Meditation birgt auch Gefahren

  • explorer19

    Geht so. Bei einem Rohatsu-Sesshin habe ich manchmal Schmerzen in der Schultermuskulatur. Aber das ist eher selten. Wie oben schon geschrieben, gibt es bei so einer langen Meditationsdauer manchmal Episoden, die physisch oder psychisch unangenehm sind. Aber das ist weit davon entfernt, eine "Qual" zu sein, im Gegenteil. Wenig habe ich erlebt, was heilsamer für mein Leben gewesen wäre. Interessant an diesen Schmerzen ist, dass, wenn ich mich mit Fokus auf diese Verspannungen gezielt entspanne und auf die Atmung konzentriere, die Scherzen dann wieder vorbeigehen.

    Das ist denn doch nur der Abendwind, der heute mit ordentlich verständlichen Worten flüstert.

  • Okay, ich habe dort andere Erfahrungen gemacht. Interessant wäre noch zu wissen, wie es zu Anfangszeiten gewesen ist bei dir, also mit den Schmerzen. Du hast natürlich auch jetzt viel Erfahrung und viel dafür getan, dass du eben länger sitzen kannst. Wie war der Prozess dahin, war der nicht schmerzvoll?


    In den indischen und japanischen Texten findet sich immer wieder auch das Schmerzthema, es ist also ein Bestandteil der Praxis von vielen. Auch viele Zen Meister behandeln das Thema. Ein Dogen sagt Furztrocken, die Schmerzen und Anstrengungen gehören dazu.


    Viele Zenmeister berichten von starken Schmerzen, ein Bankei kritisiert auch, die harte Praxis. Bodhidharma hat einst das Shaolin gegründet, wahrscheinlich auch wegen dem Ausgleich.


    Ein bisschen düsterer wird es noch, wenn man sich vor Augen hält, dass die Anhaftung am sitzen gar nicht nötig ist. Man muss nicht sitzen, schon gar nicht so lange. Zazen ist natürlich auch unabhängig vom Sitzkissen. Diese Information geht sehr unter. Genug Leute auf den Sesshins sitzen durch qualvolle Schmerzen, nicht jeder hat die Möglichkeiten sich auf Sesshins vorzubereiten und auch jetzt fällt es mir noch schwer zu glauben, dass sowas Gesund ist.


    Aber da sind eben unterschiedliche Meinungen.

  • Nun ist Sitzmeditation ja auch bei weitem nicht die einzige Methode. Lediglich die am weitesten verbreitete. Niemand muss sich körperlich quälen um Einsicht zu erlangen. Das funktioniert auch hervorragend im gehen oder liegen.

    Die Anhaftung sehe ich nicht.

    :om::taube:

  • Als jemand der Monate und wahrscheinlich schon Jahre in Retreats war, kann ich dir absolut nicht zustimmen.

    Natürlich war es nicht immer einfach, aber ich verdanke der Meditation, meinen Eltern und Lehrern alles.


    Ich habe einen Frieden gefunden, der mit absolut nichts in dieser Welt vergleichbar ist.


    Wichtig ist, dass man einen Lehrer und eine Sangha hat. Ohne meinen ersten Retreat wäre dieses Leben eine absolute Zeitverschwendung gewesen.


    Ich würde immer wieder, 1000 Jahre im Paradies, für diese drei Monate+ im Retreat (mein erstes Retreat) eintauschen.

    Während sich alles im Leben ändern musste, ist dieser Frieden und diese Freiheit und Gewissheit niemals mehr verschwunden.


    LG Martin

  • Es geht um den Schmerz bei der Meditation bitte bei dem Thema bleiben.

    Echte Meditation beschränkt sich nicht nur auf das Sitzen.

    Und während man länger sitzt, lernt man ziemlich interessante Dinge in Bezug auf den Schmerz.

    Und dieser Thread wurde von einem anderen User gestartet.

    Wenn dir meine Antwort nicht passt, kannst du ja einen neuen thread erstellen.


    LG Martin

  • Nun ist Sitzmeditation ja auch bei weitem nicht die einzige Methode. Lediglich die am weitesten verbreitete. Niemand muss sich körperlich quälen um Einsicht zu erlangen. Das funktioniert auch hervorragend im gehen oder liegen.

    Die Anhaftung sehe ich nicht.

    Anhaftung bedeutet an etwas festzuhalten, wie zum Beispiel an der Meditation, die kann natürlich im Sitzen, liegen, gehen und eigentlich immer und überall stattfinden. Nur ist beim sitzen nicht nur die Anhaftung an der Meditation, sondern eben auch die Anhaftung am sitzen. Letzteres erzeugt Schmerzen. Wie wir aber von manchen mitkriegen, die ihr Leben gezielt auf längeres sitzen ausgelegt haben, kann man wohl nach einiger Zeit relativ schmerzfrei sitzen. Die alten und neuen Texte/Erfahrungsberichte zeigen aber, dass Schmerz (gerade auch äußerst brutaler Schmerz) immer wieder eine Rolle spielen. Fraglich und unhuman finde ich den Umgang damit bzw. es gibt fast gar keinen Umgang damit, es wird immer wieder relativiert und mit "ja lass den doch los" oder "am Ende trägst du die Früchte davon" abgetan.


    So sprechen selbst Zen Meister die von Schmerzen "als würde man sterben" sprechen immer noch Empfehlungen für Sesshins und co aus und zeigen meiner Meinung nach nicht klar genug auf, was man sich da eigentlich antut/ oder antun kann.

  • Wenn man davor noch nicht krank war, spätestens nach 5 Tagen intensiver Meditation ist man es und das merkt man den Leuten auch an.

    Dann müsste ich und viele meiner Freunde tot sein.

    Aber nach 5 Tagen kann schon was anderes passieren.

    Mfg Martin

  • 🙏🙏🙏

  • Inwiefern diese Retreats und Sesshins für euer Leben heilvoll waren, kann ich nicht beurteilen. Ich kann aber mal ein wenig Bantern.


    Für einen Deshimaru waren die Retreats nicht heilsam genug, dass er sich nicht im Alkohol verloren hätte. Für einen Suzuki waren die Retreats nicht heilsam genug, dass er seine psychotischen Wutausbrüche vor seinen Kindern vermeiden konnte. Für einen Sawaki waren die Retreats nicht heilsam genug, dass er im Krieg mit der Uzi rumballern vermeiden konnte. Für zahlreiche Lehrer und Meister waren die Retreats nicht heilsam genug, dass sie sich nicht mit ihren Schülern/innen ausgetobt haben. Für die allermeisten Lehrer die während der Meditation selbst unvorstellbare Schmerzen erlitten, war das Retreat nicht heilsam genug, dass sie mal eine entsprechend eindeutige Warnung davor aussprachen und sich dagegen positionierten. Ich frage mich, warum nicht?


    Kaum einen Buddhisten fällt auf, dass auf einem Blatt Papier, objektiv gesehen, ein Retreat erstmal etwas unheilsames sein sollte. Wenn man da jetzt mal mit Logik rangeht, kann das ja so erstmal nichts gesundes sein. Wenn man jetzt mal einen Psychologen oder Arzt zu befragt mein ich.

  • Gerade wenn man den Retreatgängern und Buddhisten mal ein bisschen auf den Schlipps tritt, merkt man doch schnell, wie die hochgehen. Oft keine Spur von Gelassenheit. Da waren die Retreats dann doch nicht heilvoll genug ;)


    Spirituelle Egos. Die Verpackung mag ja nett sein, aber was versteckt sich innendrin?


    Das interessiert mich :nosee:

  • Für die allermeisten Lehrer die während der Meditation selbst unvorstellbare Schmerzen erlitten, war das Retreat nicht heilsam genug, dass sie mal eine entsprechend eindeutige Warnung davor aussprachen und sich dagegen positionierten. Ich frage mich, warum nicht?

    Das ist ein klassischer Zirkelschluss. Du behauptest, Retreats wären grundsätzlich für alle eine Qual (was ja *für Dich* durchaus stimmen kann), und wunderst Dich, dass niemand davor warnt. Auf die naheliegende Antwort kommst Du leider nicht.


    Liebe Grüße,

    Aravind.

  • Deine Interpretation und das Zitat von mir widersprechen sich. Bitte schau es dir nochmal an, es steht "Für die allermeisten Lehrer die während der Meditation selbst unvorstellbare Schmerzen erlitten".


    Damit will ich auf z.B. einen Meister Muho hinaus der sagt, "Schmerzen das du denkst du stirbst" und der trotzdem Sesshins und Klöster empfiehlt und sagt es gehört dazu. Oder wie schon gesagt Dogen, der gleiches meint. Bankei zumindest hat sich da kritischer geäußert.


    Ich bitte doch ein wenig gründlicher zu gucken was da steht, dann muss ich mich hier nicht über irgendwas rechtfertigen was nicht so dort steht. Danke.

  • Du kommst mir vor wie jemand, der an einer christlichen Kirchentür einen Anschlag macht mit den Worten

    !!! BETEN IST GEFÄHRLICH !!!


    Es ist psychotisch, sagen Psychiater, außerdem, man könnte sich die Halswirbelsäule verrenken, die Hände könnten überhitzen, das enge Zusammensitzen in der Kirche überträgt Keime, ....

