Die Verwendung des Begriffs "Ego"

  • Ich habe es so verstanden, dass der Begriff "Ego" und alles was als solches bezeichnet wird, so gelehrt wird, dass der Bodhisattva das auf sich beziehen soll. Während die Fehler anderer nicht so bezeichnet werden und auch nicht negativ beurteilt werden. Aufforderungen, andere zu kritisieren scheint es nicht zu geben.


    Da scheint es öfter Missverständnisse zu geben, der Begriff "Ego" ist sehr beliebt um andere als ein solches zu bezeichnen. Ich würde ja schon sagen, an der Stelle ist schon die Frage ob die Person für den Bodhisattva-Weg geeignet ist. Da sehr viele menschliche Fehler aufgezählt werden und wenn man dieses Wissen hauptsächlich verwendet um andere zu beobachten und zu kritisieren, dann wär es vielleicht besser, man würde den Begriff Ego gar nicht benutzen, da er so negativ klingt. Es ist schon ein hartes Vorgehen gegen die menschlichen Schwächen und daher eine sehr ungünstige Sichtweise auf seine Mitmenschen.

  • Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem Auge bemerkst du nicht?

    ich glaube, wenn man um den Balken weiß, dann wird man nachsichtiger mit den Splittern.

  • Eine interessante Frage ist ja auch, inwieweit man das "Ego" anderer v.a. durch die Brille des eigenen Ego sieht - und etwas anderes, wenn das Zentrum der Wahrnehmung jenseits der Illusionen liegt? Blickt man dann nicht auch tiefer?

  • und etwas anderes, wenn das Zentrum der Wahrnehmung jenseits der Illusionen liegt? Blickt man dann nicht auch tiefer?

    dann müsste man aber ein Guru sein. Ich glaub man kann nichts dagegen machen, dass man an anderen etwas wahrnimmt, was man für deren Ego hält und was die Tendenz hat, fetter zu erscheinen als das eigene Ego.:grinsen:


    Aber ich glaub es ist nicht Bodhisattva-Aufgabe dies dann auszusprechen. So wie ich die Schriften verstehe, soll man seeeeeehr nachsichtig mit anderen sein und die eigene Wahrnehmung stark hinterfragen.

    Ich finde das auch fürs Leben sehr praktisch, also man hat auch einen eigenen Vorteil von dieser Vorgehensweise.

  • Eine interessante Frage ist ja auch, inwieweit man das "Ego" anderer v.a. durch die Brille des eigenen Ego sieht

    Das Ego von Anderen nicht durch die eigene Verblendung zu sehen, ist doch gar nicht möglich.


    Somit kann es spannend sein, das Ego anderer wahrzunehmen. Man gewinnt dabei aber immer "nur" Informationen über das eigene Ego.


    Erschreckend: Wenn mich Leute besonders nerven, dann sind sie in 50% der Fälle mir sehr ähnlich... :nosee:


    Übrigens: "Ego in den Mahayana-Schriften", bezieht sich das auf die schriftliche Überlieferung oder die Praxis? In Bezug auf die Überlieferung halt ich die Klappe, da habe ich keine Kompetenz...


    Liebe Grüße, Aravind.

  • ich weiß noch nicht mal, woher der Begriff überhaupt stammt, also seit wann es den historisch gibt. Ich merk halt nur dass er sehr beliebt ist- um andere damit zu belegen.


    Man selbst hat dann eher "nur" das Problem, sich als ein "Ich" zu empfinden, man nennt es also so bei sich selbst. Während andere dieses Ego haben....;)

  • Ich bin mir jetzt nichtmal sicher, ob der Begriff "Ego" in den "Mahayana-Schriften" vorkommt. Aber das ist ja auch immer eine Frage der Übersetzer.


    Ich vermute, dass ein Bodhisattva immer noch genug "Ich-Illusion" übrig behält, um die Gewohnheits-Strukturen die daraus resultieren, bei anderen erkennen zu können. Das heisst natürlich nicht, dass es sinnvoll wäre, das anderen an den Kopf zu knallen. Klingt nach wenig Weisheit. Im Einzelfall kann es vllt. sinnvoll sein, etwas bewusst zu spiegeln, aber dann liegt die Betonung auf "bewusst".


    Was ich oben schrieb, meinte ich auch so: gerade weil es ein Zeichen für die eigene Ich-Illusion ist, bei anderen ein "Ego" zu sehen, sollte diese Wahrnehmung zunächst dazu führen, sich selbst zu hinterfragen.


    Edit: hat sich überschnitten, mit dem letzten Beitrag. Der Begriff "Ego" ist eher sowas aus der westlichen Psychologie, der sich da reingemischt hat, weil man in der Alltagssprache so daran gewöhnt ist. Insofern finde ich den Titel arg irreführend. Die "Mahayana-Schriften" haben da nichts mit zu tun, und wenn: welche überhaupt?

  • kilaya

    Hat den Titel des Themas von „die Verwendung des Begriffs "Ego" in den Mahayana Schriften“ zu „Die Verwendung des Begriffs "Ego"“ geändert.
  • Ich bin mir jetzt nicht mal sicher, ob der Begriff "Ego" in den "Mahayana-Schriften" vorkommt.

    In den tibetischen Schriften unterscheidet man


    1. Das funktionale Ich

    2. Das Ich, das aufgrund von Verblendung als eigenständiges Selbst wahrgenommen wird


    Für die Westler mit wenig Selbstvertrauen wurde noch ein drittes Ich installiert. das die Tibeter nicht kannten: Das selbstbewusste Ich

  • Zitat

    1. Das funktionale Ich

    Nennt der Dalai Lama manchmal auch das "blosse Selbst"


    Zitat

    2. Das Ich, das aufgrund von Verblendung als eigenständiges Selbst wahrgenommen wird

    Das ist die Ebene die ich meine, wenn ich "Ich-Illusion" schreibe.


    Zitat

    "selbstbewusste Ich"

    Bist Du sicher, dass "selbstbewusst" hier die normale deutsche Bedeutung hat? Ich vermute, dass es eher um "selfconscious" geht, was "unsicher" heisst, also wenig selbstsicher. Kommt daher, dass Unsicherheit oft entsteht, wenn man sich ständig des eigenen Ich bewusst ist, also sich ständig hinterfragt. Im Gegensatz dazu ist ein selbstsicherer Mensch meist ohne Reflektion unterwegs, was Vor- und Nachteile haben kann.

  • jut, du hast du Überschrift ja geändert. Tatsächlich fragte ich mich eher OB es in den Mahayana-Grundschriften vorkommt. Jetzt finde ich den Begriff grad immer ungünstiger. Weil es kommt nicht deutlich rüber dass das die "Ich-Illusion" ist, die jeder hat der nicht vollständig erleuchtet ist. Es wird schon oft verwendet im Sinne von: "Ich der Gute, und dort die pöhse Außenwelt".


    Also das ist nicht schwer einen Lexikon-Eintrag hinzubekommen, wo zumindest erst mal diese wichtige Info steht, dass es aus der Psychologie stammt. Falls keiner Einwände gegen diese Behauptung erhebt.


    Bei Leuten welche Küchenpsychologie betreiben beobachte ich das besonders: Den anderen zu psychologisieren, sich als großer Psychologe zu fühlen und den Balken im eigenen Auge nicht zu sehen.

    Mir scheint, die buddhistischen Schriften sind da klarer. z. B. 37 Regeln für den Bodhisattva. Was das ist und von wem was stammt habe ich vergessen...

  • Bist Du sicher, dass "selbstbewusst" hier die normale deutsche Bedeutung hat? Ich vermute, dass es eher um "selfconscious" geht, was "unsicher" heisst, also wenig selbstsicher. Kommt daher, dass Unsicherheit oft entsteht, wenn man sich ständig des eigenen Ich bewusst ist, also sich ständig hinterfragt. Im Gegensatz dazu ist ein selbstsicherer Mensch meist ohne Reflektion unterwegs, was Vor- und Nachteile haben kann.

    Wir übersetzen ja nicht erst ins Englische, sondern es wird direkt vom Tibetischen ins Deutsche übersetzt.

