Achtsamkeit und Leistungszwang

  • Ich bin raus aus dieser schlechten Laune beim Meditieren. :D Vermutlich auch, weil ich von Festus sinngemäß die Botschaft rausgelesen habe: Einfach dran bleiben.


    Es passiert gerade etwas Überraschendes mit meiner Aufmerksamkeit, aber leider nicht nur Gutes. Ich kann spüren, dass das, was ich so lebe, mich nicht wirklich glücklich macht. Wiiiiiiiiiiiiiiiie gerne würde ich einfach nur "doof" da sitzen und die Welt beobachten ... Zur Zeit bin ich in ganz banale Wolken verliebt. Ist jetzt nicht wahnsinnig spektakulär, aber ich sehe was, was Du nicht siehst ... ;)


    Ich kann aber nicht, ich hab' keine Zeit. Auch wahnsinnig banal und unspektakulär in unserer Zeit ...


    Weiter finanziell einschränken ist absolut impossibile. Ich lebe minimalistischer, als sich mancher vorstellen kann und als ich öffentlich erörtern könnte. Nicht weil ich nicht anders kann, sondern weil ich seit vielen Jahren einfach nicht will. Luxus langweilt mich ...


    Und ich kann meinen Job nicht wechseln, weil ich der Chef meiner Firma bin. In meiner Branche kann man auch nicht eben mal so kürzer treten. Entweder bist Du drin und wirst empfohlen, oder Du bist eben draußen. Nach Lust und Laune is' hier nich'. Delegieren: Ja, zum Teil, aber auch schwierig. Manche Dinge kann man einfach nicht delegieren, denn da bin eben ich als Fachfrau gefragt.


    Ganz aussteigen? Jipieeeh!!! Ja, ich könnte schon Einkaufswagen beim Aldi zusammenschieben, aber ob ich damit glücklicher wäre? Oder zufriedener? Das türmt nur neue Probleme auf.


    Lange Rede - kurzer Sinn: Achtsamkeit (für die eigenen Bedürfnisse) und Leistungszwang. Wie bringt ihr das zusammen? Oder habe nur ich das Problem?

  • Wenn Du es nicht ändern kannst, nimm es wie es ist und mach das Beste draus:-) Schau WIE Du die Dinge verrichtest.. selbst wenn viel zu tun ist, kannst Du Deine Haltung dazu beeinflussen, z.B. nicht auf etwas hinarbeiten (Fokus nur aufs Resultat richren) sondern achtsam Arbeiten (sozusagen meditativ, siehe "Samu").. in meinem Alltag mit Arbeit und eigenen drei kleinen Kindern ist auch viel Stress.. aber es iat nunmal so. Das Beste draus machen:-)

    Den Schmetterling des Zen im Netz des Verstandes zu fangen; machen wir uns das klar, dass das nicht geht

  • Ich selbst befinde mich da in einer "Zwischenphase". Je mehr Ruhe ich durch den Weg und Meditation gewinne, desto mehr Projekte fange ich an, so dass mein Erregungslevel immer gleich bleibt. 8) Und man wird ja auch nicht jünger...


    Das mit "bei neuen Projekten Nein sagen" mache ich beruflich immer häufiger, es fällt mir aber noch sehr schwer.

    Arbeitsplatzwechsel alleine bringt nach meiner Erfahrung und der einiger Leute, die ich gecoached habe, genau Null (wenn die Arbeitsumstände von außen nicht extrem mies sind). Siehe Horin:

    Schau WIE Du die Dinge verrichtest.. selbst wenn viel zu tun ist, kannst Du Deine Haltung dazu beeinflussen


    Liebe Grüße und viel Erfolg!

    Aravind.

  • Lange Rede - kurzer Sinn: Achtsamkeit (für die eigenen Bedürfnisse) und Leistungszwang. Wie bringt ihr das zusammen? Oder habe nur ich das Problem?

    So ist das Leben.

