht, dass die abweichende Auffassung, die Du beschreibst, zwangsläufig unsinnig sein muss.
    Vielleicht ergibt diese etwas mystisch anmutende Praxis ja einen Sinn.
    Bislang ist dieser Sinn mir leider noch nicht aufgegangen und ich halte mich an die relativ einfach zu verstehende Praxis, die der Buddha beschreibt. :)


    Wenn das so ist möchte ich dir die Sache mal erklären.
    Es gab nämlich zur Zeiten des Buddha ein paar wenige Menschen
    die hatten ganz ohne den Buddha schon erhebliche geistige
    Entwicklung bis fast zur Heiligkeit entwickelt. Aber das letzte
    bisschen und entscheidende fehlte ihnen aber noch. Wenn die auf
    den Buddha trafen oder einer der Mönche und die Lehre hörten,
    kann es sein, das diese durch wenige Worte oder Hinweise die 4
    Wahrheiten erkannten und sich spontan befreit waren.
    Heutzutage gibt es nun manche Zenis die glauben das nachmachen
    zu müssen und langwierigen Übungen zu überspringen. Aber das
    klappt bei ihnen natürlich nicht. Da fehlt eben ne Menge.

  • ...und weil accinca das Prajna als Baby mit den Löffeln zugefüttert bekommen hat, ist sein Wort das Buddhadharma selbst und die objektive Wahrheit :)

    Den Schmetterling des Zen im Netz des Verstandes zu fangen; machen wir uns das klar, dass das nicht geht

  • kal:

    ...und weil accinca das Prajna als Baby mit den Löffeln zugefüttert bekommen hat, ist sein Wort das Buddhadharma selbst und die objektive Wahrheit :)


    Manche sind auch als Kind in den Zaubertrank gefallen und müssen deshalb nicht mehr üben. :lol:


    Spaß beiseite: Es mag ja durchaus sein, dass Accinca mit seiner Erklärung dieser scheinbaren Spontan-Erleuchtungen im Pali-Kanon recht hat. Es ist jedenfalls eine plausible Hypothese. Auf alle beschriebenen Fälle scheint sie aber nicht zu passen, siehe Angulimala.



    Ich fände es übrigens schön, lieber Accinca, wenn wir in diesem Thread uns einfach auch mal anhören, wie die Zennies das sehen, ohne gleich zu unterstellen, dass das alles Quatsch ist.
    Das gehört meiner Meinung nach auch zu den Tugenden, die eingeübt werden müssen: Offenheit bei der Prüfung anderer Meinungen, Respekt vor Andersdenkenden, die eigene Meinung nicht dogmatisch erstarren zu lassen, prinzipiell bereit sein, von anderen zu lernen ...

  • Es wäre schön, wenn Erwachte sich hier äussern würden, ob sie spontan oder graduell erwacht sind.


    Alle andern sollten ihre Zeit besser mit üben als mit spekulieren nutzen.


    :lol::rofl:

  • Bakram:

    Es wäre schön, wenn Erwachte sich hier äussern würden, ob sie spontan oder graduell erwacht sind.


    Alle andern sollten ihre Zeit besser mit üben als mit spekulieren nutzen.


    :lol::rofl:


    Au ja, lass uns eine Umfrage machen unter den Erwachten hier im Forum!


    :grinsen:



    Natürlich ist es eine für die Praxis zweitrangige Frage, ob das Erwachen spontan oder graduell abläuft.


    Deutlich wichtiger ist die ursprünglich gemeinte Frage, ob die Praxis selbst graduell (oder auch: "stufen"förmig oder schrittweise) abläuft - und zwar mit Tugend, Sinneszügelung und Zufriedenheit als unverzichtbare Grundlage für alles weitere.


    Das war hier Hauptgegenstand der Diskussion.
    Je nachdem, welche Position man in dieser Frage bezieht, ist die Praxis eine jeweils andere.

  • verrückter-narr:

    So gibt es einige die der Meinung wären, dass durch die Koan-Schulung im Rinzai-Zen eher ein spontanes Erwachen geschieht und im Soto-Zen dagegen durch die regelmäßige Schulung des Za-Zen eher ein graduelles Erwachen ermöglicht wird und umgekehrt.

