Karma ?

  • Hallo liebe Community, ich beschäftige mich durch Meditation seit einem Jahr immer mehr mit Buddhismus. Ich finde diesen sehr faszinierend und kann mit vielen Glaubenssätzen etwas anfangen. Gerade beim Thema Karma stoße ich jedoch je nach Quelle oft auf einige Widersprüche , also zumindest verstehe ich sie als Widerspruch und je nachdem wo icj Definitionen und Antworten suche unterscheiden diese sich von einander. Ich habe mal ein konkrete Frage - gestern habe ich eine Doku über Buddhismus geschaut und darin wurde berichtet dass in der Mongolei im Jahre 1937 die meisten buddhistischen Mönche von der Sowjetunion politisch verfolgt, eingesperrt und getötet wurden. Ich persönlich frage mich dann wie so vielen Menschen, die ihr ganzen Leben dem Buddhismus gewidmet haben im Kollektiv so etwas schreckliches passieren kann ? Wie ist das mit dem Prinzip von Karma aus eurer Sicht erklärbar ? An sich möchte ich auch fest an so etwas wie Karma glauben, jedoch kommt bei solchen Gedanken ein großes Hinterfragen bei mir auf. Würde mich wirklich über Antworten freuen und bin sehr gespannt.

  • Hallo David94 ,


    du erwähnst, dass du verschiedene Definitionen von Karma kennst. Kannst du die vielleicht einmal benennen? Das erleichtert möglicherweise eine Antwort.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Danke ! Also ich hab durch google suche halt schon mehreres über Karma gelesen und jedes mal wird es ein stück weit anders definiert. Hätte ich da jetzt bereits einen richtigen durchblick würde ich diese frage vielleicht nicht stellen ja :D deshalb erhoffe ich mir hier ein wenig klarheit. Von manchen Seiten wird behauptet dass es gutes und schlechtes karma nicht gebe, woraus sich mir bisher nicht erschlossen hat was dann karma überhaupt genau für eine Bedeutung haben soll. Jedoch lässt sich aus den meisten Definitionen wie ich es verstanden habe kurzum zusammenfassen dass jeder gedanke, jedes wort, jede handlung auch aus einem früheren Leben eine Folge für das jetzige oder das nächste Leben haben muss. Wenn dem so ist müssten all diese Mönche nach meinem Verständnis ja in einem voherigen Leben anderen Leuten etwas ähnliches angetan haben damit so etwas wie gefangenschaft und Mord auf sie zurück kommt. Mit dem mir genannten Thema vergleichbar habe ich übriegens Aussagen eines Rinpoches gefunden in dessen Land auch ähnliches ( Bürgerkrieg, verfolgung etc. ) geschah und er der Meinung war, dass er und Leute seiner Glaubensgemeinschaft vor dem tot und der Qual bewahrt wurden da sie auf dem Weg der Erleuchtung ja bereits sehr karmisch gereinigt sein müssten oder so in der art... wozu mein Beispiel einen krassem Widerspruch bilden würde. Wie gesagt ich bin absoluter Laie und Blick da umso mehr Gedanken ich mir mache und Definitionen ich lese eigentlich immer weniger durch :D erhoffe mir dass ihr etwas Licht ins dunkle bringen könnt :D Wie würdet ihr denn Karma definieren und wie würdet ihr es auf das von mir genannte Beispiel beziehen ?

  • Die kurze Antwort: Keiner weiß es. Das wäre die ehrlichste Antwort.


    Ansonsten lautet die übliche Antwort: Jedes Lebewesen trägt ein Konglomerat hochkomplexer, karmischer Bedingungen in sich. Dies wird durch die hohe Anzahl vergangener Leben bedingt und den Umstand, dass nicht jede karmische Anlage unmittelbar nach deren Entstehung auch zur Entfaltung kommt.


    Beispiel: Person X hat vielleicht vor 100 Leben mal einen Menschen umgebracht, ist heute aber ganz lieb und sogar Buddhist. Nun kann es passieren, dass diese alte karmische Anlage erst heute zur Entfaltung kommt (indem Person X zum Beispiel umgebracht wird). Im obigen Fall hatten halt alle Personen so eine Anlage, die dann eben quasi "kollektiv" entfaltet wurde, weil die Umstände gepasst haben. Vermutlich hat jeder Mensch solche Anlagen, weil die Anzahl der vergangenen Leben praktisch unbegrenzt ist und somit auch die möglichen karmischen Anlagen unglaublich vielfältig und komplex sind.


    doch Vorsicht!


    Natürlich macht die Erklärung irgendwie "Sinn", aber nur weil etwas "Sinn" macht muss es noch lange nicht wahr sein. Sei dir dessen immer bewusst! Es handelt sich hier immer um eine Frage des Glaubens, da eine empirische Nachweisbarkeit nicht gegeben ist. Der Buddha hat immer gesagt: Glaube nichts, nur weil es jemand behauptet hat.


    eine genauso plausible Antwort wäre: Die Leute hatten einfach Pech. Shit happens. Es gibt keinen tieferen Grund, der ihr Unglück erklären könnte. Sie waren einfach zur falschen Zeit am falschen Ort. Wenn morgen ein dicker Asteroid auf die Erde prallt, dann sind vielleicht alle Menschen tot. Völlig egal welche karmischen Anlagen selbige angeblich gehabt haben. Es ist ja nun nicht so, dass die Dinos in ihren früheren Leben mit Asteroiden geworfen hätten. Sie hatten einfach nur Pech, weil die Geschwindigkeitsvektoren der Erde und des Asteroiden in Kombination mit den newtonschen Axiomen zu einer Kollision geführt haben. :grinsen:


    lg,

    6 Mal editiert, zuletzt von Erdmaus ()

  • Ich bleibe mal bei Deiner Karma-Idee.


    Das hier:

    dass jeder gedanke, jedes wort, jede handlung auch aus einem früheren Leben eine Folge für das jetzige oder das nächste Leben haben muss.

    führt nicht logisch zu


    Wenn dem so ist müssten all diese Mönche nach meinem Verständnis ja in einem voherigen Leben anderen Leuten etwas ähnliches angetan haben damit so etwas wie gefangenschaft und Mord auf sie zurück kommt.

    Nur, weil es Karma gibt, bedeutet das doch nicht, dass man nur das erfährt, was man selbst verbrochen hat.

    Wenn die Mönche bei einem Erdbeben ums Leben gekommen wären, hätten sie dann in einem früheren Leben ein Erdbeben ausgelöst?


    Wenn der von Dir konstruierte Zusammenhang logisch sein sollte, müsste die Karmadefinition doch heißen: "Alles was ich getan habe, stößt auch mir zu. Alles Schlechte, das mir zustößt, habe ich früher selbst getan."


    Ich kenne keine buddhistische Richtung, die Karma so versteht.


    Liebe Grüße,

    Aravind.

  • Hallo liebe Community, ich beschäftige mich durch Meditation seit einem Jahr immer mehr mit Buddhismus. Ich finde diesen sehr faszinierend und kann mit vielen Glaubenssätzen etwas anfangen. Gerade beim Thema Karma stoße ich jedoch je nach Quelle oft auf einige Widersprüche , also zumindest verstehe ich sie als Widerspruch und je nachdem wo icj Definitionen und Antworten suche unterscheiden diese sich von einander. Ich habe mal ein konkrete Frage - gestern habe ich eine Doku über Buddhismus geschaut und darin wurde berichtet dass in der Mongolei im Jahre 1937 die meisten buddhistischen Mönche von der Sowjetunion politisch verfolgt, eingesperrt und getötet wurden. Ich persönlich frage mich dann wie so vielen Menschen, die ihr ganzen Leben dem Buddhismus gewidmet haben im Kollektiv so etwas schreckliches passieren kann ? Wie ist das mit dem Prinzip von Karma aus eurer Sicht erklärbar ? An sich möchte ich auch fest an so etwas wie Karma glauben, jedoch kommt bei solchen Gedanken ein großes Hinterfragen bei mir auf. Würde mich wirklich über Antworten freuen und bin sehr gespannt.

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    Nun..... Nicht jeder der sich Mönch nennt baut nur gutes Karma auf.

    Siehe dazu "Kamikaze Flieger WW2" dort wurde auch mit Buddhismus argumentiert;)


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  • ... Jedoch lässt sich aus den meisten Definitionen wie ich es verstanden habe kurzum zusammenfassen dass jeder gedanke, jedes wort, jede handlung auch aus einem früheren Leben eine Folge für das jetzige oder das nächste Leben haben muss. Wenn dem so ist müssten all diese Mönche nach meinem Verständnis ja in einem voherigen Leben anderen Leuten etwas ähnliches angetan haben damit so etwas wie gefangenschaft und Mord auf sie zurück kommt.

    Nach der klassischen Version dauert die Wanderung durch das Samsara schon seit unvordenklichen Zeiten an. Da ist also eine Menge Karma aufgespeichert das zur Wirkung kommt wenn die entsprechenden Bedingungen vorhanden sind. Das kann auch Mönche betreffen oder selbst der Buddha wurde angegriffen und verletzt. Ein Erwachter schafft keine Karma-Ursachen mehr aber es gibt noch Auswirkungen von der Zeit wo er solche geschaffen hat.

    Aber es heißt auch dass es nur zu Verwirrung führt wenn man über Karma und seine Auwirkungen zuviel nachdenkt, das gilt als unfassbar. Jedenfalls nach der Pali-Überlieferung.

  • Buddha selbst sagte, dass das Wirken von Karma recht kompliziert ist und man da nicht zuviel nachfragen und nachdenken solle, da kriegt man nur Kopfweh. Einfach den Pfad gehen, irgendwann kann man es dann selbst realisieren.


    Also, sinngemaß sagte er das :D


    Anders gesagt: Fast jeder stellt sich diese Fragen, David94. :) Aber niemand hier im Forum (vermute ich) weiß die Antwort. Viele glauben, dass es nur dieses eine Leben gibt (säkularer Buddhismus), dann hatten die halt einfach Pech, aber immerhin das Glück, dass sie ev. dank Buddhismus die Verfolgung annehmen konnten und weniger darunter gelitten haben. Denn Buddhismus ist schlicht und einfach ein Weg zur Abschaffung des INNEREN Leidens (nicht: Abschaffung des Leidens, indem man die Welt ändert).


    Andere Glauben an "Wiedergeburt", was immer das sein mag - dann würde das leidvolle Karma von früheren Leben abgetragen. Angulimala war ein Massenmörder, wurde Anhänger des Buddha und erleuchtet, unmittelbar danach (oder währenddessen, ich weiß nicht mehr) von den wütenden Angehörigen der Opfer getötet. Erleuchtung schützt vor Abtragen des Karma halt nicht :)

  • Karma ist ein sehr komplexes Thema und @mkha' hat ja einen sehr informativen Post hier reingestellt .


    Und das Buddhaland lädt ja auch dazu ein mal zu diesem Thema etwas herumzustöbern.



    Ich versuche Karma ein stückweit dadurch zu verstehen, das ich mir immer wieder vor Augen halte, das alles miteinander verbunden ist und nichts wirklich verlohren geht.

    Außerdem versuche ich Ursache und Wirkung möglichst nüchtern zu betrachten. Ein bischen haben wir es ja schließlich alle drauf,das wir uns wenn etwas gut läuft vom "Schiksal" belohnt fühlen und wenn´s nicht so läuft dann halt bestraft.

    Karma hat aber ganz sicher weder etwas mit Schiksal noch mit Strafe zu tun. Und im Buddhismus auch "gottseidank" nichts mit dem Kastenwesen.


    Es gibt also durchaus ein paar Stolpersteine bei diesem Thema. Aber so ein paar Stolpersteine machen den Weg wenigstens ein bischen interessant.;)


    _()_

  • Okay vielen Dank schonmal für eure ausführlichen und umfangreichen Antworten :) Ganz besondes an @mkha' ;) Ich denke auch dass alles irgendwie zusammenhängt und nichts einfach nur zufällig geschieht. Wirklich 100pro wissen tut es wohl niemand , aber dieses Gefühl habe ich sogar bevor ich mich wirklich mit Buddhismus ( jedoch schon immer etwas mit Spiritualität und der Frage nach dem Warum ) beschäftigt habe, die letzten Jahre meines Lebens einfach bekommen, da ich echt Dinge durchlebt habe die für mich mitlerweile irgendwie alle Sinn ergeben auch wenn ich ihn in zum beispiel dunklen Phasen nicht sehen konnte. Jedoch hätte ich meine mitlerweile nicht mehr wegzudenkende Spiritualität und mein langsam immer mehr wachsendes Interesse für den Buddhismus nicht bekommen wenn die Dinge nicht genau so verlaufen wären und ich wär mitlerweile nicht so vergleichsweise zufrieden wenn ich nicht aus meinen alten Verhaltensweisen und Denkmustern ( fast zwangsweise ) komplett ausgebrochen wäre. Ich dachte immer ich wär zu sehr Freigeist um zum Beispiel Glaubenssätze aus dem Buddhismus einfach zu übermehmen. Aber umso mehr ich mich damit beschäftige Merke ich dass der Buddhismus alles andere als festgefahren ist, es viele Richtungen gibt und es auch einfach Auslegungssache mit viel Diskussionsspielraum ist. Auch Buddha sagte ja dass man nichts einfach unfrektiert übernehmen sollte und das ist mir alles mehr als sympathisch. Eure verschiedenen Antworten haben mir tatsächlich ein besseres Gefühl dafür gegeben wie das mit dem Karma so betrachtet werden kann. Also viele kreative Ideen und Denkanstöße die euren Antworten teilweise ähneln hatte ich auch schon, jedoch wollte ich mal wissen wie verschiedene Buddhisten sich zum Beispiel zu meiner Fragestellung äußern würden und ich bin positiv angetan von der Vielfalt eurer Antworten und hab auch schon ein klareres Bild bekommen, wie das mit Karma alles so funktionieren könnte , danke ! Werde mich auch mal ausführlich die nächste Zeit mit dem Thema und anderen Buddhistischen Inhalten beschäftigen. Das gehört vielleicht jetzt nicht in diesen Thread aber was für möglichkeiten gibt es eigentlich in Deutschland Gruppen von Buddhisten kennenzulernen ? Ich wohne seit nem Jahr in Gießen und irgendwie habe ich zur Diamantwegbewegung welche ja ziemlich umstritten sein soll, bisher wenig Alternativen gefunden. Also auch der Diamantwegbewegung bin ich nicht unaufgeschlossen gegenüber, ich war sogar anfang des jahres im zentrum vor Ort, die Leute waren symphatisch und ich wollte gerne mal an deren Infoabend und ihrer Meditation teilnehmen, doch dann kam Corona und seitdem sind ihre Zentren sowieso für Neulinge geschlossen....werde mich diesen Winter mal ausgiebiger mit dem Buddhismus befassen und ehrlich gesagt hätte ich wirklich Lust darauf dann auch mal Buddhisten persönlich kennenzulernen um nicht nur übers Internet theoretisches zu erfahren. Ungefähr eine stunde pro Tag meditieren tuhe ich sowieso schon seit einem Jahr und bin mir ganz sicher dass ich das mein Leben lang nicht mehr ablegen möchte.

  • Hi David94,


    das der Diamantwegsverein umstritten ist bedeutet ja nicht, das man dort nicht gut praktizieren kann. Ich selber habe dort sehr viel gelernt,und ich bin auch Mitglied.


    Gerade ist aber halt tatsächlich ein ungünstiger Zeitpunkt um in einer Gruppe einzusteigen.

    Und es gibt natürlich auch Alternativen.

    Letzlich ist es halt auch ein bischen die Frage von unserem Karma wo es uns hinzieht.;) :lol:


    _()_ Phönix

  • Phoenix


    :D okay danke, mal schauen wo das Karma mich hinzieht ;) ...ja genau mein persönlicher erster Eindruck war halt auch wirklich recht positiv und dass du ebenfalls positiv davon berichtest, freut mich sehr zu hören