Ziel der Buddhalehre

  • Wir machen uns ja alle mehr oder weniger Gedanken über Dinge, die nicht sind, oder anders: Gedanken über Dinge, die so wären, wie es eine Vorstellung suggeriert.


    Ich finde die Formulierung, dass mit der Vernichtung von NichtWissen die Welt (von der man nur eine Auffassung hat, weil Wahrnehmung und Vorstellungsbildung in Abhängigkeit stattfindet) verlischt, treffend. Und obendrein schön.





    :earth:

  • Wir machen uns ja alle mehr oder weniger Gedanken über Dinge, die nicht sind, oder anders: Gedanken über Dinge, die so wären, wie es eine Vorstellung suggeriert.


    Ich finde die Formulierung, dass mit der Vernichtung von NichtWissen die Welt (von der man nur eine Auffassung hat, weil Wahrnehmung und Vorstellungsbildung in Abhängigkeit stattfindet) verlischt, treffend. Und obendrein schön.

    ich fände das nicht erstrebenswert. Wie will man denn seine Mitmenschen noch verstehen, wenn man mit den Mechanismen der Vorstellungswelten garnichts mehr am Hut hätte?

  • Die Nihilismus Deutung im Kommentar finde ich ohne entsprechende Kennzeichnung unangemessen. Der Zumwinkel kann ja eine persönliche Note einschieben: "Mir ist es schoneinmal passiert auf die Weise, und ich würde da anstelle des Lesers sehr vorsichtig mit gefühlsbedingten Überinterpretationen sein." Der Mann in der Lehrrede glaubt ja erstens an ein Ich, was aus seiner Sicht vernichtet würde.

    Was meinst du mit "seine persönliche Note"?


    Es steht wortwörtlich da:

    Zitat

    "Die kann es geben, Bhikkhu", sagte der Erhabene. "Bhikkhu, da hat jemand nicht die Ansicht: 'Die Welt und das Selbst sind dasselbe; nach dem Tode werde ich unvergänglich, dauerhaft, ewig, nicht der Veränderung unterworfen sein, ich werde so lange wie die Ewigkeit überdauern.' Er hört den Tathāgata oder einen Schüler des Tathāgata das Dhamma lehren, für das Beseitigen aller Grundlagen für Ansichten, Entscheidungen, Besessenheiten, allen Festhaltens und aller Neigungen, für die Stillung aller Gestaltungen, für den Verzicht auf alle Vereinnahmung, für die Zerstörung des Begehrens, für die Lossagung, fürs Aufhören, für Nibbāna. Er denkt nicht so: 'Also werde ich vernichtet werden! Also werde ich zugrunde gehen! Also werde ich nicht mehr werden!'



    Selbes Sutra (Zumwinkel) Absatz Nr. 37


    Zitat

    37. "Obwohl ich so spreche, ihr Bhikkhus, obwohl ich so verkünde, bin ich grundlos, auf nichtige Weise, unwahr und falsch von einigen Mönchen und Brahmanen so dargestellt worden: 'Der Mönch Gotama ist einer, der in die Irre führt; er beschreibt die Vernichtung, die Zerstörung, die Auslöschung eines existierenden Wesens.' Da ich das nicht lehre, da ich das nicht verkünde, bin ich also grundlos, auf nichtige Weise, unwahr und falsch von einigen Mönchen und Brahmanen so dargestellt worden: 'Der Mönch Gotama ist einer, der in die Irre führt; er beschreibt die Vernichtung, die Zerstörung, die Auslöschung eines existierenden Wesens.'"



    M60 Nihilismus (natthikavādo), Übersetzung von Zumwinkel:

