Die Erfolglosigkeit des Zen

  • Alfred Binder kommt nach 30 Jahren Zen-Praxis zum Schluss, dass sie ihm keinen Erfolg bescherte. Im Interview beschreibt er Enttäuschung, dass ihm seine hohen Erwartungen ; Verständnis der Welt, psychische Unverwundbarkeit; nicht erfüllt wurden.


    Mit dem Ausdruck "Erfolglosigkeit des ZEN" schlägt er den Sack statt den Esel. ZEN kann nichts dafür, wenn man keinen Erfolg hat. Der Titel des Buchs müsste deshalb "meine erfolglose Zenpraxis" heissen.

    Das wäre ehrlicher und er erwiese den Lesern eine besseren Dienst. So könnten sie aus seinen Fehlern lernen.


    Den schlimmsten Fehler macht er jedoch indem er "Metaphysik" und "Transzendenz" einander gleichstellt. Die Fähigkeit zur geistigen Transzendenz, d.h. die Fähigkeit seine eigenen geistigen Grenzen zu überschreiten ist nämlich notwendige Voraussetzung jeder "erfolgreichen" buddhistischen Praxis, den eignen oder fremdbestimmten metaphysischen Phantasien zu erliegen, hingegen ein Hindernis auf dem Weg voranzuschreiten.

  • Gerade weil ich Heckers Ansatz, den Kontext zu berücksichtigen, wichtig und richtig finde, habe ich ihn ja zitiert. Ist das nicht klar? Sei mir nicht böse, aber Du tust gerade so, als hätte ich irgend einen beliebigen Text gesucht, in dem 'Buddhismus' und 'Transzendenz' vorkommen und aus dieser Tatsache dann ein Argument gemacht.


    Ich selber finde an der Sache vorbei argumentiert, dass es in Pali, Sanskrit oder Chinesisch keinen Begriff für 'Transzendenz' gibt. Du schließt aus der Tatsache, dass es im Deutschen, Italienischen und Holländischen keinen Begriff für 'dukkha' gibt, auch nicht, dass es in den entsprechenden Ländern eine Wirklichkeit gibt, die man mit diesem Begriff bezeichnen kann. Was Du tust, ist (imho) eine Verdinglichung des Begriffs Transzendenz - es 'gibt' sie oder es 'gibt sie nicht'. Um ein Sprachklischee zu bedienen: Transzendenz(en) ist ein Verb, kein Substantiv - das Wort bedeutet für mich ein Verhalten zur Wirklichkeit. Was mich an Deiner Argumentation aber noch mehr stört, ist folgender Umstand: Für mehr als neunzig Prozent der real existierenden Buddhisten dürfte die Erfahrung, für die man in der westlichen Philosophie den Begriff 'Transzendenz' geprägt hat, eine Selbstverständlichkeit sein. Mich erinnert Deine Argumentation etwas an meine erste Begegnung mit 'wirklichen' thailändischen Buddhisten vor etwa zwanzig Jahren. Da hat ein deutsch-thailändischer Übersetzer irgendwas, das der Mönch auf Thailändisch gesagt hat, mit 'Seele' übersetzt und war ganz konsterniert, als ich Klugscheißer ihm erklärt habe, dass es im Buddhismus keine 'Seele' gibt. Ich denke, man war nicht ganz unglücklich darüber, dass ich meine Besuche in einem Wat, wo so ein unkorrekter Buddhismus gelehrt wird, kurz danach eingestellt habe...


    Ja, an dem Begriff 'Sphäre' stosse ich mich auch. Aber ich stosse mich noch viel mehr an dem Begriff 'Nibbana' und ob der jetzt 'immanent' oder 'transzendent' zu verstehen ist, macht für mich wenig Unterschied. Und ja, alles liegt in guten deutschen Übersetzungen vor. Doris liegt gerade im Krankenhaus und hat nach einer Operation üble Schmerzen, an der Erbsensuppe, die ich mir gerade koche, fehlt ein Gewürz, aber ich weiß nicht, welches, in Pakistan passiert anscheinend gerade was, dass Phönix befürchten lässt, dass wir vom Islam überrollt werden...

  • Useless: Okay, Du hattest das Bedürfnis, zum Ausdruck zu bringen, dass Dich meine Argumentation stört. Das nehme ich zur Kenntnis. Ansonsten halte ich es für sinnlos, mich an Deiner Argumentation abzuarbeiten (etwa an dem "die Erfahrung, für die man in der westlichen Philosophie den Begriff 'Transzendenz' geprägt hat"), weil ich nicht zu erkennen vermag, was das mit dem Thema hier zu tun hat. Um noch einmal zu verdeutlichen, wie ich das Thema auffasse: es stellt sich die Frage, ob Herrn Binders Kritik am Buddhismus im Allgemeinen und an Zen im Besonderen relevant ist - d.h. bedenkenswert und diskussionswürdig. Vorausetzung dafür wäre nach meiner Auffassung, dass es sich um eine qualifizierte Kritik handelt. Qualifiziert ist eine Kritik, wenn sich der Kritiker mit dem kritisierten Gegenstand gründlich auseinandergesetzt hat. Sonst kritisiert er nur nämlich seine persönlichen, unbegründeten Vor- und Fehlurteile. Dieser Grundsatz und das 'Handwerkszeug' zur Untersuchung eines Kritikgegenstandes dürfte Herrn Binder als jemandem, der u.a. auch mal Philosophie studiert hat, eigentlich vertraut sein - den hier verlinkten bzw. zitierten Texten von ihm merkt allerdings nichts davon an.


    Wenn nun jemand den Buddhismus als Gegenstand seiner Kritik so definiert:

    Zitat

    Der Buddhismus war und ist eine Religion, eine Weltanschauung, die auf dem Glauben an eine transzendente Sphäre errichtet ist. Sie heißt im Buddhismus bekanntlich Nirvana.

    - dann ist es für mich offensichtlich, dass ihm die Qualifikation zu einer ernstzunehmenden Kritik fehlt. Das habe ich auch - wie ich denke, hinreichend - begründet. Das ist eigentlich auch wenig überraschend, wenn man sich in Erinnerung ruft, dass Herr Binder "das Lesen von unverständlichen Sutren" für eines "Menschen des 21. Jahrhunderts unwürdig" hält - weswegen er wohl auch darauf verzichtet hat. Seine Kritik macht das jedenfalls in meinen Augen irrelevant.


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    OM MONEY PAYME HUNG

  • Viele Menschen sind zu dem Schluss gekommen nach reiflicher Praxis, dass ihnen die buddhistische Lehre nichts bringt.

    Nicht alle veröffentlichen diese Erfahrung in einem Buch damit Andere daraus zitieren können, auch ich bin der Ansicht,

    dass der Buddhismus nicht bringt, was soll er auch bringen, die Erfüllung meiner Wünsche mögen sie auch noch so

    absurd sein wie psychische Unangreifbarkeit. Ist das wirklich ein Ziel, als Mensch zu einem gefühllosen Etwas zu mutieren.

    Der Mensch ist und bleibt auf Grund geringer Instinkte ein Mangel-wesen in der Natur, dass er nur auf Grund seines

    Bewusstseins auffangen kann um so die Fähigkeiten zu entfalten. Auch Buddhas Lehre ist kein Werkzeug mit Garantie,

    dass stets zur Erfüllung führt. Ein Mensch der zu tiefst verbittert ist weil seine Wünsche und Träume nicht in Erfüllung

    gehen, die vielleicht völlig überzogen sind, wird auch mit dem Buddhismus nur weniger Linderung verspüren und

    behaupten, der Buddhismus taugt nichts, dabei sind es die inneren Strukturen des Betroffenen die Defizite aufweisen.

    Da nun der Titel des veröffentlichten Buches: "Die Erfolglosigkeit des Zen" heißt, ist es eine Realität und die Tatsache,

    dass Zen erfolglos ist, kann man nur akzeptieren. Ich stimme dem absolut zu, Erfolg im gesellschaftlichen Sinn habe

    ich trotz bewusster Zen-Praxis nicht erlangt. Jedoch hat sich meine Fähigkeit die Lebenskunst zu praktizieren und da

    ist das Erwachen ein Bestandteil, verbessert und somit auch die Stabilität der vielschichtigen Umwelt gegenüber.

    Achtsamkeit leben ist nicht nur eine Phrase, es ist ein Tun um das Dasein zu bewältigen mit so wenig Leid wie möglich.

    Da ist Geduld wenn der Schmerz aufkommt eine gute Übung und Zazen praktiziert ein guter Umgang damit.

    Es gibt im Zen keinen Erfolg, auch das Scheitern ist eine tiefe Erfahrung die das Leid letztlich lindert.

    Somit ist das Buch von Alfred Binder durchaus lesenswert, ich habe es noch nicht getan aber danke für den Tipp.

  • sati-zen Wenn ich nicht die Früchte des Zen und der Lehre Buddha zur Hand hätte wäre ich jetzt verloren!

    Schrödingers Katze und das Klopfen des Mönches auf den Sarg habe beide eine Frage: Lebt das? Ich sage nichts! Ich sagte nichts."

    Von Erfolglosigkeit des Zen kann nur jemand sprechen der Zen nie wirklich anwenden musste um sein Sein, wenigstens sein Sein zu retten.

  • offensichtlich, dass ihm die Qualifikation zu einer ernstzunehmenden Kritik fehlt

    Das ist für Binder völlig richtig.

    Mir waren beim ersten Mal, als ich vor Jahren auf Autor und Buch hingewiesen wurde, gleich Ushiyamas weise Worte eingefallen, vor allem die, über die Frage von Erfolg durch oder mit Zen. Erfolg ist Illusion.


    Hier noch einmal für Interessierte:


    Sieben Punkte der Praxis

    von Uchiyama Kōshō Rōshi

    Aus seinem letzten öffentlichen Vortrag in Antaiji, am 23. Februar 1975.

    1. Lass dich beim Studium und der Praxis des Buddhadharma nur vom Buddhadharma selbst leiten, nicht von deinen persönlichen Gefühlen oder weltlichen Ideen.

    2. Der Gegenstand deines Respekts muss Zazen selbst sein, denn Zazen ist dein wahrer Lehrer.

    3. Zazen bedeutet die Lehre „Gewinn ist Illusion, Verlust ist Erwachen“ konkret umzusetzen. Zazen muss sich in den beiden Praktiken des Gelübdes und der Reue manifestieren und durch die drei Herzen im Alltag lebendig sein: das freudige Herz, alte Herz und große Herz.

    4. Mach die Gelübde zu deinem Leben und lass ihre Wurzeln in die Tiefe wachsen.

    5. Sei dir darüber im Klaren, dass es nur an dir selbst liegt, ob du mit deiner Praxis voran kommst oder Rückschritte machst. Tue deshalb dein Bestes, um voranzukommen.

    6. Sitz erst einmal schweigend für zehn Jahre und dann weitere zehn Jahre. Im Anschluss sitz noch einmal zehn Jahre.

    7. Arbeite mit anderen zusammen um einen Ort für die Praxis zu schaffen, an dem ernsthafte Übende ohne unnötige Sorgen sich der Praxis widmen können.


    Und wenn einer es nach 3 x 10 jahren ES noch immer nicht kapiert hat, dann sollte er/sie es lassen oder weiter sitzen, falls er/sie nicht halbherzig sitzen will.

    :zen:

  • Leonie

    Als Bestärkung erscheinen mir diese Worte durchaus sinnvoll.

    Andererseits enthalten sie mehrere klassische Selbstimmunisierungen, die ein Prüfen der Praxis verhindern.


    "Unsere Praxis ist es, ein Fußballfeld mit dem Teelöffel umzugraben. Sei dir darüber im Klaren, dass es nur an dir selbst liegt, ob du mit deiner Praxis voran kommst oder Rückschritte machst. Tue deshalb dein Bestes, um voranzukommen."


    Das ist nicht als Zen-Kritik gemeint. Wenn allgemeine Regeln aufgestellt werden, die ein kritisches Betrachten ausschließen, werde ich aber hellhörig.


    Liebe Grüße, Aravind.

  • "Unsere Praxis ist es, ein Fußballfeld mit dem Teelöffel umzugraben. Sei dir darüber im Klaren, dass es nur an dir selbst liegt, ob du mit deiner Praxis voran kommst oder Rückschritte machst. Tue deshalb dein Bestes, um voranzukommen."

    Es kommt darauf an, was einer aus solchen Sätzen heraus oder hinein liest.

    Es gibt ein Koan, in dem es darum geht, mit einem Löffel den Ozean zu leeren. Das ist im Prinzip genau das, was einer tut und woran er zu scheitern meint, wenn es um den Geist leeren geht; - weil er keine Erkenntnis hat, über den Geist, über Leere und über Löffel. Das Koan hat natürlich eine sehr simple Lösung. Aber es ist wie mit dem Beweis von mathematischen Gleichungen - kennt man die Lösung, den Beweis, dann erscheint es einem simpel. In der Situation kommt man dann schon ins Grübeln, wenn man denkt - wie kann man mit einem Löffel ..... Aber es ist eben ganz einfach .....

    Und genau dieses "out of the box" thinking wird auch bei solchen Sachen gefragt, wie voran kommen oder Rückschritte machen. Das wusste natürlich auch Ushiyama. Bloß, wenn man dann meint, man müsse nicht alles geben und das Beste ist es eben auch nicht - es muss alles sein - das ganze Leben - dann sind solche Ansichten, wie die von X oder Y Nebensache.

    :zen:

  • Es kommt darauf an, was einer aus solchen Sätzen heraus oder hinein liest.

    (...) Bloß, wenn man dann meint, man müsse nicht alles geben und das Beste ist es eben auch nicht - es muss alles sein - das ganze Leben - dann sind solche Ansichten, wie die von X oder Y Nebensache.

    Ja, genau. Ich wollte nur auf beide Möglichkeiten hinweisen:

    Man sieht den Löffel und das Fußballfeld, gräbt und gräbt, und irgendwann erkennt man, es gibt gar kein Fußballfeld, sonder nur graben. Das würde ich Erwachen nennen.


    Oder eben: Man hat das falsche Werkzeug gewählt, (oder noch schlimmer, das falsche Feld :) ).


    Liebe Grüße, Aravind.

  • Aravind

    So könnte man sich immer weiter verwickeln.


    Es gibt auch kein Graben und niemand, der gräbt.

    Weder gibt es ein falsches (richtiges) Werkzeug, noch ein falsches(richtiges) Feld.

    In dem Moment, wo du meinst, es könnte Erwachen sein, ist es das mit Sicherheit nicht.


    Mit einem Koan wird man auf ein Jetzt gewiesen - und das Denken ist immer woanders, obwohl es ja im Jetzt denkt. Nur die Gedanken sind eben wie Dinge, die einen erfassen oder die man erfasst. Der Geist ist nicht zu fassen und Erwachen kann nicht gewusst werden, weil es ohne Bedingung ist und das Erfassen immer bedingt. Da gibt es keine Verbindung, deshalb gibt es auch kein Weg dort hin oder eine Methode.

    Das einzige was erkannt werden kann, ist das, was Buddha in AN IX 41 schildert:


    Zitat

    Doch mein Herz fühlte keinen Drang zur Erlöschung von Wahrnehmung und Gefühl, neigte nicht dazu, festigte sich nicht darin und fand darin keine Befreiung. Da fragte ich mich: 'Was ist wohl die Ursache dafür, was der Grund?' Und der Gedanke kam mir: 'Nicht habe ich das Übel des Gebietes der Weder-Wahrnehmung-noch-Nichtwahrnehmung erkannt und oft erwogen, habe den Segen der Erlöschung von Wahrnehmung und Gefühl nicht empfunden und erwirkt. Daher fühlt mein Herz keinen Drang danach...' Ich sagte mir daher 'Wenn ich nun das Übel des Gebietes der Weder-Wahrnehmung-noch-Nichtwahrnehmung erkenne und häufig erwäge, und wenn ich den Segen der Erlöschung von Wahrnehmung und Gefühl empfinde und erwirke, so mag es wohl sein, daß mein Herz einen Drang danach fühlt, sich dazu neigt, sich darin festigt und darin Befreiung findet.' Und in der Folgezeit, Ananda, erkannte und erwog ich oft das Übel des Gebietes der Weder-Wahrnehmung-noch-Nichtwahrnehmung und empfand und erwirkte den Segen der Erlöschung von Wahrnehmung und Gefühl, so daß mein Herz einen Drang fühlte nach der Erlöschung von Wahrnehmung und Gefühl, sich dazu neigte, sich darin festigte und darin Befreiung fand, in der Erkenntnis: 'Dies ist der Friede!' So trat ich dann, Ananda, nach völliger Überwindung des Gebietes der Weder-Wahrnehmung-noch-Nichtwahrnehmung in die Aufhebung von Wahrnehmung und Gefühl ein; und weise erkennend, gelangten in mir die Triebe zur Versiegung.


    Ich muss also das Übel erkennen - Gier, Hass, Verblendung - und den Segen der Erlöschung von Wahrnehmung und Gefühl empfinden und erwirken. Das ist das, was man erfahren kann - wie man das nennt - Friede oder Erwachen - ist nebensächlich.

    :zen:

  • Sorry, das wird mir jetzt zu belehrend

    Nimm es nicht persönlich. Ich schreibe auch immer für mich und den Text aus dem Palikanon wollte ich irgendwie unterbringen.:tee:

    Den hatte ich nämlich gestern abend noch gelesen und ihn gleich sehr hilfreich anwenden können.

    :zen:

  • Sorry, das wird mir jetzt zu belehrend

    Nimm es nicht persönlich. Ich schreibe auch immer für mich und den Text aus dem Palikanon wollte ich irgendwie unterbringen.:tee:

    Den hatte ich nämlich gestern abend noch gelesen und ihn gleich sehr hilfreich anwenden können.

    Nicht im geringsten! (persönlich nehmen) :heart:

    Ich habe nur gemerkt, dass das zu viele Infos für mich waren, Ich wollte aber auch nicht einfach nicht antworten.

    Liebe Grüße, Aravind. _()_