Leerheit in Bezug auf Menschen?

  • Ich rede von Mitgefühl, du dagegen von Mitleid.


    Im Zweifelsfall schlagt bitte im Duden nach oder in einem anderen Wörterbuch.

    Das ist besser als wenn jeder seinen eigenen Fantasien anhängt.


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    Mitleid:

    starke (sich in einem Impuls zum Helfen, Trösten o. Ä. äußernde) innere Anteilnahme am Leid, an der Not o. Ä. anderer

    Mitgefühl:

    Anteilnahme am Leid, an der Not o. Ä. anderer

    :rainbow:

  • Ein konventioneller, bedingt entstandene Täter ist da zwar schon... aber da dieser nur als Prozess existiert, ist dieser eigentlich selbst nur Tun... und mit einem starren Begriff, nicht wirklich angemessen beschrieben.


    Ja, gut.

    Und was gilt vom Tun? Von der Tat?

    Viele denken: Die "Tat" dagegen kann angemessen mit festen Begriffen beschrieben werden: es ist eine Tat. Die entsteht jetzt und gleich vergeht sie. Peng - jemand hat mit der Pistole geschossen. das war's dann. Die Tat ist zu Ende.

    Das ist aber ein Irrtum.

    Eine Tat geht niemals zu Ende, weil sie nie entsteht (Nagarjuna. MMK Kapitel 17).

    Denn jede Tat hat unendlich viele Ursachen, die alle erst der Reihe nach eintreten mussten, damit dieser Augenblich so geschehen konnte wie er geschah ... und die Folgen daraus sind nicht abzusehen, gehen nie zu Ende. Deshalb sollte man im selben Atemzug, im selben Kontext, nicht sagen: Tat gibt es, aber keinen Täter.


    Wenn nun jemand sagt: aber ich sehe doch eine Tat, der Pistolenschuß ist eine einzelne abgeschlossenen Sache - dann sage ich: ich sehe aber auch einen Täter, einen einzelnen, von anderen unterschiedenen Menschen, der den Abzug gedrückt hat.

    :rainbow:

  • Es geht nicht darum was im Duden steht, sondern darum, wie ist Mitgefühl im Kontext des Buddha-Dharma definiert.


    Im Dharma ist Mitgefühl als ein Wunsch definiert. Es ist der Wunsch, mögen alle Lebewesen von allen Arten des Leidens frei sein. Im Kontext der Vier Unermesslichkeiten kommen dann noch weitere Aspekte hinzu: zum Beispiel, dass man die Absicht entwickelt, dass man selber den anderen Wesen dabei helfen will, dass sie sich aus den Leiden und ihren Ursachen befreien können usw.


    Mitgefühl im Dharma ist nicht Anteilnahme am Leid der anderen wie du aus dem Duden zitierst, sondern es geht darum, dass die Lebewesen von den Leiden und dessen Ursachen frei sein mögen, mögen sie nicht mehr Leiden und was kann ich dazu beitragen, dass sie vom Leiden und ihren Ursachen frei kommen können. Letztlich geht es um die Vier Edlen Wahrheiten.


    Gruß Helmut

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • mka'


    könntest du vielleicht noch kurz erklären was es mit dem "ohne Selbst" auf sich hat?


    Zitat

    3) sabbe dhamma anatta = Alle Phänomene sind ohne Selbst (ohne bleibenden Kern)


    Ich habe nicht behauptet, dass alle Theravadins nur bei Personen (oder lebewesen) kein Selbst sehen. Wie könnte ich das?

    Aber die Tibeter haben von ihren indischen Meister wie Shantarakshita und Atisha z.B. die lehre übernommen, dass es in Indien philosophische Schulen gegeben hat, die den Buddha so verstanden haben, dass sie unter "Selbst" immer "Selbst einer Person" verstanden haben.

    Daher bedeutet bei ihnen "Alle Phänomene sind ohne Selbst" = "Alle Phänomene sind ohne Selbst einer Person", d.h. es gibt keine Selbste, die irgenwelche Phänomene benutzen könnten.

    Die Phänomene selbst haben aber ein Eigenwesen. Ein Baum ist tatsächlich ein Baum an sich, so wie wir ihn sehen. Zwar unbeständig und aus Ursachen entstanden, aber so lange er da ist, ist er da und zwar als Baum, tatsächlich, höchst eigen. Und alle Vorgänge, alle Handlungen, auch Sterben, sind ebenfalls nicht leer, sondern existieren mit ihren ganz eigenen Merkmalen, die man auffinden kann. Während man ein Selbst einer Person nicht auffinden kann.

    Dies ist die Lehre der Vaibashikas und Sautrantikas. Und die sagen dann auch, dass die Mahayana-Sutren mit der allgewärtigen Leerheit gar nicht von Buddha seien, das sei eine Irrlehre, wie Shantideva im Bodhicaryvatara berichtet.


    Natürlich würde ich hier gerne eine Stellungnahme eines solchen Theravada-Vertreters lieber haben.

    Mir schien, dass Sebastian ein solcher ist, aufgrund seiner Meinung: "Sterben gibt es, aber keinen Sterbenden."

    Sebastian scheint aber untergetaucht zu sein. :)

    :rainbow:

  • Auch wenn hier jetzt mehrere Themen nebeneinander ablaufen, möchte ich doch bei Mitgefühl und Leerheit bleiben, auch wenn es verlockend ist, zu Rudolfs Beitrag 58 etwas zu sagen.


    Wenn Mitgefühl darin besteht zu wünschen, dass die Lebewesen frei sein mögen vom Leiden und dessen Ursachen: Kann das mehr sein als ein Wunsch? Ist es denn überhaupt möglich, dass sich die Lebewesen von ihren Leiden und deren Ursachen befreien können und kann ich überhaupt hierzu beitragen?


    Die Vier Edlen Wahrheiten beantworten diese Fragen, aber nur wenn man davon ausgeht, dass die Personen und die Phänomene leer sind von inhärenter Bestehensweise. Inhärente Bestehensweise bedeutet ja, die Personen und Phänomene sind beständig, unwandelbar und haben keine Beziehung zu anderen Phänomenen. Kurz gesagt: Personen und Phänomene besitzen kein Eigenwesen.


    Nur weil die Personen und Phänomene keine derartige Bestehensweise haben, macht Mitgefühl, der Wunsch, dass die Lebewesen frei sein mögen vom Leiden und dessen Ursachen und dass man dazu beitragen will, dass sie dies erreichen, einen Sinn.


    Gruß Helmut

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Aber die Tibeter haben von ihren indischen Meister wie Shantarakshita und Atisha z.B. die lehre übernommen, dass es in Indien philosophische Schulen gegeben hat, die den Buddha so verstanden haben, dass sie unter "Selbst" immer "Selbst einer Person" verstanden haben.

    In Indien haben die Vertreter der Lehrmeinungssysteme des Vaibhasika und des Sautrantika, die sich jeweils noch in verschieden viele Unterschulen untergliedert haben, nur von der Selbstlosigkeit der Person (anatta) gesprochen. Sie haben die Position vertreten, dass man die Selbstlosigkeit der Person erkennen muss, um die Befreiung aus dem Samsara zu erreichen.


    Selbstlosigkeit der Person bedeutet nicht, dass es kein Selbst, kein Ich, keine Person gibt. Die Selbstlosigkeit der Person verneint eine bestimmte Ansicht über die Bestehensweise der Person, des Ichs.


    Nyanatiloka drückt es in seinem Buddhistischen Wörterbuch folgendermaßen aus: "dass es weder innerhalb noch außerhalb der körperlichen und geistigen Daseinserscheinungen irgend etwas gibt, das man im höchsten Sinne als eine für sich bestehende unabhängige Ich-Wesenheit oder Persönlichkeit bezeichnen könnte."


    Atisa hat den Tibetern nur die Position bestimmter buddhistischer philosophischer Richtungen im damaligen Indien gelehrt. Dabei geht es nicht um das Selbst, sondern um die Selbstlosigkeit und diese wurde von den genannten Lehrmeinungssystemen nur auf die Person bezogen.


    Im Mahayana wird natürlich auch über die Selbstlosigkeit der Phänomene gesprochen.


