Buddhistische Literatur als Buchspenden für Gefangene gesucht

  • Meine Großeltern waren Nazis, dass waren keine fremden, sondern Menschen, die ich geliebt habe. Sie waren halt nicht nur Nazis, sondern einfach Menschen, die dunkle und helle Seiten hatten. Ich verurteile, dass sie Nazis waren, aber ich bin dankbar, dass sie mir gute Großeltern waren.

    Nicht jeder Nazi hat Kindern Gewalt angetan. Ich finde, das ist schwer zu vergleichen.

    :)

  • dass ich das Buch bis zur letzten Zeile unvoreingenommen lesen konnte.

    Ich finde es interessant, dass du deine "Herangehensweise" als unvoreingenommen bewertest. Ich weiß nicht, wie du den Begriff hier verwendest, aber mir scheint es, als ob du die Abwesenheit von Informationen als Unvoreingenommenheit verstehst. Seit einiger Zeit interessiere ich mich dafür, wie Leute sich Texte erschließen, mit Informationen umgehen, ihre Entscheidungsfindung und Meinungsbildung usw.


    Ich würde deine Herangehensweise eher als ohne Kontext, ohne Informationen und daher eher unwissend bezeichnen. Ich kann mit gegebenen Informationen voreingenommen oder unvoreingenommen umgehen, aber die Abwesenheit von Informationen ist eher Blindflug.

    Mit welchem Gefühl würde man die Geschichte lesen, wenn man von Malones Vergangenheit weiß? Würde man ihm nicht ganz andere Motive unterstellen?

    Für mich klingt dies so, als ob du gerade, weil du nur die Hälfte des Bildes siehst, das ganze Bild unvoreingenommen und damit besonders gut bewerten kannst. Dies finde ich problematisch. Ich finde, je mehr Informationen, desto besser kann die Meinungsbildung sein. Du schreibst:

    Im Gefängnis ist er zum Buddhismus gestoßen und hat sich offenbar komplett gewandelt

    Ich will hier noch einmal kurz Kontext liefern. Malone hat bei den Pfadfindern angeheuert und dann Kinder missbraucht. Als er dort entlassen wurde, ist er in die nächste Stadt, den nächsten Bundesstaat und wieder zu den Pfadfindern (daher wurden die wegen Fahrlässigkeit auch verklagt). Für mich liest sich dies ziemlich kalkuliert: wie komme ich am Besten an Kinder in eine Machtposition heran.


    Die 20jährige Haftstrafe ist mittlerweile abgelaufen und die Justiz musste entscheiden, wie es zukünftig mit Malone weitergehen soll. Eine Jury hat ihn - nach seiner Haftstrafe und trotz allem was er in seinem Buch schreibt - als "Sexually Violent Predator" klassifiziert und damit zwangsverpflichtet, in einer speziellen Einrichtung für Sexualstraftäter zu leben. Nach dem Gesetz im Bundesstaat Washington war es Aufgabe der Staatsanwaltschaft:

    prosecutors had to demonstrate Malone suffers from specific mental abnormalities and/or personality disorders that cause him to have serious difficulty in controlling his dangerous behavior and make him likely to engage in predatory acts of sexual violence unless confined to a secure facility.


    Ich bin der Meinung, dass das US-amerikanische Justizsystem in vielen Punkten kaputt ist. Aber vielleicht hatte die Jury auch einfach entsprechende Informationen vorliegen und nicht nur ein selbstgeschriebenes Buch. Sie sind auf jeden Fall nicht zu der Ansicht gekommen, Malone hätte sich (durch den Buddhismus) "komplett gewandelt". In einem anderen Bericht über diese Einrichtung, auch Malone wurde interviewt, heißt es:


    In therapy at the SCC, offenders are encouraged to disclose all of their sexual deviance to help understand the scope of their problem. Clinicians then target the factors that make them vulnerable to reoffend. The ultimate goal isn’t to eliminate urges but to mitigate risk by modifying thoughts and emotions to change destructive behavior.