    Zitat

    7. (A.1) "Haushälter, von jenen Mönchen und Brahmanen, deren Lehrmeinung und Ansicht dieses besagt: 'Es gibt keine Gaben, nichts Dargebrachtes oder Geopfertes; keine Frucht oder Ergebnis guter und schlechter Taten; nicht diese Welt, nicht die andere Welt; keine Mutter, keinen Vater; keine spontan geborenen Wesen; keine guten und tugendhaften Mönche und Brahmanen auf der Welt, die diese Welt und die andere Welt durch Verwirklichung mit höherer Geisteskraft erfahren haben und erläutern', von jenen Mönchen und Brahmanen ist zu erwarten, daß sie diese drei heilsamen Zustände vermeiden werden, nämlich gutes körperliches Verhalten, gutes sprachliches Verhalten und gutes geistiges Verhalten, und daß sie diese drei unheilsamen Zustände übernehmen und ausüben werden, nämlich körperliches Fehlverhalten, sprachliches Fehlverhalten und geistiges Fehlverhalten. Warum ist das so? Weil jene guten Mönche und Brahmanen in unheilsamen Zuständen die Gefahr, die Erniedrigung und die Befleckung nicht sehen, und weil sie auch in heilsamen Zuständen den Segen in der Entsagung, den Aspekt der Reinigung nicht sehen."


    8. (A.2) "Da es tatsächlich eine andere Welt gibt, hat derjenige falsche Ansicht, der die Ansicht hegt 'es gibt keine andere Welt'. Da es tatsächlich eine andere Welt gibt, hat derjenige falsche Absicht, dessen Absicht auf 'es gibt keine andere Welt' beruht. Da es tatsächlich eine andere Welt gibt, hat derjenige falsche Rede, der die Behauptung aufstellt 'es gibt keine andere Welt'. Da es tatsächlich eine andere Welt gibt, widerspricht derjenige, der sagt 'es gibt keine andere Welt', den Arahants, die die andere Welt kennen. Da es tatsächlich eine andere Welt gibt, überzeugt derjenige einen anderen von einem unwahren Dhamma, der einen anderen von der Aussage 'es gibt keine andere Welt' überzeugt; und weil er einen anderen von einem unwahren Dhamma überzeugt, lobt er sich selbst und setzt andere herab. Somit ist jegliche geläuterte Sittlichkeit, die er früher hatte, aufgegeben und durch verdorbenes Verhalten ersetzt. Und diese falsche Ansicht, falsche Absicht, falsche Rede, Widerspruch gegenüber den Edlen, das Bestreben, andere von einem unwahren Dhamma zu überzeugen, und Selbstlob und Herabsetzung anderer - diese verschiedenen üblen, unheilsamen Zustände kommen somit mit falscher Ansicht als Bedingung zustande."


    9. (A.3) "Darüber erwägt ein Weiser so: 'Wenn es keine andere Welt gibt, dann wird sich dieser gute Mensch bei der Auflösung des Körpers ausreichend in Sicherheit gebracht haben. Aber wenn es eine andere Welt gibt, dann wird er bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, in Umständen, die von Entbehrungen geprägt sind, wiedererscheinen, an einem unglücklichen Bestimmungsort, in Verderbnis, ja sogar in der Hölle. Aber egal, ob das Wort jener guten Mönche und Brahmanen wahr ist oder nicht, einmal angenommen, es gibt keine andere Welt: dieser gute Mensch wird trotzdem hier und jetzt von den Weisen als eine unmoralische Person getadelt, als einer mit falscher Ansicht, der die Lehrmeinung des Nihilismus vertritt. Wenn es aber andererseits eine andere Welt gibt, dann hat dieser gute Mensch einen doppelt schlechten Wurf gemacht: weil er von den Weisen hier und jetzt getadelt wird, und weil er bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, in Umständen, die von Entbehrungen geprägt sind, wiedererscheinen wird, an einem unglücklichen Bestimmungsort, in Verderbnis, ja sogar in der Hölle. Er hat diese unbestreitbare Lehre falsch angenommen und übernommen, auf eine Weise, daß sie sich nur in eine Richtung erstreckt und die heilsame Alternative ausschließt .'"

    Majjhima Nikāya 60

    Einmal editiert, zuletzt von Spock ()

  • Ich finde die Formulierung, dass mit der Vernichtung von NichtWissen die Welt (von der man nur eine Auffassung hat, weil Wahrnehmung und Vorstellungsbildung in Abhängigkeit stattfindet) verlischt, treffend. Und obendrein schön.

    Das hab ich noch nie so gesehen! Finde ich auch schön!


    "It's the end of the world as we know it"


    Liebe Grüße, Aravind.

