A.IX. 41 Der Abgrund der Entsagung

  • A.IX. 41 Der Abgrund der Entsagung

    .... Der Erhabene aber begab sich in das Innere des Großen Waldes und setzte sich am Fuße eines Baumes nieder, um dort den Tag zu verbringen.

    Und der Hausvater Tapussa kam zum ehrwürdigen Ananda, begrüßte ihn ehrerbietig und setzte sich zur Seite nieder. Seitwärts sitzend sprach nun der Hausvater Tapussa zum ehrwürdigen Ananda also:

    »Wir als Hausleute, o ehrwürdiger Ananda, genießen die Sinnendinge, finden an den Sinnendingen Freude, Gefallen und Entzücken. Uns Hausleuten aber, o Ehrwürdiger, die wir die Sinnendinge genießen, an den Sinnendingen Freude, Gefallen und Entzücken finden, uns dünkt die Entsagung gleichsam ein Abgrund.


    Doch gehört habe ich, o Ehrwürdiger, daß in dieser Lehre und Ordnung schon bei ganz jungen Mönchen das Herz einen Drang fühlt zur Entsagung, dazu neigt, sich darin festigt und darin Befreiung findet, in der Erkenntnis: 'Dies ist der Friede!' Die Entsagung eben ist es, worin in dieser Lehre und Ordnung die Mönche sich von der großen Menge unterscheiden.«


    -»Das, wahrlich, Hausvater, ist ein Gesprächsthema, um dieserhalb den Erhabenen aufzusuchen. Laßt uns zum Erhabenen gehen und ihm dies mitteilen!

    Wie der Erhabene es erklären wird, so wollen wir es bewahren.« - »Gut!« erwiderte der Hausvater Tapussa dem ehrwürdigen Ananda. Und sie begaben sich zum Erhabenen und teilten ihm die Sache mit.

    (Der Erhabene:) »So ist es, Ananda! So ist es, Ananda!

    Auch ich, Ananda, hatte vor meiner vollen Erleuchtung, als ich noch nicht völlig erleuchtet, noch ein Anwärter auf die Erleuchtung war, den Gedanken:

    'Etwas Gutes ist die Entsagung! Etwas Gutes ist die Abgeschiedenheit!'

    Doch mein Herz, Ananda, fühlte keinen Drang zur Entsagung, neigte nicht dazu, festigte sich nicht darin und fand darin keine Befreiung.


    Da, Ananda, fragte ich mich: 'Was ist wohl die Ursache dafür, was der Grund?'

    Und der Gedanke kam mir: 'Nicht habe ich das Übel der Sinnendinge erkannt und oft erwogen, habe den Segen der Entsagung noch nicht empfunden und erwirkt. Darum eben fühlt mein Herz keinen Drang zur Entsagung, neigt nicht dazu, festigt sich nicht darin und findet darin keine Befreiung.'

    Ich sagte mir daher: 'Wenn ich nun das Übel der Sinnendinge erkenne und oft erwäge, und den Segen der Entsagung empfinde und erwirke, so mag es wohl sein, daß dann mein Herz einen Drang fühlt zur Entsagung, dazu neigt, sich darin festigt und darin Befreiung findet.'


    Und in der Folgezeit, Ananda, erkannte und erwog ich oft das Übel der Sinnendinge, und ich empfand und erwirkte den Segen der Entsagung, so daß mein Herz einen Drang fühlte zur Entsagung, dazu neigte, sich darin festigte und darin Befreiung fand, in der Erkenntnis: 'Das ist der Friede!'


    In der Folgezeit nun, Ananda, gewann ich, abgeschieden von den Sinnendingen, abgeschieden von unheilsamen Geisteszuständen, die erste Vertiefung und weilte darin.

    Während ich aber, Ananda, in diesem Zustand weilte, da stiegen mir mit Sinnlichkeit verbundene Wahrnehmungen und Erwägungen auf.


    Das aber galt mir als Gebrechen. Gleichwie nämlich, Ananda, einen Glücklichen ein Unglück oder gar ein Gebrechen befällt, genauso stiegen mir die mit Sinnlichkeit verbundenen Wahrnehmungen und Erwägungen auf. Das aber galt mir als Gebrechen.


    Da kam mir nun der Gedanke: 'So will ich denn, nach der Stillung von Gedanken fassen und Überlegen, in die zweite Vertiefung eintreten!' Doch mein Herz, Ananda, fühlte keinen Drang zu einem Zustand ohne Gedankenfassen, neigte nicht dazu, festigte sich nicht darin und fand darin keine Befreiung.