    Ich glaube es gibt für Deine Beschreibung auch ein tibetisches Wort. Um sicher zu gehen, müsste ich noch mal nachfragen.

  • Das funktionale Ich ist einfach das, was in der Welt der Unterscheidung zugrunde liegt, die ein Handeln in der Welt erst möglich macht. Wenn "ich" einen Apfel esse, isst Du ihn nicht. Er geht durch meinen Körper. Dafür ist es egal, ob ich der Illusion aufsitze, dieses "Ich" sei ewig oder hätte irgend einen "festen Kern".

  • Das funktionale Ich ist einfach das, was in der Welt der Unterscheidung zugrunde liegt, die ein Handeln in der Welt erst möglich macht. Wenn "ich" einen Apfel esse, isst Du ihn nicht. Er geht durch meinen Körper. Dafür ist es egal, ob ich der Illusion aufsitze, dieses "Ich" sei ewig oder hätte irgend einen "festen Kern".

    also eben das, was auch ein Erleuchteter haben kann.

  • Zitat

    "Für den, der den Wahn aufgegeben, gibt es keine Bande,

    Beseitigt sind für ihn alle Bande des Wahnes, [57]

    Hinter sich gelassen hat er, der Einsichtsvolle, die Sterblichkeit: [58]

    Der darf wohl sagen: 'ich' sage,

    Der darf wohl sagen: 'mir' sagt man.

    Die Sprechweise in der Welt kennend, der kundige,

    Redet er so nur im Gespräch."


    Arahanta Sutta http://www.palikanon.com/samyutta/sam01_30.html#s1_25


    gilt vielleicht auch schon etwas, wenn man nur den Unterschied der 'Sprechweise in der Welt' und einigen Inhalten der Lehre versteht :)

  • ich glaube, wenn man um den Balken weiß, dann wird man nachsichtiger mit den Splittern.


    Die Bibel befürwortet aber keine Handlungslosigkeit. Es geht weniger um Nachsicht, sondern um die Beseitigung der eigenen Schleier, um dann - mit einem klareren Blick auf die Welt - den Splitter aus dem Auge des Bruders zu ziehen.

    Zitat

    Oder wie kannst du zu deinem Bruder sagen: Lass mich den Splitter aus deinem Auge herausziehen! - und siehe, in deinem Auge steckt ein Balken!

    Du Heuchler! Zieh zuerst den Balken aus deinem Auge, dann kannst du zusehen, den Splitter aus dem Auge deines Bruders herauszuziehen!

  • Ich habe es so verstanden, dass der Begriff "Ego" und alles was als solches bezeichnet wird, so gelehrt wird, dass der Bodhisattva das auf sich beziehen soll. Während die Fehler anderer nicht so bezeichnet werden und auch nicht negativ beurteilt werden. Aufforderungen, andere zu kritisieren scheint es nicht zu geben.


    Danke, dass dieses Thema hier angesprochen wird.:)

    Mich nervt immer noch das Getratsche und die Bewertungen Anderer sehr, deren "Ego", so habe ich es auch bezeichnet, am aufleuchten ist.:roll:

    Wenn man dann die "Fehler der Anderen" nicht so genervt betrachtet, ist es auch besser für einen Selbst.

    Puuuh, bin gespannt wie es klappt:)


    Liebe Grüße Schneelöwin

    Liebe Grüße Schneelöwin


    Ein Geist, der an eine Idee gebunden ist, an ein Konzept, an eine Wertvorstellung macht Handlung immer korrupt. Wenn man an einen Glauben gebunden ist, wird die eigene Handlungsweise glaubensgemäß und daher korrupt sein. Wenn man nach seinem eigenen Erfahrungswissen handelt, wird die Begrenztheit des Wissens die Handlung immer korrupt sein lassen.

    Jiddu Krishnamurti




  • Ich denke es ist hier deutlich, dass der Begriff " Ego" und wie er in buddhistischen Kreisen verwendet wird, nicht aus dem Buddhismus stammt. Es gibt die Ich-Illusion, in der jeder nicht-erleuchtete ist.


    Wir sitzten also alle in einem Boot.


    Kein Grund für den Dualismus von "Ich, der edle Ego-lose:angel:, und dort die anderen:evil: mit ihren Egos."

  • Ich denke es ist hier deutlich, dass der Begriff " Ego" und wie er in buddhistischen Kreisen verwendet wird, nicht aus dem Buddhismus stammt.

    Man sollte generell nicht so sehr auf die Begriffe fixiert sein, sondern auf ihre jeweilige Bedeutung. Dann ist der Begriff Ego ein zentraler Begriff des Buddhismus!

  • Die Bedeutung wäre ja, dass jemand seine Handlungen vom Nutzen für das "eigene Ich" abhängig macht, was ja ein Resultat der Ich-Illusion ist. Dem soll das Bodhisattva-Ideal entgegen wirken. Die Art und Weise, wie "Ego" als "Kampfbegriff" missbraucht wird, führt vermutlich dazu, dass Übersetzer den Begriff gemieden haben.

  • Man sollte generell nicht so sehr auf die Begriffe fixiert sein, sondern auf ihre jeweilige Bedeutung. Dann ist der Begriff Ego ein zentraler Begriff des Buddhismus!

    was ist denn die Bedeutung des Begriffs Ego als zentraler Begriff des Buddhismus?

  • Die Art und Weise, wie "Ego" als "Kampfbegriff" missbraucht wird, führt vermutlich dazu, dass Übersetzer den Begriff gemieden haben.

    Damit meinst du jetzt das Ding: Ich::angel: der andere::evil: oder?

    Ja da gehts auch einfach draum, dass man das Bodhisattva-Ideal nicht sich, sondern anderen abverlangt.

    • Offizieller Beitrag

    Hier wird z.B Ego folgendermaßen definiert:

    „Ego“ ist ein Begriff, der in der (spirituellen) Literatur synonym zum Begriff „Selbstbild“ verwendet wird. Wenn man also vom Ego spricht, dann meint man damit das Konzept, das du selber von dir hast. Wer du selber denkst, der du bist....


    Als kleines Kind kommen wir ohne Ego auf die Welt. Wir haben keine Vorstellung davon, wer wir sind. Kleinkinder reden deshalb oft von sich selber in der dritten Person, also z.B. „Moritz hat Hunger“ anstatt „Ich habe Hunger“. Wir unterscheiden in diesen frühen Jahren auch noch nicht zwischen „mir“ und „denen“. In den Augen des Kindes ist die vor ihr stehende Person und es selber eins, es gibt keine Trennung in zwei separate Teile.

    Im Laufe der Entwicklung dann, geprägt durch die Konditionierungen seiner Umwelt, entwickelt das Kind ein Selbstbild, ein Ego. Die Eltern nennen es „Moritz“ und so glaubt das Kind es sei „Moritz“, obwohl der Name auch Max, Peter oder Joshua hätte sein können.


    Wenn man "Ego" so definiert, dann bedeutet es "Selbstbild". Wenn ein Buddhistischer Lehrer dann von Ego spricht, dann wird man das so intepretieren, dass man nicht an seinem Selbstbild festhalten soll. Weil man ja womöglich ganz anders ist, und ganz vielfältige, ungahnte Möglichkeiten in sich hat.


    Aber ich glaube, dass das falsch ist, weil das "Anhaften an einem Selbst" etwas anderes ist als das "Anhaften an einem Selbstbild" auch wenn es das einschliesst.

  • Die Bedeutung wäre ja, dass jemand seine Handlungen vom Nutzen für das "eigene Ich" abhängig macht, was ja ein Resultat der Ich-Illusion ist. Dem soll das Bodhisattva-Ideal entgegen wirken. Die Art und Weise, wie "Ego" als "Kampfbegriff" missbraucht wird, führt vermutlich dazu, dass Übersetzer den Begriff gemieden haben.

    Man kann Sprache halt nicht immer 1:1 übersetzen. Da muss man sich eben an die Bedeutung der Begriffe halten. Und im Tibetischen gibt es (mindestens) die beiden Bedeutungen, die ich oben beschrieben habe,. Und natürlich geht es im Buddhismus um die Überwindung des verblendeten Egos. Um was denn sonst?