  • Ich rede ja der Auffassung, dass man schwer eine (einzige) allgemeine Welt an sich postulieren kann, das Wort. Genau darum gehts mir ja. Dass die Sprechweise angemessen ist: mit der Vernichtung von Nichtwissen ist diese (ehemals so betrachtete und gedachte) Welt verloschen.


    Hätte man es so aufgefasst, wäre gar nicht die Frage gestellt worden, ob diese Welt an sich erlischt. (Ziel der Buddhalehre)


    In M22 steht wortwörtlich nicht etwas, was mich davon überzeugt, den Kommentar 7 sowie den Begriff Nihilismus mitzugehen. Ich lese hier im Text die Darstellung eines Mannes, der denkt, er wäre mit der Welt identisch. Also jemand, der zB glauben könnte, er wäre ein aus dieser Welt hervorgegangenes Wesen. Das ist für mich jemand, der Vorstellung und Welt verwechselt.


    Um diese Verwechslung nicht wissend, kann der Mann auch einen zweiten Fehler machen: Vorstellungen und Gefühle nun (nach Hören der Lehre) als aus sich heraus verursacht zu begreifen. Aus sich, also einer Sache, einem Ich, was angenommenerweise vernichtet werden könnte.


    Jemand, der Welt und ein selbst und damit auch Vorstellung von der Welt als verschieden begreift, hat es hier in den Texten einfacher.


    Zitat

    Durch die gedankliche Orientierung am Nichts beinhaltet der Nihilismus einen absoluten Vorrang des Individuums, das allein seinen Trieben und Neigungen folgt und dem alles erlaubt ist. Wenn aber die nihilistische Weltsicht so weit geht, dass selbst das Individuum als sich ständig wandelnde subjektive Erfahrung angezweifelt wird, verlieren auch diese Triebe und Neigungen jede Bedeutung.

    Nihilismus – Wikipedia


    Obwohl ich das schon sehe, finde ich, das ist zuviel hieraus geholt. Die Triebe und Neigungen haben für den Mann ja keine Bedeutung verloren, deswegen jammert er. Ausserdem glaubt er wie schon gesagt, der Lehre des Buddha. Und der lehrte ja nicht, dass seine Lehre unmöglich und Unfug ist. Und auch nicht, dass nichts erkennbar wäre. Den (zT möglichen) Bezug auf die Philosophie Nihilismus finde ich jetzt zB verwirrend. Unnötig.





    :earth:

  • ich fände das nicht erstrebenswert. Wie will man denn seine Mitmenschen noch verstehen, wenn man mit den Mechanismen der Vorstellungswelten garnichts mehr am Hut hätte?

    Ich glaube, ich weiß, was Du meinst. Meiner bescheidenen Erfahrung nach ist das kein "Problem". In meiner Vorstellung verliert man ja nicht seine Erinnerung und Erfahrungen, sondern man ändert "nur" seinen Blick auf die Welt (und damit das innere Bild der Welt).


    Wenn ich eine Anhaftung verringert habe, dann kann ich andere mit der gleichen Anhaftung eigentlich sogar besser verstehen als vorher.


    Liebe Grüße,

    Aravind.

  • Mir gehts jetzt nicht ums Besserwissen, aber ich weiss nicht ob es dich interessiert, darum erzähle ich das und weil der ehrenwerte Herr Zumwinkel das imho korrekt erklärt im PK-Kontext. Wenn es unintessant ist, dann kann ich das auch so stehen lassen.

    In M22 steht wortwörtlich nicht etwas, was mich davon überzeugt, den Kommentar 7 sowie den Begriff Nihilismus mitzugehen.

    Es sind "alte" Begriffe. Es gibt falsche Ansichten (miccha-ditthi), die mit dem damaligen Atmankonzept verbunden sind und auch der Nihilismusbegriff im PK-Kontext (sh. zB. M60). Dort steht was Nihilismus ist.

    Zitat


    »Persönlichkeitsglaube« (sakkāya-ditthi) oder Ich-Ansicht (atta-ditthi) ist von zweierlei Art: Ewigkeitsglaube (sassata-ditthi) oder Vernichtungsglaube (uccheda-ditthi).