    ... was Quatsch ist, aber wenigstens zeigt, dass diese "einige" keinen blassen Schimmer von Sōtō-Zen haben. Weder von der theoretischen Fundierung (konkret: Dōgens Schriften, insbesondere seine Lehre des shushō ittō) noch von der Zazen-Praxis. Das sind - wenn sie so etwas dann auch noch in Büchern oder "wissenschaftlichen" Artikeln verbreiten - Bluffer und Scharlatane oder schlicht Dummschwätzer.

    verrückter-narr:

    Einen guten Überblick hierzu gibt diese Arbeit:
    Plötzliches oder allmähliches Erwachen – konträre Positionen im chinesischen Meditationsbuddhismus?
    https://www.buddhismuskunde.un…enwart/bd9-k02meinert.pdf

    ... die sich allerdings mit Sōtō-Zen überhaupt nicht befast. Daher ergänzend empfohlen: Enlightenment in Dōgen's Zen von Francis Dojun Cook. Der 2006 verstorbene Autor war nicht nur Professor für Buddhismus-Studien an der University of California, Director of Translations am Institute for Transcultural Studies in Los Angeles, U.S. Publications Director for the Numata Center for Buddhist Translation and Research sowie u.a. Autor von 'How to raise an Ox - Zen Practice as Taught in Zen Master Dogen’s Shobogenzo', Übersetzer von Keizan Zenjis Denkoroku sowie Verfasser des englischsprachigen Standardwerks zum Huayan-Buddhismus (Hua-yen Buddhism: The Jewel Net of Indra), er war auch (als langjähriger Schüler von Taizan Maezumi) Zen-Praktizierender.


    ()

    OM MONEY PAYME HUNG

  • Frieden-und-Freude:

    Deutlich wichtiger ist die ursprünglich gemeinte Frage, ob die Praxis selbst graduell (oder auch: "stufen"förmig oder schrittweise) abläuft - und zwar mit Tugend, Sinneszügelung und Zufriedenheit als unverzichtbare Grundlage für alles weitere.

    Wie will man denn beispielsweise Sinneszügelung (als unabdingbare Voraussetzung für eine Transformation des Verhaltens, śila) ohne parallele Entwicklung von Achtsamkeit üben? Wie die Entwicklung von Achtsamkeit ohne Entwicklung konzentrierter Geistesruhe? Nur ein Beispiel. Die acht Aspekte des Pfades bedingen und fördern sich wechselseitig. Hingegen: auch nur einen Aspekt auszulassen, behindert die Entwicklung der Anderen. Da gibt es kein "erst Dieses, dann Jenes" - und eine solche Empfehlung findet sich auch nicht in den von dir zitierten Sutten, die interpretierst Du da nur hinein. Das wäre eine unvollständige Praxis - und damit eine, die einen der Überwindung von duhkha nicht näherbringt.


    ()

    OM MONEY PAYME HUNG

  • Frieden-und-Freude:


    Natürlich ist es eine für die Praxis zweitrangige Frage, ob das Erwachen spontan oder graduell abläuft.



    Das hatten wir doch schon geklärt: es ist immer nur Jetzt.
    Gerade an der Lehrrede, die du hier als Beispiel anführst, kommt doch der König am Ende der Rede Buddhas zur Einsicht und das wird ihm dann auch noch mit höchster Anerkennung bestätigt.
    Aufgrund seines Karma - er hatte ja seinen Vater ermorden lassen - konnte er nicht in den Orden aufgenommen werden, sondern wurde Laienanhänger.


    Zitat


    Deutlich wichtiger ist die ursprünglich gemeinte Frage, ob die Praxis selbst graduell (oder auch: "stufen"förmig schrittweise) abläuft - und zwar mit Tugend, Sinneszügelung und Zufriedenheit als unverzichtbare Grundlage für alles weitere.


    Nein. Es geht beides ineins und es gibt da keine Priorität zwischen Sila, Samadhi und Panna. Es wird zwischen zwei Arten von z.B. Erkenntnis unterschieden MN 117- der weltlichen und der überweltlichen und es führt kein Weg von der weltlichen zur überweltlichen Seite. Deshalb kann da auch einer nicht fortschreiten oder vorwärts kommen - er bleibt immer dem weltlichen verhaftet und vergleicht früher und jetzt. Er hängt also im Netz der Ansichten fest DN 1, wenn er einen solchen Fortschrittsglauben pflegt.


