Die nur bedingte Nützlichkeit buddhistischer Gebote am Beispiel Brahmanetzsutra

  • Ich beziehte mich auf diese Übersetzung des Brahmajala Sutras, auf das hier auch kürzlich bei einer Diskussion zum Fleischverzehr hingewiesen wurde.

    An ein paar Zitaten der minder schweren oder Nebenregeln will ich aufzeigen, dass es für den Laien recht sinnlos ist, sich an solchen Texten wirklich zu orientieren, sich also mehr als inspirieren lassen zu wollen.


    Nebenregel 16:

    "Ihr solltet euren Körper vollständig den hungrigen Tigern, Wölfen und Löwen sowie allen hungrigen Geistern darbringen, einschließlich des Fleisches eurer Arme und Beine. Danach solltet ihr ihnen in geordneter Weise den richtigen Dharma darlegen, und es ihrem Geist ermöglichen, sich zu öffnen, damit sie die Bedeutung verstehen können."


    Diese Regel könnte bedeuten, dass die Beispiele nur als Metaphern zu lesen sind, denn wie soll jemand, der seinen Körper "vollständig" wilden Tieren hingab, danach noch den Dharma darlegen können? Sei es drum, nun wird es ganz und gar ungemütlich:


    Regel 4 verbietet Knoblauch, Schalotten, Lauch, Zwiebeln und Asant. Ich bin mir sicher, dass die meisten Vegetarier keine Lust auf solche Einschränkungen haben, aus gesundheitlicher Sicht muss man sie sowieso nicht teilen.


    Nebenregel 20:

    "Deshalb solltet ihr immer die gefangenen Tiere befreien, damit die Lebewesen weiterhin wieder­geboren werden und Wiedergeburt erfahren können."


    Das könnte im ersten Teil Tierbefreiern bei PETA gefallen, bedeutet aber im zweiten, dass hier ein Buddha davon ausging, Lebewesen müssten erst aus Gefangenschaft befreit werden, um Wiedergeburt erfahren zu können. Ein seltsamer Gedanke, zumal ja damit auch unterstellt ist, dass diese Wiedergeburt für die Tiere sinnvoll ist (im Sinne eines "Aufstiegs").


    Nebenregel 24:

    "Wenn ihr euch darüber hinaus mit falschen Ansichten, den Praktiken der beiden Fahrzeuge oder von Nicht-Buddhisten, weltlichen Klassikern, den verschiedenen Abhidharma-Abhandlun­gen oder Werken der Literatur beschäftigt, werden solche Praktiken die Buddha-Natur abschneiden und die Ursachen und Bedingungen des Pfades behindern."


    Von wörtlichen Auslegungen solcher Texte stammen dann Ratschläge mancher Lehrer (wie TNH), sich von manchen kulturellen Errungenschaften abzuwenden, worunter hier auch jegliche Literatur (inklusive Klassikern) gehört.


    Nebenregel 29:

    "Ihr sollt euch nicht mit Zauberei, Lohnarbeit oder Falknerei beschäftigen; ihr sollt keine der hundert Heil- und Giftkräuter oder der tausend Arten bösartiger Gifte und ihrer Gegengifte zusammen­brauen; ihr sollt euch nicht mit der Herstellung von Gold und Silber beschäftigen."


    Also Schluss mit David Blaine und "hired labor" oder der Arbeit als Apotheker, Heilpraktiker oder Goldschmied.


    Nebenregel 32:

    "Ihr solltet keine Katzen, Dachse, Schweine oder Hunde aufziehen."


    Schluss auch mit Haustieren wie Katzen und Hunden!


    Nebenregel 33:

    "Ihr sollt auch nicht auf das Blasen des Muschelhorns, das Schlagen der Trommeln oder die Hörner hören [die ertönen, wenn Armeen in die Schlacht ziehen], noch [sollt ihr auf] die Musik von Gitarren, Harfen, Flöten oder Lauten hören, noch auf den Gesang und die musikalische Begleitung bei Theater­vorstellungen. Ihr sollt nicht mit Würfeln spielen, noch [solche Spiele wie] Dame, Schach, Danqi, Parcheesi, Kegel-, Stein- oder Krugwerfen oder das Spiel der ‚acht Wege zur Hauptstadt‘ spielen."


    Und auch mit Schachspielen ist es aus, ganz zu schweigen von Theaterbesuchen oder Musikhören.


    All diese Regeln sind wie gesagt in die gleiche Kategorie eingeordnet wie etwa die, kein Fleisch zu essen.