    • Der 'Ewigkeitsglaube' ist die Ansicht, daß es eine Ichheit oder Persönlichkeit gebe, die ewig sei und unabhängig von den fünf das ganze Dasein ausmachenden sog. Daseinsgruppen (siehe khandha), also auch nach dem Tode noch weiter fortbestehe.
    • Der 'Vernichtungsglaube' ist die Ansicht, daß es eine Ichheit oder Persönlichkeit gebe, die von den fünf Daseinsgruppen abhängig sei und daher auch bei der Auflösung der Gruppen beim Tode der Vernichtung anheimfalle.

    ditthi


    Uccheda-ditthi wird in M22 genannt, zum Vernichtungsglaube gehört auch natthikavādo ("Nihilismus").

  • Wir machen uns ja alle mehr oder weniger Gedanken über Dinge, die nicht sind, oder anders: Gedanken über Dinge, die so wären, wie es eine Vorstellung suggeriert.


    Ich finde die Formulierung, dass mit der Vernichtung von NichtWissen die Welt (von der man nur eine Auffassung hat, weil Wahrnehmung und Vorstellungsbildung in Abhängigkeit stattfindet) verlischt, treffend. Und obendrein schön.

    ich fände das nicht erstrebenswert. Wie will man denn seine Mitmenschen noch verstehen, wenn man mit den Mechanismen der Vorstellungswelten garnichts mehr am Hut hätte?


    Ein nicht mehr Unterworfen sein unter bestimme Mechanismen (begehrliches Anhaften) heisst ja ebenso, dass diese Mechanismen durchschaut sind. Damit sind sie auch im anderen erkennbar.


    Gerade auch indem man eigene Urteile hinterfragt(und sich allein dadurch zumindest kurzfristig von ihnen distanziert), sind andere Urteile besser verstehbar.





    :earth:

  • Es sind "alte" Begriffe. Es gibt falsche Ansichten (miccha-ditthi), die mit dem damaligen Atmankonzept verbunden sind und auch der Nihilismusbegriff im PK-Kontext (sh. zB. M60). Dort steht was Nihilismus ist.


    Das wusste ich nicht. So machts ja auch Sinn. Den PK spezifischen Nihilismus Begriff zu kennen, ist gut für mich. Danke also dafür. Benutzen werd ich ihn eher nicht. Ich meine, es braucht dafür eine andere Bezeichnung/Codierung.





    :earth:

  • Ein nicht mehr Unterworfen sein unter bestimme Mechanismen (begehrliches Anhaften) heisst ja ebenso, dass diese Mechanismen durchschaut sind. Damit sind sie auch im anderen erkennbar.

    das hört sich für mich schon ganz anders (und stimmiger) an als:

    Ich finde die Formulierung, dass mit der Vernichtung von NichtWissen die Welt (von der man nur eine Auffassung hat, weil Wahrnehmung und Vorstellungsbildung in Abhängigkeit stattfindet) verlischt, treffend. Und obendrein schön.

    ich sage deshalb lieber "tritt in den Hintergrund", weil es auch in jedem Moment möglich ist, dass sie (die Welt) wieder in den Vordergrund rückt. Das sind zwei Pole verbunden durch ein Spannungsfeld, welches für den Prozess mMn notwendig ist. Ansonsten wäre die Sache nicht lebendig. Natürlich sind es auch wieder nur scheinbar zwei Pole, aber Leben heißt, mit der Spannung umgehen zu lernen und sich weder an das Eine, noch das andere Gesicht (des eigentlich Einen) zu klammern.

  • Niemand


    Die zweite Formulierung betrifft ja das erwachen, mit der ersten Aussage meinte ich gar nicht wie es wäre/spekuliert sein könnte, wenn NichtWissen vernichtet ist. Es ist ein Beispiel aus der Erfahrung, um zu zeigen, dass Lösung von bestimmten "Mechanismen der Vorstellungswelt" (dein Begriff) heissen kann: die anderen besser verstehen.


    Man könnte sich so ein stückweises Verlöschen ehemaliger, angehafteter Vorstellungen und Urteile vorstellen, um sich schließlich einen Zustand frei von NichtWissen zu spekulieren, der ja eben nichts damit zu tun hat, dass man andere Menschen nicht versteht. So hattest du ja geschrieben/vermutet.