    Die Frage ist, und kal hat das schon angedeutet, ob du ein Problem daraus machst oder nicht.

    Ohne eine lange Zeit grimmiger Kälte,
    die Dir in die Knochen fährt –

    wie könnten die Pflaumenblüten

    dich erfüllen mit ihrem durchdringenden Duft?
    (Obaku)

  • ... so dass mein Erregungslevel immer gleich bleibt. 8)

    ***lach*** Das erinnert mich doch stark daran, dass die Anzahl unserer Süchte in der Summe auch immer gleich bleiben soll ... ;)


    LG, Anfängerin

  • ***lach*** Das erinnert mich doch stark daran, dass die Anzahl unserer Süchte in der Summe auch immer gleich bleiben soll ... ;)

    Das ist wie beim Fliegen: Geradeausfliegen ist die Summe aus allen Verzügen und Trims... 8)

  • Sei wie ein Frosch... das hörte mein Lehrer von seinem Meister - und ich lebe danach *quak

    Wenn im dürren Baum der Drache Dir singt
    siehst wahrhaft Du den WEG.
    Wenn im Totenkopf keine Sinne mehr sind
    wird erst das Auge klar.


    jianwang 健忘 = sich [selbst] vergessend

  • Ich glaube, daß auch das ein (nerviges) Übergangsstadium ist. Je achtsamer man versucht zu leben, desto mehr merkt man natürlich auch, wie sehr man durchs Leben hetzt. Und je mehr man meditiert, desto mehr merkt man natürlich auch, wie wenig Ruhe im eigenen Alltag ist. Aber es ist doch schon ein Fortschritt, daß man das jetzt endlich mal wahrnimmt. Wie sollte man sonst etwas ändern können?

    Da hilft auch kein Jobwechsel, weil, man nimmt sich und seine Art zu arbeiten ja selber mit...


    Kleiner Scherz:

    Eigentlich gehört zu diesem Stadium noch dazu, daß man anderen Vorträge über "nicht so sehr durch den Alltag hetzen" hält :-))


    Vielleicht ist es eine Möglichkeit, dich während des Tages immer mal wieder für 3-5 Minuten herauszunehmen, um zu meditieren. Da reicht schon ein Stuhl, eine Parkbank oder Bushaltestelle. Einfach nur, um mal für kurze Zeit wieder zur Ruhe zu kommen.


    Wenn du auf diese Weise etwas mehr aus dem Stress herauskommst, hast du vielleicht ein paar Einfälle, an welchen Stellschrauben du drehen kannst, um generell etwas mehr zur Ruhe zu kommen.

    Aber bis dahin gilt, erst mal versuchen zu akzeptieren, daß es so ist wie es ist, sonst wird das Problem größer als kleiner.

  • Hallo User19823,


    danke Dir - auch was Aravind geschrieben hat, habe ich nochmal reflektiert (oh, was für ein Gequatsche, ich hab' einfach nochmal drüber nachgedacht ;)).

    Vielleicht ist ja alles hinschmeißen auch wieder nur eine verrückte Art, um den Dingen aus dem Weg zu gehen? Ich kenne mich ja mit meinem Perfektionismus und meinen Alles-oder-Nix-Tendenzen.


    Ja, dieses Meditieren ist schon nicht so ohne ... Vor allem, wenn man immer wieder zurückkehrt zu dem, dass alles nur Gedanken sind, die sich jederzeit wieder verändern können.


    Puuuuuuuuuuh, mir raucht der Kopf und ich merke natürlich auch, dass mir "gut" mal wieder nicht gut genug ist. Wobei ich erst gestern darüber nachgedacht habe, dass meine Lebensumstände, verglichen mit Lebensbedingungen in anderen Ländern, sowas von märchenhaft sind!!! Meine Güte: Ich stehe vor einem vollem Kühlschrank und brauche nur auswählen, wonach mir gerade ist.