    Gruß Helmut

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Meine bescheidene Ergänzung dazu: Im Mahayana geht man davon aus, dass der der die Selbstlosigkeit der Person realisiert hat automatisch die Selbstlosigkeit der Phänomene realisiert hat. Aber auch dabei gibt es Unterschiede zwischen den Schulen.

  • In Kapitel 17 MMk richtet sich Nagarjuna gegen damalige Ansichten der Sautrantrikas und Sarvastivada. In diesen Theorien wurde der Tat tatsächlich ein Eigensein zugesprochen.. Aber diese Schulen gibt es nicht mehr... Werden aber immer wieder gerne mit Theravada verwechselt.

    Taten existieren konventionell und sind als solche natürlich auch vergänglich und ohne Eigensein... Personen ebenso... Nur im Allgemeinen dichtet man den Personen (anders als den Taten) eine unveränderliche Seele bzw. ein Selbst an..

    Im Vissudhi Magga wird einfach auf die 3 Daseinsmerkmale verwiesen....

    Zitat

    Bloß Leiden gibt es, doch kein Leidender ist da.Bloß Taten gibt es, doch kein Täter findet sich.Erlösung gibt es, doch nicht den erlösten Mann.Den Pfad gibt es, doch keinen Wand'rer sieht man da.Von Dauer, Schönheit, Glück, Persönlichkeit Ist leer die erste und die zweite Wahrheit,Von Ichheit leer das todlose Gebiet,Und ohne Dauer, Glück und Ich der Pfad.


    Da ist Leid (Dukkha), jedoch kein Leidender (kein Atta vlg. ist Anatta)..

    Von Dauer leer (Anicca).

  • Im Vissudhi Magga wird einfach auf die 3 Daseinsmerkmale verwiesen....

    Dann weiß ich immer noch nicht warum dann im Vissudhi Magga ein Unterschied gemacht wird in der Bestehensweise dieser beiden: Leid gibt es, aber einen Leidenden gibt es nicht. ??


    Die drei Daseinsmerkmale treffen doch auf alle Phänomene zu.

    :rainbow:

  • Ich würde mir das etwa so denken, dass Leerheit in Bezug auf Menschen bedeutet, dass da nur Mitgefühl, Freundlichkeit und solche Dinge sind.


    Ich denke nicht, dass es sich so verhält.


    Das Verständnis von Leerheit hat keine emotionalen Folgeerscheinungen. Wer dies jedoch einfordert ist lediglich ein Moralist.


    Menschen reagieren (mit oder ohne Verständnis von Leerheit) unterschiedlich auf den Tod von anderen Menschen. Manche lachen sogar. Wer sollte das verbieten? Leerheit auf Menschen angewandt bedeutet für mich zu sehen, dass die Elemente zurückgenommen werden (Körper). Werden die Elemente zurückgenommen, so sieht man, dass da nie irgendjemand war - es war eine simple Projektion. Doch natürlich ist es ein erheblicher Unterschied, ob man dies intellektuell erfasst, oder tatsächlich dahintersteigt und auch gewissenhaft vertreten kann, dass es sich natürlicherweise so verhält - für jeden von uns.

    • Offizieller Beitrag

    Leerheit auf Menschen angewandt bedeutet für mich zu sehen, dass die Elemente zurückgenommen werden (Körper). Werden die Elemente zurückgenommen, so sieht man, dass da nie irgendjemand war - es war eine simple Projektion.

    Meine eigene Person als leer zu sehen steht mir offen, aber andere als leer zu behandeln hat doch vordergründig etwas respektloses.


    Es bedeutet doch, dass man dem anderen seine "Ich-Geschichte" nicht abkauft und jeden der herumläuft als eine Art tragischen Hochstapler sieht. Als Schauspieler die glauben, mit den Rollen die sie spielen identisch zu sein.


    Wenn ich selbst egolos bin, dann kann ich mit anderen auch "als leer" würdig umgehen, aber wenn ich selber kein Arhat bin, etabliert es doch leicht eine Art Ungleichgewicht. Statt mit meinen Illusionen zu arbeiten, entlarven ich andere als "Kaiser ohne Kleider".