    Lies also nochmal, unabhängig vom Kommentator, diese Lehrrede selbst durch und prüfe, wo da was von graduell steht. Ich finde da nichts.


    Davon unbenommen ist natürlich, dass der Lohn der Asketenschaft ein tugendhaftes Leben ist - sofern man sich in der Ausübung darin übt.

  • Sudhana:
    Frieden-und-Freude:

    Deutlich wichtiger ist die ursprünglich gemeinte Frage, ob die Praxis selbst graduell (oder auch: "stufen"förmig oder schrittweise) abläuft - und zwar mit Tugend, Sinneszügelung und Zufriedenheit als unverzichtbare Grundlage für alles weitere.

    Wie will man denn beispielsweise Sinneszügelung (als unabdingbare Voraussetzung für eine Transformation des Verhaltens, śila) ohne parallele Entwicklung von Achtsamkeit üben? Wie die Entwicklung von Achtsamkeit ohne Entwicklung konzentrierter Geistesruhe? Nur ein Beispiel. Die acht Aspekte des Pfades bedingen und fördern sich wechselseitig. Hingegen: auch nur einen Aspekt auszulassen, behindert die Entwicklung der Anderen. Da gibt es kein "erst Dieses, dann Jenes" - und eine solche Empfehlung findet sich auch nicht in den von dir zitierten Sutten, die interpretierst Du da nur hinein. Das wäre eine unvollständige Praxis - und damit eine, die einen der Überwindung von duhkha nicht näherbringt.


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    Deine Fragen sind völlig berechtigt und wichtig!


    Vorab möchte ich aber um eines bitten: Genau so wie ich bereit bin, Deinen Ausführungen zuzuhören, ohne sie gleich als unsinnig abzutun, weil sie meinen Auffassungen widersprechen, wäre es gut, wenn Du dieselbe Offenheit gleichfalls aufbringst.
    Unter dieser Voraussetzung können wir darüber sprechen, ohne dass daraus ein unfruchtbarer Meinungsstreit wird.
    Wenn Du dieser Voraussetzung nicht zustimmen möchtest, verzichten wir besser auf ein Gespräch.


    Dein Einwand bezieht sich sowohl auf die inhaltliche Frage, wie ein graduelles Training überhaupt möglich sein soll als auch auf die exegetische Frage, ob das eine richtige Interpretation der zitierten Sutta ist.


    Kurz zur exegetischen Frage:
    Wie bereits gesagt, stütze ich mich da auf eine im Theravada gängige Kommentar-Tradition. Als wichtigste Referenz habe ich das Buch von Bhikkhu Bodhi zitiert, das auch die Kommentar-Tradition zusammenfasst.
    Wenn wir darüber ernsthaft diskutieren wollen, dann sollten wir uns dafür genügend Zeit nehmen.


    Gerne kann ich Dir aber meine Antwort auf Deine inhaltlichen Fragen geben:


    Beschrieben wird das monastische Training, das sich dadurch auszeichnet, dass der Praktizierende durch die Regeln des Mönchslebens in einer Gemeinschaft unterstützt wird.
    Um das mal auf die heutige Praxis zu übertragen, auch für einen Laien: Wer so üben möchte, besucht beispielsweise ein Theravada-Kloster und nimmt beim Eintritt in das Kloster 8 Tugendregeln an, die verbindlich vorgeschrieben sind. Damit ist zugleich eine günstige Bedingung für Sinneszügelung geschaffen. (Es gibt halt beispielsweise kein Essen nachmittags und abends.)
    Interessanterweise führt diese Übung - auch ohne weitere spezielle Achtsamkeits- oder Meditationspraxis - in der Regel schon zu einer Beruhigung des Geistes, zu der beschriebenen Zufriedenheit. Auf dieser Grundlage kann dann eine Hinwendung zur Meditation und zur Achtsamkeitspraxis erfolgen.


    Ist das eigentlich in einem Zen-Kloster so ganz anders?

