Nagarjuna Ratnavali

  • Das ist der 64.Vers von Nagarjunas Ratnavali.


    Da sich die Bedeutung dieses Verses nicht aus dem Vers selbst ergibt, muss auch dieser Vers der Ratnavali interpretiert werden. Deshalb ist der Kontext wichtig in dem dieser Vers des 1.Kapitels steht. Es wäre gut, wenn Leonie dazu noch etwas sagen würde.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

    Einmal editiert, zuletzt von Helmut ()

  • Die Illusionen bestehen doch darin, dass man ein Gefühl zB für so wahr hält, dass man nichtmal auf die Idee kommt, dass Distanz dazu möglich ist.

    Wenn du den Dialog dir diesbezüglich ansiehst, dann sagt Ts'ao-shan, der übrigens einer der Begründer des Soto war, "Form ist grundsätzlich Wahrheit" und "Illusion ist grundsätzlich Wahrheit". Das ist aber kein Widerspruch, denn der Mönch weiß, dass Form Illusion ist - also dass was mit Leere bezeichnet wird, wird hier mit Illusion bezeichnet. Täuschung ist ein adäquater Ausdruck.

    Was ist hier aber "Form"? Die Teeschale? Sicher. Aber auch das Heben der Teeschale oder der Arme ist "Form". Auch Gefühl ist "Form". Gefühl ist also grundsätzlich Wahrheit und es ist grundsätzlich Illusion.

    Die Bedingung für Gefühl ist Kontakt, Berührung und das Gefühl ist Selbst-Gefühl, auch wenn wir uns um Einfühlung oder Mitgefühl bemühen, so ist es zunächst immer ein Ich-Gefühl, denn hier ist Distanz tatsächlich sehr komplex.

    Distanz ist aber möglich, nämlich wenn ich den unpersönlichen Prozess erkenne, der zu Gefühl wird und dann so Begehren und Wiedergeburt und damit Samsara bedeutet. Letzteres wird mit der Frage des Mönchs angesprochen:

    »Wenn man der Illusion begegnet, was wird dann enthüllt?«

    Ts'ao-shan sagte: »Illusion wird enthüllt.«

    Der Mönch meinte: »Wenn das so ist, dann kann man vom Anfang bis zum Ende der Illusion nicht entgehen.«

    Ts'ao-shan sagte: »Aber wenn du illusionären Formen nachgehst, kannst du sie nicht erlangen.«


    Die Vernebelung/die Mattheit/die Nichtgeklärtheit des Geistes/Nichterkennen ist ja die Ursache für das sich einnehmen lassen vom Gefühl.

    Ursache für Gefühl ist Berührung. Das sagt der Mönch, wenn er erkennt, dass man von Anfang bis Ende der Illusion nicht entgehen kann, denn niemals kann man der Berührung, dem Kontakt entkommen.

    Ts'ao-shan sagt dann aber auch, dass man dem damit sofort verbundenen Verlangen nicht nachgehen sollte, da es ja zwangsläufig und buchstäblich ins Leere läuft.

    Da die Berührung sofort Verlangen erzeugt, liegt im Gefühl auch der Hinweis auf die Frage nach dem "Wer fühlt?".

    Wenn die Berührung endet, endet auch das Gefühl. Wobei mit Berührung auch die kognitive Seite des Prozesses zu sehen ist.

    :zen:

  • Da die Berührung sofort Verlangen erzeugt, liegt im Gefühl auch der Hinweis auf die Frage nach dem "Wer fühlt?".

    Wenn die Berührung endet, endet auch das Gefühl. Wobei mit Berührung auch die kognitive Seite des Prozesses zu sehen ist.

    Ich denke nichts... In den sehr kleinen winzigen Augenblick, es gibt nur wie der Seh-kontakt, oder Das "Hören", aber noch keine konkretes Gefühl von dem so wie "Angeklebt-Sein", "Anhaftung oder der "Identifikation". Und es enststeht noch kein "Ich".

    Das alles passiert aber so augenblicklisch super-blitz-schnell, dass wir es alles bewusst nichts imstande einfach zu registrieren und auch wahrzunehmen. Deswegen wir sehen das alles, nichts so es der Realität entspricht, aber es dient dem Zweck uns zu überleben.

    Berührung , wie egal der andere Kontakt mit der Welt ( durch Skandhas, so nur als Modell) ist zuerst neutral.

    Wenn man den ersten Moment sehr schöne Blume sieht... dann zuerst man sieht so wie nur die bunte Farben...

    Dann, so wie die "Linien", so etwas wie die Gestalt...

    Aber dann man etikettiert das alles als "Blume". Und dann ebsteht "meine Blume", meine "Frau"...*lach*----aber nichts sofort.

    Der ganze Prozess läuft wie absolut neurophysilogisch ab, deswegen es hat keinen Sinn, darüber zu diskutieren.

    Das weiss egal welcher Student der Medizin oder unserer Neurowissenschaftler;).