    Da fragte ich mich: 'Was ist wohl die Ursache dafür, was der Grund?' Und der Gedanke kam mir: 'Nicht habe ich das Übel der Gedankenbildungen erkannt und oft erwogen, habe den Segen eines Zustandes ohne Gedankenfassen nicht empfunden und erwirkt. Daher fühlt mein Herz keinen Drang danach, neigt nicht dazu, festigt sich nicht darin und findet darin keine Befreiung.'


    Ich sagte mir daher: 'Wenn ich nun das Übel der Gedankenbildungen erkenne und es häufig erwäge, und wenn ich den Segen eines Zustandes ohne Gedankenfassen empfinde und erwirke, so mag es wohl sein, daß mein Herz einen Drang danach fühlt, sich dazu neigt, sich darin festigt und darin Befreiung findet.'


    Und in der Folgezeit, Ananda, erkannte und erwog ich oft das Übel der Gedankenbildungen und empfand und erwirkte den Segen eines Zustandes ohne Gedankenfassen, so daß mein Herz einen Drang danach fühlte, dazu neigte, sich darin festigte und darin Befreiung fand, in der Erkenntnis: 'Dies ist der Friede!'

    In der Folgezeit nun, Ananda, gewann ich, nach Stillung von Gedankenfassen und Überlegen, die zweite Vertiefung und weilte darin. Während ich aber in diesem Zustande weilte, da stiegen mir mit Gedankenbildungen verbundene Wahrnehmungen und Erwägungen auf.


    Das aber galt mir als Gebrechen. Gleichwie nämlich, Ananda, einen Glücklichen ein Unglück oder gar ein Gebrechen befällt, genauso stiegen mir die mit Gedankenbildungen verbundene Wahrnehmungen und Erwägungen auf. Das aber galt mir als Gebrechen.

    Da kam mir nun der Gedanke: 'So will ich denn, nach Loslösung von der Verzückung in die dritte Vertiefung eintreten ... nach völliger Überwindung von Freuden und Leiden in die vierte Vertiefung eintreten ... nach völliger Überwindung der Körperlichkeitswahrnehmungen in das Gebiet der Raumunendlichkeit eintreten... nach völliger Überwindung des Raumunendlichkeitsgebietes in das Gebiet der Bewußtseinsunendlichkeit eintreten... nach völliger Überwindung des Bewußtseinsunendlichkeitsgebietes in das Nichtsheitgebiet eintreten ... nach völliger Überwindung des Nichtsheitgebietes in das Gebiet der Weder-Wahrnehmung-noch- Nichtwahrnehmung eintreten... nach völliger Überwindung des Gebietes der Weder-Wahrnehmung-noch-Nichtwahrnehmung in die Erlöschung von Wahrnehmung und Gefühl eintreten!'


    Doch mein Herz fühlte keinen Drang zur Erlöschung von Wahrnehmung und Gefühl, neigte nicht dazu, festigte sich nicht darin und fand darin keine Befreiung. Da fragte ich mich: 'Was ist wohl die Ursache dafür, was der Grund?' Und der Gedanke kam mir: 'Nicht habe ich das Übel des Gebietes der Weder-Wahrnehmung-noch-Nichtwahrnehmung erkannt und oft erwogen, habe den Segen der Erlöschung von Wahrnehmung und Gefühl nicht empfunden und erwirkt. Daher fühlt mein Herz keinen Drang danach...'


    Ich sagte mir daher 'Wenn ich nun das Übel des Gebietes der Weder-Wahrnehmung-noch-Nichtwahrnehmung erkenne und häufig erwäge, und wenn ich den Segen der Erlöschung von Wahrnehmung und Gefühl empfinde und erwirke, so mag es wohl sein, daß mein Herz einen Drang danach fühlt, sich dazu neigt, sich darin festigt und darin Befreiung findet.'


    Und in der Folgezeit, Ananda, erkannte und erwog ich oft das Übel des Gebietes der Weder-Wahrnehmung-noch-Nichtwahrnehmung und empfand und erwirkte den Segen der Erlöschung von Wahrnehmung und Gefühl, so daß mein Herz einen Drang fühlte nach der Erlöschung von Wahrnehmung und Gefühl, sich dazu neigte, sich darin festigte und darin Befreiung fand, in der Erkenntnis: 'Dies ist der Friede!'


