Nüchtern

    • Offizieller Beitrag

    Gerade weil man Religion ja öfter als etwas, was sich mit dem Übernatürlichen und Wunderbarem beschäftigt, dem Rituellen, Kollektiven, dem Kosmischen und Spekulativen, fällt besonders auf, dass Buddha Shakyamuni zwar Religionsgründer war, aber trotzdem mit all dem nichts am Hute hat.


    Eim Wort das dies gut beschreibt ist das Wort "nüchtern":

    nüchtern −ist eine Entlehnung aus dem Lateinischen nocturnus für ‚nächtlich‘, welches durch Angleichung an die einheimischen Bezeichnungen für ‚[die] Morgenfrühe, Dämmerung‘ entstand. Wahrscheinlich handelt es sich etymologisch um ein in den Klöstern entstandenes Wort mit der Bedeutung ‚in der Morgendämmerung bestehend, frühmorgendlich, im Zustand des frühen Morgens befindlich‘, das heißt ‚noch nichts gegessen und getrunken habend‘ insbesondere in der Zeit des der Nachtruhe folgenden Morgengottesdienstes vor Einnahme der Morgenmahlzeit.

    Buddhistisch würde man wohl eher das Wort "Entsagung" verwenden, aber ich finde das Wort "nüchtern" sehr viele Nuancen hat: Es erstreckt sich von der Bedürfnislosigkeit in materiellen Dingen (Verzicht auf viel Essen und Rausch) hin auf eine Nüchternheit der Gedanken und Worte ( eine Beschränkung hin auf das "sachlich Gegebene, Zweckmäßige“ ) und auf die Ästhetik (ohne schmückendes Beiwerk).


    Während es in der Geschichte der Religion an Phanstatischen und Wunderbaren nicht mangelt, ist Nüchternheit da nicht sehr häufig.

  • Hallo void,


    ich denke, dass Nüchternheit wie du es beschrieben hast, und Entsagung unterschiedlich sind. Bei der von dir beschriebenen Nüchternheit geht es doch mehr darum, sich auf das Erforderliche zu beschränken, sich auf das zu beschränken was erforderlich ist, um ein spirituelles Leben führen zu können.


    Bei Entsagung geht es doch mehr darum, Überdruß an den samsarischen Leiden und ihren Ursachen und den Wunsch, sich von diesen befreien zu wollen, zu entwickeln. Ich denke, Entsagung geht über Nüchernheit hinaus; ist umfassender, subtiler als Nüchternheit.


    Gruß Helmut

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Helmut,


    ja, da hast du recht. Entsagung ist eher eine innere Haltung und eine Motivation (Samsara zu überwinden )


    Während Nüchternheit etwas sichtbares ist. Ich denke, dass Entsagung sich in einem nüchternen, bescheidenen Lebensstil äußern kann.


    Wobei eben Nüchternheit selber kein Zeichen dafür sein muss, dass jemand eine Haltung des Entsagung hat. Es gibt ja auch Menschen wie Steve Jobs, bei denen ein Nüchternheit in einem Bereich ( im Bezug auf Kleidung und Ernährung) mit glühendem Enthusiasmus ( im Bezug auf Technologie) in anderen Bereichen kompatibel ist. Seine Beschräkung auf das Erforderliche fixierte sich auf etwas, was jetzt ein Asket nicht als erforderlich ansehen würde.

  • Während es in der Geschichte der Religion an Phanstatischen und Wunderbaren nicht mangelt, ist Nüchternheit da nicht sehr häufig.

    Ich denke, das ist eine Grundidee von Vipassana: Den Weg so einfach, so nüchtern zu machen wie möglich, und alles nicht unbedingt Nötige weg lassen. ("Einfach" im Sinne von: minimal und leicht lernbar und umsetzbar; nicht im Sinne von: "leicht"). Und das ist es auch, was Vipassana für mich so attraktiv macht.


