Die nur bedingte Nützlichkeit buddhistischer Gebote am Beispiel Brahmanetzsutra

  • Man kann auch (das wäre die mehr daoistische Sicht) Gebote als solches infrage stellen. Gebote entstehen ja erst, wenn man den Menschen nicht zutraut, natürlich gut zu handeln, und wenn die Resonanz mit dem Leben verloren gegangen ist. Sie entfremden einen gerade noch mehr von der Natürlichkeit und der Resonanz mit dem Leben, verschlimmbessern die Situation also insgesamt. (Und bei Buddha ist ja für den Orden jeder kleinste Pups geregelt).

    "Von der Waschschüssel der Geburt

    bis zur Waschschüssel des Bestatters -

    nur Geschwafel"

    Ikkyû Sôjun

  • Und wenn dieses Bewusstsein unsterblich sein soll, dann ist es ja eben kein solches Ich-Bewusstsein mehr (dessen einziges wirkliches "Problem" ja gerade die Sterblichkeit darstellt), es hat überhaupt nicht die Schwierigkeiten, von denen der Buddha sprach (Krankheit, Alter, Tod), die buddhistische Lehre ist sinnlos für ein solches Bewusstsein.

    Willst du damit sagen ( ich habe mir eben den ganzen Beitrag von dir nochmal durchgelesen und gemerkt, dass es sehr kompliziert gedacht ist, dass ich das gar nicht alles verstehe ) dass es ein unsterbliches Bewusstsein nicht gibt ? Du sagst, solange wir hier auf der Welt , im Körper weilen, können wir dieses unsterbliche Bewusstsein nicht sein. Das Ich - die Skandhas sind solange immer da. Ich weiß nicht, ob du recht hast. Wirst du wohl. Der Körper ist ja solange da, also die Sinneskontakte. Andere Skandhas wohl auch. Aber das weiß ich nicht.

    Das andere stimmt schon : es hat dann diese Schwierigkeiten nicht mehr. So ein Bewussstein braucht die buddh. Lehre nicht mehr. Der Weg ist gegangen.

    Beim Thema Daseinsfaktoren geht es gerade wohl genau um solche Fragen : was ist dann noch da, wenn man ein Buddha ist. Da schaue ich nachher mal rein.

    Oder ist es eben so, dass wir nie ganz ohne Ich sind. Denn Denken werden wir wohl immer etwas. Es gibt für mich noch viel heraus zu finden, dazu braucht es mein Denken.

    Bist du etwa deshalb inspiriert worden zu deinem Beitrag ? :) Also ich denke, ich habe es so verstanden, dass wir auch wenn wir noch einen Körper haben, ganz ohne ein Ich- Denken, ohne Illusionen an eine Persönlichkeit sein können. Das wäre bei einem Buddha so. Dass es dann ganz verschwinden kann. Wie das dann genau ist, wie man dann die Welt sieht und sich, das weiß nur ein Buddha. Und es anderen erklären wäre wohl nie so, wie es selbst zu erfahren. Also wir können es nicht mit dem Verstand verstehen. Und was ich da gestern für ein Problem hatte, kam wohl daher, dass ich wieder mal etwas von der Meditation erwartet habe. Und dann kam mein Geist ganz durcheinander.

    Und es sagte : " Ohne mich, ohne den Denker, ohne das unbefreite Ich, ohne mich geht es nicht " . Da wird wohl was dran sein. Insofern, das etwas ja was wollen muss. Oder es hat es mir eingeredet. Ein Befreiter will auch nichts mehr, so habe ich das mal verstanden. Aber das ist ja wirklich zu hoch für mich, so ein Level, darüber mir Gedanken zu machen.

    LG :)

    Der Weise, der, auf Sittlichkeit gestützt,

    Den Geist entfaltet, sich in Weisheit übt,

    Ein solch entschlossener und weiser Jünger

    Mag dieses Lebens Wirrsal einst entwirren.


    (Diese Verse finden sich im Samyutta-Nikāya).

    3 Mal editiert, zuletzt von Rigpa ()

  • Zitat

    ganz ohne ein Ich- Denken, ohne Illusionen an eine Persönlichkeit sein können. Das wäre bei einem Buddha so. Dass es dann ganz verschwinden kann. Wie das dann genau ist, wie man dann die Welt sieht und sich, das weiß nur ein Buddha.

    Das wird zuweilen so wiedergegeben. Aber würde denn einer ohne Ich-Denken ein Regelwerk für andere erfinden wollen? Würde jemand ohne Ich-Denken genau diesen Charakterzug haben, sich für so wichtig zu halten, dass er anderen sagen muss, wie sie zu leben haben? Wir wissen doch, wie der Buddha die Welt sah, als Leiden an Geburt, Alter, Krankheit und Tod. Geburt und Tod sind zwei Dinge, auf die wir offensichtlich keinerlei Einfluss haben, aber dazwischen spielt sich die Ich-Werdung und -Behauptung ab (die sich beim Buddha in der Hinterlassenschaft seiner Lehre zeigte). Die ganze buddhistische Lehre funktioniert nur innerhalb dieser Ich-Vorstellungen und mit Blick auf den Tod. Ein ewiges Bewusstsein leidet nicht am Tod. Der Gautama litt am Tod (der Endlichkeit). Wenn wir unterstellen, dass er dieses Leiden (als Buddha) aufgehoben hat, sollten wir uns m.E. fragen, inwiefern. In dem klassischen Vermächtnis - also etwa den vier Edlen Wahrheiten oder dem Achtfachen Pfad - ist das jedenfalls nicht zu erkennen, diese beruhen auf der Ich-Sicht eines am Tod Leidenden. Meines Erachtens kann man also nur ein temporäres Erwachen unterstellen (wie bei anderen Adepten und ggf. bei uns auch), mehr lässt sich leider durch seine Lehre nicht belegen. Und das scheint eher eine Art Vorgriff auf einen Zustand zu sein, der mit dem Ende des Ich-Bewusstseins sowieso eintritt, also mit dem Tod. Wenn man nicht jenen Spekulationen über Höllen etc. glauben will, dann ist also wahrscheinlich, dass sich für jeden mit dem Tod derartige "Probleme" erledigen. Davor kehrt jeder in seine Ich-Haftigkeit zurück. Das ist der Regelzustand, selbst wenn er als Lehrer etwas auf einem Sesshin erzählt. Für Außenstehende sieht das, wie ich immer wieder höre und lese, oft anders aus, aber ich sehe da Projektionen und kann das selbst nicht nachvollziehen. Ich sehe lauter Ichs, auch wenn sie Suzuki, Sawaki oder Sasaki heißen, oder wie auch immer.

    "Ein Mönch, der Fragen stellt und sich unsicher ist, wie er den Geist eines anderen einschätzen mag, soll einen 'Buddha' genau untersuchen, um festzustellen, ob dieser tatsächlich erwacht ist." (Vivamsaka Sutta)

  • Meines Erachtens kann man also nur ein temporäres Erwachen unterstellen (wie bei anderen Adepten und ggf. bei uns auch), mehr lässt sich leider durch seine Lehre nicht belegen. Und das scheint eher eine Art Vorgriff auf einen Zustand zu sein, der mit dem Ende des Ich-Bewusstseins sowieso eintritt, also mit dem Tod. Wenn man nicht jenen Spekulationen über Höllen etc. glauben will, dann ist also wahrscheinlich, dass sich für jeden mit dem Tod derartige "Probleme" erledigen. Davor kehrt jeder in seine Ich-Haftigkeit zurück.

    Danke für Deine Mühen, es uns besser zu erklären. Ich verstehe was du meinst, aber ob du recht hast oder nicht, weiß ich nicht. Da gibt es hier genug SchreiberInnen, welche besser erklären können, was einen Arhat ausmacht, und ob so jemand immer wieder zurück ins Ich- Bewusstsein geht / fällt. Wenn man der Lehre vertraut, so erledigen sich solche Probleme ( die fünf Hindernisse ) nicht lange nach dem Tod, da man wieder zurück kommt, das Karma bewirkt ein Weiterleben auf der körperlichen Welt. :)

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    (Diese Verse finden sich im Samyutta-Nikāya).

  • Zitat

    da man wieder zurück kommt, das Karma bewirkt ein Weiterleben auf der körperlichen Welt.

    Das Weiterleben von was? Vom Ich-Bewusstsein? Wenn das der Fall wäre, gäbe es für dieses Ich ja keinen Tod, und auch dann wäre die buddhistische Lehre unlogisch. Es wäre überflüssig, dass jemand am Tod leidet.

    "Ein Mönch, der Fragen stellt und sich unsicher ist, wie er den Geist eines anderen einschätzen mag, soll einen 'Buddha' genau untersuchen, um festzustellen, ob dieser tatsächlich erwacht ist." (Vivamsaka Sutta)

  • Zitat

    Wo behaupten diese Lehrer, dass sie kein "Ich" hätten?

    Es geht mir um die Projektionen der Schüler.

    "Ein Mönch, der Fragen stellt und sich unsicher ist, wie er den Geist eines anderen einschätzen mag, soll einen 'Buddha' genau untersuchen, um festzustellen, ob dieser tatsächlich erwacht ist." (Vivamsaka Sutta)

  • Das Weiterleben von was? Vom Ich-Bewusstsein? Wenn das der Fall wäre, gäbe es für dieses Ich ja keinen Tod, und auch dann wäre die buddhistische Lehre unlogisch. Es wäre überflüssig, dass jemand am Tod leidet.

    Vielleicht habe ich dich ganz falsch verstanden. Du sprichst von Ich und ich meine die ganze Zeit, Ich- Glaube. Die Lehrer sie alle haben ein Ich gehabt, nur keine Anhaftung mehr daran, keine Illusionen, dass es eine Persönlichkeit gibt.

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    (Diese Verse finden sich im Samyutta-Nikāya).

  • Zitat

    Die Lehrer sie alle haben ein Ich gehabt, nur keine Anhaftung mehr daran, keine Illusionen, dass es eine Persönlichkeit gibt.

    Aber sie haben die ganze Zeit mit dieser Persönlichkeit gelehrt. Was sie glauben ist etwas anderes als das, was sich zeigt. Die Anhaftung an die Persönlichkeit ist dann am offensichtlichsten, wenn man sich z.B vor andere setzt und lehrt, also sich in der Position wähnt, mehr als diese anderen zu wissen und zu verstehen. Und wenn man z.B entscheidet, wer von den anderen es wert ist, ein "Nachfolger" zu sein.

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  • wenn man sich z.B vor andere setzt und lehrt, also sich in der Position wähnt, mehr als diese anderen zu wissen und zu verstehen.

    Mein Lehrer hat sich nicht vor mich hingesetzt und mich belehrt. Ich habe ihn gebeten, mich als Schüler anzunehmen. Soweit ich weiß, ist das auch der normale und traditionelle Weg.


    Liebe Grüße,

    Aravind.

  • Der Lehrer könnte dich aber immer noch ablehnen, und die Voraussetzung Deiner Bitte ist ja wohl, dass er als Lehrer von Dir wahrgenommen wird oder entsprechend etabliert wurde.

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  • Genauso wenig wie man in Deutschland kein Mathematiklehrer ist, nur weil man sich dafür ausgibt, genauso wird man nicht zum Dharmalehrer nur weil eine Person sich dafür ausgibt.


    Um ein Dharmalehrer zu sein, muss eine Person klare Kriterien erfüllen. Die muss man als Schüler kennen und dann eben prüfen, ob die Person sie erfüllt und deshalb auch ein Dharmalehrer ist. Mit dieser Prüfung sollte man sich wirklich Zeit lassen.


    Genauso wie man selbst die Freiheit hat, eine Person nicht als Dharmalehrer anzunehmen, so hat ein Dharmalehrer auch die Freiheit, eine Person als Schüler abzulehnen.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Vom Mathelehrer erwartet aber niemand, dass er - wie hier Rigpa für einige Dharmalehrer unterstellte - nicht mehr an seinem Ego oder seiner Persönlichkeit haftet. Offenbar spielt das für viele Schüler im Hinblick auf Dharma-Lehrer als eine Art Wunschdenken eine Rolle.

    "Ein Mönch, der Fragen stellt und sich unsicher ist, wie er den Geist eines anderen einschätzen mag, soll einen 'Buddha' genau untersuchen, um festzustellen, ob dieser tatsächlich erwacht ist." (Vivamsaka Sutta)

  • Ein qualifizierter Dharmalehrer haftet nicht am Ego an, weil er erkannt hat, dass es kein Ego gibt, sondern nur die Vorstellung von einem Ego; so wie es zwar eine Vorstellung von einem Hasenhorn gibt, aber kein Hasenhorn.


    Ein qualifizierter Dharmalehrer haftet auch nicht an seiner Persönlichkeit an, denn er hat die Selbstlosigkeit der Person oder des Selbst oder des Ichs völlig korrekt verstanden.


    An der Persönlichkeit haften nur diejenigen an, die kein korrektes Verständnis der Existenzweise der Person haben. Anhaftung ist immer mit getäuschter Ansicht verbunden.


    Von einem qualifizierten Dharmalehrer zu erwarten, dass er nicht an seiner Persönlichkeit anhaftet ist kein Wunschdenken, sondern eine wesentliche Qualifikation eines Dharmalehrers.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Ja, genau diesen Irrglauben habe ich hiermit angesprochen. Es wird darum immer wieder die gleichen Frustrationen mit solchen Lehrern geben.

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  • Ein qualifizierter Dharmalehrer haftet auch nicht an seiner Persönlichkeit an, denn er hat die Selbstlosigkeit der Person oder des Selbst oder des Ichs völlig korrekt verstanden.

    Hi, Helmut , von dem rein "Buddhistischem" Standpunkt es ist klar.

    Aber von der anderen Seite:


    Zitat

    Nach dem Bodhi-Erlebnis hielt Gautama, der Buddha, im Wildpark bei Isipatana (dem heutigen Sarnath) nahe Benares vor einer Gruppe von fünf Asketen, seinen früheren Gefährten, seine erste Lehrrede. Diese fünf wurden damit die ersten Mönche der buddhistischen Mönchsgemeinschaft (Sangha). Von jenem Tage an lehrte und sprach er 45 Jahre lang vor Männern und Frauen aller Volksschichten, vor Königen und Bauern, Brahmanen und Ausgestoßenen, Geldverleihern und Bettlern, Heiligen und Räubern. Die bis heute in Indien bestehenden Unterscheidungen durch die Kastenordnung nahm er als Gegebenheit hin, betonte aber ihre Unwesentlichkeit für das Beschreiten des Wegs, den er lehrte.

    Buddha soll mit 80 Jahren verstorben und ins Parinirvana eingegangen sein.

    Um die eigene Lehre zu verbreiten, man braucht ( nach den allgemeinen Masstaben der modernen Psychologie, z.B.)

    sehr starkes DurchhaltenVermögen, die Entschlossenheit, den Willen.

    Buddha war nach seinem "Boddhi-Erlebnis" sehr aktiv, er sprach mit den Leuten aus sehr verschiedenen "Schichten", er sollte für den jeden das richtige Wort und entsprechende Argumentation finden, und das alles... setzt voraus

    die "starke " Persönlichkeit.

    Man sollte, denke ich, den Begriff im richtigen Focus zu sehen, damit ich widerspreche von dir gesagte mitnichten.

    LG.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates