Nirvana und Nihilismus-Vorwürfe

  • Ich suche Literatur bzw. Internetseiten, die über das Nihilismus in Bezug auf das nibbana handeln, vielleicht auch speziell auf das Theravada bezogen.

    Kennt ihr da vielleicht was? 😊


    Ich hab einen Artikel gefunden, da sagt ein ehemaliger Religionswissenschaftler. Friedrich Max Müller, folgendes:


    "... Nun bemerkt aber schon BURNOUF, daß diese Lehre in ihrer krassen Form nur im dritten Teil des Kanons, im sogenannten Abhidharma, erscheint, nicht aber im ersten und zweiten Teil, in den Sûtras, den Predigten, und dem Vinaya, der Ethik, welche zusammen den Namen Dharma oder Gesetz tragen. Zweitens hebt er hervor, daß nach einigen alten Autoritäten dieser ganze Teil des Kanons als "nicht von BUDDHA verkündet" (2) bezeichnet wird. Dies sind bereits zwei bedeutende Beschränkungen. Ich füge nun noch eine dritte hinzu, und behaupte, daß im 1. und 2. Teil des Kanons Aussprüche des BUDDHA vorkommen, welche mit diesem metaphysischen Nihilismus im grellsten Widerspruch stehen... "

    Friedrich Max Müller - Über den buddhistischen Nihilismus


    Was sagt ihr dazu?

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  • Das Schlusswort im Link

    nibbana

    Zitat

    "Als Glück erkennen es die Heiligen: Zunichtewerden dieses Ichgebildes.

    Der ganzen Welt ist freilich dies zuwider, nicht aber denen, die verstehen.

    Was Glück ist für die Anderen, leidig nennt's der Heilige;

    Was leidig gilt den Anderen, der Heilige weiß es als Glück."

    (Sutta-Nipāta, Vers 761/762)


    hat Ähnlichkeit mit Schopenhauers Schlusswort:

    Zitat

    Wir bekennen es vielmehr frei: was nach gänzlicher Aufhebung des Willens übrig bleibt, ist für alle Die, welche noch des Willens voll sind, allerdings Nichts. Aber auch umgekehrt ist Denen, in welchen der Wille sich gewendet und verneint hat, diese unsere so sehr reale Welt mit allen ihren Sonnen und Milchstraßen – Nichts.

    (Die Welt als Wille und Vorstellung, 1.Band, 4.Buch, letzter Satz)

    :rainbow:

  • Das sind die Abgründe der Rhetorik.

    Viel aufgeplustertes Gerede und Behaupten und herrumgeschwurbel um Nichts.

    Ich würde mich da lieber an ganz einfache Aussagen der Lehre halten wie diese hier:

    Und damit wäre eigentlich alles gesagt.

  • War halt offenbar Thema 1951.

    Desweiteren is ja so,dass dem Dhamma von westlicher Seite her generell ne nihilistische Schlagseite attestiert wird.Was an dem Text gut ist,ist,dass er ausgewogen resümiert-er trifft keine einseitige Wahl von Sutrapassagen.Und passt halt zur Frage.


    Freundliche Grüsse@accinca

    Einmal editiert, zuletzt von Aka Onyx 9 ()

  • Was sagt ihr dazu?


    Es sind schon einige falsche Sachen in dem präsentierten Text Friedrich Max Müller - Über den buddhistischen Nihilismus


    zB


    Zitat

    Was nun den Atheismus betrifft, so läßt sich in keiner Weise leugnen, daß, wenn wir die alten Götter des Veda, INDRA und AGNI und YAMA, - Götter nennen, BUDDHA ein Atheist war.


    Liest man den Palikanon kann man schwer zu dieser Auffassung kommen. Es wird in einer Lehrrede ja sogar aufgefordert (ebenso neben anderen guten Wesen) die Götter zu ehren.

  • Aber was eindeutig immer wieder rüber kommt

    ist die unbewußte oder sogar bewußte Angst vor

    einem Nichts bzw. einer Leere ohne irgendwas.

  • Ist richtig.Es gibt Ängste,und je Analyse,-und Verstandesträchtiger um so mehr.Insofern ist es wichtig,die positivierende Seite nicht zu vernachlässigen.Das spirituelle Bestreben des Menschen wird im "Wahren,Schönen,Guten" inspiriert.

    Und es gibt eine Erinnerung in Bezug auf Schwinden und "Enden" des Bewusstseins.Verstehst du ?:star:

    Einmal editiert, zuletzt von Aka Onyx 9 ()

  • Was ist eigentlich ein spirituelles Bestreben des Menschen? Ein auf das Geistige ausgerichtetes Bestreben?


    Es ist doch ein Bestreben nach Klarheit. Nüchternheit. Richtigkeit.

  • Mein Erkennen und Erleben ist das es Nirvana gibt, Das Nichts gibt. Es gibt mir eine Sicherheit die ich nicht mehr in Frage stelle. Es hat mir ermöglicht den Satz: " Ich kann alles berühren, sogar kurzzeitig festhalten ohne daran länger anzuhängen." Ich bin Dies im Nichts. Alles wird Wirken und Erleben. Das ist in mir, durch mich und dieses Wirken und erleben wird immer wieder geprüft. Weil Nirvana kein Ort mehr ist der hinter der Welt, Außerhalb der Wahrnehmung, ist sondern das in dem ich bin, gibt es kaum noch Anhaftungen. Das bedingte Entstehen findet im Nirvana statt, Nirvana ist nicht mehr zu trennen vom bedingten Entstehen. Weder hinter dem Nirvana noch dem bedingten Entstehen ist noch irgendwas das diese ermöglicht.

  • Jesus soll gesagt haben: Wenn Du Mich suchen solltest, hebe irgendeinen Stein auf und sieh ich bin schon Da.

    Wenn Du Nirvana suchst hebe deine Mouse hoch und Nirvana, Das Nichts, ist schon gefunden. Das Nirvana ist nicht DAS Nichts, denn hebe Das Nichts hoch und Nirvana ist da.

  • Es gibt 2 Arten von Nirvana:


    1. jenes welches in Verneinung all dessen verweilt, was die Welt bestätigt, und

    2. jenes welches weder in Verneinung noch in Bestätigung verweilt.


    Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Beide Arten sind Befreiung.

    Bloß ist Ersteres quasi 'abgeschnitten', 'abgetrennt', 'isoliert' von der Welt und Letzteres ist nichts anderes als alles immer schon war.


    :rad:

    Mein Motto: "Nur Materie ist real." Probier's mal aus :)

  • Sprichst du von einer von Begehren und Nichtwissen unabhängigen (richtigen) Einsicht?

    Du,ich hab null Ahnung was du mir sagen willst.


    Du sprachst von:


    Ist dir diese Einschränkung wichtig? Gibt es noch eine andere Richtigkeit der Anschauung und der Handlungen?

    Selbstverständlich.Eine Unabhängige.


    Was ist das? Was ist damit gemeint?

  • Es sind schon einige falsche Sachen in dem präsentierten Text Friedrich Max Müller - Über den buddhistischen Nihilismus


    zB


    Zitat

    Was nun den Atheismus betrifft, so läßt sich in keiner Weise leugnen, daß, wenn wir die alten Götter des Veda, INDRA und AGNI und YAMA, - Götter nennen, BUDDHA ein Atheist war.

    Dies ist mal wieder ein Beispiel wie ungerecht man sein kann, wenn man den Kontext und die Vieldeutigkeit eines Wortes nicht berücksichtigt.


    Atheismus hat auch heute noch nach dem Duden die Bedeutung:

    "Weltanschauung, die die Existenz [eines] Gottes verneint bzw. bezweifelt"

    Und so war es auch hauptsächlich in den früheren Jahrhunderten hier in Europa gemeint: die Leugnung eines Gottes, d.h. eines Schöpfer-Gottes (so wie Brahma sich das eingebildet hat.)

    An die Götter auf dem Olymp glaubte eh keiner mehr und es ging bei dem Begriff "Gott" immer nur um den christlichen Gott oder allgemein um einen Weltschöpfer.


    Natürlich gibt es im Internet auch noch andere Auffassungen von Aheismus und Atheist.

    Aber was Max Müller meint ist doch klar. Das ergibt sich aus seinen Erklärungen und seinem Bezug auf das Christentum.

    In diesem Sinne war Buddha ein Atheist. Voll und ganz.


    So, und nun kannst du wieder sagen, dass Atheist auch noch mehr bedeutet ......... ja, aber nicht für die Hörer des Vortrags von damals.

    :rainbow:


  • Lieber Spock,


    es spricht für ihn, dass er das 'natürliche Ereignis'-Nirvana erwähnt.


    Was das 'Unterdrückung von Befleckungen'-Nirvana angeht, so kann dies, wenn es sich in Worten manifestiert mMn auf Weltlinge durchaus 'nihilistisch' wirken. Vielleicht entspricht es am ehesten dem, was ich mit Pkt 1 meinte. Wobei bei ihm heißt es da 'bewußte Kontrolle und Unterdrückung' und das liest sich für mich etwas zu hart, denn so meinte ich meinen Pkt 1 nicht. ich würde es vielleicht eher mit einer Art 'Sammlung' im Sinne von Konzentration vergleichen, die aber doch anstrengungslos ist, sonst wär's ja keine Befreiung.


    Sein 'völlige Auslöschung aller Befleckungen und die endgültige Überwindung der Unwissenheit'-Nirvana finde ich ambivalent, weil er zum einen auf die Fesseln abhebt, es dabei aber doch als final darstellt. Ich würde die Überwindung der Fesseln aber nicht als final darstellen, obgleich es Befreiung ist.

    Meinen Pkt 2 würde ich auch nicht als final bezeichnen.



    _()_

    Mein Motto: "Nur Materie ist real." Probier's mal aus :)

  • Rudolf


    Es ist dem Threadersteller und dem Verständnis des verlinkten Textes sicher nicht hilfreich, so zu posten wie ich gepostet habe. Kernaussage ist ja auch nicht, ob oder wer nun Atheist ist oder nicht. Ich stimme CLK93 unter Vorbehalten zu, wenn er meint, dass die Lehre des Buddha zu einem


    metaphysischen Nihilismus im grellsten Widerspruch stehen...


    Ich finde auch, es ist ein hehres Motiv (ein guter Wille) hinter den Zeilen von Max Müller (Friedrich Max Müller - Über den buddhistischen Nihilismus) zu erkennen.


    Allerdings vereinnahmt der Max die Lehre des Buddha unter einem Verständnis, was diese Lehre als eine den Religionen zugehörig begreift. Von hier aus nähert er sich den Aussagen der BuddhaLehre. Er könnte sich dieser Lehre aber ebenso von einem Punkt aus nähern, die alle Aussagen der Menschen zu einer so oder so gedachten Wirklichkeit begreift.


    Konkret finde ich es falsch zu sagen, dass der Buddha ein Atheist gewesen wäre.


    Zitat

    Was nun den Atheismus betrifft, so läßt sich in keiner Weise leugnen, daß, wenn wir die alten Götter des Veda, INDRA und AGNI und YAMA, - Götter nennen, ein Atheist war. Er glaubt nicht an die Göttlichkeit dieser Gottheiten. Es ist merkwürdig, daß er ihre bloße Existenz durchaus nicht leugnet, so wenig wie >em class="cap">AUGUSTINUS und andere Kirchenväter die Existenz der olympischen Götter zu verflüchtigen oder gänzlich hinweg zu erklären suchten. Der Stifter des Buddhismus behandelt die alten Götter als übermenschliche Wesen, und verspricht den Frommen, daß sie nach dem Tod in den Götterwelten wiedergeboren werden und mit den

    Friedrich Max Müller - Über den buddhistischen Nihilismus


    Sicher ist in den Lehrreden die Rede von Göttern, und die sind hier Götter weil sie göttliche Eigenschaften haben, die ihnen auch nicht abgesprochen werden, sonst wäre ja nicht die Rede von Göttern. Es ist auch nicht merkwürdig, dass deren Existenz nicht geleugnet wird. Er (Max Müller) findet es halt merkwürdig. Meinem Verständnis nach würde der Max das weniger merkwürdig finden, würde er es besser verstehen. Ich sehe auch kein Versprechen des Buddha an seine Nachfolger, in den Götterwelten wiedergeboren zu werden. Man könnte Lehrredeninhalte so auslegen, aber das ist wegen eines nicht gegebenen Versprechens trotzdem falsch zu sagen. Und auch wenn man sich durch diese Kritik (es gibt so ein Versprechen nicht) nicht abschrecken lassen möchte, weil man hinter den weiteren Zeilen einen wertvollen Gehalt vermutet, dann ist es immer noch sehr einseitig, sich auf diese Weise den Lehrreden und dem was hier ausgesagt wird, ein solches Fazit ziehend zu nähern.


    In diesem Sinne war Buddha ein Atheist. Voll und ganz.


    Ein Atheist ist jemand, der die Existenz von Göttern leugnet. Also sagt: das gibt es nicht. Ein Philosoph war der Buddha nicht.


    Zur Erklärung: Es werden alle Vorstellungen in dem Sinne abgelehnt, dass gesagt wird, dass sie vollzogen werden, weil nicht gänzlich durchschaut wurde. Insgesamt ist die Botschaft, dass man allgemein nicht von der Existenz von Wesen (ob nun göttlich oder nicht göttlich) sprechen kann, wie man sie gemeinhin versteht.


    Wenn man also sagt, der Buddha wäre ein Atheist gewesen, dann müsste man so konsequent sein und weiter behaupten, dass der Buddha ebenso die Existenz anderer Wesens- und damit Daseinsformen geleugnet hätte.

  • Nihilismus geht nach der mir geläufigen Interpretation vom Fehlen einer legitimen Autorität aus, die einen objektiven Lebenssinn bzw. moralische Maßstäbe schaffen könnte. Den Vorwurf, der Buddhismus sei nihilistisch, kann man in dem Sinne bejahen, weil er von der Essenzlosigkeit alles Bestehenden ausgeht. Ich finde diese Begründung aber recht kurzsichtig. Die tibetischen Exilanten in Indien gehen zweifellos von der Essenszlosigkeit des Staates China aus, der sich aus Millionen Individuen zusammensetzt. Doch lässt sich nicht leugnen, dass dieser Staat einen objektiv nachweisbaren Fakt geschaffen hat, nämlich die Annexion Tibets. In der selben Weise würden nur wenige "traditionelle" asiatische Buddhisten behaupten, dass Gottheiten wie Yama keine objektiven Maßstäbe setzen, nur weil sie essenzlos sind- denn nach meinem Wissensstand fungiert er als eine Art Richter. Ist die Möglichkeit, in das Nirvana einzutreten, vor diesem Hintergrund wirklich nihilistisch? Oder nicht vielmehr existenzialistisch und emanzipatorisch, weil es den ständig wiedergeborenen Wesen die Möglichkeit eröffnet, sich aus diesem sklavischen Kreislauf zu befreien? Ich tendiere zu Letzterem.


    Ein weiterer Punkt, auf den ich eingehen will, ist die Einbeziehung der christlichen Perspektive im Artikel. Der Autor bemängelt wohl, dass der Buddhismus von Kirchenleuten trotz seines Nihilismus gelobt wird. Das scheint mir sehr ironisch, weil ich in "The Making of Buddhist Modernism" gelesen habe, dass christliche Missionare in Asien ad nauseam versuchten, den Buddhismus als wertlose, nihilistische Religion zu verunglimpfen. Die (aus meiner Sicht falsche) Annahme dahinter ist, dass Atheismus unweigerlich zu Nihilismus und davon ausgehend zu moralischem Verfall führt. Aber gerade der christliche Trinitarismus stößt auf Rechtfertigungsprobleme. Schließlich geht das Christentum von einem allmächtigen, unendlich barmherzigen Gott aus, der sich selbst zu sich selbst opferte, um die Menschheit vor dem Bösen zu retten, das er paradoxerweise selbst erschaffen hat. Die Annahme eines unsterblichen, allmächtigen und durchweg guten Schöpfers führt direkt zur Theodizee.


    Der Buddhismus hat aus meiner Sicht den Vorteil, dass er selbst in seiner demythologisierten Form den Nihilismus überwindet und (denke ich) eher in Richtung Existenzialismus geht. Und das Nirvana als Ziel ist, wie ich weiter oben schrieb, nicht als bloße Resignation vor dem Fehlen eines Lebenssinns zu verstehen.

    Einmal editiert, zuletzt von Kagemusha ()