  • Tychiades:
    Zitat


    Deutlich wichtiger ist die ursprünglich gemeinte Frage, ob die Praxis selbst graduell (oder auch: "stufen"förmig schrittweise) abläuft - und zwar mit Tugend, Sinneszügelung und Zufriedenheit als unverzichtbare Grundlage für alles weitere.


    Nein. Es geht beides ineins und es gibt da keine Priorität zwischen Sila, Samadhi und Panna. Es wird zwischen zwei Arten von z.B. Erkenntnis unterschieden MN 117- der weltlichen und der überweltlichen und es führt kein Weg von der weltlichen zur überweltlichen Seite. Deshalb kann da auch einer nicht fortschreiten oder vorwärts kommen - er bleibt immer dem weltlichen verhaftet und vergleicht früher und jetzt. Er hängt also im Netz der Ansichten fest DN 1, wenn er einen solchen Fortschrittsglauben pflegt.


    Lies also nochmal, unabhängig vom Kommentator, diese Lehrrede selbst durch und prüfe, wo da was von graduell steht. Ich finde da nichts.


    Lass uns diese Fragen im neuen Jahr gründlich untersuchen, wenn Du weiterhin magst. (Du sagtest ja, dass Du dann mehr Zeit hast. Und bei mir ist die Zeit gerade leider auch zu knapp für eine intensive Diskussion.)
    Ich bin offen, das vorurteilsfrei zu prüfen, auch jenseits von der Theravada-Kommentartradition.


    Bis auf weiteres bleibe ich dabei, dass die Lehrrede eine graduelle Praxis beschreibt.
    Es gibt da übrigens noch eine andere Sutta, die expliziter darstellt, dass Tugendübung und Sinneszügelung im mostastischen Training tatsächlich zeitlich vor der Schulung in Samadhi angesiedelt ist. Ich finde diese Sutta leider gerade nicht.


    Vielleicht weiß jemand von Euch, welche ich meine? :)

  • Anbei noch einige aussagekräftige Quellen, die eindeutig dafür sprechen, dass das graduelle Training die Praxis des achtfachen Pfades beschreibt:



    https://en.wikipedia.org/wiki/Gradual_training
    http://leighb.com/gtchart.htm


    http://www.palikanon.com/majjhima/m107n.htm

  • Frieden-und-Freude:

    http://www.palikanon.com/majjhima/m107n.htm


    Hab sie doch noch auf die Schnelle gefunden. Daraus geht noch eindeutiger hervor, dass wirklich ein schrittweises (graduelles) Training gemeint ist, mit einem zeitlichen Primat von Sinneszügelung und Tugend.


    Das sowas überhaupt ein kontroverses Thema sein könnte kann
    man sich als Nachfolger des Buddha kaum vorstellen. Selbst in
    der weltlichen Schule fangen die kleinen Kinder nicht gleich
    mit hoher Mathematik und dem kleinen einmal eins zur gleichen
    Zeit an zu üben. Und jetzt raten wir mal warum das so ist?

  • Frieden-und-Freude:


    'Willkommen, du Mönch, sei Sittlichkeithaft,


    Das heißt aber nicht "Sittlichkeithaft".
    Das Wort gibt es gar nicht, Es heißt:
    "'Willkommen, du Mönch, sei tugendhaft, "


    Es gibt sogar eine Lehrrede in der der Buddha einem
    Heißsporn ernsthaft abgeraten hat sich schon mit den
    späteren Übungen in der Einsamkeit zu befassen weil
    er darin gescheitert wäre, eben weil die Vorübungen
    noch nicht weit genug entwickelt waren und er daher
    darin auch unmöglich Erfolg hätte haben können.
    Aber das ist natürlich individuell verschieden wieviel
    Tugend und auch innere Stabilität und auch Weisheit (cinta-maya-paññâ)
    jemand schon mit bringen mag aus diesem oder vorigen Leben.
    Da kann sehr unterschiedlich sein.

    • Offizieller Beitrag
    Frieden-und-Freude:

    Es gibt da übrigens noch eine andere Sutta, die expliziter darstellt, dass Tugendübung und Sinneszügelung im mostastischen Training tatsächlich zeitlich vor der Schulung in Samadhi angesiedelt ist.


