Wiedergeburt des Bodhisattvas

  • Hallo,


    ich bräuchte mal eine Erklärung für folgende Überlegung, bei der ich nicht weiter komme:


    Der Bodhisattva verspricht ja, so lange wieder neu zu inkarnieren, bis alle Wesen befreit werden. Gut, das kennt ja jeder. Doch wie sieht das denn genau aus? Mein Gedanke war: Er muss absichtlich an einer Selbstillusion anhaften, damit er in der nächsten Geburt noch weiß, wer "er ist". Oder wie sieht das genau aus?

  • Wieso ist es wichtig in der nächsten Inkarnation noch zu wissen wer man ist?


    Als Erleuchteter ist das doch unwichtig. Und der Bodisattva muss ja zuerst die Erleuchtung erlangen um anderen wirklich helfen zu können.


    Liebe Grüße

    Tobias

  • Ich verstehe offen gesagt gar nicht wie der Bodhisattva es schaffen soll, alle Lebewesen zu befreien. Soll er einer Kakerlake den Buddha-Dharma lehren?


    Ich glaube man sollte das eher als Allegorie verstehen: Das höchste Ideal wird angestrebt, obwohl klar ist, dass es in der Praxis unerreichbar ist.

  • unendliche Zeit bietet auch unendliche Möglichkeiten für einen Buddha und auch eine Kakerlake entwickelt sich ja weiter, erreicht höhere Wiedergeburten usw.


    Ein Buddha denkt ja auch nicht "ich muss heute noch so viel machen" Die zeitliche Wahrnehmung ist ja eine andere.


    Liebe Grüße

    Tobias

  • Wieso ist es wichtig in der nächsten Inkarnation noch zu wissen wer man ist?


    Na um zu wissen, dass man ein Bodhisattva ist, der sich einen Schwur auferlegt hat und nun in diesem Leben weiter daran arbeitet, diesen Schwur in die Tat umzusetzen. Das ist ja eben meine Frage, kann sein, dass es sich anders verhält, aber ich wüsste nicht wie das gehen sollte, da müsste ja dann der Bodhisattva in jedem Leben immer wieder erst Erleuchtung erlangen usw.



    Ich glaube man sollte das eher als Allegorie verstehen: Das höchste Ideal wird angestrebt, obwohl klar ist, dass es in der Praxis unerreichbar ist.


    Das war auch mein Gedanke - aber ich zweifle daran, dass es mit der buddh. Überlieferung und dem Kernbereich eines Bodhisattva Wesens konform geht. Ich denke schon, dass es dort nicht als Allegorie verstanden wird, sondern als tatsächliche Möglichkeit - sonst wäre ja auch eine Verpflichtung unsinnig, wenn man schon vorher weiß, dass man es nie erreichen kann. Denn wenn das so wäre, dann wäre ein Bodhisattva ja nicht mehr als nur ein "Phrasendrescher" - was er aber nicht ist.

  • So ganz genau weiß ich zwar nicht, was eine "Allegorie" ist, ich habe aber durchaus auch Unterweisungen erhalten, die genau das sagen, was Arthur1788 in seinem Thread ausdrücken wollte: "Alle Wesen wirklich zu "befreien" ist nicht möglich, weil Samsara (in Raum und Zeit) sich in der Unendlichkeit manifestiert"

    Entscheidend ist aber die Motivation, der Wunsch, es wenigstens zu versuchen (strebendes Bodhicitta). Wenn man es durch die Kraft eines Bodhisattva schon geschafft hat, auch "nur" ein Wesen aus dem Daseinskreislauf "zu befreien", dann ist das doch wunderbar!

  • Ich verstehe offen gesagt gar nicht wie der Bodhisattva es schaffen soll, alle Lebewesen zu befreien. Soll er einer Kakerlake den Buddha-Dharma lehren?


    Ich glaube man sollte das eher als Allegorie verstehen: Das höchste Ideal wird angestrebt, obwohl klar ist, dass es in der Praxis unerreichbar ist.


    Warum soll man etwas anstreben, was in der Praxis nicht (allein schon dadurch, dass es weder ein selbst noch ein anderes selbst gibt, was man befreien könne) erreichbar ist?


    Ist es nicht wichtig, ein Ziel vor Augen zu haben, was gültig, also: erreichbar ist?


    Wozu eine ungültige Metaphorisierung?




    :earth:

  • Die Idee ist ja, dass der Schwur sich schon zu lebzeiten tief in den Geist einbrennt. So braucht man sich bei der nächsten Wiedergeburt daran nicht mehr zu erinnern. Denn ein Buddha handelt immer aus höchsten Mitgefühl und Weisheit.


    Liebe Grüße

    Tobias

  • Bodhisattvas gibt es ja in verschiedenen Größenordnungen, vom ersten bis zum neunten Bhumi (Bodhisattva-Verwirklichungsebene). Ich glaub, auf dem 10.Bhumi ist man ein Buddha.

    Erst ab einer bestimmten Stufe kann ein Bodhisattva frei entscheiden, wo und wie er inkarnieren will. Dann ist es ein bewusster Akt aus Mitgefühl. Vorher ist es so, dass ein Bodhisattva sowieso wiedergeboren wird, er ist ja noch nicht restlos erleuchtet.

    Eine "Selbstillusion" wird für eine Wiedergeburt in dem Sinne nicht benötigt. Nur Mitgefühl. Leerheitserkenntnis schließt Mitgefühl nicht aus. Sonst wär's ja ein ziemlicher Mist. :)

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • Die Idee ist ja, dass der Schwur sich schon zu lebzeiten tief in den Geist einbrennt. So braucht man sich bei der nächsten Wiedergeburt daran nicht mehr zu erinnern. Denn ein Buddha handelt immer aus höchsten Mitgefühl und Weisheit.


    Liebe Grüße

    Tobias


    Ich verstehe es nicht. Das heisst: ich kann die "Logik" hinter so einem Denken schon nachvollziehen, aber ich sehe nicht, warum man nicht einfach ein Wissen wieder entdecken soll, warum es nicht darum geht, die Grundlagen dafür zu legen, dass die Wirklichkeit und damit Samsara sicherer ("später einmal") (wieder-) erkannt werden kann, so wie es der Buddha vorschlägt.


    Schwören kann man vieles, und viele Schwüre können sich auch tief einbrennen, es ist halt die Frage, was man sich da noch einbrennt. Wenn es ein Glaube an Wesen ist, die geboren und wiedergeboren werden, und die ein anderer "erretten" könnte, brennt man sich damit NichtWissen ein.


    Vielleicht geht es eher darum, dafür zu sorgen, dass genaueres/richtigeres Erkennen möglich ist. Anstatt um Schwüre und vermeintlich andere, von außen errettbare Wesen.




    :earth:

  • ...

    Vielleicht geht es eher darum, dafür zu sorgen, dass genaueres/richtigeres Erkennen möglich ist. Anstatt um Schwüre und vermeintlich andere, von außen errettbare Wesen.


    Ja, die ganze Sache hat verschiedene Ebenen und ist nicht profan zu verstehen. Es geht nicht um von außen errettbare Wesen - andereseits geht es um die Wesen mit ihrem Leid.

    Meinem Empfinden nach geht es darum, dass eine Erleuchtung ohne die anderen mitzunehmen, kein Dauerzustand sein kann. Sonst müssten die Wesen ja ganz voneinander getrennte einzelne Individuen sein. Ich denke, das ist nicht möglich.

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • Ja. Es kommt sozusagen auch darauf an, wie man einen Schwur auffasst.


    Mitgefühl & Weisheit sind Dinge, die ich nicht getrennt von der Überwindung von NichtWissen denken kann. Das "den anderen mitnehmen" ergibt sich automatisch durch das Erkennen von Anatta in den jeweiligen Momenten des Umgangs mit anderen.


    An dieses bedingte Erkennen sind auch die Ideen zur Hilfe/Unterstützung des anderen geknüpft.




    :earth:

  • Erst ab einer bestimmten Stufe kann ein Bodhisattva frei entscheiden, wo und wie er inkarnieren will.


    Wow, danke, genau das wollte ich wissen. Hast du da vielleicht auch Textmaterial?

    Ah, sorry, nur in meinem maroden Gedächtnis. Vor Jahren war ich mal bei einem Vortrag zu dem Thema und hab mitgeschrieben. Aber die Aufzeichnungen hab ich nicht hier.


    Vielleicht weiß jemand einen gutren Link dazu aus dem Berzin-Archiv? Ich kann jetzt nicht suchen. :rose:

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • Der Bodhisattva verspricht ja, so lange wieder neu zu inkarnieren, bis alle Wesen befreit werden. Gut, das kennt ja jeder. Doch wie sieht das denn genau aus? Mein Gedanke war: Er muss absichtlich an einer Selbstillusion anhaften, damit er in der nächsten Geburt noch weiß, wer "er ist". Oder wie sieht das genau aus?

    Ich glaube, daß wir die Frage hier alle nicht genau beantworten können. Wir müssen es im Bereich "An-etwas-glauben" belassen.


    Wir sind nicht erleuchtet, also wie wollen wir wissen, was Erleuchtete können und nicht können?

    Wir erinnern uns an keine Wiedergeburt, also wie sollen wir wissen, wie das so abläuft und wer wie viel da entscheiden kann?


    Bleibt aber trotzdem noch die Frage für mich, was das für mich bedeuten kann. Ich sehe die Bodhisattva Sache als Hinweise für mich, daß ich mich nicht alleine auf den Weg machen muß, sondern daß ich Unterstützung suchen und finden kann.

  • @User19823


    Naja also wenn man die Aussagen des Buddha zugrundelegt, dann geht eine Wiedergeburt nur, wenn NichtWissen nicht überwunden ist. Das lässt sich x fach mitHilfe von Zitaten zeigen.


    Man muss nichteinmal daran direkt glauben. Man kann auch an konsequente Erläuterungen oder ein konsequentes Aussagesystem (findet man zB in der Mathematik oder der Physik einige) glauben, was sich nicht widerspricht, und so wird es klar.


    Wir müssen diese Frage nicht in einem diffussen Raum belassen, in dem man nichts mehr beurteilen könnte. Es entsteht ein grosser Widerspruch, wenn man versucht, Aussagen im PK mit der Aussage, dass Erleuchtete (NichtWissen überwunden habende) Personen wieder inkarnieren könnten zusammenzudenken.




    :earth: