Ich beziehte mich auf diese Übersetzung des Brahmajala Sutras, auf das hier auch kürzlich bei einer Diskussion zum Fleischverzehr hingewiesen wurde.
An ein paar Zitaten der minder schweren oder Nebenregeln will ich aufzeigen, dass es für den Laien recht sinnlos ist, sich an solchen Texten wirklich zu orientieren, sich also mehr als inspirieren lassen zu wollen.
Nebenregel 16:
"Ihr solltet euren Körper vollständig den hungrigen Tigern, Wölfen und Löwen sowie allen hungrigen Geistern darbringen, einschließlich des Fleisches eurer Arme und Beine. Danach solltet ihr ihnen in geordneter Weise den richtigen Dharma darlegen, und es ihrem Geist ermöglichen, sich zu öffnen, damit sie die Bedeutung verstehen können."
Diese Regel könnte bedeuten, dass die Beispiele nur als Metaphern zu lesen sind, denn wie soll jemand, der seinen Körper "vollständig" wilden Tieren hingab, danach noch den Dharma darlegen können? Sei es drum, nun wird es ganz und gar ungemütlich:
Regel 4 verbietet Knoblauch, Schalotten, Lauch, Zwiebeln und Asant. Ich bin mir sicher, dass die meisten Vegetarier keine Lust auf solche Einschränkungen haben, aus gesundheitlicher Sicht muss man sie sowieso nicht teilen.
Nebenregel 20:
"Deshalb solltet ihr immer die gefangenen Tiere befreien, damit die Lebewesen weiterhin wiedergeboren werden und Wiedergeburt erfahren können."
Das könnte im ersten Teil Tierbefreiern bei PETA gefallen, bedeutet aber im zweiten, dass hier ein Buddha davon ausging, Lebewesen müssten erst aus Gefangenschaft befreit werden, um Wiedergeburt erfahren zu können. Ein seltsamer Gedanke, zumal ja damit auch unterstellt ist, dass diese Wiedergeburt für die Tiere sinnvoll ist (im Sinne eines "Aufstiegs").
Nebenregel 24:
"Wenn ihr euch darüber hinaus mit falschen Ansichten, den Praktiken der beiden Fahrzeuge oder von Nicht-Buddhisten, weltlichen Klassikern, den verschiedenen Abhidharma-Abhandlungen oder Werken der Literatur beschäftigt, werden solche Praktiken die Buddha-Natur abschneiden und die Ursachen und Bedingungen des Pfades behindern."
Von wörtlichen Auslegungen solcher Texte stammen dann Ratschläge mancher Lehrer (wie TNH), sich von manchen kulturellen Errungenschaften abzuwenden, worunter hier auch jegliche Literatur (inklusive Klassikern) gehört.
Nebenregel 29:
"Ihr sollt euch nicht mit Zauberei, Lohnarbeit oder Falknerei beschäftigen; ihr sollt keine der hundert Heil- und Giftkräuter oder der tausend Arten bösartiger Gifte und ihrer Gegengifte zusammenbrauen; ihr sollt euch nicht mit der Herstellung von Gold und Silber beschäftigen."
Also Schluss mit David Blaine und "hired labor" oder der Arbeit als Apotheker, Heilpraktiker oder Goldschmied.
Nebenregel 32:
"Ihr solltet keine Katzen, Dachse, Schweine oder Hunde aufziehen."
Schluss auch mit Haustieren wie Katzen und Hunden!
Nebenregel 33:
"Ihr sollt auch nicht auf das Blasen des Muschelhorns, das Schlagen der Trommeln oder die Hörner hören [die ertönen, wenn Armeen in die Schlacht ziehen], noch [sollt ihr auf] die Musik von Gitarren, Harfen, Flöten oder Lauten hören, noch auf den Gesang und die musikalische Begleitung bei Theatervorstellungen. Ihr sollt nicht mit Würfeln spielen, noch [solche Spiele wie] Dame, Schach, Danqi, Parcheesi, Kegel-, Stein- oder Krugwerfen oder das Spiel der ‚acht Wege zur Hauptstadt‘ spielen."
Und auch mit Schachspielen ist es aus, ganz zu schweigen von Theaterbesuchen oder Musikhören.
All diese Regeln sind wie gesagt in die gleiche Kategorie eingeordnet wie etwa die, kein Fleisch zu essen.