    Es gibt einen starken Zusammenhang zwischen Tugend, Entsagung und Sammlung. Bei der Einübung von Tugend ist es wichtig, auftretenden Impulsen nicht einfach nachzugeben sondern die Situation auszuhalten. Dies bedeutet sowohl Achtsamkeit als eben auch Sammlung. Das Gegenteil eines gesammelten Geist ist ein Affengeist der bald nach diesen und bald nach jenem greift und deswegen auch nicht besonders tugendam sein kann. Ruhig verweilen zu können beinhaltet Achtsamkeit und ist ein Bestandteil von Entsagung und Tugend. Der edle achtfache Pfad ist aus einem Guß.


    Von daher sehe ich in den von dir vorgestellten Sutten nicht so sehr die Tendenz, das auseinanderzureissen sondern eine Richtung vom "Groben zum Feinen".

  • void:

    Es gibt einen starken Zusammenhang zwischen Tugend, Entsagung und Sammlung. Bei der Einübung von Tugend ist es wichtig, auftretenden Impulsen nicht einfach nachzugeben sondern die Situation auszuhalten. Dies bedeutet sowohl Achtsamkeit als eben auch Sammlung. Das Gegenteil eines gesammelten Geist ist ein Affengeist der bald nach diesen und bald nach jenem greift und deswegen auch nicht besonders tugendam sein kann. Ruhig verweilen zu können beinhaltet Achtsamkeit und ist ein Bestandteil von Entsagung und Tugend. Der edle achtfache Pfad ist aus einem Guß.


    Frieden-und-Freude:

    Dein Einwand bezieht sich ... auf die inhaltliche Frage, wie ein graduelles Training überhaupt möglich sein soll ...


    Beschrieben wird das monastische Training, das sich dadurch auszeichnet, dass der Praktizierende durch die Regeln des Mönchslebens in einer Gemeinschaft unterstützt wird.
    Um das mal auf die heutige Praxis zu übertragen, auch für einen Laien: Wer so üben möchte, besucht beispielsweise ein Theravada-Kloster und nimmt beim Eintritt in das Kloster 8 Tugendregeln an, die verbindlich vorgeschrieben sind. Damit ist zugleich eine günstige Bedingung für Sinneszügelung geschaffen. (Es gibt halt beispielsweise kein Essen nachmittags und abends.)
    Interessanterweise führt diese Übung - auch ohne weitere spezielle Achtsamkeits- oder Meditationspraxis - in der Regel schon zu einer Beruhigung des Geistes, zu der beschriebenen Zufriedenheit. Auf dieser Grundlage kann dann eine Hinwendung zur Meditation und zur Achtsamkeitspraxis erfolgen.


    Ist das eigentlich in einem Zen-Kloster so ganz anders?



    void:


    Von daher sehe ich in den von dir vorgestellten Sutten nicht so sehr die Tendenz, das auseinanderzureissen sondern eine Richtung vom "Groben zum Feinen".


  • Meine Hypothese zu dem Thema:


    Ist der Punkt erreicht, an dem Unwissenheit vollständig geschwunden und als Folge, im selben Maße Weisheit „erwacht“ ist, macht es einen spontanen „Klick“ und der Betroffene sieht die Welt, u.z. „dauerhaft mit anderen Augen………


    Vorher, also auf dem Weg zu dem Punkt, an dem es „Klick“ macht, kann schon mal ein sporadischer Durchblick die Unwissenheit durchdringen.

    Mancher derjenigen, der solche sporadischen Durchblicke erlebt, glaubt dann all zu oft, sein „Selbst“ sei nun erwacht. Er ignoriert dabei, dass nicht sein „Selbst“ erwacht sondern lediglich die Weisheit sporadisch zur Entfaltung gekommen ist.

    Alles in Allen, eine langwierige, vom zeitlichen her gesehen nicht abwägbare Angelegenheit: das Ziel des 8fachen Pfades.

    Ich bin und bleib in jedem Fall ein konservativer Samsarianer, der den Pfad ergebnisoffen folgt, ohne dabei große Ambitionen zu hegen.....
    .........etwas Zufriedenheit und ein Schuss erlangte Gelassenheit reicht mir schon.