    Dabei gibt es natürlich so viele Töpfe wie Deckel: Für mich ist das mega-attraktiv, einem anderen helfen Riten, Statuen, Chanten, eine geheimnisvolle Sprache oder Weihrauch, um seine Motivation zu erhalten, und um bestimmten inneren Zuständen wie Liebender Güte leichter Raum zu geben.


    Solange man den Topf nicht mit dem Weg verwechselt: Warum nicht!


    "Entsagung" würde ich wie Helmut als einen Effekt der Praxis sehen, im positivsten Sinne.


    Liebe Grüße, Aravind.

  • Gerade weil man Religion ja öfter als etwas, was sich mit dem Übernatürlichen und Wunderbarem beschäftigt, dem Rituellen, Kollektiven, dem Kosmischen und Spekulativen, fällt besonders auf, dass Buddha Shakyamuni zwar Religionsgründer war, aber trotzdem mit all dem nichts am Hute hat.

    Genau das hat mich persönlich am Buddhismus angezogen. Ich habe dann sehr schnell erkannt, dass es im Buddhismus unendlich viele Richtungen und Möglichkeiten gibt, wie in allen anderen Religionen auch. Wenn ich hier im Forum so Zeugs lese, wie dass ein gewisser Lama irgendwelche Haare für irgendeinen Segen verwendet hat, dann kann ich damit absolut nichts anfangen. Für mich ist gehört das mehr in den Bereich Voodoo, aber das ist meine persönliche Meinung. Alles ist ok, wenn es mir und niemand anderem schadet und wenn niemandem ein ganz bestimmter Weg oder ganz bestimmte Rituale aufgezwungen werden oder als einzig richtig angesehen werden.


    "Glaubt nichts, nur weil ich es gesagt habe." Mehr brauch ich für mich eigentlich nicht, auch nicht, ob das wirklich ein Zitat von Buddha ist.

  • Menschen die sich Nüchternheit bis zu einem gewissen Grad des end-menschlichend erobert haben sind ja sowas von langweilig und unwichtig das sie mit dem nüchtern werden weiter machen können bis sie sagen können: Was willst Du von mir? Ich bin doch schon tot.

  • Menschen die sich Nüchternheit bis zu einem gewissen Grad des end-menschlichend erobert haben sind ja sowas von langweilig und unwichtig das sie mit dem nüchtern werden weiter machen können bis sie sagen können: Was willst Du von mir? Ich bin doch schon tot.

    :P:angel:

  • Gerade weil man Religion ja öfter als etwas, was sich mit dem Übernatürlichen und Wunderbarem beschäftigt, dem Rituellen, Kollektiven, dem Kosmischen und Spekulativen, fällt besonders auf, dass Buddha Shakyamuni zwar Religionsgründer war, aber trotzdem mit all dem nichts am Hute hat.


    Eim Wort das dies gut beschreibt ist das Wort "nüchtern":

    nüchtern −ist eine Entlehnung aus dem Lateinischen nocturnus für ‚nächtlich‘, welches durch Angleichung an die einheimischen Bezeichnungen für ‚[die] Morgenfrühe, Dämmerung‘ entstand. Wahrscheinlich handelt es sich etymologisch um ein in den Klöstern entstandenes Wort mit der Bedeutung ‚in der Morgendämmerung bestehend, frühmorgendlich, im Zustand des frühen Morgens befindlich‘, das heißt ‚noch nichts gegessen und getrunken habend‘ insbesondere in der Zeit des der Nachtruhe folgenden Morgengottesdienstes vor Einnahme der Morgenmahlzeit.


    Vielleicht gehört diese "NüchternHeit" zu dem Ding rechte Rede, die ja nur geht, wenn da auch rechte Anschauung ist.


    Ich sehe auch keine einzige Stelle in den Lehrreden, wo ich irgendwie das Gefühl hätte, dass es hier um etwas anderes als um die Wesen und ihre Situation geht. Keine einzige, irgendwo oder irgendwie selbstverliebte oder verkünstelte Formulierung kenne ich.




