Aufsatz: Die Übertragung außerhalb der Schriften

  • Wie wäre es mal mit einer Quellenangabe, damit man dieses Zitat inhaltlich einordnen kann?

    War auch aus meinem Post.

    Hallo Aravind , den Beitrag aus dem das stammt hatte ich nicht mehr in Erinnerung.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Aber genau das ist doch die Arroganz. Es gibt mehr Katholiken im Sinne des Bauen aus Franken, als Theologen, die kompetente Auskunft über die Bergpredigt geben könnten. Ist der fränkische Bauer deshalb weniger Katholik oder weniger authentischer Christ? Wohl eher im Gegenteil. Das, was wir hier diskutieren, ist verkopfter westlich-säkularer Buddhismus, der bereits in einer säkularisierten Form in den Westen kam, egal ob Zen drauf steht oder Vajrayana. Weltweit sieht Buddhismus völlig anders aus, als wir meinen, was Buddhismus sei.

    Es gibt mehr Leute die schnell mal ein Script zusammen gebastelt haben als Informatiker. Viele von diesen Leuten die das mal schnell gemacht haben, haben richtig komische Thesen darüber die Computer und IT funktionieren. Liegen deswegen Informatiker falsch und sollte man deren Wissen als "Arrogant" abtun? Ich finde nicht. Schließlich ist auch nicht jede Person, die mal eine Glühbirne gewechselt hat ein Elektriker.


    Lehrer aus früherer Zeit haben uns glücklicherweise einige hinterlassen und anhand dieser Überlieferungen können wir diese Aussagen gegeprüfen. Dogen (und auch andere) sind da recht aufschlussreich.


    Auch das ist völlig falsch. Es ist die irrtümliche Annahme, dass Wahrheit irgendwie in der Praxis, in der Versenkung, in der Meditation zu finden sei aus der dann Dogma und Philosophie entstehen. Wenn das so wäre, gäbe es die verschiedenen bud. Traditionen nicht, ja vielleicht nicht einmal verschiedene Religionen.

    Wie kommt es, dass jeder Landwirt letztlich doch sein Land ein wenig anders bestellt? Dass jeder Autor einen Sachverhalt mit ein wenig anderen Worten beschreibt? Alle Menschen sind unterschiedlich und durch unterschiedliche DInge geprägt. Daher ergibt sich, ganz natürlich eine anderer Herangehensweise, auch wenn das Ziel (das Feld bestellen, oder einen Sachverhalt zu beschreiben) das gleiche ist. Buddhismus ist ein Werkzeugkasten und jede Tradition stellt so ihre eigenen Werkzeuge zur Verfügung um damit das Große Problem zu lösen. Ein solches Werkzeug ist auch die Deutung, ja, aber das liegt auch einfach daran, dass Deutung etwas sehr subjektives ist und das Absolute nur schwer in Worte zu fassen ist.



    Nicht umsonst heißt die gleiche Erfahrung im Zen Kenshō in der christlichen Mystik Unio Mystica: Die vereinigung des menschen mit Gott.

    Ob es tatsächlich dasselbe ist - keine Ahnung. Wenn dem so ist, dann ist es erstmal ein Typischer Fall von: ein Ding wird in unterschiedlichen Sprachen unterschiedlich benannt. Aber auf dem zweiten Blick sollte man sich dann anschauen was damit einhergeht und wo sie die Folge aus der Erfahrung unterscheidet.

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  • Es ist die irrtümliche Annahme, dass Wahrheit irgendwie in der Praxis, in der Versenkung, in der Meditation zu finden sei ...

    Die Lehrer von denen ich in den letzten zwanzig Jahren Dharma-Unterweisungen erhalten habe, haben diese Annahme nicht vertreten.


    Um zum Beispiel die vier edlen Wahrheiten tiefgründig zu verstehen, braucht es Praxis und Weisheit. Zunächst lernt man, was die vier edlen Wahrheiten sind. In der Kontemplation vertieft man diese Erkenntnis, die man durch Lernen erlangt hat. In der Meditation vertieft man wiederum die Einsicht, die man durch Kontemplation erlangt hat. Das sind die drei höheren Schulungen, die wir aus dem indischen Buddhismus kennen. Sie bedingen einander.


    Man findet die Erkenntnis der vier edlen Wahrheiten nicht in der Praxis usw., sondern man erlangt sie durch die Übung von Weisheit und Praxis. Deshalb wird die Lehre ja auch zu Methode/Praxis und Weisheit zusammengefasst. Aber mit der Methode allein erlangt man das Nirvana nicht. Ebenso erlangt man es auch allein durch Weisheit nicht. Das Nirvana erlangt man nur durch Methode und Weisheit. Beide stützen und verstärken einander. Man muss sich in beidem schulen.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Es gibt mehr Leute die schnell mal ein Script zusammen gebastelt haben als Informatiker. Viele von diesen Leuten die das mal schnell gemacht haben, haben richtig komische Thesen darüber die Computer und IT funktionieren. Liegen deswegen Informatiker falsch und sollte man deren Wissen als "Arrogant" abtun? Ich finde nicht. Schließlich ist auch nicht jede Person, die mal eine Glühbirne gewechselt hat ein Elektriker.


    Lehrer aus früherer Zeit haben uns glücklicherweise einige hinterlassen und anhand dieser Überlieferungen können wir diese Aussagen gegeprüfen. Dogen (und auch andere) sind da recht aufschlussreich.

    Ich denke, diese ganze Diskusssion nur daraus entspringt, dass wir alle in der "sozial konstruiertern Wirklichkeit " leben. Genau drin liegen die Wurzeln von der Verrblendung.Wir leben in der ver-ding-lichen und ver-begriff-lichen Welt, der Welt von Schablonen und Karten. Aber egal welche Karte wäre noch keine Realität, die ich wahrnehme.

    Eine Sache über die Blume zu lesen, das Bild im Album anzuschauen, und absolut andere Sache die Blume als das lebendige Wunder der Natur mit den Augen zu "berühren", und der ganzer Prozess des "Etikettierens" der Blume zu stoppen, wenigstens vorübergehend. Nur dann wir wären imstande nichts darüber zu philosophieren, aber wirklich erleben, dass diese Blume der Ausdruck des Mysterums ist, und passt in keine mentale Kategorien, egal wem und welcher "Lehre" die alle angehören.

    Unsere Glauben-S-( "Über-Zeugungen"), dann alle sind nichts mehr als die unsere Konstruktionen, die mit der der Realität, wie sie ist, wir über-zu-stülpen versuchen, denn ansonsten wir können nichts einfach kommunizieren, nicht zu tun hat. Man kann die "So-heit" nicht be-greif-en.

    Aber egal welche Art der Kommunikation basiert auf der "Übereinstimmung". Das alles , was ich jetzt abtippe, nur die Pixeln auf dem Bildschirm, keine Sprache. Aber man kann das ganze nur dann verstehen, wenn man die Regeln der Sprache und der dahinter verborgener Logik weiss und anerkennt. ( als das Mittel, aber mehr nichts). Die "Lehre" wäre dann nur der Finger mit dem Hinweis, nur das "Floss", als das "geschickte Mittel", aber mehr nichts.

    Wenn mehr, dann es wäre ( für mich) die lebendige Lehre( Die Bume) in das ausgetrocknete Herbarium zu verwandeln, und die lebendige Katze mit dem Bild ( siehe "Avatar") zu verwechseln.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Zitat

    Um zum Beispiel die vier edlen Wahrheiten tiefgründig zu verstehen, braucht es Praxis und Weisheit.


    Auch um sie zu falsifizieren braucht es Praxis und Weisheit.


    Danach wird klarer, was der Satz hier bedeuten soll, denn dann heißt es "zunächst lernt man, was die Wahrheiten sind", d.h. also es handelt sich um eine self fulfilling prophecy ("vertieft man, was man durch Lernen erlangt hat"). Die Wahrheit leitet sich aus Erklärungen ab, nicht aus eigener Erkenntnis. Das ist kein ergebnisoffener Prozess, sondern Religion. Man wird zum Erwachten, wenn man es genau so nachmacht.


    Ich halte dagegen: Tatsächlich erwacht man, wenn man auf seine eigene Weise zum Buddha wird. Nicht als Kopie, sondern als Original.


    Warum kann man dann immer noch davon sprechen, "zum Buddha zu werden"? Weil er es genauso machte: Original, keine Kopie. Ein Buddha ist einer, der das Leiden an falschen Vorstellungen und Ideen überwunden hat. Wenn einem das gelingt, wird man zum Buddha. Die "Wahrheit", die man dabei erkennt, soll eine eigene sein, nicht die eines anderen. Sie ergibt sich aus der Praxis (dem Leben) und ist nicht ihre Voraussetzung (Zirkelschluss). Jemand, der meint, er habe einen Weg, der für alle passt, ist in den Irrtum zurückgekehrt - oder wird missverstanden.

    "Ein Mönch, der Fragen stellt und sich unsicher ist, wie er den Geist eines anderen einschätzen mag, soll einen 'Buddha' genau untersuchen, um festzustellen, ob dieser tatsächlich erwacht ist." (Vivamsaka Sutta)

  • Hendrik


    Ich möchte dir hierzu --> ein paar Fragen stellen


    Zitat

    Es ist die irrtümliche Annahme, dass Wahrheit irgendwie in der Praxis, in der Versenkung, in der Meditation zu finden sei ...


    1. Was ist Wahrheit?


    2. Hast du schon einmal 'Wahrheit gefunden'? Wenn ja wo?


    3. Was heisst für dich 'Praxis'? Gerade die führt oder soll doch zum besseren Verstehen der Gefühle und dem vernünftigeren Umgang mit ihnen beispielsweise führen. Das ist ja eine wiederkehrende Idee nicht nur in buddhistischen Texten, und dswg frage ich - deine Behauptung wirkt auf mich mehr wie ein Behauptungswunsch, weniger wie eine bedachte Erklärung hinter der eben Überlegungen und oder Erfahrungen stecken.



    Praxis ist jeder Moment sage ich einstweilen mal, und da kommt es zum Glück vor, dass man auch mal was blickt, sozusagen.

  • Zitat

    Was steht in Übereinstimmung mit der Soheit? Es ist das, was wir das Nicht-Denken nennen. Was ist das Nicht-Denken? Es bedeutet nicht an Sein oder Nicht-Sein zu denken, nicht an gut oder Böse zu denken, nicht an Grenzen oder Grenzenlosigkeit zu denken, nicht an Erwachen zu denken oder Erwachen für etwas zu halten, dass man denken könne. Nicht an Nirvana zu denken, oder Nirvana für etwas zu halten, was denkbar wäre. Darum ist es Nicht-Denken.



    Shenhui (mit einem Dank an Bebop)

    "Im letzten Jahr ihres Lebens sagte meine Mutter im Alter von 95 mehrmals: "Es ist befreiend zu erkennen, dass nichts wirklich eine Rolle spielt." Sie sagte es freudig, erleichtert, so, als ob sich eine Last (auf)gehoben hätte."


    Joan Tollifson

  • Ich halte dagegen: Tatsächlich erwacht man, wenn man auf seine eigene Weise zum Buddha wird. Nicht als Kopie, sondern als Original.

    Da sehe ich keinerlei Widerspruch zu dem, was Helmut geschrieben hat. Weder Praxis noch Verständnis der Lehre sind etwas statisches. Aber vielleicht hast Du Erfahrungen mit Leuten gemacht, die das anders sehen?


    Liebe Grüße,

    Aravind.

  • Es geht um nicht weniger als um die Frage: Wie kann ich Glück und Frieden erlangen und Leid vermeiden?

    Es ist aber die Frage, ist das eine wirklich so wesentliche Frage im Leben? Ist das nicht eher ein Irrweg des Ichs?
    Ich kann mich an eine Diskussion im alten Taoismus-Forum erinnern, eo Buddhisten mit ihren Lieblingsspruch kamen: Jeder will Glück erlangen und Leid vermeiden. Jemand antwortete: Ich nicht.
    Ich bin da ja eher bei Zhuangzi, der meinte: "nicht Initiator des (für das) Glück(s) sein, nicht Einführer des (für das) Unglück(s) sein." (Jullien sprach da von Abseits von Glück).
    Oder wie Goethe sagte: "Alles auf der Welt lässt sich ertragen, nur nicht eine Reihe von schönen Tagen." Dauerhaftes Glück wäre eine sehr fade Sache (das wussten schon die Hedonisten), dauerhaftes Ausschüttung von Glückshormonen nicht gut für den Körper.
    Und ewiger Frieden? Nun ja, es gibt ein Buch von Fabrice Midal über Meditation, das "Die innere Ruhe kann mich mal" heißt. Zudem wären beides nur (Geistes-)Zustände. Alle Zustände sind vergänglich. Letztlich, gerade weil du Glück willst, bist du unglücklich, weil du Frieden willst, bist du ohne Frieden, weil du Leid vermeiden willst, leidest du.
    Zudem ist die Vorstellung, dass es nur Sonne gebe, aber keinen Regen, nicht so eine schöne Vorstellung. Alles würde vertrocknen. So ist das auch mit Glück und Frieden. Ich denke, dass es für Resonanz immer beides braucht. Glück/Unglück. Frieden/Unfrieden. Leid/kein Leid. Es waren vielleicht sogar mehr die schwierigen Zustände, an denen ich wuchs.

    Zitat

    Das Leben


    wäre vielleicht einfacher wenn ich dich gar nicht getroffen hätte

    weniger Trauer jedes mal wenn wir uns trennen müssen

    weniger angst vor der nächsten und übernächsten Trennung

    und auch nicht soviel von dieser machtlosen Sehnsucht wenn du nicht da bist

    die nur das unmögliche will und das sofort im nächsten Augenblick

    und die dann weil sie nicht sein kann betroffen ist und schwer atmet


    das leben wäre vielleicht einfacher wenn ich dich nicht getroffen hätte

    es wäre nur nicht mein leben


    Erich Fried

    "Im letzten Jahr ihres Lebens sagte meine Mutter im Alter von 95 mehrmals: "Es ist befreiend zu erkennen, dass nichts wirklich eine Rolle spielt." Sie sagte es freudig, erleichtert, so, als ob sich eine Last (auf)gehoben hätte."


    Joan Tollifson

  • Zitat

    Es sind nicht wir, die einen Zustand erreichen,
    Es ist der Zustand, der uns erreicht.

    Es sind nicht wir, die Stille erschaffen,
    Es ist Stille, die uns durchdringt.

    Lasst es uns erlauben, dass die Freiheit
    uns wieder auffrischt, sie in uns eindringt,
    in uns Platz nimmt für einige Momente,
    uns verlässt, zu uns zurückkommt …

    Dies ist das Schwierigste zu erreichen,
    die Akzeptanz der Freiheit der Bewegung,
    die Kreativität des Lebens –
    zu verstehen, dass ein unveränderlicher Zustand,
    so wundervoll er auch sein mag,
    mit dem Leben nicht vereinbar ist.

    Daniel Odier

    "Im letzten Jahr ihres Lebens sagte meine Mutter im Alter von 95 mehrmals: "Es ist befreiend zu erkennen, dass nichts wirklich eine Rolle spielt." Sie sagte es freudig, erleichtert, so, als ob sich eine Last (auf)gehoben hätte."


    Joan Tollifson

  • Oder auch:


    Dualismus vs. Nicht-Dualismus


    Liebe Grüße