    Malone nimmt nicht an der Therapie teil, da er meint, im Gefängnis schon genug Therapiesitzungen gehabt zu haben: "As for Malone, he doesn’t participate in Treatment" (ebenda). Weiter sagt er:


    Zitat

    “The only thing I would love to do is have the opportunity to talk more about what my future would be rather than to constantly revisit something that occurred decades ago … It makes it difficult to do rehabilitation work on yourself when you’re still stuck in that experience. (ebenda)


    Kann ich sogar irgendwie verstehen, aber irgendwie kann ich mir vorstellen ist es auch ein Schlag ins Gesicht für die Opfer: es kann schon lästig sein über das zu sprechen, was man verbrochen hat. Ist das Einsicht in was er getan hat?


    Um zurückzukommen zur Unvoreingenommenheit und Meinungsbildung. Ist es wirklich besser, diese Informationen nicht zu haben, um sich eine Meinung zu bilden? Oder muss man diese Informationen haben, um sich eine Meinung bilden zu können? Während man gleichzeitig reflektiert, ob man mit diesen Informationen unvoreingenommen umgehen kann.

  • Nicht jeder Nazi hat Kindern Gewalt angetan. Ich finde, das ist schwer zu vergleichen.

    Mir ging es darum, dass jeder helle und dunkle Seiten in sich trägt. Natürlich waren meine Großeltern kein Malone. Aber sie waren beteiligt an einem furchtbarem System. Ein Bruder meines Großvaters war in Dachau stationiert und darüber war die Familie auch sehr stolz. Mein Vater hat das alles mal recherchiert und wirklich zu kämpfen damit.


    Es geht nicht um einen direkten Vergleich, sondern dass man nicht pauschal sagen kann, dass jemand nur schlecht bzw nur gut ist. Malone hat Kinder missbraucht und diese Tat verurteile ich, aber er hat Dharma in Gefängnissen ermöglicht, dass finde ich sehr gut. Ich wünsche ihm, dass die buddhistische Seite in ihm stärker ist als die pädophile.

  • Unvoreingenommenheit bedeutet für mich, das Verhalten anderer nicht vorschnell zu be- und verurteilen.

  • Unvoreingenommenheit bedeutet für mich, das Verhalten anderer nicht vorschnell zu be- und verurteilen.


    Aber hast du nicht selber schnell beurteilt bevor du Hintergrundinformationen hattest? Dies ist ja einer der Punkte, die mich interessieren: kann ich überhaupt unvoreingenommen sein und gleichzeitig uninformiert? Dass man Informationen falsch verstehen kann, ist ein anderes Thema und sollte nicht dazu führen, auf Informationen zu verzichten.

  • Unvoreingenommenheit bedeutet für mich, das Verhalten anderer nicht vorschnell zu be- und verurteilen.


    Aber hast du nicht selber schnell beurteilt bevor du Hintergrundinformationen hattest? Dies ist ja einer der Punkte, die mich interessieren: kann ich überhaupt unvoreingenommen sein und gleichzeitig uninformiert? Dass man Informationen falsch verstehen kann, ist ein anderes Thema und sollte nicht dazu führen, auf Informationen zu verzichten.

    Zur Frage 1: Verwechselst Du mich nicht gerade mit anderen, die hier mehr geschrieben haben?

    Zum Buch und zum Autor habe ich mich hier bisher gar nicht geäußert. Ich habe es lediglich empfohlen.

  • Ich will hier noch einmal kurz Kontext liefern. Malone hat bei den Pfadfindern angeheuert und dann Kinder missbraucht. Als er dort entlassen wurde, ist er in die nächste Stadt, den nächsten Bundesstaat und wieder zu den Pfadfindern (daher wurden die wegen Fahrlässigkeit auch verklagt). Für mich liest sich dies ziemlich kalkuliert: wie komme ich am Besten an Kinder in eine Machtposition heran.


    Die 20jährige Haftstrafe ist mittlerweile abgelaufen und die Justiz musste entscheiden, wie es zukünftig mit Malone weitergehen soll. Eine Jury hat ihn - nach seiner Haftstrafe und trotz allem was er in seinem Buch schreibt - als "Sexually Violent Predator" klassifiziert und damit zwangsverpflichtet, in einer speziellen Einrichtung für Sexualstraftäter zu leben. Nach dem Gesetz im Bundesstaat Washington war es Aufgabe der Staatsanwaltschaft:

    Ich finde das schon Interessant. Man liest ein Buch, empfindet es als äußerst hilfreich und gut, und plötzlich erfährt man weitere Details und empfindet es als abstoßend. Irgendetwas stimmt dann doch nicht?!


    Seine Taten sind abstoßend und in unserem Land wird er auch dafür bestraft. Das geht in Ordnung. Auch sein Karma wird ihn richten. Trotzdem würde ich mir auch zweimal überlegen, ein Buch zu veröffentlichen, und dann gleich damit anfangen das ich "Kinderschänder" bin.


    Viele Pädophile leiden unter deren Sexualtrieb. Und das in erheblichen Maße. Manche derart, dass sie sich umbringen. Man muss halt das auch berücksichtigen.

    :buddha: Es geht immer darum, sich in die Unannehmlichkeiten des Lebens hineinzulehnen und sich diese ganz genau anzuschauen. :buddha:

  • Himmelsbaum

    Dann zu Frage 1: Ich versuche so gut wie möglich vorschnelle Beurteilungen zu vermeiden, Dinge aus verschiedensten Perspektiven zu betrachten. Eigentlich sollte man als guter Praktizierender ja generell Beurteilungen vermeiden, sondern nur wahrnehmen und nicht beurteilen/bewerten, aber das ist im Alltag schwierig. ;)


    Zu Frage 2: 100 % ige Unvoreingenommenheit gibt es innerhalb von Samsara genauso wenig wie 100% ige Information. Beides ist eine Illusion.

    Einmal editiert, zuletzt von Lucky Luke ()

  • Ich versuche so gut wie möglich vorschnelle Beurteilungen zu vermeiden, Dinge aus verschiedensten Perspektiven zu betrachten.


    Hast du dies in diesem Fall getan, hattest du dir die Hintergrundinformationen besorgt vor deiner Buchvorstellung?


    Eigentlich sollte man als guter Praktizierender ja generell Beurteilungen vermeiden, sondern nur wahrnehmen und nicht beurteilen/bewerten


    Abhängig davon wie du es genau meinst, halte ich dies ggf. für komplett falsch. Ein guter Praktizierender beurteilt immer, ob es heilsam/unheilsam ist oder das Heilsame/Unheilsame fördert.

  • Himmelsbaum , Du das ist einige Jahre her als ich das Buch gelesen habe. Ich meine mich aber erinnern zu können, dass es damals einen Artikel Im "Buddhismus Aktuell " gab, der über die Hintergründe berichtete.


    Zu den heilsamen Handlungen: Ich habe es so gelernt, dass ich mich selbst bemühe heilsam zu handeln und unheilsame Handlungen zu vermeiden. Ob andere eine heilsame oder unheilsame Handlung ausgeführt haben erschließt sich mir in den meisten Fällen nicht. Es sei denn heilsame Handlungen sind offensichtlich. Dann ist es ein Grund für Mitfreude :)

  • Dies hier hat bei mir die Frage aufgeworfen: Warum Lese ich?

    Das war aber auch eine! Warum? Na um mich gedanklich aufzugeilen, mir neue Empfindungen einzujagen, das Abenteuer andre Welten zu entdecken. Wann hör ich auf ein Buch zu lesen? Wenn ich erkenne wie unheilsam mit Wesen umgegangen wird und wie ich das vermeiden kann. Hexenprozesse, Exorzismus, Pornos, Masoch, de Sade, Hitler, Machiavelli, SiFi, Fantasie, Romane und und und selbst Philosophen werden uninteressant wenn sie sich in ihren Welten verstiegen und immer irrealer werden. z.B. Marc Aurel, da hab ich immer den Gedanken im Kopf: Wie kann jemand so gutes aufschreiben und so scheiße handeln. Bei Buddha ist das umgekehrt wie können Menschen so einen Mist aus echten bekennen und handel mit dem was er als heilsam erkannt hat machen.

    Warum lese ich? Um mich mit mir über die Ideen des Anderen zu unterhalten, besprechen, -denken um das Unheilsame zu erkennen. Ja das ist die Antwort: Ich lese um des Unheilsame in Büchern zu finden um es nicht in meine Wirklichkeit meines handeln zu lassen. Wenn ich das Unheilsame kenne lade ich durch aufgegeiltsein nicht noch mehr Schuld auf mein Gewissen.

  • Meine Großeltern waren Nazis, dass waren keine fremden, sondern Menschen, die ich geliebt habe. Sie waren halt nicht nur Nazis, sondern einfach Menschen, die dunkle und helle Seiten hatten. Ich verurteile, dass sie Nazis waren, aber ich bin dankbar, dass sie mir gute Großeltern waren.

    Nicht jeder Nazi hat Kindern Gewalt angetan. Ich finde, das ist schwer zu vergleichen.

    Wie bitte?

  • Danke für diese Informationen, Pamokkha. Dass Malone auch nach seiner Haftstrafe nicht auf freiem Fuß ist, kann ich nachvollziehen. Pädophilie ist nicht heilbar. Warum und wie auch immer diese Menschen zu ihrer krankhaften Neigung gekommen sind - Sexualität ist etwas so Elementares, das man sie nicht abschalten oder umdrehen kann. Ob Malone durch seine Wandlung zum Buddhisten seiner Neigung mit oder ohne Medikamenten auf freiem Fuß weiter entsagen könnte, weiß natürlich niemand. Aus dem Buch geht zumindest hervor, dass er sich der Schwere seiner Schuld bewusst ist - auch dieses Eingeständnis fehlt vielen Pädophilen. Dass er an den Therapien nicht teilnehmen will, gefällt mir auch nicht.


    Wie dem auch sei: Sollte von ihm noch eine Gefahr ausgehen, ist es gut, dass er in Verwahrung ist. Und sollte an seinem Weg was dran sein, wird er ihn weiter gehen und auch in der neuen Einrichtung Gutes bewirken können und irgendwie mit seiner Schuld weiterleben, ohne sie zu wiederholen.


    Sein Buch hat mir dennoch viel gegeben. Endlich mal kein abstraktes Geschwätz, sondern konkrete Beschreibungen, wie man in einer schwierigen Umgebung, noch dazu ohne Möglichkeit einer Veränderung der Umstände, den achtfachen Pfad leben und Heilsames bewirken kann.

  • und auch in der neuen Einrichtung Gutes bewirken


    Dies scheint er auch zu tun. Auf der Insel auf der er leben muss, scheint die Wasserqualität minderwertig zu sein und er macht sich dafür stark, dies zu verbessern.



    Ich bin der Meinung, dass das US-amerikanische Justizsystem in vielen Punkten kaputt ist


    Auch wenn es off-topic ist passt es gerade:


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  • Wie bitte?

    Hallo Elke, was meinst Du mit "wie bitte" in diesem Zusammenhang?

    Für alle, die Buddhaland in 150 Jahren noch einmal lesen, ohne den Diskussionszusammenhang zu erfassen, möchte ich feststellen, dass:

    Nicht alle Nazis Kinder mit eigenen Händen sexuell missbraucht, erniedrigt und eingeschüchtert haben.

    Mehr Schilderungen braucht es glaub ich nicht. :sick:

    :)

  • Wie bitte?

    Hallo Elke, was meinst Du mit "wie bitte" in diesem Zusammenhang?

    Für alle, die Buddhaland in 150 Jahren noch einmal lesen, ohne den Diskussionszusammenhang zu erfassen, möchte ich feststellen, dass:

    Nicht alle Nazis Kinder mit eigenen Händen sexuell missbraucht, erniedrigt und eingeschüchtert haben.

    Mehr Schilderungen braucht es glaub ich nicht. :sick:

    Jeder Nazi war direkt oder indirekt (mit)verantwortlich für die Ermordung von Millionen Juden, Sinti, Roma, Homosexuellen, geistig Behinderten, politisch Andersdenkenden... Im KZ eingetroffene Kinder wanderten sofort ins Gas, sofern nicht im arbeitsfähigen Alter, oder wurden für medizinische Experimente missbraucht.

  • kilaya

    Hat das Label Suche hinzugefügt.
  • Für Beteiligte einer Straftat ist schon die Vorstellung (ab einer entsprechenden Läuterungsstufe!!!) einer realen Kontakt-/auch Umgebungsberührung mit Tätern sehr positiv.

    Das tatsächliche Ausführen absolut heilend!


    Denn für Beteiligte die ‚ noch‘ zb im ‚Prozess‘ , eines Vergebungsprozesses leben, kann die direkte Handlung in dieser Form,also “das hin...gehen, das Geben gerade von Buddh.Büchern, und das weg...gehen“ ein sehr intensives Erlebnis zur Verinnerlichung werden.


    Sehr sehr heilsam...:rose:_()_