    So trat ich dann, Ananda, nach völliger Überwindung des Gebietes der Weder-Wahrnehmung-noch-Nichtwahrnehmung in die Aufhebung von Wahrnehmung und Gefühl ein; und weise erkennend, gelangten in mir die Triebe zur Versiegung.


    Solange, Ananda, als ich noch nicht in diese neun stufenweisen Erreichungszustände, in vorwärts und rückwärts schreitender Weise, eingetreten war und mich wieder aus ihnen erhoben hatte, solange war ich nicht gewiß, ob ich die in der Welt mit ihren Göttern, Māras und Brahmas, mit ihrer Schar von Asketen und Brahmanen, Himmelswesen und Menschen unübertroffene höchste Erleuchtung gewonnen hatte.


    Sobald ich aber, Ananda, in diese neun aufeinanderfolgenden Erreichungszustände, in vorwärts und rückwärts schreitender Weise, eintrat und mich wieder aus ihnen erhob, da war ich gewiß, daß ich die in der Welt mit ihren Göttern, Māras und Brahmas, ihrer Schar von Asketen und Brahmanen, Himmelswesen und Menschen unübertroffene höchste Erleuchtung gewonnen hatte. Und das Wissen und die Erkenntnis stieg in mir auf: 'Unerschütterlich ist die Befreiung meines Geistes. Dies ist meine letzte Geburt. Kein neues Dasein mehr steht mir bevor.'«


    :star:

  • Also mal von vorne angefangen:


    Zitat

    Und in der Folgezeit, Ananda, erkannte und erwog ich oft das Übel der Sinnendinge, und ich empfand und erwirkte den Segen der Entsagung, so daß mein Herz einen Drang fühlte zur Entsagung, dazu neigte, sich darin festigte und darin Befreiung fand, in der Erkenntnis: 'Das ist der Friede!


    Oft das Übel der Sinnendinge erkennen und erwägen führt also zur Entsagung und Glück. Das Übel der Sinnendinge ist wohl die Begierde danach und die Anhaftung daran. Dass diese Begierde zu Leiden führt erfährt man und bei genauerer Beobachtung und Erwägung erkennt man es. Dem steht entgegen dass man es gar nicht erkennen will, oder das Übel verharmlost, weil die Begierden mitunter sehr stark sind, schwer überwindbar. Deshalb ist eine formale Praxis anbegbracht, die man tagtäglich durchführt, wie auch gerade die Stimmung sein mag. So wie die körperlich notwendigen Verrichtungen, Essen, Zähneputzen usw., ist eine Geistespflege notwendig.

  • A.IX. 41 Der Abgrund der Entsagung

    .... Der Erhabene aber begab sich in das Innere des Großen Waldes und setzte sich am Fuße eines Baumes nieder, um dort den Tag zu verbringen...….


    Solange, Ananda, als ich noch nicht in diese neun stufenweisen Erreichungszustände, in vorwärts und rückwärts schreitender Weise, eingetreten war und mich wieder aus ihnen erhoben hatte, solange war ich nicht gewiß, ob ich die in der Welt mit ihren Göttern, Māras und Brahmas, mit ihrer Schar von Asketen und Brahmanen, Himmelswesen und Menschen unübertroffene höchste Erleuchtung gewonnen hatte.

    Das ist sehr interessant. Laut Buddha führt das Verstehen und völlige Durchdringen der Kette der bedingten Entstehung (paticca- samuppada) zur Befreiung.


    Das hier nur 9 Glieder erwähnt werden bestätigt mein seit langem gehegten Verdacht, dass die drei letzten Glieder (10 bis 12: Werden, Geburt , Alter und Tod ) der heutigen Version nicht von Buddha stammen sondern nachträglich von anderen Mönchen hinzugefügt wurden.


    Dazu passt auch, dass der letzte Abschnitt wiederholt wird mit einer entsprechenden Bemerkung. Die Mönche haben den PK ja gegenseitig abgeschrieben. Man wollte nichts streichen, nachträgliches hinzuzufügen war jedoch üblich.

  • Das ist sehr interessant. Laut Buddha führt das Verstehen und völlige Durchdringen der Kette der bedingten Entstehung (paticca- samuppada) zur Befreiung.


