Buddhismus: Missbrauch im Namen der Erleuchtung

  • Ab heute in der Mediathek:


    Buddhismus: Missbrauch im Namen der Erleuchtung - Die ganze Doku | ARTE


    Minute 9:40 ist aufschlussreich: Man müsse dem Lama blind folgen und gehorchen. Das ist genau das, was Dzongsar Khyentse zu den Missbräuchen von Sogyal Rinpoche bei Rigpa gesagt hat (und sie damit rechtfertigte). Das offenbart ein strukturelles Problem, das in den Diskussionen um Missbrauch im buddhistischen Kontext bisher viel zu kurz gekommen ist. Das betrifft auch nicht nur den tibetischen Buddhismus.


    Das offenbart eher, dass man in tibetischen Kreisen offenbar die Lehre Buddhas nicht kennt.


    Wer zu den Lehren Tibets Buddhismus sagen will, tut da aus meiner Sicht wirklich niemanden einen Gefallen. Man denkt dabei ja an Buddha. Nur ist 'Buddha' da nicht drin.


    Es ist aus meiner Sicht auch eine Aufgabe für Religionswissenschaftler, die eigenen Bezeichnungen zu hinterfragen. Aber auch eine Frage und Aufforderung? an alle, die an diesem Diskurs teilnehmen und ihn und seine Begriffssetzungen formen und erhalten.

  • Tibetischer Buddhismus ist genau die richtige Bezeichnung und Buddha da auch drin.

    Man muss nur wissen, dass er im 7. Jahrhundert entstanden ist, und zwar unter Einbeziehung des Volksglaubens.
    Nennt man, glaube ich, Bön. Die Lehre Buddhas passt eigentlich nicht dazu, doch wie schon so oft geschah doch eine Verschmelzung.


    Der Germanische Urglaube passt auch nicht zum Christentum, dann wird es eben passend gemacht.

  • Das offenbart eher, dass man in tibetischen Kreisen offenbar die Lehre Buddhas nicht kennt.


    Nach den vielen Skandalen im Zen haben die Apologeten auch gesagt: "Das war doch kein richtiges Zen" bzw. "Der hatte doch keine richtige Dharma-Übertragung". Nach dem Motto, "wahres" Zen sei noch in Ordnung.


    Wenn Sogyal & Co. keinen echten Buddhismus getrieben haben, warum haben die Dalai Lama, die DBU, usw. sie denn jahrelang hofiert?

  • Noreply andererseits vielleicht ja doch der richtige Begriff (Tibetischer Buddhismus) für die hier vorliegende Denk- und Sprechkultur, in dem Sinne man die Begriffe bekommt und erhält, die man als Vorstellung denken will.

  • Das offenbart eher, dass man in tibetischen Kreisen offenbar die Lehre Buddhas nicht kennt.


    Nach den vielen Skandalen im Zen haben die Apologeten auch gesagt: "Das war doch kein richtiges Zen" bzw. "Der hatte doch keine richtige Dharma-Übertragung". Nach dem Motto, "wahres" Zen sei noch in Ordnung.


    Wenn Sogyal & Co. keinen echten Buddhismus getrieben haben, warum haben die Dalai Lama, die DBU, usw. sie denn jahrelang hofiert?


    Also ich möchte mich nicht um den Namen Buddhismus und seine verschiedenen Betonungen (Zen, Tibet, Theravada etc) bemühen. Ich wollte das nur mal so feststellen. Eine (von mir genauer begründbare) Meinungsäusserungswunsch an die gerichtet, die diese Vorstellungen (Tibetischer Buddhismus, Zen Buddhismus, Therava Buddhismus etc) denken wollen.


    Für mich ist Buddhas Lehre eine Lehre zum Aufwachen, nicht zur Proklamation oder dem Erhalt eines bestimmten Religionsbegriffes. Insofern habe ich auch kein Bedürfnis, mich zu fragen warum da manche Leute was getan haben, die Funktionen für diesen Verband DBU ausüben. Musst du die fragen. Kannst dich selber aber auch fragen, ob du zu den tibetischen Lehren und Praktiken Buddhismus sagen magst. Auch dein Sprechen und Denken trägt zum Erhalt dieser kollektiven Idee bei.

  • wie viel noch mal sollte er sich entschuldigen?

    Ein Mal würde schon reichen. Aber da ist nach wie vor nix in Sicht. Alles, was er in der causa Lakar / Rigpa abgelassen hat, war doch nicht mehr als ein achselzuckendes 'shit happens'. Solch einen Skandal einfach wegzulächeln und zu verkünden, sein guter alter Freund, "my very good friend", sei jetzt aber in Ungnade gefallen ("but he’s disgraced"). Weil seine Schüler öffentlich gemacht haben, was er so treibt. Wenigstens behauptet er nicht, er habe davon nichts gewusst (das wäre nachweislich eine Lüge) - aber von einer Entschuldigung ist so etwas meilenwert entfernt. Der Säulenheilige der Morgenlandfahrer meint, so etwas nicht nötig zu haben. Die haben in Dharamsala den Schuss noch nicht gehört.


    Ricard kann sich das nicht leisten, aber ich nehme ihm seine Reue durchaus ab. Wenn ich seine Entschuldigung lese, dann sage ich mir: okay, er sieht ein, dass er seiner Verantwortung nicht gerecht geworden ist - der Verantwortung, die ein Bodhisattva mit den praṇidhāna übernimmt. Das respektiere ich. Allerdings scheint mir diese Anmerkung von Leonie (Zitierfunktion klemmt mal wieder)

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    Damit ist die Sache für ihn ja erledigt.

    durchaus berechtigt, insbesondere wenn ich seinen abstrusen Vorschlag "Die Union Bouddhiste de France oder eine andere Einrichtung sollte diese Verantwortung übernehmen" lese. Mir blieb da erst mal die Spucke weg, im Nachhinein finde ichs lustig. Wobei ich mir immer noch nicht sicher bin, ob der Grund meiner Amüsiertheit schlitzohrige Chuzpe oder naive Weltfremdheit ist.


    Zunächst einmal muss ich Hogendoorns Einschätzung (wenn auch nur in diesem Punkt) zustimmen: "As the Dalai Lama’s epigone, Ricard’s first instinct is to always pass the buck to someone else." Nach dem Motto: ja, das ist ein ernstes Problem, da solltet ihr euch drum kümmern, macht mal. Da wird schlicht der scharze Peter weitergereicht (so auch meine erste Assoziation).


    Ansonsten ist die Idee, die traditionsübergreifenden buddhistischen Dachverbände wie UBF (oder in Deutschland DBU) zur Reparaturwerkstatt für die Verkehrsunfälle des tibetischen Vajrayana zu machen, schlicht absurd. So etwas womöglich mit Hilfe 'tibetischer' Mehrheiten in den Verbänden durchzusetzen, würde diese spalten und vollends zur Bedeutungslosigkeit verdammen. Glaubt Ricard allen Ernstes, Vertreter anderer buddhistischer Linien würden bei so etwas mitspielen? Da wären die 'Tibeter' schnell unter sich (auch mich hielte nach solch einer Zumutung nichts mehr in der DBU) und der traditionsübergreifende Ansatz wäre gescheitert. Hallo? Theravada- und Mahayana-Buddhisten sollen freundlicherweise die Mitverantwortung (nicht zuletzt die finanzielle) für die Aufarbeitung solcher Skandale - und damit implizit für die Skandale selbst - übernehmen? Geht's noch?


    Was es da in erster Linie braucht, ist kein Reparaturbetrieb, sondern eine offene Diskussion in den Dachverbänden über die Grundlagen traditionsübergreifender Zusammenarbeit. Der entscheidende Punkt dabei ist die Upaya-Doktrin. Was not tut, ist eine eindeutige Klärung und ein möglichst breiter Konsens, welche Mittel (upāya) als 'geschickt' (kauśalya) zur Übermittlung des Buddhadharma anerkannt werden und welche nicht.


    'Geschickt' sind solche Mittel, wenn ihre Anwendung heilsam (kuśala) ist. Die Heilsamkeit von Mitteln und Methoden ist nicht zuletzt abhängig von den kulturellen und sozialen Bedingungen, unter denen die Übermittlung des Dharma stattfindet. Das heisst, es geht um eine zentrale Frage der Inkulturation. Diese Frage muss primär aus der Perspektive westlicher kultureller Normen beantwortet werden und nicht von Leuten, die in einer anderen (z.B. der tibetischen) Kultur sozialisiert wurden. Ob und welche Mittel heilsam sind, ist dabei keine Fage ihrer potentiellen Wirksamkeit in individuellen Fällen. Vielmehr geht es um ihre soziale Akzeptanz - und soziale Akzeptanz war auch von Anbeginn an ein wichtiges Leitmotiv bei der Entstehung des Vinaya.


    Hinsichtlich des hohen Wertes individueller Autonomie in unserer Kultur ist das Konzept 'Guruyoga', das die Aufgabe eben dieser Autonomie verlangt, besonders problematisch. Wenn solch eine totale Abhängigkeitsbeziehung gar noch ihren Ausdruck in physischer Gewalt und / oder sexuellem Verkehr findet, ist die soziale Akzeptanz in unserer Kultur praktisch Null. Und ich finde, das ist gut so.


    Die Antwort auf diese Nichtakzeptanz kann und darf nicht sein, solche Mittel im Geheimen anzuwenden - das führt regelmäßig zu Skandalen, weil das früher oder später publik wird. Vor allem, wenn die angeblich "weit fortgeschrittenen" Mittel - wie zumeist - nur fadenscheinige Tarnung für Geilheit, Machtbesessenheit und Gier des 'Gurus' sind.


    Der Konsens eines solchen Diskurses über die Heilsamkeit von Mitteln unter den Bedingungen der westlichen Kultur kann mE nur darauf hinauslaufen, dass physische Gewalt und insbesondere sexuelle Handlungen zumindest in der westlichen Kultur nicht heilsame / geschickte Mittel der Dharmaübertragung, sondern mangels sozialer Akzeptanz vielmehr geeignet sind, das öffentliche Ansehen des Buddhismus schwer zu schädigen und damit seine Inkulturation zu erschweren. Was mE deutlich schwerer wiegt als (hypothetische) Erfolge solcher 'Schulungsmethoden'.


    Wobei ein solcher Konsens nur dann Sinn macht, wenn eine deutliche Distanzierung von Personen und Organisationen folgt, die sich außerhalb des Konsenses stellen. Einschließlich Ausschluss aus dem Dachverband - so macht man sich ehrlich. Leute, die unheilsame Mittel anwenden, gehören nicht in einen buddhistischen Dachverband. Dann hat man vor der Öffentlichkeit auch ein klares standing (das man auch offensiv vertreten sollte) und kommt nicht in Erklärungsnot, wenn wieder mal mit einem Heiligen die Hormone durchgegangen sind. Dann ist zumindest klar, das so etwas nichts mit Buddhismus, gar mit 'fortgeschrittenen Methoden' zu tun hat, sondern mit mangelnder Selbstdisziplin des Lehrers.


    Ergebnis mag dann vielleicht ein etwas kleinerer Dachverband sein (in dem natürlich auch Platz für tibetische Traditionslinien ist) - dafür einer, der dank einer klaren Position zum Thema Sexualität in Schüler-Lehrer-Beziehungen in der Öffentlichkeit seriöser und sauberer dasteht - und mit ihm auch der Buddhismus, worum es eigentlich geht. Die jetzige 'Lösung' der DBU mit einer freiwilligen ethischen Selbstverpflichtung ihrer Mitglieder schafft eben da keine wirkliche, hinreichende Klarheit. Das soll jetzt kein Tadel an den Initiatoren dieser Selbstverpflichtung sein - auch meine Übungsgemeinschaft hat dankbar die Gelegenheit wahrgenommen, da Stellung zu beziehen. Besser als nichts. Politik ist auch in der DBU die Kunst des Möglichen - und mehr war bislang nicht möglich. Aber jeder Skandal erweitert da den Bereich des Möglichen - das ist das Erfreuliche daran.


    Vielleicht schaffen wir es dann mal so weit wie die Katholiken - da ist außer den kindlichen Opfern zumindest jedem klar, dass das Evangelium nicht mit heruntergelassener Hose gepredigt wird.

    OM MONEY PAYME HUNG

  • Was es da in erster Linie braucht, ist kein Reparaturbetrieb, sondern eine offene Diskussion in den Dachverbänden über die Grundlagen traditionsübergreifender Zusammenarbeit. Der entscheidende Punkt dabei ist die Upaya-Doktrin. Was not tut, ist eine eindeutige Klärung und ein möglichst breiter Konsens, welche Mittel (upāya) als 'geschickt' (kauśalya) zur Übermittlung des Buddhadharma anerkannt werden und welche nicht.

    Das wird es nie geben. Wer soll denn da diskutieren? Die Delegierten der jeweiligen Gruppen? Die sind in der Regel überhaupt nicht befugt, über Doktrinen zu entscheiden. Das tun die spirituellen Leiter. Und ich glaube kaum, dass ein Dzongsar Khyentse sich herablassen würde, innerhalb eines nationalen Dachverbands auch nur irgendwas zu diskutieren.


    Der DBU bleibt, so meine ich, gar keine Wahl als zuzusehen. Die darf sich gar nicht einmischen. Denn das würde den poltischen Tod bedeuten. Allen voran die Tibeter würden die DBU verlassen. Andererseits darf die DBU hier nicht weiter Nicht-Handeln. Die DBU selbst würde sich damit ins Abseits stellen. Die Mitgliedszahlen schwinden schon jetzt. Abgesehen davon, dass dies ethisch nicht vertretbar wäre. Das ist ein bitteres, nicht lösbares Problem.

    "Es gibt nur eine falsche Sicht: Der Glaube, meine Sicht ist die einzig richtige."

    Nagarjuna

  • Das ist ein bitteres, nicht lösbares Problem.

    Ja, leider.

    Man sollte selbst (zuerst) denken, mehr nichts. Wenn es noch die Möglichkeit gibt.


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    Die Gabe der Praxis bedeutet immer gemäß der Belehrungen des eigenen Lehrers zu leben. Aber was passiert, wenn der Lehrer uns einen Rat erteilt, dem wir nicht folgen möchten oder der dem Dharma und dem gesunden Menschenverstand widerspricht? Der Maßstab muss immer die logische Schlussfolgerung und der Dharma sein. Jeder Ratschlag, der den vorgenannten zuwiderläuft, muss zurückgewiesen werden. Dies wurde von Buddha selbst gelehrt. Wenn man an der Gültigkeit des Gesagten zweifelt, sollte man sich behutsam diesem Punkt annähern und alle Zweifel darüber klären.



    Auch von dort :



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    Die Wahrnehmung der Fehler des Lehrers sollte nicht dazu führen, dass wir ihn nicht mehr respektieren, denn indem uns der Lehrer Fehler demonstriert, zeigt er uns tatsächlich, was wir vermeiden sollten. Zumindest ist dies die für uns nützlichste Sichtweise. Ein wichtiger Punkt hierbei ist, dass der Schüler wirklich von wahrhaftigem Forschergeist durchdrungen ist und über eine klare, nicht über eine blinde Hingabe verfügt.


    Und zum Schluss:



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    In den Schriften steht oft geschrieben: »Jede Handlung als perfekt betrachten«. Wie auch immer, diese Phrase muss im Licht der Worte von Buddha Shakyamuni selbst gesehen werden: »Nehmt nichts von dem, was ich euch lehre, einfach aus Glauben oder aus Respekt vor mir an, sondern überprüft es selber, als ob ihr Gold kauftet.« Das Problem mit der Praxis, alles, was der Lehrer tut als perfekt anzusehen, ist, dass diese sich sehr leicht in Gift für Lehrer und Schüler verwandeln kann. Wann immer ich diese Praxis lehre, empfehle ich deshalb immer die Tradition »jede Handlung wird als perfekt angesehen« nicht zu betonen. Sollte der Lehrer nicht-dharmische Eigenschaften hervorbringen oder Belehrungen geben, die dem Dharma widersprechen, so muss die Anleitung, den spirituellen Meister als perfekt anzusehen, zu Gunsten von Vernunft und Dharma-Weisheit aufgegeben werden.


    Das war das wichtigste, meiner Meinung nach.


    Der Ganze Artikel und das Buch in den Fussnoten ist sehr empfehlenswert.



    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Zitat

    Manchmal wird gesagt, dass der Hauptgrund für den Niedergang des Buddhismus in Indien vor 800 Jahren mit der Praxis des Vajrayana, der von unqualifizierten Leuten ausgeübt wurde, zu tun hatte und mit Sektierertum, hervorgerufen durch Korruption innerhalb der Sangha.

    sagte der DL 2009. In unserer Zeit braucht es keine 800 Jahre, es reichen 80 Jahre.

    :zen:

  • Eigentlich, das ist sehr lange Geschichte, die kein Ende ( ich mehme an) bekommt. Das war schon von sehr vielen Jahren genug bekannt.



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    Erleuchtung nicht zu wörtlich nehmen

    „Im Guruyoga, der ja zum Vajrayana gehört, geht es eigentlich darum, die eigene Buddhanatur, man könnte auch sagen, das Grundgute, das in jedem vorhanden ist, zur Reife zu bringen“, erklärt der buddhistische Mönch Tenzin Peljor. „Indem man sich den eigenen Lehrer als erwacht vorstellt. Und sozusagen mit dem Grundguten des Lehrers verschmilzt. Um das dann in sich hervorzubringen. Insgesamt ist der Guruyoga eine komplexe Sache.“
    Peljor ist in der neugegründeten Ethik-Arbeitsgruppe der Deutschen Buddhistischen Union aktiv. Im Internet betreibt er mehrere Blogs, die vor Machtmissbrauch in buddhistischen Gemeinschaften warnen. Denn damit hat er selbst schon schlechte Erfahrungen gemacht:
    „Zu den Grenzüberschreitungen kommt es, weil man die Übungen des Guruyoga nicht mehr als Übung sieht, sondern auf wörtlicher Ebene missversteht und dann eben den Lehrer überidealisiert und Fehler und Schattenseiten des Lehrers leugnet.“

    Aber der Karren bewegt sich kaum. Wer sich dagegen aufzulehnen versucht, wurde dann als


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    Als psychisch eigenartig dargestellt.


    Ich denke, hier man würde findig, ( und "fünd-ig") wo der ( ursprüngliche) Hund begraben liegt:


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    Die Tibetologin Miriam Anders hat zehn Jahre lang in Nepal den Buddhismus studiert und wundert sich über den unkritischen Umgang mit Lamas und Gurus in Europa.


    „Ein Grunde dafür, dass Konflikte sich kumulieren, liegt darin, dass sehr hierarchische Strukturen aus Asien – häufig mit Männern an der Spitze – hierher unreflektiert kopiert wurden“, sagt Anders. „Und mit diesen Kopien umzugehen, das ist jetzt eine große Herausforderung.“

    Dazu kommt noch, dass man hier im Westen das berüchtigte Tantra mit egal was vermengt, aber fast niemals mit der reinen Tradition:


    Quote

    Sobisch sagt: ( Sagt Jan-Ulrich Sobisch, einst Tibetisch-Professor in Kopenhagen, jetzt Forscher an der Ruhr-Universität Bochum)


    „Natürlich gibt es auch sexuelle Übungen. Aber auch die sind schon sehr früh visualisierbar. Das heißt, es ist nicht notwendig, dass man einen sexuellen Partner hat, um eine Visualisation durchzuführen. Das ist der Weg, den die meisten tibetisch-buddhistischen Schulen gegangen sind, dass sie diese Übungen verinnerlicht haben, in die Imagination, in die Vorstellung.“

    Im Tantrismus gibt es eine Fülle von Übungen: Man meditiert, singt Mantras, übt Yoga. Man identifiziert sich mit einer Gottheit auf einer höheren geistigen Ebene. Ganze dreidimensionale Götterpaläste visualisierte man in der Vollstellungswelt. Sexuelle tantrische Übungen außerhalb der Imagination wären die absolute Ausnahme, sagt Sobisch.

    „Und wenn es tatsächlich noch vorkommt, geschieht das tatsächlich im Privaten. Und wenn jetzt ein buddhistischer Lehrer herkommen würde und einer Frau vorschlagen würde, die überhaupt völlig ungeübt ist und selbst keine hohe Verwirklichung hat, keine große meditative Erfahrung hat, die auffordert mit ihm in so eine tantrische Verbindung einzugehen, dann ist das eine Missbrauchssituation. Ganz einfach. Eine solche Form von tantrischer Sexualität kann nur stattfinden zwischen zwei hochentwickelten Persönlichkeiten. Das gilt für beide Seiten, da kann man nicht irgendwelche Schüler nehmen und sagen: Man macht jetzt hier irgendwie die höchste Tantra-Übung. Das geht einfach nicht.“

    Dann lese ich im anderen Artikel:


    Quote

    Lehrer gelten als unantastbar

    Die Lehrer-Schüler-Beziehung und spezifische Gruppendynamiken werfen immer wieder Probleme auf. Im Buddhismus gibt es die Gefahr, dass der Lehrer oder Meister, der den Schüler ja zum Erwachen führen soll, seinerseits als unantastbar gilt. So kommt es, dass Fehler nicht gesehen, Ausbeutung und Manipulation nicht erkannt werden, glaubt die Forscherin:
    „Meine Forschung zielt ja darauf, zu verstehen, welche psychischen Mechanismen laufen da ab, wie läuft Manipulation ab. Wie wirkt sich das auf die Gesundheit von Personen aus?“


    Man kann hier weiter genug zitieren, aber das Problem war niemals neu.

    Ich vermute, was als normal im ("") anderen Ethos ( so wie im fernen Osten, aber , bitte, keine Verallgemeinerung!) finden kann, auf dem absolut anderem Boden von Westen bringt machmal sehr üble Früchte.

    Ich habe irgendwie gelesen, dass es einen Brauch war, bei einigen Ur-einwohnern.

    Also, das hiess so wie die Frau für eine Nacht, um das Kind zu zeugen. Mehr nichts. Aber die gehörte niemals zur so wie der "normalen" Familie. So ist nur der ein Beispiel, wenn man die Kultur , die andere Wurzeln hat, versucht hier uneingeschränkt " Einzupflanzen". Das geht doch einfach nichts.

    Aber was DL betrifft, dann man sollte auf ihn wenigstens hören:


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    Im Zweifel hilft eine Aussage des Dalai Lama weiter. Er hatte gesagt, dass er aktuell niemanden kenne, der befähigt sei, diese höchsten sexuellen tantrischen Rituale auszuüben.


    Ich nehme an, es gibt kein überhaupt "Vajrayana" , wie die echte Schule :!:( das) benennen könnte. Aber nur der Missbrauch und der Boom um mehr Kohle zu kriegen.

    Ein Beispiel zwar ist real.

    Mein Lieblings-Autor Ken Wilber im "Einfach Das" ( so wie das Tagebuch) schildert echte reale sexuelle Beziehung mit der Frau, die er wirklich abgöttlich lebt, die ist auch selbst die erfahrene Buddhistin, und , apropo, er hatte diese Methode, auch noch davor sehr lange praktiziert, aber rein "imaginär", sozusagen.

    Das heisst für mich, diese Methode kann prinzipiell funktioneren, aber eher als die Aushahme aus der Regeln in unseren Konsum-Gesellschaft, die aus allem buchstäblich das Geld verdient.

    Schade, denn meine Position steht fest. Das hat mit den "Strukturen " zu tun. Aber niemals mit der Tradition.


    Die beide Artikel ich verlinke jetzt:


    Missbrauch in buddhistischen Gemeinschaften - Geblendet vom Glanz der Gurus
    Das Thema Missbrauch beschäftigt nicht nur die christlichen Kirchen. Auch in buddhistischen Organisationen gab es bereits Fälle. Doch offene Kritik an…
    www.deutschlandfunkkultur.de




    Irrtümer über Tantra - Wie kam der Sex in den Buddhismus?
    Tantra verbindet Sinnlichkeit mit Spiritualität. Mit der ursprünglichen Idee hat jedoch das, was in Tantra-Studios angeboten wird, wenig zu tun. Wir klären auf.
    www.deutschlandfunk.de

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Zitat

    geht es eigentlich darum, die eigene Buddhanatur, man könnte auch sagen, das Grundgute, das in jedem vorhanden ist, zur Reife zu bringen“, erklärt der buddhistische Mönch Tenzin Peljor. „Indem man sich den eigenen Lehrer als erwacht vorstellt. Und sozusagen mit dem Grundguten des Lehrers verschmilzt.


    So, und jetzt stelle du dir mal etwas vor, was nicht ist (mich in erleuchtet ... ) - es wird dir dabei helfen, etwas zu entfalten was es nicht gibt. Und zwar deine eigene Buddhanatur.


    Gruselig.

  • Das eigentlich Einfache ist, dass es nur meine Buddhanatur gibt, die kommt in der konventionellen Welt nicht vor. Konnte ich bisher nicht in der realen Welt wahrnehmen. Also bleibt Buddhanatur mein Ding, wenn ich daran hänge, wird es zum Hindernis.

    Alles ist im hundekoan.

    Hat der Hund Buddhanatur?

    MU lass es sein, du wirst sie nur in dir finden und auch da ist sie nicht, Da ist nichts, weder im Hund noch in mir noch in dir.


    Wozu benötige’ ich einen Meister, dem ich real die Füße lecken muss, wenn ich weiß, dass er mir nur einreden will, das er etwas hat, das ich gierig will?

    Das ist wie der gute Onkel, der dem Kind ein rosa Kaninchen zeigen will.

  • Ein ziemlich anziehendes Konzept Buddhanatur - scheint mir - man kann sich damit sicher ein besonderes eigenes Selbst denken.


    Warum auch das Buddhismus heissen soll - mir ein Rätsel. Andere können das aber sicher gut erklären, wieso gerade eine Vorstellung die das Ich Denken und Ich Ansichtsbildung stärkt, dabei helfen soll, genau das zu mindern.

  • Das wird es nie geben. Wer soll denn da diskutieren? Die Delegierten der jeweiligen Gruppen? Die sind in der Regel überhaupt nicht befugt, über Doktrinen zu entscheiden. Das tun die spirituellen Leiter.

    Werter Hendrik , ich kenne die DBU lange und intensiv genug (wir sind uns da auch schon über den Weg gelaufen) um da keine Illusionen zu hegen, dass "was es braucht" und "was not tut" ohne spürbaren Druck geschieht. Druck u.a. durch die mediale Öffentlichkeit (wie mit dieser Doku), verbunden mit einer sinkenden Akzeptanz in der Bevölkerung und dem auch von Dir angemerkten Zurückgang des Interesses am Dharma. Das ist gleichbedeutend mit einem Schwinden des kulturellen, sozialen und nicht zuletzt auch ökonomischen Kapitals der DBU; d.h. ihrer Mitgliedsgemeinschaften. Keine gute Bilanz der Inkulturation so weit, sondern Stagnation.


    Wo Du sicher recht hast, das ist, dass dieser Druck derzeit noch nicht spürbar genug ist. Dass ein solcher Diskurs selbst dann das Bohren eines sehr dicken Bretts sein wird (wie jede DBU-Politik) versteht sich. Bis deutsche Buddhisten mal so mündig und aufmüpfig werden wie die deutschen Katholiken im Synodalen Weg oder bei Maria 2.0 ist es noch einer langer Weg "den Bach runter" (wie man bei uns sagt). Gestern ist übrigens Bischof Bätzing (Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz) grundsätzlich auf deren Linie eingeschwenkt, nachdem das Papier zur Sexualethik Anfang September in der Bischofskonferenz gescheitert war. Lohnt sich mE, mal nachzulesen, was der zu dem Vorwurf zu sagen hat, solche Reformen folgten nur dem Zeitgeist: "Ist das überhaupt noch Liberalität, Diversität, Pluralität, der wir uns annähern müssen als Kirche, oder sind es nicht genau andere Zeichen, die heute für einen Zeitgeist stehen, dem wir gewaltig wehren müssen? Ich nenne autoritäres Verhalten, autokratisches Regieren, Demokratie-Kritik bis hin zur Demokratiefeindlichkeit. Das ist doch scheinbar der Zeitgeist, der heute aufkommt. Und wenn ich so manche Stimme aus Rom höre, dann glaube ich, sie sollten sich um diesen Zeitgeist einmal kümmern." (Quelle dpa) Das wird noch ein Weilchen dauern, bis buddhistische Laien im Westen einmal so aufgeklärt sind wie katholische - aufgeklärt im kant'schen Sinne der Befreiung aus selbstverschuldeter Unmündigkeit. Und selbst da bliebe noch einiges zu wünschen übrig.


    Wie könnte man den Einstieg in ein buddhistisches Pendant zum Synodalen Weg schaffen? Ein sinnvolles Projekt wäre aus meiner Sicht ein Kongress zum schon angesprochenen Thema Upaya und Inkulturation (wobei man schon deutlich machen sollte, um welche speziellen 'Upaya' es da insbesondere geht). Mit Referenten aus verschiedenen Traditionen (und warum nicht auch aus der Sozialwissenschaft und Buddhismuswissenschaft), die ihre Auffassungen insbesondere zu den ethischen Implikationen dieser Doktrin darlegen - mit Podiumsdiskussionen, Workshops usw. Damit ließe sich womöglich etwas anstoßen.

    OM MONEY PAYME HUNG

  • Ich weiß, dass wir uns im Rahmen der DBU begegnet sind, lieber Sudhana . Ich glaube das letzte mal, als wir den BDD aufgefordert haben, doch bitte zu kündigen. ;)


    Ich bin der letzte, der ein Projekt wie von Dir beschrieben nicht begrüßen würde. Ich bin lediglich deutlich weniger optimistisch.

    "Es gibt nur eine falsche Sicht: Der Glaube, meine Sicht ist die einzig richtige."

    Nagarjuna

  • Ich denke, dass Mißbrauch oftmals durchaus als Problem gesehen wird und dass es dann aber deswegen nicht verfolgt wird, weil man die Bewahrung der eigenen Institutionen und Praktiken als wichtiger einstuft.


    Aus einer sehr "traditionslistischen" Sicht, sind Mißbrauchsskandale ja ein Erscheinungsform samarischer Begierde. Einen Täter zu hindern kann da ja als eine reine Symptombekämpfung aufscheinen. Während als das "wirkliche Gegenmittel" der buddhistische Weg mit seinen Institutionen erscheint. Der Buddhismus wird als das einzige gesehen, was unsere Probleme letztendlich löst. Weil es der einzige Notausgang im brennenden Haus ist. Gegenüber dem der Kampf für eine gerechte Gesellschaft nurein "weltliches Bemühen" ist.


    Aus so einer Denkweise heraus, ist es einem dann das Kernanliegen diese Institutionen und das Vertrauen in sie zu erhalten. So wie man ein großartiges Medikament nicht aufgibt, weil da einer von zehntausenden Patienten reversible Schäden erleidet, so kann man ja

    buddhistischen upaya wie Guruyoga als etwas sehen, dessen positive Wirkung bei richtiger Anwendung so gigantisch ist, dass man die paar tragischen Fälle wo es durch ungeeignete Schüler und Lehrer schiefgeht, zwar bedauert und einzuschränken sucht.


    Wenn man strukturkonservativ ist, ist hindert einen das daran Probleme als strukturelles Problem zu sehen. Man möchte das Kind nicht mit dem Bade ausschütten und wertvolle Institutionen und Praktiken antasten.


    Das bedeutet nicht, dass man diese Fälle nicht tadelt oder unterbindet oder bestraft. Aber eben nur so lange wie es als ein individuelles Versagen zu behandeln ist und nicht ein Systemfehler zu dessen Behebung man dann positive Wirkungen der Mittel und Institutionen opfern soll.


    Was ist an so einer Argumentation nachvollziehbar und was ein Denkfehler?

  • Der Denk- und Handlungsfehler ist das der Täter nicht aus der Gemeinschaft öffentlich verbannt wird und von der weltlichen Justiz bestraft werden kann.

    Warum schämt man sich wegen eines schwarzen Schafes in der Herde, anstatt es aus der Herde zu werfen, um die Herde sauber zu halten?

    Na ganz einfach: eine Hand wäscht die andere oder einfach Profitgier. Er war ja sonst sehr nützlich. Korruption, Erpressung, Nötigung. Die Mehrheit unterwirft sich der Minderheit. Nennt man heute "Demokratie" Minderheitenschutz.

  • Bis deutsche Buddhisten mal so mündig und aufmüpfig werden wie die deutschen Katholiken im Synodalen Weg oder bei Maria 2.0 ist es noch einer langer Weg "den Bach runter" (wie man bei uns sagt). Gestern ist übrigens Bischof Bätzing (Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz) grundsätzlich auf deren Linie eingeschwenkt, nachdem das Papier zur Sexualethik Anfang September in der Bischofskonferenz gescheitert war.

    Die Mündigkeit der Katholiken wird bereits seit dem 2. Vat. Konzil geübt und wenn die Herren oben nicht derartig "gefehlt" hätten und das seit 2010 in Deutschland und noch früher in USA und Irland und und und .....dann bliebe es wie immer. Was den Erfolg des Synodalen Weges anbelangt, da ist die Messe noch nicht gelesen, wie es so heißt.

    Ich finde es hilfreich, wenn Bätzing auf die wirklichen Gefahren hinweist, aber darauf hoffen ja die Gegner der Reformen geradezu. Und wer weiß, wer der neue Papst wird.

    Außerdem laufen die fortschrittlichen Leute ja reihenweise davon. Die Austritte gehen ja nicht zurück durch das was jetzt so versucht wird. Papiere sind noch keine Änderungen im Kirchenrecht.

    :zen:

  • Hier ein aktuelles Interview (auf Englisch) zum Thema Missbrauch mit einem Experten, dessen Meinung sich ziemlich 1:1 mit meiner deckt :)

    Kannst Du das Interview vielleicht zusammenfassen? Es ist 1 Stunde 23 lang. Und Du kennst den Experten ja gut. 😉

    "Es gibt nur eine falsche Sicht: Der Glaube, meine Sicht ist die einzig richtige."

    Nagarjuna

  • Außerdem laufen die fortschrittlichen Leute ja reihenweise davon. Die Austritte gehen ja nicht zurück durch das was jetzt so versucht wird. Papiere sind noch keine Änderungen im Kirchenrecht.

    Ich bin nicht sicher, ob man den Leuten, die aus den Amtskirchen austreten, immer unterstellen kann, daß sie innerhalb der Kirche eine fortschrittliche Haltung eingenommen hätten. Was auch immer fortschrittlich in diesem Zusammenhang bedeuten mag.


    Die meisten Austritte dürften das Ergebnis einer Kombination von kritischen Überlegungen zu den Berufskirchen in Verbindung mit der Erhebung von Zwangsbeiträgen (der Zehnte) sein.


    Die Verfehlungen der Kirchen werden keinen kleinen Beitrag geleistet haben.


    Frage: Das ganze läuft hier unter der Überschrift 'Buddhismus: Missbrauch im Namen der Erleuchtung' einer TV Sendung im Arte Kanal. Hat jemand die Sendung zum problematischen Umgang der (hauptsächlich katholischen - ja, Arte ist ein halb französischer Sender) Kirche mit dem Gesamtthema Sexualität gesehen? Unmittelbar vor der Sendung zum Missbrauch in buddhistischen Gruppen?


    Also, wäre ich Katholik gewesen, hätte ich nach dieser Sendung eine Menge Fragen gehabt. Wäre ich ein schwankender Katholik, hätte ich inzwischen vielleicht meinen Austritt eingereicht.

  • Außerdem laufen die fortschrittlichen Leute ja reihenweise davon. Die Austritte gehen ja nicht zurück durch das was jetzt so versucht wird. Papiere sind noch keine Änderungen im Kirchenrecht.

    (...)


    Die meisten Austritte dürften das Ergebnis einer Kombination von kritischen Überlegungen zu den Berufskirchen in Verbindung mit der Erhebung von Zwangsbeiträgen (der Zehnte) sein.

    Zumindest nicht in Köln. Da sind die Menschen in Scharen ausgetreten konkret in Zusammenhang mit dem Missbrauchsfällen und dem Umgang damit.


    Rekordzahl: Mehr als 10.000 Kirchenaustritte in Köln im ersten Halbjahr
    Im ganzen Erzbistum Köln wurden 2021 um die 40.000 Kirchenaustritte verzeichnet.
    www.ksta.de


    Liebe Grüße, Aravind.

  • Hier ein aktuelles Interview (auf Englisch) zum Thema Missbrauch mit einem Experten, dessen Meinung sich ziemlich 1:1 mit meiner deckt :)

    Kannst Du das Interview vielleicht zusammenfassen? Es ist 1 Stunde 23 lang. Und Du kennst den Experten ja gut. 😉

    Die erste Hälfte oder so geht um Zen im allgemeinen, mein Weg, usw.


    Aber danach geht es um die Missbrauchsfällen in Zen, wie man sie verhindern kann, meine Erfahrung mit Zernickow und Shimano, sowie zuletzt wie man gesunde Strukturen in Zen-Gruppen schaffen kann, dass sowas möglichst nicht passiert.


    Um meine Kernaussagen zusammenzufassen, würde ich sagen, dass die "Sektenmerkmale", die ich damals in der Studie beleuchtet habe, eigentlich nicht so hilfreich sind, wie ich dachte, um eine problematische Gruppe von vornherein zu erkennen. Weil wenn jemand wirklich die Augen offen hat, hätte zum Beispiel niemals ein Rigpa-Zentrum erst betreten. Weil das ganze Theater drumherum, der Personenkult, die Heuchelei, der Luxus usw. waren ja offensichtlich, ganz zu schweigen von der Gewalt, die Sogyal ja vor hunderten von Leuten angewendet hat. Aber wenn man "auf der Suche" ist, denkt man eben immer, dass die eigene Gruppe doch OK und keine Sekte ist. Nur im Nachhinein wird einem klar, in was für eine Falle man eigentlich getappt ist.


    Und zum Thema gesunde Strukturen habe ich gesagt, dass ich es persönlich bewusst vermeide, "die Lehre" weiter zu verbreiten, d.h. mein Dojo zu vergrößern, mehr Schüler zu bekommen usw. Das ist natürlich kein Garant, dass Missbrauch nicht passieren wird, aber (1) immerhin, dass dessen Umfang nicht so groß wäre, und (2) je mehr Leute bzw. Zentren man hat, desto weniger Zugang die Schüler zu mir haben. Und das wird schnell gefährlich, weil man dann anfängt, irgendwelche Qualitäten auf mich zu projizieren. Dieses Phänomen nehmen die Sogyals der Welt natürlich in Kauf, und versuchen es sogar zu verstärken. Besonders zu diesem Thema hatte ich mal auch diesen Aufsatz geschrieben.

  • "Selling Spirituality" nimmt sich diesem Thema ganz speziell an, nämlich der Vermarktung der religiösen Bedürfnisse.

    Es ist daher nicht nur eine Frage von Strukturen, sondern betrifft die sozialen Rahmenbedingungen für Angebot und Nachfrage. Wenn es da keine Regulierung gibt, weil religiöse Bedürfnisse ja vor allem private Bedürfnisse sind und wenn die Vermarktung selbst nicht Marktregeln, wie das Wettbewerbsrecht berühren - ich erinnere da an den Fall des Namensrechts "Buddhistische Psychologie" - dann ist letztlich alles möglich. Erst wenn es zu strafrechtsrelevanten Vorfällen kommt, die angezeigt werden (können), kommt auch ein öffentliches Interesse ins Spiel.

    Was es also braucht, ist eine Art "Warentest" für das Angebot an Spiritualität. Es geht nämlich auch um das, was inzwischen als geistlicher Missbrauch diskutiert wird. Der geht ja dem sexuellen Missbrauch voran. Dazu gibt es im Netz jede Menge kritische Informationen und wer da sucht, der findet.

    Allerdings dürfte inzwischen ja auch deutlich geworden sein, dass die Suche und die Weltsicht durch das soziale Feld mitbestimmt sind. Es gibt da unterschiedliche Strategien, die von den einzelnen Sekten praktiziert werden, um Mitglieder zu missionieren. Bei Scientology und den Mormonen kennt man diese, auch die Zeugen J. haben inzwischen einige "Whistleblower" die aus dem Inneren Gefüge berichten können.

    Für den Buddhismus, wie er sich im Westen ausgebreitet hat, spielten zunächst Japaner oder andere Natives eine Rolle, als Markenkern. Dann haben sich europäische Kopien heraus gebildet, die ihre persönlichen Entfaltungsmöglichkeiten genutzt haben - dazu brauchte man natürlich Geld - also entweder eine Erbschaft oder einen Mentor - man brauchte aber auch Zugang zu Menschen, die man durch Vorträge, Bücher oder auch einen handfesten Konflikt auf sich aufmerksam machen konnte - und, es braucht auch eine Perspektive für die Interessenten - Erleuchtung ist z.B. so etwas.

    Letztlich ist das Ganze als ein evolutionärer Prozess zu sehen und was da heraus kommen wird ist offen, führt aber den Prozess immer weiter. Für den Sucher nach Sinn oder So gilt das, was bei allen Warenangeboten gilt - was drauf steht ist nicht das, was drin ist. Oder, wie Paulus das schon mahnend bemerkt hatte: Prüft alles. Behaltet das Gute. Meidet das Böse in jeder Gestalt. (Anmerkung von mir - auch in der Gestalt des Guten).

    :zen:

  • Meidet das Böse in jeder Gestalt. (Anmerkung von mir - auch in der Gestalt des Guten).

    Ich kreise nun schon länger über Deine Anmerkung, Leonie; du hast so eine ähnliche Bemerkung in einem Deiner vorherigen Beiträge erwähnt, vermutlich weisst Du welchen Beitrag ich meine, ansonsten suche ich diesen gerne zwecks Einschätzung.


    Jedenfalls halte ich es auch für problematisch in allem Guten nun irgendwo etwas Böses zu widdern und ich bin schon ein ziemlich misstrauischer Mensch, deswegen kann ich so ungefähr nachfühlen, wie Du das meinst.

    Gleichzeitig glaube ich aber auch, dass einem auch so einige wichtige Erfahrungen im Leben entgehen, wenn man zu argwöhnisch wird.

    Weiterhin denke ich, dass eine Blockierung Geist ---- > Herz oder auch umgekehrt Herz - - - -> Geist nicht wirklich gesund für unser Herz ist.

    Liebe Grüße Schneelöwin


    Ein Geist, der an eine Idee gebunden ist, an ein Konzept, an eine Wertvorstellung macht Handlung immer korrupt. Wenn man an einen Glauben gebunden ist, wird die eigene Handlungsweise glaubensgemäß und daher korrupt sein. Wenn man nach seinem eigenen Erfahrungswissen handelt, wird die Begrenztheit des Wissens die Handlung immer korrupt sein lassen.

    Jiddu Krishnamurti