Fachliteratur

  • Hallo zusammen,
    ich hoffe ihr könnt mir helfen :)
    Ich bin zur Zeit meine Bachelorarbeit zum Thema Speisegebote/Vorschriften in den verschiedenen Religionen am schreiben. Da ich den Buddhismus auch betrachten und mit dem Christentum und dem Islam vergleichen möchte bin ich auf der Suche nach Fachliteratur (ich muss ja alles angeben). Im 15km entfernten Buddhistischen Tempel war ich schon, aber da scheiterte es ein wenig an der Kommunikation (ansonsten wars da supertoll). Jetzt zu meiner Frage: Könnt ihr mir Fachliteratur empfehlen, bzw. gibt es wie im Christentum (die Bibel) oder dem Islam (Koran) ein Hauptwerk, in dem Speisegebote zu finden sind? Mir würde dabei auch reichen, wenn ich entsprechende Stellen wüsste (wie z.B. in der Bibel Buch, Kapitel, Vers).
    Ich bedanke mich schon mal im vorraus und hoffe, dass ihr mir helfen könnt! (ich verzweifle grade nämlich total)
    Viele Grüße
    BlackLady

  • BlackLady:

    Hallo zusammen,
    ich hoffe ihr könnt mir helfen :)
    Ich bin zur Zeit meine Bachelorarbeit zum Thema Speisegebote/Vorschriften in den verschiedenen Religionen am schreiben. Da ich den Buddhismus auch betrachten und mit dem Christentum und dem Islam vergleichen möchte bin ich auf der Suche nach Fachliteratur (ich muss ja alles angeben). Im 15km entfernten Buddhistischen Tempel war ich schon, aber da scheiterte es ein wenig an der Kommunikation (ansonsten wars da supertoll). Jetzt zu meiner Frage: Könnt ihr mir Fachliteratur empfehlen, bzw. gibt es wie im Christentum (die Bibel) oder dem Islam (Koran) ein Hauptwerk, in dem Speisegebote zu finden sind? Mir würde dabei auch reichen, wenn ich entsprechende Stellen wüsste (wie z.B. in der Bibel Buch, Kapitel, Vers).


    im Buddhismus ist das ganz simpel: Man sollte das tun, was einem selbst, anderen Menschen, Tieren und der Erde nützt. Wenn man nichts tun kann, was nützt, sollte man möglichst nicht schaden.


    Vorschriften gibt es nicht, also kann man essen was man will. Ansonsten ist der Gebrauch des eigenen Gehirns ja im Buddhismus empfohlen. Bio-Essen ist gut weil dann die Felder nicht mit Pestiziden vergiftet werden. Vegetarismus ist gut. Vegan kenne ich mich nicht so aus, aber ich glaube das wäre eine weitere Bemühung, Tieren nicht zu schaden.


    Wichtig wäre zu beschreiben, dass es heutzutage einfacher ist, Tieren weniger zu schaden, da es sehr viele Infos im Netz gibt, wie man gesund vegetarisch oder vegan leben kann. Was das Gemüse betrifft ist es vielleicht schwieriger geworden, denn das normale Essen ist eben aus konventionellen Betrieben mit Pestiziden.
    Um deine Arbeit zu füllen könntest du dich damit befassen, dass S.H. Karmapa Urgyen Thinley Dorjee Vegetarier ist und dies für die tibetischen Meister auch eine Neuerung ist, dass es also früher in Tibet nicht üblich war, da es gar nicht ging.


    Der Buddhismus steht in Verbindung mit modernem bewussten Leben und mit Philosophie und eigenem Denken.
    Meiner Meinung nach ist ein Vergleich mit Christentum und Islam sinnlos, da es keine Gemeinsamkeiten gibt. Dann zieht mal vielleicht besser eine Verbindung zum Humanismus oder der modernen Vegan-Bewegung. Aufgrund der Mordaufforderungen im Koran und Alten Testament ist es nicht ratsam, Buddhisten so anzusprechen: "Gibt es bei Euch sowas wie Koran oder Bibel?" Klar kann man theoretisch jedes Buch mit jedem Buch vergleichen. Für mich fühlt es sich aber besser an, wenn du z.B.den Palikanon mit dem Buch "die Abenteuer des Pinocchio" vergleichen würdest als mit Bücher, die Mordaufforderungen enthalten.


    Es gibt im Buddhismus eben weder Mordaufforderungen noch die Behauptung, es sei gut ein Tier auf diese oder jene Weise zu töten und da sei dann was Gutes dran. Schmerzfrei und schnell Töten ist nur weniger Schaden zufügen aber nicht toll. Ich glaub da gibt es jetzt auch so Versuche ein Tier aus dem Hinterhalt auf der Weide zu erschießen um so die Angst vor dem Schlachthof zu ersparen. So ein Thema wär buddhistisch und damit kriegst du eventuell auch eine Seite zusammen.

    • Offizieller Beitrag
    BlackLady:

    Hallo zusammen,
    ich hoffe ihr könnt mir helfen :)
    Ich bin zur Zeit meine Bachelorarbeit zum Thema Speisegebote/Vorschriften in den verschiedenen Religionen am schreiben. Da ich den Buddhismus auch betrachten und mit dem Christentum und dem Islam vergleichen möchte bin ich auf der Suche nach Fachliteratur (ich muss ja alles angeben).


    Hier ist aus dem Thervada einiges zur Lebensweise von Mönchen:


    Einführung in die Lebensweise von buddhistischen Mönchen (Vinaya)


    Im buddhistischen Wörterbuch gibt es einen Eintrag zum Thema Fleisch

  • Hallo Blacklady


    Buchempfehlung: Shabkar: Nektar der Unsterblichkeit.


    Es gibt auch im Buddhismus eine Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis..


    LG Rolf

  • Ok, ich kann da wahrscheinlich auf der Ebene einer Bachelorarbeit wenig beitragen, aber in den Vordergrund würde ich den Unterschied Ordinierte (Mönche) - Laien stellen und das Prinzip der eigenen Verantwortung.


    Mönche dürfen für ihre Nahrung nicht arbeiten und auch kein Geld besitzen, um solche zu kaufen. Sie sind also auf Spenden/Almosen angewiesen und müssen bis auf wenige Ausnahmen entgegennehmen, was sie bekommen.
    Es gibt für sie (stark) einschränkende Regeln, wie und wann sie Speisen zu sich nehmen dürfen
    http://www.palikanon.com/vinaya/patimokkha/index.htm


    Wie üblich bei rituellen Speisegeboten haben diese Vorschriften ideologische, aber auch ganz praktische Gründe.


    Etwa bei der einschränkende Regel, daß Mönche kein Fleisch/Fleischgericht annehmen dürfen, wenn sie wissen oder vermuten müssen, daß das Tier extra für sie getötet wurde wird dies deutlich. Zuerst steht ganz klar im Vordergrund, daß vermieden werden soll, daß ein Lebewesen wegen eines Mönchs getötet wird, im Hintergrund spielt dann aber der Schutz des Spenders eine Rolle. Es soll vermieden werden, daß ein Bauer ein wichtiges Tier tötet (etwa das Huhn, das Eier legt), damit ein geehrter Gast etwas leckeres zu Essen bekommt.


    Für Laien gibt es sehr wenige Einschränkungen. Die Haupteinschränkung dürfte das Prinzip des mittleren Wegs sein. Die Vermeidung der Extreme. Es gibt kein 'verordnetes' rituelles Fasten, aber auch keine rituelle Völlerei.*


    Die wichtigsten Regeln für Laien dürften die von void zitierten Beschränkungen (10 nicht zu verspeisende Tiere **) sein, die aber auch eher praktisch motiviert als religiös überhöht sind sowie die 5te Sila


    Zitat

    Ich nehme mich der Übungsregel des Abstehens von der Annahme berauschender Mittel, die zur Gewissenlosigkeit führen, an.

    https://de.wikipedia.org/wiki/…Cnf_Silas#F%C3%BCnf_Silas


    Aber auch hier wieder das Prinzip der eigenen Verantwortung. Kein absolutes Verbot, sondern der Hinweis auf Gewissenlosigkeit! Die Laien in Ländern mit buddhistischer Bevölkerungsmehrheit trinken durchaus auch mal ein Bier; nur herumtorkelnde Betrunkene sieht man kaum. ***




    * Keine Ahnung, ob es belastbare Daten zu Übergewicht oder Anorexia in Ländern mit buddhistischer Bevölkerungsmehrheit gibt. Ganz subjektiv dürften die eher recht positiv im Vergleich ausfallen
    ** Kannibalismus ist für Buddhisten auch noch verboten :grinsen:
    *** Buddhisten sind entsetzlich langweilig nüchtern 8) . In Ländern mit buddhistischer Bevölkerungsmehrheit spielt Alkohol, obwohl gesetzlich erlaubt, eine geringere Rolle als hier. Leider haben in den letzten Jahren billige Aufputschdrogen völlig gegen buddhistisches Denken einen bedenklichen Einzug gehalten. Wie weit dies eher dem Eingreifen westlichen Erfolgsdenkens zu verschreiben ist sei ein neues Thema

  • Hallo BlackLady,


    (cooler Internetname ganz nebenbei :grinsen: )


    Ich finde es ganz ok, wenn sich 'Außenstehende' hier anmelden, um Informationen zu suchen (sagt man heute noch abzugraben?? ^^ )


    Was mir manchmal fehlt (weil die Einstiegsthemen so interessant sind oder weil der/die Themenstartenden so nett schreiben) - was kommt dabei raus? Was von unserem kollektiven Gehirnschmalz bleibt übrig in einem Papier am Ende..?


    Ich erinnere eine Diskussion mit einem Muslim (außerhalb von Buddhaland). Ich habe versucht, ihm zu erklären, daß das Verbot von Schweinefleisch im Koran oder früher bei Moses nichts mit Trichinen zu tun hat, die man erst 1200 Jahre später erkennen konnte (Mikroskop) oder Unsauberkeit von Schweinen, was völliger Unsinn ist (Schweine sind toll), sondern mit sozialen Bedingungen. Schweine brauchen zur Aufzucht (brutal zur Produktion von Schweinefleisch) 10 bis 20 mal mehr Wasser pro Kilogramm als Schafe oder Ziegen. Die mosaischen Regeln waren also ganz simpel sozial begründet: möchte ich, daß wenige Reiche gelegentlich Schweinefleisch essen können oder möchte ich, daß auch mal die Menge einen Braten bekommt?


    Leider hat er das Gespräch danach abgebrochen. Vielleicht bekommen wir von Dir das Resultat Deiner Kontakte irgendwann zu sehen. Ich wünsch Dir viel Erfolg 8)

  • Es gibt im Buddhismus schon eine vielzahl von Texten, die z.B. den Fleischverzehr und das Töten von Tieren als negativ darstellen. Leider werden diese Schriften aber von den meisten Buddhisten missachtet und ignoriert, genauso wie entsprechende Stellen im Alten Testament von den meisten Christen ignoriert werden.
    Hier findet sich eine kleine Übersicht solcher Texte:
    http://www.shabkar.org/scripture/sutras/index.htm
    http://www.shabkar.org/scripture/tantras/index.htm


    Im buddhistischen Kriya Tantra und bei der Praxis des 8 teiligen Mahayana-Gelübdes gibt auch z.B. besondere Speisevorschriften, die z.B. den Verzehr bestimmter Nahrungsmittel für den Praktizierenden untersagen, da sie eine negative Wirkung für die Meditationspraxis haben. Hier dürfen dann keine "schwarzen Nahrungsmittel" gegessen und konsumiert werden, wie Z.B. Fleisch und Fisch, Ei und Ei-Produkte wie z. B. Kuchen etc., Zwiebeln bzw. Zwiebelgewächs wie Lauch oder Schnittlauch, Knoblauch, Rettich, Tabak und Nikotin.


    Bezeichnend ist auch z.B. eine Aussage aus dem SUTTA-NIPĀTA

    Zitat

    Drei Arten Krankheit gab es früher nur:
    das Wünschen, Hungern und das Altern.
    Doch achtundneunzig stiegen auf, seit man das Vieh zur Schlachtbank führt.


    http://www.palikanon.com/khuddaka/sn/sn_ii07_315.html#311


    weitere Quellen:
    http://www.palikanon.com/diverses/fragen/fleischverzehr.htm
    http://www.allewesen.org/deutsch.htm
    https://dharmavoicesforanimals.org/resources/
    https://www.buddhismuskunde.un…16-essen-und-trinken.html
    https://www.tibet.de/zeitschri…ddhismus-84-vegetarismus/

  • Hallo BlackLady


    Ähem... Wenn du eine Bachelor-Arbeit schreibst wirst du doch im Vorfeld gelernt haben, wie Literatur zu recherchieren ist?


    Des weiteren gilt natürlich, dass es "den Buddhismus" nicht gibt (wie ja auch nicht "das Christentum"). Du musst dir also überlegen, ob du einen eher historisch-textorientierten Zugang wählen willst (z.B. Speisevorschriften im Hinayana/Theravada, Mahayana, Tantra etc.) oder Land- und Kultur-basiert (buddhistische Speisevorstellungen in Nord- oder Südindien, Tibet, China, Japan etc.). In Frage kommen wird praktisch nur ein ganz kleiner Ausschnitt, der dafür einigermaßen fundiert. Wenn du dich noch nie mit Buddhismus beschäftigt hast, ist die Wahrscheinlichkeit allerdings gering, dass du da was Produzieren kannst, was einer BA-Arbeit angemessen ist.


    Wenn du ein bisschen googelst und bei Amazon schaust, findest du Aufsätze und Bücher zuhauf (gerade auf Englisch).


    Zu irgendeinem buddhistischen Zentrum gehen bringt da genauso viel, wie den nächsten Dorfpfarrer zu fragen wie er die Dreifaltigkeit sieht. Kann nett sein, aber für eine BA-Arbeit eher eine Randnotiz.


    Du kennst ja bestimmt Yggdrasil, die religionswissenschaftliche Mailing-Liste. Ich würde eine solche Anfrage dort stellen.


    Gruß,
    Sôhei

  • Es wäre sinnvoll zu wissen, in welchem Fach diese Bachelor-Arbeit geschrieben werden soll. Eine religionswissenschaftliche Arbeit scheint es wohl eher nicht zu sein (hoffentlich). Generell ist "Speisegebote/Vorschriften" eine Kategorie, die schon im Kontext Christentum kaum noch sinnvoll anzuwenden ist. Die Speisegebote des Judentums (und die des durch sie inspirierten des Islam) sind archaisch-magisch, es geht da um den Antagonismus Reinheit / Unreinheit. Eine Ablösung von diesen Speisegeboten gab es im Christentum bereits beim sog. Apostelkonzil (nicht vollständig, aber in sehr weitem Ausmaß) und schließlich endgültig beim ersten ökumenischen Konzil (Nicäa, 375 n.d.Z.). Bei den christlichen Fastengeboten handelt es sich typologisch um etwas völlig anderes, nämlich um Bußübungen. Bezeichnend ist, dass diese Fastengebote (die in den verschiedenen christlichen Kirchen durchaus uneinheitlich sind) lediglich temporäre Gültigkeit haben.


    Beides - Speisegebote und Fastengebote - haben nun wiederum keine Parallele im Buddhismus. Insofern kann da jeder "Vergleich" nur einer von Äpfeln mit Birnen sein. Um mit dem zu beginnen, was noch am ehesten an ein Speisegebot erinnert: dem Vinaya-Ordinierten ("Mönchen" bzw. "Nonnen") untersagten Verzehr von Fleisch, das von Menschen, Hunden, Pferden, Elefanten, Leoparden, Tigern, Löwen, Bären, Hyänen und Schlangen stammt. Wie unmissverständlich aus dem Kontext bzw. der Begründung dieser Ordensregel hervorgeht (Vinaya, Mahavagga, Khandhaka 6, Kap. 23) entstammt dieses Gebot nicht irgendwelchen Konzepten von Reinheit / Unreinheit, sondern es ist vielmehr ein Reflex auf bei anderen Bevölkerungsgruppen bestehende Speisetabus. Deren Respektierung soll Diffamierung des Ordens oder Schlimmerem durch eben diese Bevölkerungsgruppen vorbeugen und nicht zuletzt auch Angehörigen dieser Gruppen nicht die Hinwendung zum Buddhadharma erschweren (Zitat: "Dies nützt nicht, O Närrischer, der Bekehrung der Unbekehrten", a.a.O.). Es geht hier also um soziale Akzeptanz des Mönchsordens durch Außenstehende, die sich solchen Speisetabus unterwerfen.


    Ansonsten gibt es im Vinaya umfangreiche Bestimmungen darüber, wie mit Essensspenden umzugehen ist. Dabei gibt es grundsätzlich - von den o.g. Ausnahmen abgesehen - keine Speisetabus. Bei den sonstigen Bestimmungen geht es darum, in Bezug auf das Essen zu gewährleisten, dass der Ordinierte einen "mittleren Weg" zwischen Askese und Hedonismus geht. Es geht also nicht um magisch-rituelle Reinigungspraktiken wie bei der Beachtung von Tabus (trefe, harām) oder um Bußübungen wie beim Fasten, sondern um Beschränkung auf das Notwendige und um die soziale Akzeptanz dieser Lebensweise. Dies sollen die diversen Regelungen des Vinaya gewährleisten, was umso deutlicher wird, wenn man sich nicht nur die bloße Auflistung der Regeln im Pratimoksha anschaut, sondern deren jeweiligen Anlass und Begründung im Vinaya studiert. Dass etwa ein Christ die Regelung, Nahrung nur zwischen Sonnenaufgang und Mittag zu sich zu nehmen, als asketisch empfindet, ist lediglich eine Außensicht - als 'asketisch' galten insbesondere zu Buddhas Zeiten ganz andere Praktiken, die - da sie Buddha selbst ausgeübt und als nicht zielführend verworfen hatte - anschaulich in verschiedenen Sutren geschildert werden.


    Der buddhistische Umgang mit Nahrung ist also nicht durch rituell-magische Vorstellungen von Reinheit bestimmt und er ist nicht asketisch im Sinne einer (temporären) Bußübung, er ist vielmehr Teil einer wesentlich ethisch bestimmten Lebensweise. Leitmotive dieses Ethos sind hinsichtlich persönlicher Lebensführung die Aufhebung von Begierde und Hass (in psychoanalytischer Diktion: Lust und Unlust) als Handlungsantrieben in einem 'mittleren Weg' und in sozialer Hinsicht das prinzip ahimsa (Nicht-Verletzen), wobei der 'soziale Raum' nicht nur alle Menschen ungeachtet ihrer sozialen, politischen, kulturellen und religiösen Zuordnungen umfasst, sondern 'alle (fühlenden) Wesen', sarvasattva. Somit ist unausweichlich die Frage des Fleischverzehrs von zentraler Bedeutung.


    Ein entsprechendes Speisegebot (Fleisch als Nahrung abzulehnen), das von Teilen des Ordens um Devadatta propagiert wurde, hat Buddha explizit abgelehnt - zum einen wegen der hinter diesem Vorschlag stehenden asketischen Tendenz, aber vor allem auch um zu verdeutlichen, dass Ordinierten als Bettlern keine Wahlfreiheit hinsichtlich dessen, was sie als Spende empfangen bzw. annehmen, zusteht. Von den oben erwähnten Ausnahmen (Nahrungstabus Außenstehender betreffend) abgesehen, muss alles angenommen werden, was gespendet wird. Auch Fleisch. Es darf hinsichtlich Nahrung auch nicht um bestimmte Nahrung (z.B. Fleisch) gebeten, geschweige denn solche gefordert werden. Erbitten ist lediglich - eine entsprechende Erkrankung vorausgesetzt - bei als Medikament eingestuften Lebensmitteln wie z.B. Honig zulässig. Einen Ausweg aus dem Dilemma, durch Annahme von Fleisch mittelbar gegen das ahimsa-Prinzip zu verstoßen, ist da der (etwas faule) Kompromiss "gesehen, gehört, vermutet" (daß das Tier für den Spendenempfänger getötet wurde): Jivaka Sutta, MN 55. Recht eingehend auf religionswissenschaftlichem Niveau wird die Frage des Vegetarianismus im Pali-Buddhismus in einem Artikel James Stewarts im Journal of Buddhist Ethics, Vol. 17, 2010 behandelt. Als PDF hier herunterladbar: http://www.shabkar.org/downloa…Diet_in_Pali_Buddhism.pdf