    Die Kognition kommt aber am Ende, eigentlich.

    Das ganze, aber wie in den terminis von Abhidharma man kann bei Ch.Trungpa nachlesen, "Wie unserer Geist funktioniert".

    Rein wissenschaftlich bei A. Mindell.

    Und das macht wirklich sinn! Wir können es nichts die "subtile vergangenheit" registrieren. verschweige dann die berüchtigte "Leerheit" der Vase, z.B.

    Die Blume aber verändert und verwelkt jeden Moment, jeden Augenblick... Die Uhr tickt immer... Wenn wir es sogar nichts wahrnehmen oder wenn wir es nichts whrhaben wollen. Genau deswegen enstehst das "Leiden"... Wenn wir die arme Blume so wie unbewusst einzufrieren versuchen. Mit "meine "Blume es ist schon zu spät... Dann die Blume landet im Album, die ist tot, aber man sagt weiter "meine Blume".

    Auch das "Verlangen" enststeht nichts sofort... Ich sollte das Ding als die "schöne Frau " einfach identifizieren, also wieder etikettieren.

    Das dauert, aber wir merken es einfach nichts.

    Wie gesagt, das sind die reine Neuronale Prozessse, mehr nichts.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Kontakt, im Sinne von Sinnesobjekt-Sinn- Bewusstsein ist vermutlich schon durchsetzt mit dem Bewusstsein, das "meins" ist ohne weiterführendes mentales Gefühl. Meiner Meinung nach, höre "ich" etc auch so.

  • Igor07


    Es gibt drei Arten von Gefühl: angenehm, unangenehm und weder angenehm noch unangenehm ........


    Zitat

    »Was da, ... , an Gefühl, Wahrnehmung und Bewußtsein besteht, diese Dinge sind verbunden, nicht unverbunden, und nicht kann man diese Dinge einzeln voneinander trennen und ihre Verschiedenheit zeigen. Denn was man, ... , fühlt, das nimmt man wahr, und was man wahrnimmt, dessen ist man sich bewußt.« (M.43).

    »Unmöglich ist es, Abscheiden, Insdaseintreten, Wachstum und Entwicklung des Bewußtseins anzugeben, unabhängig von Körperlichkeit, Gefühl, Wahrnehmung und Geistesformationen« (S.22.53).

    :zen:

  • Kontakt, im Sinne von Sinnesobjekt-Sinn- Bewusstsein ist vermutlich schon durchsetzt mit dem Bewusstsein, das "meins" ist ohne weiterführendes mentales Gefühl. Meiner Meinung nach, höre "ich" etc auch so.

    Hi, ich wollte mich hier als keinen Scheisskluger Kennner ausspielen. Aber das hatte ich so studiert.

    Also, dieses Gefühl von "Ich " und "Mein" entsteht im Prozess von dem:


    Ontogenese – Wikipedia


    Und das! entsteht, aber als das Letzte, eigentlich, das ist absolut reine Medizin schon:



    Großhirnrinde – Wikipedia


    Also, ohne diese "Grosshirnrinde" es wäre rein biologisch kein "Ich" und ""mein" ermöglicht.

    Das alles demonstrieren uns die Alzheimer -Patienten, denn die sind einfach nichts imstande sich selbst zu erkennen.

    Nichts mehr und nichts weniger. Derselbe Mechanismus kann man bei den kleinen Kindern beobachten, die sind nur am bestimmten Alter , wenn die sich selsbt im Spiegel sehen, dann sie sagen:" Das bin Ich"... Derselbe rein neuronale Mechanismus der Anpasung , also als die Folge der Evolution... denn, Diese "Ontogenese" wiederholt das:


    Phylogenese – Wikipedia


    Dran kann man überhaupt nichts aussetzen. Das weiss jeder Student.


    Leonie ... Buddha war kein Neurowissenschaftler, wenn man dir , angenommen, sagen würde, die Erde steht auf drei Walen, dann du würdest dem bestimmt nichts glauben, oder?


    Du kannst weiter zitieren, wie lange du willst... Ich sage das aus der Sichtweise der Medizin und der Entwicklungs-Biologie , basta!


    LG.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Es gibt drei Arten von Gefühl: angenehm, unangenehm und weder angenehm noch unangenehm ........

    genau, das "entscheidet" nur die "Grosshirnrinde"!

    Wenn sie nichts richtig funktioniert, dann es wäre alles für die katz.

    Und noch eins, das alles ist reine subjektive sache.

    Einige mögen Sado-Masochismus, z.B, ...*lach*... und es wäre für diese Leute alles in Ordnung, warum nichts?

    Andere sehen nur Porno...

    Die noch andere be-treiben " Promiskuität"....

    Aber bei den allen von mir erwähnten Gruppen mit dem "Unangenehm " oder "Angenehm " wäre absolut in Ordnung.

    Denn ihre "Grosshirnrinde" funktioniert normal, eigentlich,

    die andere Frage wäre, was ist überhaupt normal?