    :sunny:

  • Nüchtern - zufrieden in sich selbst ruhend ohne von den Sinneswahrnehmungen berauscht zu sein, nicht umhergetrieben von Begierden, Wünschen und Sehnsüchten oder Hass, Unmut und Angst. Innerlich frei und losgelöst im Vergänglichen die Dinge sehen wie sie sind, ohne sie gestalten zu wollen wie man sie haben möchte. In Stille wie das Auge im Hurrikan.


    Hach man kommt ja richtig ins Schwärmen :grinsen:

  • Nüchternheit beinhaltet (für mich) auch, dass man eine gewisse Sicht auf die Dinge hat; Dinge sieht, wie sie sind.

    Ich finde auch, dass sich ein glühender Enthusiasmus, Nüchternheit und Entsagung nicht widersprechen.


    Eine überaus große Begeisterung für etwas, kann auch bestehen, wenn man sich bewusst ist, dass man trotz der Begeisterung seine Nüchternheit nicht verlieren darf. Dem Enthusiasmus komplett zu entsagen kann auch kontraproduktiv sein, da ein gewisser Enthusiasmus durchaus auch Quelle von Wohlbefinden und (weltlichem) Glück sein kann.


    Was meiner Meinung nach wichtig ist, ist, dass man eine Balance findet.

    _()_

  • Nüchternheit beinhaltet (für mich) auch, dass man eine gewisse Sicht auf die Dinge hat; Dinge sieht, wie sie sind.

    Ich finde auch, dass sich ein glühender Enthusiasmus, Nüchternheit und Entsagung nicht widersprechen.

    Das kommt mir auch so vor, auch wenn mir dazu gerade keine Situation aus meinem Leben einfällt.


    Liebe Grüße, Aravind.

  • Ich nehme mal ein Beispiel aus meinem Leben:


    Ich beschreibe mich selbst als "Information Security Enthusiast". Den ganzen Tag könnte ich mich mit Programmieren und IT / Informations-Sicherheit beschäftigen. Eine gewisse Entsagung habe ich hier, in dem ich mich bewusst in manchen Punkten zurücknehme, damit ich andere Bereiche meines Lebens nicht vernachlässige. Nüchternheit kommt ins Spiel, wenn es zum Beispiel um Diskussionen oder Handeln geht. Am liebsten würde ich überall darauf achten, dass es maximal sicher ist, und auch nur minimal Informationen gespeichert werden. Würde ich das genau so umsetzen und feste auf diesem Standpunkt verharren, so würde ich immer wieder Probleme verursachen und auch anecken. Praktisch ist nämlich eine solche strikte Umsetzung nicht möglich, da das Thema Security immer gegen viele andere Themen abgewägt werden muss.

    _()_

  • Genau so wie absolute Sicherheit der Tod der Freiheit wäre die die Sicherheit ja schützen soll ist das absolute nüchtern sein das was den Menschen umbringt. Nicht im Sinn von Leben verlieren sondern ich dem Sinn das er sein Mensch-sein-Leben verliert weil er glaubt das er nur glücklich sein kann wenn er nüchtern bleibt. Buddha sein, seiner Vorstellung nach, wäre das Ziel das ihn zum Heiligen machen und somit von allem Mensch-sein abschneidet.

    Es scheint nicht allgemeines Wissen zu sein das sich der Mensch immer in den nicht nüchternen Zustand gebracht hat, nicht immer aber auch mit "Drogen". Nur nüchtern sein und nur besoffen sein vom Glück oder Bier ist nicht der mittlere Weg. Der ist und soll voller Zweifel sein damit ich nie an ein Extrem hängen bleibe. Nüchtern werden ist immer auch vom sich mit der Hand vor die Stirn schlagen und sich selber sagen, bin ich bescheuert! begleitet.

    Der mittlere Weg zeigt sich immer in den Zeiten in denen Nüchternheit zuschlägt um sich dann wieder einem Extrem zuzuwenden. Bis? Bin ich bescheuert!!!

  • Rausch ist sogar wichtig. Was wäre das Leben des Menschen ohne Rausch? Dieses sich vollkommen sinnlose begeistern. Dieses hinein steigern in seine Freude, ich seine Wut, in seinen Ärger, in seine Trauer, in seine Liebe, in seine Verletztheit, in seine Angst vor Tod und Gott und Teufel? Was rettet uns denn aus diesem Leiden? Es sind doch die die gerade dann nüchtern sind, die wir dann für besoffen halten, weil sie uns gerade dann zeigen das wir im Recht sind mit unserer Aktion, da muss ich doch was tun! Die sind doch besoffen von ihrem scheinbaren Gleichmut, wo es doch mir gerade darum geht nicht in Ruhe zu sein ich muss doch jetzt genau das tun was ich tue, erkennen die das nicht? Erkennen die meine Emotionen nicht?


    Doch tun sie und gerade dieses zeigen das dein Ego wiedermal im Rausch ist, macht Dich glauben das die besoffen sind und vor allen Dingen ganz weit weg von dir, da muss Du Dir Leute suchen die genau so fühlen, so voller Aktion sind für ihr Recht.


    Diese Art Rausch betrifft die Arten von Leiden die Buddha in dem kurzen Satz, Was ist Leiden genau beschreibt. Darum wurde von den alten Übersetzern "Entsüchten" verwendet. Wir müssen uns von dem Rausch der Emotionen entsüchten, diese Sucht nach Emotionen vermindern zu Gefühlen und diese zum Fühlen und dieses zum Empfinden.


    Nur vergessen müssen wir auch das eine Menschheit die nur noch empfindet nicht weiss das es Menschen gibt. Also das gilt für die die erkannt haben das ich das ist was es eben jetzt ist. Ihr Ego erscheinen lassen können ohne das dieses Ich bin aus seinem Empfinden heraus kommt. Ich kann mich wunderbar emotional berauschen, ärgerlich für mich ist das das eben nur kurze Zeit ist. Ich kann nie lange genug an einer Emotion teilnehmen und das macht mich zu einem unberechenbarem Zeitgenossen. Dabei muss jemand nur wissen das ich Emotion nur empfinde doch nie lange Emotion sein kann. Mir ist es schon geschehen das ich mich fürchterlich aufgeregt habe und mich jemand nach sehr kurzer Zeit fragte was los war und ich nur sagen konnte: Hab ich vergessen!?!?. Doch kann ich auch sehr nachtragend sein, aber auch das wird vom Empfinden (Mitgefühl) gesteuert.


    Darum ist auch Mitgefühl ein so riskanter Begriff wenn er nicht gleich Empfinden gesetzt werden kann. Wenn das Empfinden sein nicht erfahren wurde. Dieses Bescheuerte, Alles ist Liebe, Alles wird gut, ist überhaupt nicht hilfreich und ich bin mir sicher das hier fast alle schonmal erfahren haben wie Emotion anheizend so ein Spruch sein kann. Aber es hilft mir wenn ich ihn nur denke damit ich wieder in Gefühle->->->-> Empfinden/Mitgefühl komme.

    Mich entsüchte, den Mittleren Weg gehe ohne mich meine und den Emotionen des anderen zu verweigern. Wer Empfinden als Mittesein erkennt kann ein berauschendes Leben führen ohne eine Kater zu bekommen, der ja auch nur ein Rauschzustand ist. Nur weil er Kater genannt wird ist es ja nicht auch nur Rausch, weg vom Empfinden/Mitgefühl.


    Achso, wenn hier jemand speziell antwortet muss ich selber diesen Ganzen Beitrag querlesen um überhaupt wieder zu erkennen was ich gemeint habe. :):eek:8)

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