    Das hier nur 9 Glieder erwähnt werden bestätigt mein seit langem gehegten Verdacht, dass die drei letzten Glieder (10 bis 12: Werden, Geburt , Alter und Tod ) der heutigen Version nicht von Buddha stammen sondern nachträglich von anderen Mönchen hinzugefügt wurden.

    Was denkst du dir wieder zurecht?

    Hier wurden doch die Glieder des Bedingten Entstehens gar nicht genannt.

    • Offizieller Beitrag

    Mir ist es wichtig den Unterschied zwischen einer Haltung, die das Übel der Sinnesdinge erwägt und einer Haltung des Welterksl herauszuarbeiten.


    Bei letzterm denk ich jetzt an so etwas wie einem verbitterten Griesgram -jemand der überall nur das Negative sieht, der von Ekel gegenüber der Welt und sich selber erfüllt ist. Wenn er aufsteht, dann hasst er das Aufstehen, wenn er Schlafengeht hasst er das Schlafen und dazwischen hasst er sich selbst.


    Es scheint so, als würde so jemand - weil er überall Übel sieht, das Übel der Sinnesdinge gründlich erwägen.


    Aber das ist nicht so. Er haftet an den Sinnesdingen und nur sein Haften an einem Ideal, wie es sein sollte, lässt die tatsächliche Welt als Übel erscheinen. Die ungenügende Realität wird als Übel gesehen, aber daneben beleibt um so mehr ein Ideal "Wie es sein sollte".

  • Es scheint so, als würde so jemand - weil er überall Übel sieht, das Übel der Sinnesdinge gründlich erwägen.


    Aber das ist nicht so. Er haftet an den Sinnesdingen und nur sein Haften an einem Ideal, wie es sein sollte, lässt die tatsächliche Welt als Übel erscheinen. Die ungenügende Realität wird als Übel gesehen, aber daneben beleibt um so mehr ein Ideal "Wie es sein sollte".


    Das erinnert mich an einen Satz von Schopenhauer: "Der Selbstmörder verneint nicht das Leben, sondern die Umstände, unter denen es ihm geworden ist".

    "Verneint nicht das Leben" buddhistisch übersetzt: Will sich nicht von den Sinnesdingen lösen. Ein Griesgram oder gar Selbstmörder ist eben angehaftet an seine Vorstellung von einem angenehmen Leben, das ihm verwehrt ist. Ein solches Dilemma kann aber auch Fragen über den Sinn des Lebens auslösen, was bei näherer Beschäftigung mit Weisheitslehren zu Erkenntnis und Entsagung führen kann. Die Erfahrung von Leid ist ein guter Grund nach einem echten Ausweg zu suchen.

  • Ein Griesgram oder gar Selbstmörder ist eben angehaftet an seine Vorstellung von einem angenehmen Leben, das ihm verwehrt ist.

    Genau, und deswegen hat ein solcher die Sinnendinge

    auch nicht gründlich genug erkannte und erwogen.

  • Genau, und deswegen hat ein solcher die Sinnendinge


    auch nicht gründlich genug erkannte und erwogen.

    Es ist merkwürdig, dass viele hochintelligente Menschen, sowie auch viele Menschen die furchtbare Leiden erlebt haben, gar nicht auf den Gedanken kommen: 'Etwas Gutes ist die Entsagung! Etwas Gutes ist die Abgeschiedenheit!'

  • Man macht so etwas wie Entsagung im Leben ja schon immer wieder bewusst. Es gibt viele Menschen, die versuchen ihre Leidenschaften oder Süchte "in Maßen" auszuleben. Das ganze Leben besteht ja mitunter aus: sich zusammenreißen, einem Bedürfnis hier zu entsagen, dafür etwas zu tun, arbeiten zu gehen evtl.


    Deswegen kann eine Familiengründung für einige Menschen heilsame Folgen bringen. Weil man in stärker warhrgnommener Verantwortung stehend, eigenen Wünschen eher entsagt.


    Zeitweise Entsagungen, einem Bedürfnis nachzukommen, was sich schon wieder regt.


    Es ist vielleicht eher nicht der Gedanke der überzeugend wirken kann, dem Gedanken zu entsagen, sondern ein erfahrender Zustand, in dem jegliches Aufkommen eines Gedanken zB als bedeutendere Störung dieses Zustandes empfunden wird, weswegen man auf die Gedanken (in dem Fall) genauer kucken will, und bewusst jedem aufkommenden Gedanken entsagen will.