    Schwul zu sein war sehr viel Zeit nichts normal, aber jetzt ist so "im grünem Bereich".

    Das scheint mir, sollte reichen. Als rein sachliche Argumentation.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Danke Leonie für deine Mühe. Deine Zeilen haben mir geholfen, da ein wenig nen Zugang zu bekommen.


    Den Hinweis auf die Frage 'wer fühlt' verstehe ich (oder sehe ich) aber nicht so - das muss was spezifisch Buddhistisches sein, die Beschäftigung mit solchen Fragen (😉)


    oder ist das eine didaktische Frage dann, die dazu führen soll, zu erkennen dass man in einem 'höheren Sinn' nicht davon sprechen kann, dass es ein jemand ist der etwas fühlt?

  • Danke @ Igor07, für deine eindrucksvollen Beispiele :erleichtert:


    Ich bin mir zwar unsicher, ob Herr Nagarjuna damit einverstanden wäre und ob es zur intellektuellen Ernsthaftigkeit dieses Threads passt, aber dein Fokus auf die " Grosshirnrinde " gefällt mir :like:

  • Jeder, der die Atta-Anatta Lehre versteht wird es wohl anders sehen als igor.


    Anders gesagt: hier liegt ein einfacher Kategorienfehler vor.


    Nochmal anders gesagt: Igor stellt eine mögliche extreme Sichtweise vor. Die Sichtweise ist die: äussere für sich selbst bestehende Gegebenheiten bringen Bewusstsein und Gefühl hervor. Im Buddhismus nennt man das auch 'Vernichtungsansicht', denn zu der Ansicht gehört auch, das äussere Umstände das Selbst schließlich vernichten werden.

  • Ich bin mir zwar unsicher, ob Herr Nagarjuna damit einverstanden wäre

    Und ob! Alle "dinge" sind bedingt, relativ, und bloß benannt. Der war Der Mensch auch, oder?

    *lach"... mit sehr enormen "Volumen", was die Funktionalität der "Grosshirnrinde" anbelangt.

    Wir alle können nur davon träumen, so echt genial:!: zu sein... Wenn sogar in Der Zukunft nach Millionen von Leben.

    Darüber bin ich mir ziemlich "sicher", Railex .:)

    LG.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Im 42.Vers der Ratnavali gibt Nagarjuna eine Definition des Nirvana:


    Wenn Nirvana keine Nicht-Dinghaftigkeit aufweist, wie könnte es dann dinghaft sein? Nur die Auslöschung des Irrglaubens an Dinge und Nicht-Dinge gleichermaßen wird als Nirvana bezeichnet." (J.Hopkins, Nagarjunas Juwelenkette, übersetzt von E.Liebl, Kreuzlingen/München 2006, S.168)


    Dinghaftigkeit und dinghaft sowie Dinge und Nicht-Dinge haben in diesem Kontext die Bedeutung von inhärenter Existenz. Der erste Satz sagt also aus, dass das Nirvana weder inhärent nicht-existent noch dass es inhärent existent ist. Wie alle Phänomene besitzt das Nirvana keine inhärente Existenz, weil es abhängig existiert.


    Der zweite Satz besagt, dass Nirvana in dem Auslöschen des Irrglaubens an inhärente Existenz besteht. Nirvana ist also abhängig vom Verlöschen dieses Irrglaubens.


    In einer Übersetzung dieses Verses direkt aus dem Tibetischen ins Deutsche lautet er:


    Wenn Nirvana kein inhärentes Nicht-Ding ist,

    wie kann es ein inhärentes Ding sein?

    Nirvana ist das Ende des Festhaltens

    an inhärenten Dingen und Nicht-Dingen.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • In Vers 73ab der Ratnavali heißt es:


    "Denn in Wirklichkeit verschwindet die Welt nicht durch das Nirvana" (Übersetzung Hopkins/Liebl)


    Wenn wir Nirvana erreicht haben, also die dritte edle Wahrheit verwirklicht haben, hört die Welt nicht auf zu existieren; die Lebewesen und die Phänomene, die die Welt ausmachen, hören nicht auf zu existieren.


    Was hat sich aber verändert, wenn wir Nirvana verwirklicht haben? Wir haben, wie es in Vers 42 heißt, dann den Irrglauben an Dinge und Nicht-Dinge gleichermaßen ausgelöscht.


    Im Madhyamaka wird mit dem Begriff Ding aus sich heraus existierende Phänomene bezeichnet. Das kommt in der Übersetzung am Ende von Beitrag #163 deutlicher zum Ausdruck. Dabei sind inhärente Existenz und Existenz aus sich selbst heraus sind Synonyme.


    Vers 73ab kann man also so verstehen: Durch das Verwirklichen von Nirvana geht die Welt nicht zu Ende und auch die Lebewesen und die Phänomene, die Teile dieser Welt sind, ebenso wenig. Durch die Verwirklichung des Nirvana geht eine Sichtweise und das Festhalten an ihr definitiv zu Ende.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.