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  • Zitat

    »Persönlichkeitsglaube« (sakkāya-ditthi) oder Ich-Ansicht (atta-ditthi) ist von zweierlei Art: Ewigkeitsglaube (sassata-ditthi) oder Vernichtungsglaube (uccheda-ditthi).

    • Der 'Ewigkeitsglaube' ist die Ansicht, daß es eine Ichheit oder Persönlichkeit gebe, die ewig sei und unabhängig von den fünf das ganze Dasein ausmachenden sog. Daseinsgruppen (siehe khandha), also auch nach dem Tode noch weiter fortbestehe.
    • Der 'Vernichtungsglaube' ist die Ansicht, daß es eine Ichheit oder Persönlichkeit gebe, die von den fünf Daseinsgruppen abhängig sei und daher auch bei der Auflösung der Gruppen beim Tode der Vernichtung anheimfalle.


    Es gibt heutzutage eine Neigung, sich einem kompletten Vernichtungsglauben (Das Materielle und auch Bewusstsein ist mit dem Tod vernichtet) zu entziehen, indem man das Materielle der Existenz betont.


    Auf diese Art gibt schon eine Art unerkannter, "kleinerer"/materieller Atman - Glaube heutzutage. Ich habe schon einmal gehört: Man würde ja selber aus Kohlenstoffatomen bestehen, die sich einmal mitten in einem Stern befunden hätten, und nach dem Tode lebt ein Teil von einem gewissermassen weiter, weil die Atome des Körpers in anderen Formen der Natur neu arrangiert wieder auftauchen.


    Ich kann mir gut vorstellen, dass zur Stützung solcher Vorstellungen noch Energieerhaltungssatz zitiert wird.


    Der Energieerhaltungssatz trifft ja darin den atman Glauben Indiens - dass das, was irgendwo hervorgeht, und dann vernichtet wird, nicht wirklich vernichtet sein kann, sondern in anderer Form irgendwo auftauchen oder sein muss. Hier geht man von einem geschlossenen System aus, dessen Materie/Inhalt (Energie in dem Fall) immer gleich ist. Wenn man die Materie des eigenen Körpers als zu einem Selbst zugehörig begreift, dann glaubt man gewissermassen zumindest an eine solche materielle Ewigkeit (an der man durch eine Natur oder einen Kosmos teilhat).


    Auf der einen Seite glaubt man so an eine materielle Ewigkeit und ein "natürliches", sich selbst ausgleichendes und beständig neu erschaffendes System Welt/Kosmos (in welchem man selbst in Form der zerfallenden Atome nach dem Tod eingehen würde). Auf der anderen Seite an aus der Materie erst entstehendes Bewusstsein der Wesen, als hieraus enstehendes und darin wieder vergehendes Teil einer sich beständig umformenden materiellen Vielgestaltigkeit & Ewigkeit der Natur oder des Kosmos.


    Im Atman Glauben Indiens war es glaube ich andersherum. Die Suppe war dort der Geist. Was aus der Suppe hervorgeht und wieder darin verschwindet, das Materielle.





    :earth:

    Einmal editiert, zuletzt von Alephant ()

  • Atman hat mit Materie und Geist erstmal nichts zu tun, ist jenseits davon, ewig, nicht entstanden, unvergänglich und unzerstörbar. Dazu gibt es verschiedene Schulen, im Advaita Vedanta ist Atman eins mit allem, dem Brahman, im Dvaita Vedanta eine ewige Individualität, dazwischen gibt es mehrere Abstufungen wie z.B. Vishitadvaita. Shankaracarya, der Begründer des systematischen Advaita Vedanta meint dass es Materie und Geist gar nicht gäbe, es sei Illusion wie bei einer Fata Morgana.