    "Ein Mönch, der Fragen stellt und sich unsicher ist, wie er den Geist eines anderen einschätzen mag, soll einen 'Buddha' genau untersuchen, um festzustellen, ob dieser tatsächlich erwacht ist." (Vivamsaka Sutta)

  • Du sollst nicht ...

    Das entspricht auch überhaupt nicht der Art und Weise, wie ich Buddha verstehe.


    Das ist zum "Abgewöhnen".


    Danke für die Klärung.

    _()_

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Nebenregel 16:

    "Ihr solltet euren Körper vollständig den hungrigen Tigern, Wölfen und Löwen sowie allen hungrigen Geistern darbringen, einschließlich des Fleisches eurer Arme und Beine. Danach solltet ihr ihnen in geordneter Weise den richtigen Dharma darlegen, und es ihrem Geist ermöglichen, sich zu öffnen, damit sie die Bedeutung verstehen können."

    Genau so wird es denjenigen geschehen, die der Lehre bedingungslos folgen, da sind eine Menge Tiger, Wölfe, Löwen, die einem den Körper zerfleischen. Und vor allem hungrige Geister in einem selbst, die nicht zimperlich sind auch das Innere zu zerfetzen. Den Dhamma darlegen ist eine immerwährende Angriffsfläche bieten, fresst alle meine Vorstellungen auf, mir gleich, ich werde davon befreiter.

  • Schluss auch mit Haustieren wie Katzen und Hunden!


    Nebenregel 33:

    "Ihr sollt auch nicht auf das Blasen des Muschelhorns, das Schlagen der Trommeln oder die Hörner hören [die ertönen, wenn Armeen in die Schlacht ziehen], noch [sollt ihr auf] die Musik von Gitarren, Harfen, Flöten oder Lauten hören, noch auf den Gesang und die musikalische Begleitung bei Theater­vorstellungen. Ihr sollt nicht mit Würfeln spielen, noch [solche Spiele wie] Dame, Schach, Danqi, Parcheesi, Kegel-, Stein- oder Krugwerfen oder das Spiel der ‚acht Wege zur Hauptstadt‘ spielen."

    Fand es einfach witzig. Das mit dem kein Knoblauch essen, da frage ich mich "warum nicht ?", aber auch mit dem keine Tiere ( alles Fleischfresser, Jäger ) aufziehen, warum man es nicht soll. Das Gebot Nr. 20, mit den gefangenen Tieren verstehe ich auch nicht. Aber ist dennoch interessant, danke für das Teilen, ich denke man sollte sich auch nicht lustig machen, evt helfen ja diese Gebote wirklich um ein Bodhisattva zu werden. :D Liebe Grüße

    Der Weise, der, auf Sittlichkeit gestützt,

    Den Geist entfaltet, sich in Weisheit übt,

    Ein solch entschlossener und weiser Jünger

    Mag dieses Lebens Wirrsal einst entwirren.


    (Diese Verse finden sich im Samyutta-Nikāya).

  • Schluss auch mit Haustieren wie Katzen und Hunden!


    Nebenregel 33:

    "Ihr sollt auch nicht auf das Blasen des Muschelhorns, das Schlagen der Trommeln oder die Hörner hören [die ertönen, wenn Armeen in die Schlacht ziehen], noch [sollt ihr auf] die Musik von Gitarren, Harfen, Flöten oder Lauten hören, noch auf den Gesang und die musikalische Begleitung bei Theater­vorstellungen. Ihr sollt nicht mit Würfeln spielen, noch [solche Spiele wie] Dame, Schach, Danqi, Parcheesi, Kegel-, Stein- oder Krugwerfen oder das Spiel der ‚acht Wege zur Hauptstadt‘ spielen."

    Fand es einfach witzig. Das mit dem kein Knoblauch essen, da frage ich mich "warum nicht ?", aber auch mit dem keine Tiere ( alles Fleischfresser, Jäger ) aufziehen, warum man es nicht soll. Das Gebot Nr. 20, mit den gefangenen Tieren verstehe ich auch nicht. Aber ist dennoch interessant, danke für das Teilen, ich denke man sollte sich auch nicht lustig machen, evt helfen ja diese Gebote wirklich um ein Bodhisattva zu werden. :D Liebe Grüße

    Es sind alles Metaphern.

  • Moin Rigpa,

    als ich mal bei einem Seminar mit dem Dalai Lama in Schneverdingen war, waren Knoblauch und ähnliche blähende Lebensmittel auch untersagt. Allein wegen des störenden Geruchs vermute ich. Das war mir verständlich.