    Es wird manchmal geglaubt, dass der Begriff "Herz" in dieser Sutte lediglich eine metaphorische Beschreibung ist.




    :rad:

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  • Es ist merkwürdig, dass viele hochintelligente Menschen, sowie auch viele Menschen die furchtbare Leiden erlebt haben, gar nicht auf den Gedanken kommen: 'Etwas Gutes ist die Entsagung! Etwas Gutes ist die Abgeschiedenheit!'

    Begehren ist ja eine starke Bindung. Der Grund hat der Hausner Tapussa ja auch

    gleich benannt:

    »Wir als Hausleute, o ehrwürdiger Ananda, genießen die Sinnendinge, finden an den Sinnendingen Freude, Gefallen und Entzücken. Uns Hausleuten aber, o Ehrwürdiger, die wir die Sinnendinge genießen, an den Sinnendingen Freude, Gefallen und Entzücken finden, uns dünkt die Entsagung gleichsam ein Abgrund.

  • Es wird manchmal geglaubt, dass der Begriff "Herz" in dieser Sutte lediglich eine metaphorische Beschreibung ist.

    Selbstverständlich ist es das. Gemeint ist ja nicht das Organ sondern

    das Herz als Sitz des Gefühls im Geist. Das "Herz" ist ja "das Bewegende",

    das was den Menschen im Gefühl bewegt. Manchmal auch als "Seele" bezeichnet.

    Man hat "soul" auch als Musikrichtung der "Soulman" bekannt.:)

    3 Mal editiert, zuletzt von accinca ()

  • Man macht so etwas wie Entsagung im Leben ja schon immer wieder bewusst. Es gibt viele Menschen, die versuchen ihre Leidenschaften oder Süchte "in Maßen" auszuleben. Das ganze Leben besteht ja mitunter aus: sich zusammenreißen, einem Bedürfnis hier zu entsagen, dafür etwas zu tun, arbeiten zu gehen evtl.

    Schon, aber Entsagung bezieht sich in diesem Sutta anscheinend auf völlige Weltentsagung,. Die Einsicht dass ein weltliches Leben eigentlich nichts bringt, was im letzten Satz gipfelt: 'Unerschütterlich ist die Befreiung meines Geistes. Dies ist meine letzte Geburt. Kein neues Dasein mehr steht mir bevor.'

  • Es ist merkwürdig, dass viele hochintelligente Menschen, sowie auch viele Menschen die furchtbare Leiden erlebt haben, gar nicht auf den Gedanken kommen: 'Etwas Gutes ist die Entsagung! Etwas Gutes ist die Abgeschiedenheit!'

    Begehren ist ja eine starke Bindung. Der Grund hat der Hausner Tapussa ja auch

    gleich benannt:

    »Wir als Hausleute, o ehrwürdiger Ananda, genießen die Sinnendinge, finden an den Sinnendingen Freude, Gefallen und Entzücken. Uns Hausleuten aber, o Ehrwürdiger, die wir die Sinnendinge genießen, an den Sinnendingen Freude, Gefallen und Entzücken finden, uns dünkt die Entsagung gleichsam ein Abgrund.


    Da ist der Gedanke im Hausner Tapussa schon entstanden, dass Entsagung etwas Gutes ist, glaube ich. Sonst hätte er nicht Ananda aufgesucht um darüber zu reden: Entsagung ist gut, aber weil ich an Sinnendingen Freude finde, dünkt sie mir als ein Abgrund. Mönche fühlen dagegen einen Drang zur Entsagung, festigen sie und finden Befreiung darin.


    In unserer modernen Kultur ist Entsagung nicht gerade populär, von Kindheit an wird man mit materialistischen Lehren gefüttert, es gibt keine Vorbilder der Entsagung, ein Mönch auf Almosengang ist allenfalls eine kuriose Randerscheinung.


    Zitat


    Doch auch das unweise Nachdenken, sage ich, hat eine es ernährende Bedingung, nicht ohne solche Bedingung. Und was ist die Bedingung des unweisen Nachdenkens? »Vertrauenslosigkeit«, hätte man zu antworten.

    Doch auch die Vertrauenslosigkeit, sage ich, hat eine sie ernährende Bedingung, ist nicht ohne solche Bedingung. Und was ist die Bedingung der Vertrauenslosigkeit? Das Hören falscher Lehren«, hätte man zu antworten. A.X.61-62

    Mit Metta, mukti.


    Einmal editiert, zuletzt von mukti ()

    • Offizieller Beitrag

    Da ist der Gedanke im Hausner Tapussa schon entstanden, dass Entsagung etwas Gutes ist, glaube ich. Sonst hätte er nicht Ananda aufgesucht um darüber zu reden: Entsagung ist gut, aber weil ich an Sinnendingen Freude finde, dünkt sie mir als ein Abgrund. Mönche fühlen dagegen einen Drang zur Entsagung, festigen sie und finden Befreiung darin.

    Ich finde das mit dem "Abgrund" eine gute Metapher. Die Angst vor dem Abgrund kommt ja daher, weil man eine "Fallhöhe" hat. Während Buddha an nichts haftet - er sprciht quasi vom Boden des Abgrunds aus, wo es keine Angst gibt, und man nirgendwohin fallen kann.

  • "Ich sagte mir daher: 'Wenn ich nun das Übel der Sinnendinge erkenne und oft erwäge, und den Segen der Entsagung empfinde und erwirke, so mag es wohl sein, daß dann mein Herz einen Drang fühlt zur Entsagung, dazu neigt, sich darin festigt und darin Befreiung findet."A. IX 41

    Mir scheint ganz wesentlich dabei, dass der "Segen der Entsagung" empfunden wird und genau das soll dann auch gefestigt werden.

    Ich finde das mit dem "Abgrund" eine gute Metapher. Die Angst vor dem Abgrund kommt ja daher, weil man eine "Fallhöhe" hat. Während Buddha an nichts haftet - er sprciht quasi vom Boden des Abgrunds aus, wo es keine Angst gibt, und man nirgendwohin fallen kann.

    Die Angst kommt wohl eher daher, dass beim Aufgeben sinnlichen Begehrens man das Empfinden hat, den Halt zu verlieren. Wenn einer aufhört anzuhaften, dann ist das eben wie "ohne Halt", ohne Boden zu sein. Insofern gibt es auch gar keinen Abgrund, weil es keinen Grund gibt. Lediglich wenn einer noch nicht die Entsagung als Befreiung erfahren hat, mag es so dann erscheinen, als wäre da Entsagung wie ein Abgrund.

    :zen:

  • Während Buddha an nichts haftet - er sprciht quasi vom Boden des Abgrunds aus, wo es keine Angst gibt, und man nirgendwohin fallen kann.

    Für den ohne sinnliches Verlangen gibt es kein Abgrund.

    Für den im sinnlichen lebenden und webenden erscheint die

    Entsagung als ein bodenloser Abgrund, weil das was er "sein Leben"

    nennt und mit dem er sich fälschlich identifiziert, verloren geht.

  • Mir scheint ganz wesentlich dabei, dass der "Segen der Entsagung" empfunden wird und genau das soll dann auch gefestigt werden.

    Genau, aber das ist ja das Problem das auch der Buddha zunächst hatte,

    eben das den "Segen der Entsagung" (also des Glück der Entsagung) nicht

    empfunden hatte.

    Das Lehrreiche an dieser Schlüssellehrrede ist ja das er dort zeigt, warum

    das so ist, wie es dazu kommt und wie man zu diesem Glück kommt.

    Die ganze Lehre ist letztendlich eine Entsüchtigungslehre. Die Entsüchtigung

    vom Vergänglichen und Leidhaften, obwohl bekannter Weise der Süchtige

    in der Regel vom leidhaften der Dinge seiner Sucht nichts hören will oder

    unwillig was hören will. Dem Nachfolger der Lehre interessiert aber wie

    er zu diesem Glück der Befreiung von der Sucht kommen kann. Daher macht

    er es für sich zum Thema.

  • Endsüchten von Katalogeinkauf vor über vierzig Jahren. Ich füllte die Bestellkarte aus und steckte sie gut sichtbar ins Bücherregal und vergaß sie. "Der Segen der Entsagung" traf mich also zufällig als mir klar wurde das ich die Karte nicht abgeschickt habe, wobei ich feststellte das ich das Bestellte garnicht vermisst habe. Ich wurde zufrieden mit dem ungewollten Verzicht. Natürlich habe ich viele "Tricks" er-gefunden um mich zu Endsüchtigen. Taback und Kaffee sind noch übrig. Das werde ich mit meinem Zerfallen entsüchtigen oder irgendwann auch vergessen. Gierige oder ablehnende Gedanken nicht sofort ausführen, Handlungspause und es funktioniert wie bei einem Kind, habs ganz vergessen, jetzt bringt es auch nichts mehr.

  • Könnte man immer die Sinnesdinge wie Köder in einer Falle sehen, würde man davor zurückschrecken sie zu begehren.

    Ich denke, es gibt unterschiedliche Stufen des Begehrens. Die Intensität kann stufenlos variieren von fast nicht mehr auszuhalten bis zu einem normalen Bedürfnis. Unterscheidet da der Buddha?

    :buddha: Es geht immer darum, sich in die Unannehmlichkeiten des Lebens hineinzulehnen und sich diese ganz genau anzuschauen. :buddha:

  • Ich denke, es gibt unterschiedliche Stufen des Begehrens. Die Intensität kann stufenlos variieren von fast nicht mehr auszuhalten bis zu einem normalen Bedürfnis. Unterscheidet da der Buddha?

    Die normalen Bedürfnisse dienen der Erhaltung des Körpers, wie sie für Mönche und Nonnen auf das notwendige Minimum beschränkt sind. Schale, Gewand, Medizin und so. Darüber gibt es Lehrreden wo es um die Intensität des Begehrens geht, wie den übermäßigen Esser, Mittagsmahl-Genießer, Anhaftung an schöne Roben usw.

    Sexualität gilt in der Welt als ein normales Bedürfnis, wird aber vermieden von Mönchen und Nonnen, weil sie zur Erhaltung nicht nötig ist. Darüber gibt es auch Lehrreden. Wenn das Begehren zu groß ist für solche Entsagung, dafür gibt es Haushälter die nur einige Regeln einhalten und dadurch langsam aufsteigen.

  • Endsüchten von Katalogeinkauf vor über vierzig Jahren. Ich füllte die Bestellkarte aus und steckte sie gut sichtbar ins Bücherregal und vergaß sie. "Der Segen der Entsagung" traf mich also zufällig als mir klar wurde das ich die Karte nicht abgeschickt habe, wobei ich feststellte das ich das Bestellte garnicht vermisst habe. Ich wurde zufrieden mit dem ungewollten Verzicht. Natürlich habe ich viele "Tricks" er-gefunden um mich zu Endsüchtigen. Taback und Kaffee sind noch übrig. Das werde ich mit meinem Zerfallen entsüchtigen oder irgendwann auch vergessen. Gierige oder ablehnende Gedanken nicht sofort ausführen, Handlungspause und es funktioniert wie bei einem Kind, habs ganz vergessen, jetzt bringt es auch nichts mehr.

    der Tabak muss unbedingt noch weg Helmut.er bremst die Lebensfreude :)

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Da kam mir nun der Gedanke: 'So will ich denn, nach der Stillung von Gedanken fassen und Überlegen, in die zweite Vertiefung eintreten!' Doch mein Herz, Ananda, fühlte keinen Drang zu einem Zustand ohne Gedankenfassen, neigte nicht dazu, festigte sich nicht darin und fand darin keine Befreiung.


    Da fragte ich mich: 'Was ist wohl die Ursache dafür, was der Grund?' Und der Gedanke kam mir: 'Nicht habe ich das Übel der Gedankenbildungen erkannt und oft erwogen, habe den Segen eines Zustandes ohne Gedankenfassen nicht empfunden und erwirkt. Daher fühlt mein Herz keinen Drang danach, neigt nicht dazu, festigt sich nicht darin und findet darin keine Befreiung.'


    Das spricht mich an. Gibt es denn einen Texte, indem das Übel der Gedankenbildungen in eine Text konzentriert geschildert wird.

  • Ich denke, es gibt unterschiedliche Stufen des Begehrens. Die Intensität kann stufenlos variieren von fast nicht mehr auszuhalten bis zu einem normalen Bedürfnis. Unterscheidet da der Buddha?

    Ja, da unterscheidet er. Zuerst soll man sich von Dingen entsüchtigen

    die am meisten zu Leiden führen wie untugendhaftes Verhalten Totschlag,

    Raub, Lug und Trug, ob sexuell oder materiell.

    Alls zweites kommen dann sinnliche Vergnügungen und Abhängigkeiten.

    Damit hat man das Meiste schön geschafft. Danach kommen dann auch

    alle geistigen Zustände. Erst die gröberen, dann die feineren.