    Einig sind sich alle darin, dass Atman weder mit den fünf Sinnen, noch dem Verstand oder dem Gefühl wahrgenommen oder verstanden werden kann, unbegreiflich, achintya. Eben deshalb sagt der Buddha, wenn es unbegreiflich ist dann braucht es dafür keinen Begriff. Weshalb Nibbana kein positiver Begriff ist, sondern eine Negation - Verlöschen. Das wird manchmal, bei materialistischer Weltanschauung, so aufgefasst als wäre es gleichzusetzen mit dem physischen Tod. Bewusstsein wäre demnach ein Epiphänomen der Materie, welches mit ihrem Zerfall erlischt, etwa sich in Wärme umwandelt. Besonders wenn der Buddhismus mit dem Hintergrund der modernen Wissenschaft aufgefasst wird, entstanden ist er aus dem Hintergrund eines magisch-mystischen Weltbildes.

  • mukti

    In den indischen Lehre der 2ten Periode (sh. uddālaka) sind Geist und Materie nicht eindeutig getrennt.


    Ich habe grade leider keinen besseren Link: Ātman - Metzler Lexikon Philosophie

    Aha, das gibt es dann also auch. Die klassische Dreiteilung ist Körper, Geist (Denken, Fühlen, Wollen) und Seele (Atman). Die angebliche Einheit dieser drei dürfte ebenfalls achintya, unbegreiflich sein. Wahrscheinlich gibt es zu diesem Thema nichts erdenkbares was in Indien nicht ausgearbeitet wurde. Erinnert mich an eine Bemerkung Schopenhauers - (sinngemäß): Was werden nicht alles für Bücher geschrieben über das, worüber man nichts wissen kann. Man kann aber wohl davon ausgehen dass bei den Rishis der Upanishaden solchen Ausführungen Erfahrungen der Yogapraxis zugrunde lagen. Wobei sich dann die Frage stellt wieweit die an das "vollkommene Erwachen" des Buddha heranreichen. Wie auch immer, mir erscheint es eher müßig darüber nachzudenken, wenn es auch mitunter faszinierend ist.

  • Ich finde nicht, dass das ein unnötiger Senf ist, mukti. Ich bin ja was atman - Lehre angeht eigtl ziemlich blank. Spock hatte hier gestern kurz einen Post drin. Ich hatte mir unabhängig davon ebenso Gedanken über diese irgendwie miteinander verbundenen Glaubensarten (Vernichtung <> Ewigkeit) gemacht und versucht, das Heutige irgendwie da einzuordnen.




    :earth:

  • Spock


    Ich weiß, du hast das Wort nur auf deinen Post gemünzt benutzt. Aber ich finde es nicht überflüssig, sich vertieftere Gedanken über diese zwei Glaubensarten die im PK unter dem Begriff Nihilismus geführt werden, zu machen.


    Es wird in M22 ja eine Verknüpfung unheilsamer (Glaubens-) Ansichten angezeigt: Zuerst der Ewigkeitsglaube. Dann, aufgrund mangelnden Vertrauens und einer stärkeren Anhaftung (die sich auch in Form eines solchen Ewigkeitsglaubens äussert) erscheint nach dem Hören der Lehre des Buddha der Vernichtungsglauben.


    Beides kommt zustande, weil man einen eigentlich selben UnterscheidungsFehler macht. Der Fehler äussert sich einmal darin, dass man Welt und Selbst gleichsetzt. Man denkt: Die Welt wird erfahren durch ein Selbst. Man setzt eine Welt voraus, die komplett aus sich heraus (aus den eigenen Elementen und Gesetzmässigkeiten) etwas (ein Ich) hervorbringt, was die Hervorbringungen der Welt dann wiederum erfährt. Drastisch ausgedrückt: man denkt hier: die Welt ist SelbstErfahrung.


    Unerkannterweise glaubt man das heutzutage ja mehr oder weniger (nur zusätzlich noch auf der Annahme sitzend, dass man von Materie sprechen könnte ohne zwingend Bewusstsein hinzuzudenken).


    Man verwechselt aber (genau wie der Mann in M22) die Vorstellungen und die Sinneseindrücke, die man von der Welt hat, direkt mit einer unerkannt und unhinterfragt angenommenen, allgemeinen, also "ziemlich objektiv" (querschnittsmässig) gedachten Welt. Weil die Annahmen solcher Vorstellungen und Denkerei nicht tief genug hinterfragt, also potentiell unerkannt sind (zuerst die Welt/die Materie, dann ein Selbst), spricht man die Annahme (zumeist) nicht drastischer/konsequenter aus: Die Welt und Ich sind eins, oder: der Kosmos insgesamt ist als Selbsterfahrung, als etwas, was sich selber anschaut, begreifbar.


    Trotzdem man sowas ("aufgeklärterweise") nicht ausspricht, glaubt man das, in dieser radikalen Formulierung auf den Kern reduziert. So gesehen ist hier für mich ein "unbewussterer Atman - Glaube", der den Ewigkeitsgedanken des Mannes in M22 nicht mitgehen, kann, weil man Bewusstsein als etwas begreift, das erst durch einen Anfang/ein Davor der Materie möglich wäre.


    Man glaubt also an eine Teilvernichtung, wenn man ein Selbst auch in der Materie und damit den Elementarteilchen sieht. Denn die werden ja nach dem Tod nicht vernichtet. Im Gegensatz zu einem, angenommenen einheitlichen Bewusstsein, was nur durch diese Konfiguration der Materie möglich (gewesen) wäre.


    Ein solcher TeilVernichtungsglaube entspricht schon dem Vernichtungsglauben in M22, aber er ist gesondert zu betrachten/erscheint anders, weil hier zusätzlich paradigmatisch vorausgesetzt wird, dass Bewusstsein durch Materie verursacht/ermöglicht wird.


    --


    Ein weiteres Mal äussert sich dieser selbe Fehler (in M22) darin, dass alle Erscheinungen (die man vorher einer Welt, aus der man selbst hervorgegangen wäre, ursächlich zugeschrieben hat?), nun einem Selbst ursächlich zuschreibt.


    Man setzt nun (so verstehe ich das) einmal Bewusstsein und Vorstellungen und Gefühle und Begehren voraus und daneben ein Selbst, was dieses gleichzeitig hervorbringt & erfährt, aber iwann nicht mehr erfahren wird, weil es (der Träger, die "Oberfläche" der Gefühle usw.) zerstört werden würde.


    Heutzutage wird ja in "aufgeklärten Kreisen" so gesprochen, das ein Selbst die Summe aller Erinnerungen und Gefühle und allen Bewusstseins und aller Begehrungen wäre. Diese Sachen (bewusste Vorgänge) begreift man aber als verursacht/hervorgegangen/ermöglicht aus/von einer Welt, von der zumindest Bewusstsein abgetrennt begriffen wird. Man sagt also: Bewusstsein ist verursacht durch eine bestimmte materielle Konfiguration und deren gesetzmässigen Vorgänge. Und wenn die weg sind, gäbe es auch kein Bewusstsein (und Bewusstsein und Selbst gleichsetzend auch kein Ich/Selbst) mehr.


    Diese Grundannahme als wirklich postulierend (aus der Materie Bewusstsein, oder: die durch Bewusstsein erst bestimmte Eigenschaft einer Sache, zB "Festigkeit", wäre schon vor der Wahrnehmung da und würde diese erst ermöglichen) ergibt sich diese Mischung aus Ewigkeitsglaube in Bezug auf den Kosmos und Vernichtungsglaube in Bezug auf Bewusstsein, was man mit IchErfahrung oder Ich gleichsetzt.


    Der Vernichtungsglaube in M22 ist so gesehen ein anderer als der Vernichtungsglaube heutzutage, und ebenso der EwigkeitsGlaube. Das liegt auch daran, dass man es nicht so sah und dachte: Materie verursacht die Wahrnehmung der Materie.





    :earth:

  • Das sog. Nihilismuskonzept würde ich gerne im PK finden. Falls du Leere oder Auflösung der Wahrnehmbarkeit meist, dann sind das nur Bewusstseinsveränderungen, der 8 Freiungen.

  • Das Ziel der Lehre des Buddha ist es das Leiden durch das
    nicht endende geboren werden und sterben zu beenden. Die Lust
    an weltlichen Dingen hat der Buddha nicht als Zielführend betrachtet.
    Selbst die Lust an der von ihm gelehrten Lehre ist nur auf dem Wege
    zu gebrauchen, muß aber am Ende auch noch überwunden werden um alles
    Anhaften zu überwinden.

    Das ist richtig und gut aber nicht alles! kesakambalo