    Aber das sind natürlich auch wieder nur Gedanken ... ;)


    LG, Anfängerin

  • Vielleicht wäre es gut, wenn Du mal zu einer Gruppe gehst.

    In München gibt es z.Bspl. das Buddha-Haus Stadtzentrum.

    Aber es gibt dort sicher noch viel mehr.

    Da hättest Du direkten Austausch.

  • Vielleicht wäre es gut, wenn Du mal zu einer Gruppe gehst.

    In München gibt es z.Bspl. das Buddha-Haus Stadtzentrum.

    Aber es gibt dort sicher noch viel mehr.

    Da hättest Du direkten Austausch.

    Schon geplant - ich denke, nächste Woche werde ich mal auf den Weg machen. Ich war ja schon mal im Osho-Zentrum, aber das ist schon gefühlte 1000 Jahre her ... :)


  • Danke, ebenfalls. Ja!!! Und dabei wollte ich doch einfach nur so ein bisschen sitzen und mal sehen, wie sich Erleuchtung so anfühlt ... :angel:;)

  • Sei wie ein Frosch... das hörte mein Lehrer von seinem Meister - und ich lebe danach *quak

    Ist das ein Koan? Bin ANFÄNGER ... :)

    Nein *lacht * ... es ist ein ernst gemeinter Rat.

    Beobachte, wie ein Frosch lebt ... sitzt ruhig da, plant nicht seinen nutzen und wenn was "vorbeikommt", schwupps, greift er zu

    Wenn im dürren Baum der Drache Dir singt
    siehst wahrhaft Du den WEG.
    Wenn im Totenkopf keine Sinne mehr sind
    wird erst das Auge klar.


    jianwang 健忘 = sich [selbst] vergessend

  • Na, da bin ich aber beruhigt, noch mehr "Rätsel" kann ich zur Zeit kaum vertragen ... ;)


    Mir wird dieses "Gedankenleere-Dingens" immer klarer. Wobei ich mich frage, woher diese Idee kommt, mit den Gedanken irgend etwas machen zu müssen??? Wenn ich das alles recht verstehe, soll man sie nicht mal "vorbei ziehen lassen", denn - schwupps - macht man ja schon wieder etwas damit.


    Puuuuh, ich sitze zwar jeden Tag, weil es mir echt schon ein Bedürfnis geworden ist, aber irgendwie ist diese Gedankenleere immer schwieriger zu erreichen. Heute habe ich gelesen, dass man einen Gedanken nicht mit einem Gedanken bekämpfen kann, weil ... ja, Du ahnst es schon ...


    Sorry, aber ich hab' gerade so was von keinen Plan ... :?

  • Du machst nichts mit den Gedanken, sie werden nur wahrgenommen. Nimmst Du z.B. einen Anker wie den Atem dazu, wirst Du allerhand Gedanken wahrnehmen. Du berührst sie einfach nur nicht. Weder nachhängen noch verdrängen, immer wieder aber zum Akner zurückkehren.

    Dieses Ideal Gedankenfrei zu sein ist quatsch, weil Gedanken völlig normal sind, ein Produkt des Hirns. Aber es gibt auch während der Meditation Zustände wie Gedankenleerheit, welche mitunter sich wunderschön, ekstatisch anfühlen können.. aber ein Anhaften daran ist unheilsam. So ist es letztlich egal, welcher Zustand erlebt wird, ob Träumerei oder Gedankenstille, was essentiell für die Übung ist, zum Anker zurückzukommen und sich weder in Gedanken noch in einem schönen Gefühl zu verlieren.

    Den Schmetterling des Zen im Netz des Verstandes zu fangen; machen wir uns das klar, dass das nicht geht

  • Hallo Kal,


    ja, das Ganze ist ganz schön "verschwurbelt". Aber mal unter uns Pfarrerstöchtern: Kann dieses Meditationsdingens nicht auch dazu genutzt werden, um der Realität zu entfliehen???


    Also: "Ich bin dann mal weg und entfliehe in mein Bewusstsein." Denn wenn ich nur Zeuge und Beobachter bin, dann kann ich mich ja wunderbar aus allem raushalten, oder nicht? Doch das Leben will doch auch irgendwie gelebt werden!?


    Ist jetzt eher so eine Eso-Kiste, aber vielleicht sind wir auch gerade zu der richtigen Zeit am richtigen Ort zur Welt gekommen/wiedergeboren/inkarniert worden? Nur zum Spaß?


    Ich weiß es nicht, ich weiß es nicht ... Momentan kommen so viele Zweifel und noch mehr Fragen. Erst mal danke, dass ich mich an Euch wenden kann. Ich wüsste sonst nicht wohin mit meinen Überlegungen. Hach, wie witzig wäre es, wenn ich z. B. meinen Nachbarn von diesen Gedanken erzählen würde. Ich sehe diese erstaunten, ungläubigen, entsetzten Gesichter direkt vor mir ... :shock::?::warn:


    Was ich auf jeden Fall tue ist weitermachen, denn diese miese Laune vom Anfang ist ja auch verflogen, warum sollte es nicht weitere positive Überraschungen geben? Ja, ich weiß, ist schon wieder eine Wunsch oder eine Erwartung, aber warum nicht? Expect the unexpected ...


    LG, Anfängerin

  • : Kann dieses Meditationsdingens nicht auch dazu genutzt werden, um der Realität zu entfliehen???

    Klar kann sie das. Und es wird auch bestimmt häufig dazu genutzt.

    Deshalb unter anderem auch mein geradezu gebetsmühlenartig wiederholter Rat, mit einem Lehrer in einer Gruppe zu üben.

    Ohne eine lange Zeit grimmiger Kälte,
    die Dir in die Knochen fährt –

    wie könnten die Pflaumenblüten

    dich erfüllen mit ihrem durchdringenden Duft?
    (Obaku)

  • anfaenger Realitätsflucht? Wohin? Die meisten flüchten doch in ihre Gedanken vor der Realität.. Zazen ist eine Konfrontation mit mir selbst, mit der Realität. Ich verwirre mich nicht in Gedanken, statt dessen sitze ich mit allem was ist in einer Akzeptanz dessen, statt zu fliehen.

    Den Schmetterling des Zen im Netz des Verstandes zu fangen; machen wir uns das klar, dass das nicht geht

  • ja, das Ganze ist ganz schön "verschwurbelt". Aber mal unter uns Pfarrerstöchtern: Kann dieses Meditationsdingens nicht auch dazu genutzt werden, um der Realität zu entfliehen???


    Kann schon auch so genutzt werden. Einfach nur sitzen und alles lediglich annehmen, während das eigene Leben den Bach runtergeht ist möglich, nehme ich an.




    :sunny:

  • ...solange es nur Deine Annahme ist..:roll:

    Den Schmetterling des Zen im Netz des Verstandes zu fangen; machen wir uns das klar, dass das nicht geht

  • Doch, ich gehe auch davon aus, dass falsch betriebene Meditation unwissentlich als Flucht genutzt werden kann, auf verschiedene Weisen, z.B. indem man in angenehmen Zuständen verharrt und ihnen anzuhaften beginnt, oder indem man sich übertrieben auf diverse Aspekte fixiert, z.B. indem man übermäßig ehrgeizig wird...


    Da ist Mensch einfach sehr gut drin, sich was vorzumachen, wenn es den eigenen Motivationen passt - je mehr man Dinge verdrängt, desto anfälliger wird man dafür. Ich denke, dass auch deswegen die Prüfung der eigenen Motivation sehr wichtig ist - warum genau tu ich das, was ich grade tu, wirklich?

  • Heute habe ich gelesen, dass man einen Gedanken nicht mit einem Gedanken bekämpfen kann, weil ... ja, Du ahnst es schon ...

    Da würde ich aber kein Dogma daraus machen.

    Würde ich nicht einfach so generell glauben.