    Es kann nicht überraschen, dass dieser Kompromiss von Vielen als wenig befriedigend bzw. inkonsequent empfunden wurde. Insbesondere im Mahayana wurde eine andere Sichtweise vertreten, da wird die - wie indirekt auch immer - karmische Beteiligung des Empfängers fleischlicher Nahrung an den Umständen, Ursachen und Bedingungen ihrer Erzeugung, insbesondere des Tötens, als eindeutig unheilsam gewertet. Hinzu kommt noch, dass durch das Annehmen von Fleisch dem unheilsamen Handeln der Fleischerzeuger (Züchter, Schlachter, Köche ...) Vorschub geleistet und ihnen damit durch den Empfänger geschadet wird.


    In etlichen Mahāyana-Sutren (u.a. - um nur die wichtigsten zu nennen - Mahāyāna Mahāparinirvāṇa Sūtra, Laṅkāvatāra Sūtra, Śūraṅgama Sūtra) wird daher der Verzehr von Fleisch unmissverständlich unter allen Umständen als unheilsam eingestuft. Entsprechend wird in Ostasien bei der Bodhisattva-Ordination (die zusätzlich zur Vinaya-Ordination oder auch von Laien empfangen wird) u.a. auch das Gelübde abgelegt, nicht absichtlich / bewusst Fleisch zu essen, und zwar als drittes von 48 sekundären Gelübden, zusätzlich zu 10 primären. Diese Bodhisattva-Gelübde sind in dem (erst in China entstandenen) Mahāyana Brahmajāla Sūtra enthalten. Interessanterweise wird im vierten der 48 sekundären Gelübde auch dem Genuss der fünf 'stechend riechenden Kräuter' entsagt (Asafoetida, Knoblauch, Zwiebel, Lauch und Schnittlauch). Dies wiederum beruht auf einer Passage des Śūraṅgama Sūtra, wonach diese Kräuter in gekochtem Zustand insbesondere bei in ihrer Übungspraxis wenig Fortgeschrittenen sexuell anregend wirken, in rohem Zustand den Gleichmut stören können. Auch hier also kein rituell-magischer und kein asketischer, sondern ein rein diätetischer Hintergrund.


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    • Offizieller Beitrag
    Sudhana:

    Ansonsten gibt es im Vinaya umfangreiche Bestimmungen darüber, wie mit Essensspenden umzugehen ist. Dabei gibt es grundsätzlich - von den o.g. Ausnahmen abgesehen - keine Speisetabus.


    Ich habe einmal gehört, dass Ordinierte dazu angehalten sind, bei dem was sie bei ihrem Almosengang zu bekommen, möglichst nicht zu unterscheiden. Weil es Teil der Übung in Gleichmut ist, das zu essen was da ist. Ich habe gehört, dass das im Bezug auf westliche Mönche schon zu Problemen geführt hat, weil es da Vegetarier gibt, die es als nicht mit ihrer Ethik vereinbar sehen, auch Fleisch zu essen, das ihnen als Almosen gereicht wird. Wenn das so ist wäre es fast so etwas wie ein "Anti-Speisetabu".


    Mir kam das ein wenig unglaubwürdig vor und ich hätte mir gedacht, dass in den meisten Kontexten auf Vegetarier Rücksicht genommen wird. Es würde mich interessieren, ob es jemand gibt, der sich besser auskennt und diese Praxis bestätigen oder dementieren kann.

  • Hallo zusammen,
    vielen Dank schon mal für die vielen Antworten.
    Um auf einige kleine Unklarheiten zu antworten:
    1. Ich habe in der Tat gelernt richtig zu recherchieren, allerdings habe ich bei so einer Flut an Informationen nicht richtig selektieren können, was brauchbar ist und was nicht. Da unsere Universitätsbibliothek auch nicht den gewünschten Erfolg versprach und ich nicht jede Menge Bücher kaufen sollte, habe ich halt gedacht Leute zu kontaktieren, die eher in der Thematik sind.
    2. Es IST eine religionswissenschaftliche Arbeit (ich kann auch den Kommentar hoffentlich nicht nicht nachvollziehen). Ich studiere Theologie und schreibe sie im Fachbereich systematische Theologie. Das genaue Thema ist: Bin ich ein besserer Christ, wenn ich auf Fleisch verzichte (oder halt nicht). Die Aufgabe meines Professors ist, dass ich vor diesem Hintergrund auch mal die anderen Religionen beleuchte, wie sie Fleisch, Tier und Speise verstehen.
    Ich werde mich jetzt mal weiter durchwurschteln :)

    • Offizieller Beitrag
    BlackLady:

    Das genaue Thema ist: Bin ich ein besserer Christ, wenn ich auf Fleisch verzichte (oder halt nicht). Die Aufgabe meines Professors ist, dass ich vor diesem Hintergrund auch mal die anderen Religionen beleuchte, wie sie Fleisch, Tier und Speise verstehen.
    Ich werde mich jetzt mal weiter durchwurschteln :)


    Im Bezug auf den Buddhismus würde ich dazu folgendes sagen: Während in vielen Religionen eine radikle Trennung zwischen Mensch und Tier gibt, sieht der Buddhismus Mensch und Tier beide als fühlende, leidende Wesen im Daseinskreislauf (Samsara)


    Daraus ergibt sich das Ideal der Gewaltlosigkeit (Ahimsa) d.h. einander so wenig wie möglich zu schaden.


    Während der Jainismus dies sehr irgoros druchzieht, hat der Buddismus dabei eine eher pragmatische Einstellung.


    Von daher ist Ahimsa das zentrale Konzept, von dem man sehr vieles aufrollen kann und in dem Ahimsa-Wiki Artikel sind einige Quellen die recht gut klingen:.


    • Ludwig Alsdorf: Beiträge zur Geschichte von Vegetarismus und Rinderverehrung in Indien
    • Unto Tähtinen: Ahimsa. Non-Violence in Indian Tradition, London 1976
    • Kerry S. Walters, Lisa Portmess (Hrsg.): Religious Vegetarianism, Albany 2001
  • Spock:

    Im PK gibt's auch ein Knoblauch-Kapitel

    Es handelt sich hier um eine Bestimmung, die sich nur im Bhikkhuni Patimokkha findet und mW im Patimokkha der Mönche kein Gegenstück hat. Die Ursache dieser Regelung wird im Bhikkhunivibhanga geschildert: ein Laienbekenner erlaubte den Bhikkhuni, sich von seinem Feld mit Knoblauch zu versorgen, wobei eine Bhikkhuni namens Thullanandā deutlich zu ausgiebig Gebrauch von dieser Erlaubnis zur Selbstbedienung machte, was zu Kritik (nicht zuletzt von Thullanandās Ordensschwestern) und schließlich zu dem Verbot führte. Also eine rein "erzieherische Maßnahme".


    Dafür gibt es für Bhikkhu ein Gegenstück hinsichtlich Zwiebeln: zwar nicht im Patimokkha (jedenfalls habe ich dort keine einschlägige Bestimmung gefunden) aber im Cullavagga, Khandaka 5, Kapitel 34 des Vinaya. Auch hier ist der Hintergrund ein völlig anderer als im Śūraṅgama (im Brahmajāla wird keine Begründung genannt): Ein Bhikkhu, der nach Verzehr von Zwiebeln ziemlich gemieft haben muss, setzte sich während eines Lehrvortrags abseits, um die Anderen nicht zu stören. Da ihn der Verzehr also davon abhielt, den Dhamma zu hören, wurde das Verbot ausgesprochen.


    NB: Als eines Tages Sariputta heftig unter Blähungen litt und Mogallana erzählte, früher hätten ihm bei solchen Beschwerden Zwiebeln geholfen, trug Mogallana den Fall Buddha vor und dieser erlaubte den Verzehr von Zwiebeln aus medizinischen Gründen :).


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  • BlackLady:

    Es IST eine religionswissenschaftliche Arbeit (ich kann auch den Kommentar hoffentlich nicht nicht nachvollziehen). Ich studiere Theologie und schreibe sie im Fachbereich systematische Theologie.

    Der Kommentar "hoffentlich" war der Formulierung Deiner Anfrage geschuldet; die machte deutlich, dass Du von Buddhismus äußerst wenig weisst, während die Anfrage (zumindest mir) nahelegte, dass es um eine religionskomparatistische Studie geht. Das würde bei solchen Ausgangsvoraussetzungen mit ziemlicher Sicherheit in die Hose gehen - daher das "hoffentlich".


    Dass dem nicht so ist, ist ja nun klargestellt. In diese Richtung zielte übrigens auch schon mein einleitender Satz.


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  • void:

    Mir kam das ein wenig unglaubwürdig vor und ich hätte mir gedacht, dass in den meisten Kontexten auf Vegetarier Rücksicht genommen wird. Es würde mich interessieren, ob es jemand gibt, der sich besser auskennt und diese Praxis bestätigen oder dementieren kann.

    Das Problem ist wohl: speziell aus nichtbuddhistischen Ländern stammende, neu ordinierte Bhikkus haben gelegentlich (noch) Probleme, ihren Laienunterstützern deutlich zu machen, was sie möchten .... 8) Die Alteingesessenen sind da geübter.


    Zitat

    The other common Theravadin justification for meat eating goes like this. “Monks get what they need by begging and should eat whatever they are given without picking and choosing.” Like a few other claims of Theravada, this explanation of the theory bears little resemblance to the reality. The reality is that monks nearly always get exactly what they want. When the average monk wants something he simply buys it himself or when one of his supporters asks him what he needs he replies; “I need A, B and C.” The more strict monks will resort to hints, a slightly changed expression or insinuations. Either way, lay people are more than happy to provide monks with all their needs and most of their wants as well, and if a monk wanted a vegetarian diet he would get it without any difficulty at all.


    ... von einem solchen, aus Australien stammenden, Bhikkhu, der immer wieder interessante Einblicke in den real existierenden Theravada eröffnet. Komplett hier: https://www.bhantedhammika.net/to-eat-or-not-to-eat-meat zu lesen. Auch für Mahayanin lehrreich, insbesondere das Kapitel "Problematic Vegetarians".


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  • BlackLady:

    Ich studiere Theologie und schreibe sie im Fachbereich systematische Theologie. Das genaue Thema ist: Bin ich ein besserer Christ, wenn ich auf Fleisch verzichte (oder halt nicht). Die Aufgabe meines Professors ist, dass ich vor diesem Hintergrund auch mal die anderen Religionen beleuchte, wie sie Fleisch, Tier und Speise verstehen.
    Ich werde mich jetzt mal weiter durchwurschteln :)


    https://www.bibelwissenschaft.…b6aad6b7d6ad636294d54f1d/


    Speisevorschriften gibt es im Judentum und im Islam.


    Die Frage deines Professors hat Paulus im Streit mit Petrus bereits beantwortet.


    Christoph Heil: Die Ablehnung der Speisegebote durch Paulus. Zur Frage nach der Stellung des Apostels zum Gesetz. BBB 96, Weinheim 1994.

  • Hi,

    meine Literaturempfehlung ist: Dr. ind Karl-Eugen Neumann, Die Reden Gotamo Buddhos: 1. Die mittlere Sammlung 2. Die Längere Sammlung und 3. die Lieder der Mönche und Nonnen, Wien-Zürich, 1957. Heute wieder als Neuauflage beim Beyerlein Verlag erhältlich