  • guter Einwand, finde ich.

    Ich seh es eher so, dass man sieht "Du hast das doch genauso wenig nötig wie ich, dieses Schauspiel beizubehalten". Da ist dann nichts respektloses dabei. Man weiß aus eigener Erfahrung wie schwer es ist, dahinter zu schauen und versteht auch, wenn es nicht hopplahopp gelingt. Es ist dann schade, aber nicht herabwürdigend. Man würde sich nur wünschen, dass jeder dahiner steigt. So kann man auch das Ego im Anderen respektieren, weil man weiß, dass es ja unterwegs ist und eine Zwischenstation darstellt, die nicht einfach übersprungen werden kann. Man selbst ist ja auch auf dem Weg - vielleicht an einer anderen Stelle, aber eigentlich gibt es kein "Fortgeschritten" oder "Zurückgeblieben". Da ist etwas, das von jedem in sich und allgemein entdeckt werden kann und auf dieser Entdeckungsreise kann man nur voran schreiten und nie zu einem Schlusspunkt kommen. Dieses Unterwegssein, selbst wenn es in jemandem gesehen wird, der selbst nichts davon weiß macht die Menschen ja grundsätzlich gleich.

    • Offizieller Beitrag

    Dieses Unterwegssein, selbst wenn es in jemandem gesehen wird, der selbst nichts davon weiß macht die Menschen ja grundsätzlich gleich.

    Manchmal ist ja geradezu der Nicht-Respekt vor der Rolle der Respekt vor dem Menschen. Also zum Beispiel wenn man mit einem Kind spricht, dann ist es ja eher Zufall dass man selber die erwachsene Person ist und das Kind die unerwachsene Person. Und es genau umgekehrt auch sein könnte.


    Oder, wenn man jemanden nicht als Penner sieht sondern als Menschen, der in obdachlose Umstände geraten ist, dann ist da in der Respektlosigkeit vor der Rolle auch Respekt vor dem Menschen.

  • Im Vissudhi Magga wird einfach auf die 3 Daseinsmerkmale verwiesen....

    Dann weiß ich immer noch nicht warum dann im Vissudhi Magga ein Unterschied gemacht wird in der Bestehensweise dieser beiden: Leid gibt es, aber einen Leidenden gibt es nicht. ??


    Die drei Daseinsmerkmale treffen doch auf alle Phänomene zu.

    Leid ist unpersönlich bzw. ist unpersönlich formuliert.... Ein Leidender ist hingegen eine leidende Person.. Anatta ist Nichtselbst, Nicht Ich oder auch Unpersönlichkeit.

    Da die drei Daseinsmerkmale auf alle Phänomene zutreffen, ist da folglich kein Selbst welches leidet... Kein Leidender... Aber Leid ist da schon, bedingt durch das Anhaften der Vorstellung eines beständigen Selbsts.

  • Aber Leid ist da schon, bedingt durch das Anhaften der Vorstellung eines beständigen Selbsts.


    Dann ist da auch ein Leidender: bedingt durch das Anhaften der Vorstellung eines beständigen Selbsts.

    :rainbow:

  • Aber Leid ist da schon, bedingt durch das Anhaften der Vorstellung eines beständigen Selbsts.


    Dann ist da auch ein Leidender: bedingt durch das Anhaften der Vorstellung eines beständigen Selbsts.

    Wenn wir schon am Haarespalten sind (das finde ich hier gerade auch passend!): Müsste es nicht heißen:

    "Dann ist da auch die Vorstellung eines Leidenden: bedingt durch das Anhaften der Vorstellung eines beständigen Selbsts.".

    Einen Leidenden gab es nach meinem Verständnis der Lehre nie, egal, wie verblendet man ist.


    Liebe Grüße,

    Aravind.

  • Aber Leid ist da schon, bedingt durch das Anhaften der Vorstellung eines beständigen Selbsts.


    Dann ist da auch ein Leidender: bedingt durch das Anhaften der Vorstellung eines beständigen Selbsts.

    Genau so ist das. Nur ist es auch so das ich??? diesen Leidenden in mir als ICH sehen kann, eine Verkleidung von mir der sieht. Nicht getrenn von Sein sondern das Sein umschließend. Wenn ich ich bin ist es mir nicht möglich mich zu betrachten, da kann ich nur meine Handlunge betrachten. Das hört sich immer so schizophren oder "Wer bin Ich und wenn wieviele" an ist aber nicht so. Das ist eben Sprache. Ich hab keine Worte und auch keine Sprache um das unmissverständlich auszudrücken. Erlebst Du Das weiss Du es doch Worte gibt es nicht.

  • Dann ist da auch ein Leidender: bedingt durch das Anhaften der Vorstellung eines beständigen Selbsts.

    Wenn wir schon am Haarespalten sind (das finde ich hier gerade auch passend!): Müsste es nicht heißen:

    "Dann ist da auch die Vorstellung eines Leidenden: bedingt durch das Anhaften der Vorstellung eines beständigen Selbsts.".

    Einen Leidenden gab es nach meinem Verständnis der Lehre nie, egal, wie verblendet man ist.


    :? ... In der Welt gibt es Dinge und Personen - und daher gibt es auch immer Leidende in der Welt - nämlich all jene, die das, was ist, (Freude oder Leid), nicht neutral zu sehen vermögen, sich mit all dem identifizieren, und sich selbst, (das Ich) für etwas von Körper und Geist Unabhängiges, Eigenständiges, Unwandelbares halten. ...


    Auch diejenigen, die von der wahren Natur allen Seins/ dem Abhängigen Entstehen gehört und die Lehre verinnerlicht haben, sehen und erleben Freude und Leid in der Welt, aber sie identifizieren sich (im Idealfall) nicht damit, wünschen keine Ändereung dessen, was ist, herbei, haften nicht an, und lehnen nicht ab, sondern greifen zu und machen aus dem, was ist, das ihnen Bestmögliche.

    Dies zeigt ja, dass die Textstelle aus dem Vissudhi Magga interpretiert werden muss.


    Gruß Helmut

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Dies zeigt ja, dass die Textstelle aus dem Vissudhi Magga interpretiert werden muss.


    Der Vissudhi Magga ist doch scho eine Interpretation. Das sind nicht die Worte des Buddha, sondern das Verständnis eines Gelehrten.

    Und dieser Gelehrte hat einen Aspekt der Lehre des Buddha offenbar anders verstanden als z.B. Nagarjuna.

    :rainbow:

  • Wenn wir schon am Haarespalten sind (das finde ich hier gerade auch passend!): Müsste es nicht heißen:

    "Dann ist da auch die Vorstellung eines Leidenden: bedingt durch das Anhaften der Vorstellung eines beständigen Selbsts.".


    Nein. - So müsste es nur heißen, wenn man gleichzeitig formuliert:

    "Da ist auch die Vorstellung von Leiden"

    :rainbow:

  • Dies zeigt ja, dass die Textstelle aus dem Vissudhi Magga interpretiert werden muss.


    Der Vissudhi Magga ist doch schon eine Interpretation. Das sind nicht die Worte des Buddha, sondern das Verständnis eines Gelehrten.

    Und dieser Gelehrte hat einen Aspekt der Lehre des Buddha offenbar anders verstanden als z.B. Nagarjuna.

    Hier wird ja eine Textstelle aus dem Vissudhi Magga von euch fleißig und sehr unterschiedlich interpretiert. Dies zeigt ja, dass auch diese Interpretation der Lehre des Buddha wiederum interpretiert werden muss, um sie angemessen zu verstehen. Das zeigt eben auch, dass die Bedeutung der Worte nicht in den Worten selbst liegt.


    Buddhaghosa und Nagarjuna argumentieren aus verschieden Perspektiven heraus. Buddhaghosa war ja kein Madhyamika, sondern gehörte zur Theravadin-Tradition.


    Der Punkt ist meines Erachtens: Kann die Aussage "Bloß Leiden gibt es, doch kein Leidender ist da" mit den ersten beiden Edlen Wahrheiten in Einklang gebracht werden? Und wenn ja, wie?


    Gruß Helmut

    Gruß Helmut


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  • Ja, das hatte ich gegenwärtig: natürlich gibt es Interpretationen von Interpretationen von Interpretationen von interpretationen von Interpretationen .....

    Es gibt soviele Interpretatioen von einer Aussage wie es Menschen gibt, die diese Aussage verarbeiten.


    Die alten Römer sagten schon: Quot capita, tot sententia.


    Das war mir also schon klar.

    ich habe das nur gesagt, weil ich jemanden kenne, der dachte ziemlich lange: "Bloß Leiden gibt es, doch kein Leidender ist da" sei eine Aussage des Buddha.

    :rainbow:

  • Dies zeigt ja, dass die Textstelle aus dem Vissudhi Magga interpretiert werden muss.


    Der Vissudhi Magga ist doch scho eine Interpretation. Das sind nicht die Worte des Buddha, sondern das Verständnis eines Gelehrten.

    Und dieser Gelehrte hat einen Aspekt der Lehre des Buddha offenbar anders verstanden als z.B. Nagarjuna.

    Auch das ist Ansichtssache das er es tat... Meiner Ansicht nach haben Buddhaghosa sowie Nagarjuna die Lehre vollkommen verwirklicht und waren ansichtsbefreit.


    Zitat

    Ehrwürdiger Herr, unterschiedliche Ansichten tauchen in der Welt auf, die entweder mit Lehrmeinungen über ein Selbst zu tun haben, oder mit Lehrmeinungen über die Welt. Kommt nun das Überwinden und Aufgeben jener Ansichten in einem Bhikkhu zustande, der sich noch dem Anfang (seiner) Praxis zuwendet?"

    "Cunda, was jene unterschiedlichen Ansichten betrifft, die in der Welt auftauchen, die entweder mit Lehrmeinungen über ein Selbst zu tun haben, oder mit Lehrmeinungen über die Welt: wenn das, woraus jene Ansichten entstehen, was ihnen zugrunde liegt, worauf sie angewendet werden, mit angemessener Weisheit der Wirklichkeit entsprechend so betrachtet wird: 'Dies ist nicht mein, dies bin ich nicht, dies ist nicht mein Selbst', dann kommt das Überwinden und Aufgeben jener Ansichten zustande



    So denkt sich vlt. einer... "Ach, ich bin so ein armer Leidender" und betrachtet sein Leid als sein Leid...


    Aber dann beginnt er vlt. das Leid wahrheitsgemäß zu betrachten und erkennt

    "Dies ist nicht mein, dies bin ich nicht, dies ist nicht mein Selbst',"

    Und überwindet somit die Ansicht das da ein "armer Leidender" sei.

    2 Mal editiert, zuletzt von Sunu ()

  • Meine eigene Person als leer zu sehen steht mir offen, aber andere als leer zu behandeln hat doch vordergründig etwas respektloses.


    Es bedeutet doch, dass man dem anderen seine "Ich-Geschichte" nicht abkauft und jeden der herumläuft als eine Art tragischen Hochstapler sieht. Als Schauspieler die glauben, mit den Rollen die sie spielen identisch zu sein.


    Respektlos? WEM gegenüber? :grinsen:


    Natürlich muss man die Sicht ja immer auf ALLES anwenden, auf den "eigenen" Körper, andere Körper, Blumen, Töne usw.


    Für mich ist da absolut nichts respektlos. Wenn ich hingehen würde, und ungefragt bei irgendwelche Menschen auf der Straße die Leehrheitsleere auspacke, dann könnte dies verwerflich sein...aber das würde mir nie in den Sinn kommen, von daher...

  • Auch das ist Ansichtssache das er es tat...


    Buddhaghosa sagt: "Bloß Taten gibt es, doch kein Täter findet sich."


    Nagarjuna sagt in MMK VIII, 12+13: (Übers. von Jay Garfield)

    "Action depends upon the agent,

    The agent itself depends on action.

    One cannot see any way

    To establish them differently.


    From this elimination of agent and action

    One should elucidate appropration in the same way.

    Through action and agent

    All remaining things should be understood."


    Das kann man also lesen, das er das tat.

    Aber Helmut und Sunu können jetzt ja mal anfangen zu interpretieren ....

    :rainbow: