Umgang mit dem Tod

  • Hallo,


    ich habe eine nahe Verwandte dessen Mann vor einiger Zeit gestorben ist. Wenn ich mit ihr rede, erzählt sie manchmal Sachen wie sie würde manchmal abends auf dem Balkon sitzen und zum Himmel schauen und sich denken, dass ihr Mann dort oben ein Stern am Himmel wär und zu ihr herunterschauen würde. Oder sie fährt zu Orten wo sie mal zusammen im Urlaub waren und dann hat sie das Gefühl er würde im Auto neben ihr sitzen.


    Wenn ich sowas höre, ist mein erster Gedanke immer, dass dies nur das Leiden verlängert und vielleicht sogar vertieft. Von dem was ich vom Buddhismus verstanden habe, ist das nicht heilsam. Es ist natürlich gut einem verstorbenem lieben Menschen zu Gedenken und ein liebevolles Andenken zu bewahren. Aber wenn es so in Richtung Traumwelt geht, sieht das für mich eher unheilsam aus. Mein Frau meinte, dass es gut sei, wenn es ihr helfen würde. Ich weiß da nicht so recht. Was meinen die Buddhisten hier im Forum zu der Haltung dieser Frau? Ich will das überhaupt nicht schlecht reden. Mir kommt es nur so vor, dass auf so eine Weise ein gedankliches Leben in der Vergangenheit die Gefahr ist.


    Grüße, Anandasa

    Die Dinge entstehen, existieren und vergehen. Das ist normal. Ajaan Tippakorn

  • Hallo,

    Aus rein buddhistischer Sicht ist es unsinnig überhaupt etwas festhalten zu wollen. Entsprechend bräuchte man gar keine solchen Erinnerungen.


    Aber ich nehme an, dass die Frau keine Buddhistin ist. Darum finde ich es eine buddhistische Pflicht Mitgefühl zu üben.


    Etwas was ihr vielleicht hilft,und was dennoch buddhistisch ist, wäre eine Perspektive, dass es für den Verstorbenen weiter geht. Er(sein Karma) wirkt weiter.


    Entsprechend geht es nicht so sehr darum Erinnerungen zu bewahren, sondern darum welche Eindrücke der Verstorbene bei ihr Hinterlassen hat. Man kann also versuchen sich an die postiven Eigenschaften des Menschen zu erinnern. Diese können wie ein kamischer Samen in ihr weitergetragen werden und durch Mitgefühl und Weisheit werden diese, positive Resultate zeigen, die sich letztlich auf die Frau und auf den Verstorbenen wie auch immer auswirken werden.


    Liebe Grüsse

    Tobias

  • Mein Frau meinte, dass es gut sei, wenn es ihr helfen würde. Ich weiß da nicht so recht.

    Halt dich an deine Frau. Es geht hier schließlich nicht um dich.

    Ohne eine lange Zeit grimmiger Kälte,
    die Dir in die Knochen fährt –

    wie könnten die Pflaumenblüten

    dich erfüllen mit ihrem durchdringenden Duft?
    (Obaku)

  • Die Frau macht das ganz richtig, nämlich so, wie sie es möchte und es ihr guttut.


    Ich habe den Eindruck, Du hast nicht viel Erfahrung mit dem Tod in Deiner Umgebung.

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

    • Offizieller Beitrag

    Also das nennt man Trauern: Wenn jemand enges gestorben ist, dann ist eine Trauerphase von über einem Jahr und oft sogar doppelt so lang üblich. Wenn eine Bindung tief ist, dann ist auch der damit verbundene Schmerz tief. Natürlich gibt es Leute , die nicht aus ihrer Trauerphase herausfinden und deren Leben auch noch lange Teit nach dem Tod des Partners nur um diesen kreist. Das ist dann schon eine Problem, weil es das Leben einschränkt und in eine Traumwelt führt. Ein oder zwei Jahre nach dem Tod, ist Trauer dagegen sehr normal.

  • Da gibt es kein "normal".

    Jeder Mensch verarbeitet so eine essentielle Erfahrung anders.

    Der Tod eines nahestehenden Menschen ist auch medizinisch gesehen eine traumatische Erfahrung. Es kann einem im wahrsten Sinne des Wortes das Herz brechen, es kann sehr krank machen. Man weiß um die verheerende Wirkung auf das Immunsystem. … und Trauer kann sehr, sehr lange dauern.


    Wenn zu dem Schmerz noch dazu kommt, dass man gesagt bekommt, man sei falsch, weil man das noch nicht überwunden hätte, man müsste das so und so machen, man hätte die falsche Sichtweise … dann fügt sich noch größerer Schmerz hinzu, das Gefühl einsam zu sein, nicht richtig, nicht verstanden zu werden. Das ist so ziemlich das Schlimmste.

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Lerne bei ihr zuhören und fördere ihr Erinnern bis sie wieder oder überhaupt mal im jetzt ankommt. Karma kann nur verarbeitet werden wenn ich in mein unser Vergangenes gehen kann und mir jemand zuhört auch wenn dieser weiß das es Unsinn ist. Sie Verarbeitet ihre gemeinsam vergangenen Leben. Du kannst nur zuhören und fragen zu der erzählten Zeit stellen und zuhören, keine Kommentare. Helfen sich an die vergangenen Leben erinnern und nicht nur selektiv gute Zeiten schlechte Zeiten. Da erlebt jemand seine Erinnerungen und ich in Trauer und dann treffen seine Worte/Erinnerungen auf jemanden der Behauptet das das schlecht ist. Wie würdest Du reagieren wenn Du deine Geschichte erzählen musst um das Leben wieder zu finden?

    Hier setzt Festus an: Halt dich an deine Frau. Es geht hier schließlich nicht um dich.

    Von mir: Es geht dich nichts an? Nun gut warte mal ein bisschen dann trifft es Dich.

  • Kisagotamis Senfsamen

    Mir hat diese Geschichte von der untröstlichen Frau und ihrem verstorbenen Kind immer sehr gut gefallen. Wahrscheinlich kennst Du sie ja.


    Meine Freundin spricht mir gegenüber heute noch oft von ihrem vor 10 Jahren verstorbenen Mann und, obwohl sie inzwischen ein ganz neues Leben hat, tut es ihr gut über ihn zu sprechen, sich an ihn zu erinnern. Geteilte Erinnerungen sind oft sehr erleichternd.


    Alles Gute! minestrone

    :)

  • Kisagotamis Senfsamen

    Mir hat diese Geschichte von der untröstlichen Frau und ihrem verstorbenen Kind immer sehr gut gefallen. Wahrscheinlich kennst Du sie ja.

    Ich liebe diese Geschichte auch.


    Ich habe mein zweites Kind zwei Tage nach seiner Geburt verloren. Jeder trauert anders, bei mir lief das ganz anders ab als bei meinem Mann z.b.

    Aber ich erinnere mich, dass ich sehr viel nachts wach war in der Anfangsphase meiner Trauer und in die Sterne gesehen habe. Es hatte etwas tröstliches, obwohl ich natürlich nicht daran glaube, dass er da oben ist.

    Wichtig ist, dass denke ich auch, dass man darüber sprechen kann. Man braucht jemanden der zuhört. Besonders am Anfang.

  • Zitat

    Kisagotamis Senfsamen

    Mir hat diese Geschichte von der untröstlichen Frau und ihrem verstorbenen Kind immer sehr gut gefallen. Wahrscheinlich kennst Du sie ja.

    Ja, diese Geschiche kenne ich sogar und ich finde sie sehr gut. Aber ich werde meiner Verwandten davon nichts erzählen. Ihr einfach zu zu hören ist wohl das Beste.

    Die Dinge entstehen, existieren und vergehen. Das ist normal. Ajaan Tippakorn

  • Ihre Geschichte ist sehr viel authentischer als irgendeine irgendwann von irgendwem aufgeschrieben.Er gibt nichts das gegen eine lebendige Erzählung bestehen kann, garnichts Geschriebenes.

  • "Es gibt ein Diesseits und ein Jenseits und einen Lohn für gute und böse Taten." Pali-Kanon, Quelle nicht mehr zugänglich.