    Es folgt eine lange Liste von anderen, die das auch schon behauptet haben. ...


    Lass es doch einfach, wenn es für dich so furchtbar negativ ist!

    Oder könntest du dann hier nicht mehr deinen Missioniersdrang ausleben? OK, dann lassen wir dir noch etwas dein "Beten-ist-gefährlich"-Schild.

  • Schmerzen sind ein Zeichen, dass etwas falsch läuft. Man muss auf die Meditationsform vorbereitet sein. So hat zum Beispiel mein Großmeister aus Malaysia zwei Jahre täglich sein Flexibilität trainiert bis er entspannt in der Position sitzen konnte die im sein Meister empfahl.


    In unserer Schule machen wir nur mehr die Stehmeditation. Die ist für Anfänger viel besser geeignet. Angeblich ist Sitzmeditation tiefgängiger aber es ist auch viel leichter Fehler zu machen die dann auch schwerwiegender sind als bei der Stehmeditation. Und da es uns vor allem um Gesundheit und Vitalität geht, natürlich um mentale Klarheit auch, ist Stehmediation besser geeignet. Außerdem glaube ich gehört zu haben, das man bei sitzender Meditation mehr Energie aufwenden muss als bei der Stehmeditation. Sitzende Meditation wird nur Profis empfohlen die die Erleuchtung anstreben wollen und bereit sind komplett alles weltliche hinter sich zu lassen und körperlich müssen dieser Personen halt auch für die sitzende Mediation geeignet sein.


    Aber das ist nur Standpunkt unserer Schule. Wir empfehlen auch nur ein paar Minuten, 5 - 15 Minuten, qualitativ gut zu meditieren, statt stundenlang mit Chaos im Kopf. Weil das wäre dann unnötig Zeitverschwendung oder gar schädlich.

  • Gerade wenn man den Retreatgängern und Buddhisten mal ein bisschen auf den Schlipps tritt, merkt man doch schnell, wie die hochgehen.

    Also mir trittst Du nicht auf den Schlips. Warum auch? Du hast möglicherweise schlechte Erfahrungen gemacht. Das ist schade, gerade weil Dich das Thema ja zu interessieren scheint. Ein Retreat ist ja freiwillig und kann auch jederzeit beendet werden, wenn man sich nicht gut fühlt. Ein paar Schmerzen und auch unangenehme Gefühle gehören wohl dazu. Das ist wie beim Bergwandern oder Klettern. Aber das Ergebnis, die Aussicht, wenn Du so willst, ist es meiner Meinung nach allemal wert.


    Quälen sollte man sich nicht. Das führt nur zu innerer Abwehr der Meditation gegenüber. Dabei ist es wichtig, dass man regelmäßig übt und lange dabei bleibt. Dann erst kann die Meditation das volle Potenzial entfalten. Und das geht nur, wenn man mit einer gewissen Freude bei der Sache ist. Freude entsteht aber nicht durch Qual. Aber Freude kann auch entstehen, wenn man hier und da mal den inneren Schweinehund überwindet, wenn man mal nicht jedem Impuls nachgibt, wenn man eine Zeitlang auch was aushält. Beim Bergsteigen kenne ich das – und bei der Meditation.


    Ein Sesshin ist eine besonders intensive Phase der Selbstbegegnung. Da kommt vieles auf den (seelischen) Tisch, was im Alltag keinen Platz findet. Diese Dinge können sich in körperlichen Verspannungen und Schmerzen äußern. Wenn diese Dinge im Inneren aber gelöst werden (und dazu ist ein Retreat eine gute Gelegenheit) lösen sich auch die Schmerzen auf. Geist und Körper werden in einem Retreat zu einem gegenseitigen Ausdruck, sind untrennbar in der Empfindung verbunden.


    Ein Retreat ist eine Gelegenheit, innere Konflikte anzugehen, Lebenslügen zu entlarven, Ängste zu bearbeiten, verschüttete Träume wiederzufinden oder falsche Träume loszuwerden – ein seelischer Vollwaschgang. Das ist nicht immer angenehm, aber meiner Erfahrung nach dennoch sehr wertvoll, weil es mich immer und tatsächlich weitergebracht hat. Während ich im bewegten alltäglichen Hetzen, Tun und Machen oft auf der Stelle stehen bleibe, komme ich in der Bewegungslosigkeit eines Retreats wirklich voran. Das hat auch etwas mit Arbeit zu tun, einer inneren Arbeit, die zuweilen anstrengender ist als die äußere.

    Das ist denn doch nur der Abendwind, der heute mit ordentlich verständlichen Worten flüstert.

  • Und noch als Zusatz. Wir sind der Meinung, das Entspannung das erste Ziel und die Basis von Meditation ist und das Sitzende Meditation bei Beginnern eher zu Verspannungen führt.

  • Und jetzt mal im Ernst:

    Wenn jemand so eine extreme Abneigung wie du gegenüber dem Meditieren hat, könnte das auch ein Hinweis darauf sein, dass für dich das Meditieren zur Zeit nicht das Richtige ist.


    Man hat auch mit dem Training der Vier Edlen Wahrheiten das ganze Leben zu tun ...

  • Schmerzen sind ein Zeichen, dass etwas falsch läuft.

    Nicht unbedingt. Es kann auch sein, dass sich in den Schmerzen etwas manifestiert, das einer Klärung bedarf. Mit Klärung meine ich nicht, dass man jetzt bewusst daran rumdoktert und den Küchenpsychologen in eigener Sache spielt. In der Meditation finden Dinge oft eine Klärung einfach dadurch, dass sie aufscheinen können, ohne bewertet oder zurückgedrängt zu werden. Ich kann sie anschauen, verstehen, und sie finden automatisch ihren Platz. "Keine Schneeflocke fällt an die falsche Stelle". Dieser Satz aus dem Zen beschreibt meines Erachtens gut, wie sich das innere Chaos während eines Retreats in einen natürlichen Zustand wandeln kann, in dem die Dinge alle ihren Platz und ihre Berechtigung finden.

    Das ist denn doch nur der Abendwind, der heute mit ordentlich verständlichen Worten flüstert.

  • Und ganz wichtig: Bei ernsthaften psychischen Problemen ist ein Retreat keine gute Idee!!

    Das ist denn doch nur der Abendwind, der heute mit ordentlich verständlichen Worten flüstert.

  • Dein Retreat ähnelt dann wohl einer emotionalen Therapie. Nicht das Zen was ich in Retreats kennengelernt habe.


    Du redest von ein paar Schmerzen, ich habe Beispiele genannt, die darüber hinausgehen und die keine Seltenheit sind. Am Ende muss es wohl jeder für sich selbst entscheiden. Ich finde nur es gibt zu wenig Aufklärung zu dem Thema.


    Die Einstellung "Sitze durch die Schmerzen, am Ende erntest du die Früchte" halte ich für inakzeptabel. Das ist kein gerechter Weg. Gerade weil öfters mal "verzweifelte" sich von den Lehren Buddhas locken lassen "Aufhebung des Leids" etc., die dann durch die Schmerzen sitzen auf der Suche nach irgendetwas und diese Fälle gibt es zuhauf, da braucht man sich nichts vormachen.


    Anscheinend kann man sich nach mehreren Jahren Übung antrainieren, länger sitzen zu können, wie schmerzfrei der Weg dahin und danach ist, kann ich nicht beurteilen. Fakt ist, es gibt die Texte über den Schmerz und auch Meister die selbst durch qualvolle Schmerzen gesessen haben/sitzen empfehlen dennoch die Praxis.


    Warum sie das tun? Da muss man seine eigenen Theorie zu finden. Ich finde die Antworten darauf aber nicht sehr authentisch.


    Ich denke man kann sagen, wenn man mal durch die Sesshins und Klöster durchguckt, wird man dort nicht nur fröhliche Gesichter sehen. Ob das alles so heilsam ist? Keine Ahnung. Gibt Beispiele wo es auf jeden Fall nicht so heilsam ist/war.

  • Seelische Krisen sind Scheidewege. Ich denke, jeder, der einmal das Labyrinth des eigenen Inneren betreten hat, wird darum wissen. Vielleicht ist wichtig, sich selbst zu fragen, bevor man sich auf so eine Erfahrung einlässt, warum man das eigentlich machen will. Je höher das Ziel, desto höher ist wahrscheinlich auch der Preis, den man zu zahlen bereit sein muss. Darum können auch extreme Schmerzen (seelisch wie körperlich) ein Teil des Weges sein. Wenn man als jemand, der oder die eigentlich nur gerne Wandern geht, sich plötzlich vornimmt, die Eigernordwand free-solo zu besteigen, so wird er oder sie wahrscheinlich ums Leben kommen. Meditation ist ja eigentlich nur eine Technik. Jeder muss selbst entscheiden, wozu er oder sie diese Technik einsetzen möchte. Und wichtig ist auch, sich sehr gut zu informieren, um entscheiden zu können, was man sich selbst zumuten darf und möchte.

    Das ist denn doch nur der Abendwind, der heute mit ordentlich verständlichen Worten flüstert.