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    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Regel 4 verbietet Knoblauch, Schalotten, Lauch, Zwiebeln und Asant. Ich bin mir sicher, dass die meisten Vegetarier keine Lust auf solche Einschränkungen haben, aus gesundheitlicher Sicht muss man sie sowieso nicht teilen.

    Das sind alles Pflanzen die sich auf den Körpergeruch auswirken können und auch sonst sehr stark riechen (Asant wurde sogar als Geruchswaffe eingesetzt). Entsprechend sehe ich darin eine gemeinschaftliche Regel um die Geruchsbelästigung gering zu halten.



    Nebenregel 20:


    "Deshalb solltet ihr immer die gefangenen Tiere befreien, damit die Lebewesen weiterhin wieder­geboren werden und Wiedergeburt erfahren können."

    Das verstehe ich als Aufforderung zum Freilassen. Die Begründung über die Wiedergeburt ist für mich einfach ein Begründung die im ersten Schritt eine Motivation erzeugt / erzeugen soll.



    "Ihr sollt euch nicht mit Zauberei, Lohnarbeit oder Falknerei beschäftigen; ihr sollt keine der hundert Heil- und Giftkräuter oder der tausend Arten bösartiger Gifte und ihrer Gegengifte zusammen­brauen; ihr sollt euch nicht mit der Herstellung von Gold und Silber beschäftigen."


    Also Schluss mit David Blaine und "hired labor" oder der Arbeit als Apotheker, Heilpraktiker oder Goldschmied.

    Hier wäre doch erst einmal die Frage ob "hundert Heil- und Giftkräuter" einfach eine Umschreibung für "alle die es gibt" oder tatsächlich nur ein bestimmter Teil gemeint ist. Früher gab es ja z.B. Versuche zu Heilkräutern die ewig Leben erzeugen sollen. Davon abzulassen ist etwas anderes als von einem Hustenbonbon.

    Zauberei ist, finde ich, offensichtlich. Falknerei dürfte sich auf Jagd beziehen. Zu Lohnarbeit:


    Nebenregel 24:

    "Wenn ihr euch darüber hinaus mit falschen Ansichten, den Praktiken der beiden Fahrzeuge oder von Nicht-Buddhisten, weltlichen Klassikern, den verschiedenen Abhidharma-Abhandlun­gen oder Werken der Literatur beschäftigt, werden solche Praktiken die Buddha-Natur abschneiden und die Ursachen und Bedingungen des Pfades behindern."


    Von wörtlichen Auslegungen solcher Texte stammen dann Ratschläge mancher Lehrer (wie TNH), sich von manchen kulturellen Errungenschaften abzuwenden, worunter hier auch jegliche Literatur (inklusive Klassikern) gehört.

    Nicht alles was als Klassiker zählt ist deswegen direkt hochwertig. Man sollte schon überlegen mit was man sich wie beschäftigt. Der Kontext und die Geisthaltung machen einen großen Unterschied.


    Dasselbe zählt auch besonder hier:

    Nebenregel 33:

    "Ihr sollt auch nicht auf das Blasen des Muschelhorns, das Schlagen der Trommeln oder die Hörner hören [die ertönen, wenn Armeen in die Schlacht ziehen], noch [sollt ihr auf] die Musik von Gitarren, Harfen, Flöten oder Lauten hören, noch auf den Gesang und die musikalische Begleitung bei Theater­vorstellungen. Ihr sollt nicht mit Würfeln spielen, noch [solche Spiele wie] Dame, Schach, Danqi, Parcheesi, Kegel-, Stein- oder Krugwerfen oder das Spiel der ‚acht Wege zur Hauptstadt‘ spielen."

    Und auch mit Schachspielen ist es aus, ganz zu schweigen von Theaterbesuchen oder Musikhören.

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  • Zb,

    Knoblauch richtet sich gegen jede Art der Darmwürmer. Roher Knoblauch ist reich an schwefelhaltigen Aminosäuren, die antiparasitär wirken und helfen, Mikroben im Körper zu töten.

    Und auch

    die Sulfide der Zwiebel töten Bakterien im menschlichen Körper.


    In Metta🙏

    2 Mal editiert, zuletzt von Numisatojama ()

  • Zb,

    Knoblauch richtet sich gegen jede Art der Darmwürmer. Roher Knoblauch ist reich an schwefelhaltigen Aminosäuren, die antiparasitär wirken und helfen, Mikroben im Körper zu töten.

    Und auch

    die Sulfide der Zwiebel töten Bakterien im menschlichen Körper.

    Ich vermute nicht, dass das Wissen über Mikroben und Bakterien zur damaligen Zeit derart verbreitet (wenn überhaupt vorhanden) war.


    An ein paar Zitaten der minder schweren oder Nebenregeln will ich aufzeigen, dass es für den Laien recht sinnlos ist, sich an solchen Texten wirklich zu orientieren, sich also mehr als inspirieren lassen zu wollen.

    Ich würde das keineswegs allgemein als "für den Laien recht sinnlos" betiteln. Die Regeln haben Hintergründe und wenn man diese versteht, lässt sich daraus viel für den Laien lernen.

    _()_

  • Nicht alles was als Klassiker zählt ist deswegen direkt hochwertig. Man sollte schon überlegen mit was man sich wie beschäftigt. Der Kontext und die Geisthaltung machen einen großen Unterschied.

    Bezieht sich das auf z.B. die Abhidharma-Abhandlun­gen ?

    Ich vermute nicht, dass das Wissen über Mikroben und Bakterien zur damaligen Zeit derart verbreitet (wenn überhaupt vorhanden) war.

    Das kann schon verbreitet gewesen sein, doch diese Gebote oder Erkenntnisse über die richtige Ernährung zum Fördern guter (sattva ? ) Eigenschaften waren auch schon vorhanden zu der Zeit. Diese stammen wohl aus dem Hinduismus. Da gibt es auch den Rat diese Wurzeln nicht zu essen, da sie feurig sind, sie führen dazu das Gemüt zu erhitzen ( Hitzkopf ) sowie scharfe Speisen. Also man wird davon aggressiver. Das wusste ich ja, daher hätte ich nicht fragen brauchen, aber ich habe dennoch gefragt, weil so richtig glauben wollte ich es nicht. Aber um ehrlich zu sein, ist mir die Wirkung von bestimmten Speisen/ Zutaten auf meinen Geist schon das eine und andere Mal aufgefallen. Je ....... weiser oder je ....... mehr man sich dem Befreien nähert, umso mehr fällt es einem auf. Aber ich halte mich dennoch nicht an diese Gebote. Ich bin zu sehr Genießerin. Aber es ist schon förderlicher sich daran zu halten, das stimmt.

    Ich würde das keineswegs allgemein als "für den Laien recht sinnlos" betiteln. Die Regeln haben Hintergründe und wenn man diese versteht, lässt sich daraus viel für den Laien lernen.

    Also bezogst du dich mit dem Satz den ich oben zitiert habe auf die Abhidharma-Abhandlun­gen.

    Der Weise, der, auf Sittlichkeit gestützt,

    Den Geist entfaltet, sich in Weisheit übt,

    Ein solch entschlossener und weiser Jünger

    Mag dieses Lebens Wirrsal einst entwirren.


    (Diese Verse finden sich im Samyutta-Nikāya).

  • Bezieht sich das auf z.B. die Abhidharma-Abhandlun­gen ?


    Das ist eine allgemeine Aussage die sich auf die Regel bezieht. Das umfasst alle Bücher, Texte, Kulturen und was sonst noch.


    Das kann schon verbreitet gewesen sein, doch diese Gebote oder Erkenntnisse über die richtige Ernährung zum Fördern guter (sattva ? ) Eigenschaften waren auch schon vorhanden zu der Zeit.

    Die Entdeckung wird wohl dem Jahre 1676 zugeschrieben (https://de.wikipedia.org/wiki/Bakterien#Erforschung ). Erkenntnisse über die Wirkung war das was ich bereits zu den Heilkunde-Thema gesagt habe.

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  • Zitat

    Entsprechend sehe ich darin eine gemeinschaftliche Regel um die Geruchsbelästigung gering zu halten.

    Und was ist mit Weihrauch? Finde ich mindestens ebenso belästigend. Das ist also Geschmacks- oder Geruchssache. Ich reagiere darauf allergisch (Asthma).


    Was die chinesische Medizin angeht, dürfte die (positive) Wirkung von Knoblauch und Zwiebeln unabhängig von der Kenntnis von Bakterien bereits zu Zeiten der Erstellung dieses Sutras bekannt gewesen sein.


    Was das Befreien von Haustieren angeht - wie würde es Kühen wohl in freier Wildbahn ergehen? Und damals gab es ja wiederum diese Massentierhaltung nicht wie heute, also scheint mir hier doch ein seltsam zwingender Zusammenhang zwischen "Gefangenschaft" und Chance auf Wiedergeburt konstruiert.


    Warum ist "Zauberei" offensichtlich? Wieso sollen Menschen nicht Spaß haben und sich unterhalten lassen und man nicht jemanden wie David Blaine, der sein Leben riskiert mit seinen Künsten und seinem Körper so viel abverlangt wie ein Dauermeditierender, Respekt entgegenbringen? Welch langweiliges Leben stellen sich diese Gebote-Erfinder da eigentlich vor?


    Und bei dem Sawaki-Zitat sollte man doch eins nicht vergessen: Auch er musste essen und war auf Spenden angewiesen. Die kamen dann in der Regel von Leuten, die der Lohnarbeit nachgingen. So ist das auch heute noch.


    Aber ... im unbekannteren ersten Teil des Brahmanetzsutras stehen ein paar interessantere Dinge, die ich demnächst noch zitieren will.

    "Ein Mönch, der Fragen stellt und sich unsicher ist, wie er den Geist eines anderen einschätzen mag, soll einen 'Buddha' genau untersuchen, um festzustellen, ob dieser tatsächlich erwacht ist." (Vivamsaka Sutta)

  • Und was ist mit Weihrauch? Finde ich mindestens ebenso belästigend. Das ist also Geschmacks- oder Geruchssache. Ich reagiere darauf allergisch (Asthma).

    Hier macht eben der Kontext den Unterschied.

    Was die chinesische Medizin angeht, dürfte die (positive) Wirkung von Knoblauch und Zwiebeln unabhängig von der Kenntnis von Bakterien bereits zu Zeiten der Erstellung dieses Sutras bekannt gewesen sein.

    Dann fällt dies also unter die andere von dir zitierte Regel. Dazu habe ich bereits eine Rückfrage gestellt.


    Was das Befreien von Haustieren angeht - wie würde es Kühen wohl in freier Wildbahn ergehen? Und damals gab es ja wiederum diese Massentierhaltung nicht wie heute, also scheint mir hier doch ein seltsam zwingender Zusammenhang zwischen "Gefangenschaft" und Chance auf Wiedergeburt konstruier

    Ich würde sagen es geht ihnen wie Kühen in freier Wildbahn - dort kommen sie ursprünglich her. Kühe wie wir sie heute halten sind Hochleistungszüchtungen. Diese hätten massive Probleme in freier Wildbahn, was aber daran liegt, dass sie durch den menschlichen Eingriff bereits geschädigt wurden.


    Warum ist "Zauberei" offensichtlich? Wieso sollen Menschen nicht Spaß haben und sich unterhalten lassen und man nicht jemanden wie David Blaine, der sein Leben riskiert mit seinen Künsten und seinem Körper so viel abverlangt wie ein Dauermeditierender, Respekt entgegenbringen? Welch langweiliges Leben stellen sich diese Gebote-Erfinder da eigentlich vor?

    Zu der Zeit, zu welcher dieser Text entstanden ist dürfte unter Zauberei vorallem etwas anderes als die Unterhaltungsform (ähnlich Theater, die auch in einer anderen Regel behandelt wird) gemeint sein.



    Und bei dem Sawaki-Zitat sollte man doch eins nicht vergessen: Auch er musste essen und war auf Spenden angewiesen. Die kamen dann in der Regel von Leuten, die der Lohnarbeit nachgingen. So ist das auch heute noch.

    Kodo Sawaki sagt da nicht, dass du nicht für deine Arbeit entlohnt werden solltest. Es geht um das wie ;)

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  • In der Stelle von Sawaki geht es einzig darum, ein nicht zielgerichtetes Zazen zu verteidigen.

    "Ein Mönch, der Fragen stellt und sich unsicher ist, wie er den Geist eines anderen einschätzen mag, soll einen 'Buddha' genau untersuchen, um festzustellen, ob dieser tatsächlich erwacht ist." (Vivamsaka Sutta)

  • In der Stelle von Sawaki geht es einzig darum, ein nicht zielgerichtetes Zazen zu verteidigen.

    Es geht um viel mehr: Absichtslosigkeit und das nicht nur im Zazen, aber am Beispiel vom Zazen.


    Eine Entlohnung für seine Arbeit zu bekommen ist vollkommen in Ordnung. Wenn ich aber die Arbeit selbst erledige und dann nur die Entlohnung vor Augen habe, dann ist das ein Problem. Das stimmt für Zazen, genauso wie für den alltäglichen Job und jede andere Tätigkeit.


    Vielleicht willst du ja noch auf meine Rückfrage eingehen?

    Hier wäre doch erst einmal die Frage ob "hundert Heil- und Giftkräuter" einfach eine Umschreibung für "alle die es gibt" oder tatsächlich nur ein bestimmter Teil gemeint ist. Früher gab es ja z.B. Versuche zu Heilkräutern die ewig Leben erzeugen sollen. Davon abzulassen ist etwas anderes als von einem Hustenbonbon.

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  • Die "hundert" und "tausend" sind wahrscheinlich eine Metapher, weil es nicht genau 100 oder 1000 gegeben haben wird. Man kennt das ja von anderen Berufen, von denen man die Finger lassen soll, z.B. vom Alkohol- und Waffenhandel. Wie genau sich das die Schreiber vorstellten, weiß ich nicht, denn sie waren ja zuweilen auch auf Heilkünste angewiesen (oder auch auf den Schutz von Bewaffneten).


    Wenn ich Arbeit nur für Entlohnung erledige, ist das Problem wohl, dass sie mir kaum Spaß machen wird. Die Krux mit der Zielgerichtetheit ist eine andere. Wenn ich z.B. daran arbeite, ein Medikament für eine tödliche Krankheit zu entwickeln, dann brauche ich diese Zielgerichtetheit. Dieser Aspekt fehlt auch in Sawakis Metaphern fürs Zazen. Es braucht im Kopf auch eines Zazennies irgendeine Vorstellung des Hinsetzens, ehe er sich setzt, also einen Gedanken, z.B. "Ich gehe jetzt um 4 Uhr früh ins Dojo zum Sesshin." Das ist bereits Zielgerichtetheit. Das andere wäre eher ein Wunsch nach Belohnung. Aber selbst das ist komplexer. Denn selbst wenn der Wissenschaftler nur deshalb das Heilmittel entwickelt, weil er den Nobelpreis will, ist seine Leistung dennoch von erheblicher Bedeutung, und man müsste dem Nobelpreis sogar dankbar dafür sein, dass er diese Gier auslöste. Ich bin davon überzeugt, dass ein paar durchaus eitle und gierige Menschen ein paar ganz nützliche Dinge in die Welt gebracht haben. Genauso wie ein paar ganz zielgerichtet nach Erleuchtung Strebende - gemäß der Überlieferung - diese auch und wahrscheinlich genau deshalb erreichten. Das ist kein Entweder-Oder. Und meines Erachtens sollte man für sich auch Regeln finden, die vom Schwarzweißdenken eher abrücken und sich mit der Komplexität des Lebens auseinandersetzen. Ich liebe vlt. eine Frau, die gerne einen Goldring zur Hochzeit möchte, und ich bin dann froh, dass es einen Goldschmied gibt, weil ich ihr diesen Wunsch gern erfülle. Oder ich muss in ein gefährliches Gebiet zur Recherche reisen und bin froh, dass mir ein Händler eine Waffe mitgibt oder ich bewaffneten Schutz bekomme. Oder in Covidzeiten war ich froh, dass Hunderte von Wissenschaftlern das, was andere als "Gift" bezeichneten, als Heimittel in ihre Studien einbezogen. Usw.


    Für mich ist das Brahmanetzsutra in seinem zweiten Gebote-Teil ein gutes Beispiel dafür, was passiert, wenn man Regeln für Menschen, die sich der Gesellschaft entziehen (Mönche) , auch auf Laien ausdehnen will.

    "Ein Mönch, der Fragen stellt und sich unsicher ist, wie er den Geist eines anderen einschätzen mag, soll einen 'Buddha' genau untersuchen, um festzustellen, ob dieser tatsächlich erwacht ist." (Vivamsaka Sutta)

  • Die "fünf scharfen Kräuter" (五辛, Skt. pañca-parivyaya; Tib. spod lnga) sollten aus drei Gründen gemieden werden: roh gegessen verursachen sie Reizbarkeit, gekocht steigern sie den Geschlechtstrieb - und der Atem vertreibt alle guten Geister, sofern man nicht eh schon von allen verlassen ist. Sie kommen übrigens nicht nur in diesem, sondern auch anderen Mahāyāna-Sutren vor, wobei die genannten 'Kräuter' nicht immer völlig identisch sind. Manchmal wird die Fünfergruppe auch auf sieben Pflanzen ausgedehnt.


    Zum Grund des Verbots und zur allgemeinen Erheiterung (wer's denn braucht ...) zitiere ich mal das Śūraṅgama Sūtra; den Beginn des Abschnitts 'Die drei graduellen Schritte zur Auslöschung von saṃsāra':

    Zitat

    Was sind diese drei allmählichen Schritte? (Sie sind:) die mitwirkende Praxis, um alle Nebenursachen zu beseitigen; die Hauptpraxis, um die Hauptursachen auszulöschen und die fortschreitende Praxis, um das Wachstum des karma zu stoppen.

    Was sind die Nebenursachen? Ananda, diese zwölf Arten in der Welt verdanken ihre Existenz vier Arten der Ernährung: durch Essen, Berühren, Nachdenken über und Bewusstsein von Nahrung. Deshalb sagt der Buddha, dass alle Lebewesen für ihren Aufenthalt (in Samsara) auf Nahrung angewiesen sind.

    Ananda, alle Wesen leben, wenn sie gesunde Nahrung zu sich nehmen, und sterben, wenn sie Gift zu sich nehmen. Auf ihrer Suche nach Samadhi sollten sie sich des Verzehrs von fünf Arten von scharfen Wurzeln enthalten; wenn sie gekocht gegessen werden, wirken sie aphrodisierend, und wenn sie roh gegessen werden, verursachen sie Reizbarkeit. Obwohl diejenigen, die sie essen, die zwölf Abteilungen des Mahayana-Kanons lesen können, vertreiben sie die Seher (ṛṣi) in den zehn Richtungen, die den schlechten Geruch verabscheuen, und ziehen hungrige Geister an, die ihre Lippen lecken. Sie sind immer von Geistern umgeben, und ihr Glück wird Tag für Tag zu ihrem eigenen Nachteil schwinden. Wenn diese Esser von scharfen Wurzeln Samadhi praktizieren, kommt keiner der Bodhisattvas, Seher und guten Geister, um sie zu beschützen, während der mächtige König der Dämonen die Gelegenheit nutzt, um als Buddha zu erscheinen, als ob er sie den Dharma lehren wollte, wobei er die Gebote verleumdet und bricht und Fleischlichkeit, Zorn und Dummheit preist; bei ihrem Tod werden sie sich seinem Gefolge anschließen, und am Ende ihrer Zeit in seinem Reich werden sie in die ununterbrochene Hölle fallen. Ananda, Praktizierende von Samadhi sollten niemals diese fünf scharfen Wurzeln essen. Dies ist der erste Schritt der allmählichen Praxis.

    Ein wirklich gutes Beispiel für die historische und kulturelle Bedingtheit vieler 'Regeln' oder auch sonstiger Aussagen in den Sutren. Die Vorurteile speziell gegen die 'goshin' haben sich im Laufe der Zeit wohl - vom Mundgeruch mal abgesehen - als unzutreffend herausgestellt.


    Zweifellos gibt es auch unter Buddhisten Leute, die das ernst nehmen und befolgen. Das nennt man bei anderen Religionen 'Fundamentalismus'; wobei es sich hier zumindest um einen sozialverträglichen handelt. Nun ist Fundamentalismus nicht unbedingt kennzeichnend für Buddhismus. Als Zeichen dafür kann man nehmen, dass in den meisten ostasiatischen Schulen lediglich die 10 Hauptgelübde als Bodhisattvagelübde gelten - sie werden bei der Ordination empfangen. So ist es auch in der Sōtō-shu und der Rinzai-shu. In der Tendai-shu bei der Laienordination ebenfalls, nur Priester (Sōryo) empfangen/geben auch die 48 sekundären Gelübde. In der Jodo-shu werden nur die ersten fünf genommen, in der Jodoshin-shu gar keine (das wäre Vertrauen auf 'eigene Kraft'). Was Kegon und Shingon angeht, weiss ich nicht, ob die sich auf die 10 Hauptgelübde beschränken oder nicht.


    Wie auch immer - das Studium der 48 sekundären Gelübde mag nur "bedingt" nützlich sein. Jedenfalls findet man dort mE einige sinnvolle Verhaltensvorschläge. Die jeweiligen Begründungen des Sutra muss man ja nicht für voll nehmen - womöglich fällt einem beim einen oder anderen ja selbst ein einleuchtender Grund ein. Ob nun Waffen lagern, Brandstiftung, sich nicht um Kranke kümmern usw. usf. ...


    Jedenfalls - Danke Bebop für die Übersetzung Mullers ins Deutsche und das Bereitstellen.

    OM MONEY PAYME HUNG

  • Nur wegen der Kuriosität ... ;)

    Zitat

    Die Gemara erklärt das nächste aufgeführte Gebot: Und dass man am Schabbatabend Knoblauch essen soll. Das liegt daran, dass Knoblauch die sexuelle Potenz steigert, und die Freitagnacht ist eine geeignete Zeit für eheliche Beziehungen. Wie es über den Gerechten geschrieben steht: "Und er wird sein wie ein Baum, gepflanzt an Wasserbächen, der seine Frucht bringt zu seiner Zeit" (Psalm 1:3); und Rabbi Yehuda sagt, und einige sagen, es war Rav Naḥman, und einige sagen, es war Rav Kahana, und einige sagen, es war Rabbi Yoḥanan, der sagte: Dies bezieht sich auf jemanden, der an jedem Schabbatabend Geschlechtsverkehr hat.

    (Jerusalemer Talmud, Bava Kamma 82a)

    OM MONEY PAYME HUNG

  • Zitat

    Obwohl diejenigen, die sie essen, die zwölf Abteilungen des Mahayana-Kanons lesen können, vertreiben sie die Seher (ṛṣi) in den zehn Richtungen, die den schlechten Geruch verabscheuen, und ziehen hungrige Geister an, die ihre Lippen lecken. Sie sind immer von Geistern umgeben, und ihr Glück wird Tag für Tag zu ihrem eigenen Nachteil schwinden. Wenn diese Esser von scharfen Wurzeln Samadhi praktizieren, kommt keiner der Bodhisattvas, Seher und guten Geister, um sie zu beschützen, während der mächtige König der Dämonen die Gelegenheit nutzt, um als Buddha zu erscheinen, als ob er sie den Dharma lehren wollte, wobei er die Gebote verleumdet

    Naja gut, dann sollte ich es mal sein lassen mit dem Knoblauch und Zwiebel essen. :D :erleichtert: Also das kann zum Unrechten Samadhi geführt haben, könnte der Grund gewesen sein. * Scherz * Aber wer weiß, lustig wollte ich mich nicht mehr über so etwas machen, aber ich werde es dennoch weiter versuchen mit Knoblauch und Zwiebeln.

    Der Weise, der, auf Sittlichkeit gestützt,

    Den Geist entfaltet, sich in Weisheit übt,

    Ein solch entschlossener und weiser Jünger

    Mag dieses Lebens Wirrsal einst entwirren.


    (Diese Verse finden sich im Samyutta-Nikāya).

  • Moin Rigpa,

    als ich mal bei einem Seminar mit dem Dalai Lama in Schneverdingen war, waren Knoblauch und ähnliche blähende Lebensmittel auch untersagt. Allein wegen des störenden Geruchs vermute ich. Das war mir verständlich.

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    In koreanischen Tempeln, in denen Mönche und Nonnen ja zölibatär leben, sind die Verwendung von Knoblauch und Zwiebeln verpönt mit der Begründung, dass sie die Libido anregen. Davon abgesehen wird in Korea - also auch unter buddhistischen Laienanhänger*innen - besonders Knoblauch sehr weitverbreitet konsumiert (z.B. als fester Bestandteil des Kim-Chis) und das gilt auch nicht als problematisch. Lediglich wenn Laienanhänger*innen für die Mönche oder Nonnen kochen, sollten sie auf die Verwendung von Knoblauch und Zwiebeln verzichten. Das Kim-Chi für die Tempel wird daher z.B. ohne Knoblauch hergestellt (schmeckt aber trotzdem recht lecker).

  • Ich will jetzt mal ein paar bedenkenswerte Passagen aus dem ersten Teil des Sutras zitieren.


    Zitat

    Die Ansichten, die nicht nicht-verifizierend sind[1], die zweiundsechzig Ansichten, das Entstehen und Vergehen der fünf Aggregate, die Seele, das Subjekt, sind in ständiger Bewegung, ziehen sich zusammen und dehnen sich aus, ohne Empfindung und ohne karmisches Erzeugen, ohne Anhalten und ohne Bindung. Zu diesem Zeitpunkt betritt man den direkten Pfad der Leerheit.


    [1] satkāya-dṛṣṭi.

    Die Vorstellung von Zusammenziehen und Ausdehnen findet sich besonders in Teisho von Joshu Sasaki wieder.

    Zitat

    Man erfährt illusorisch karmische Wirkungen, aber nichts wird durchgemacht. Daher erlebt man eine äußerst tiefgreifende geistige Befreiung. (Der tiefgründige geistige Zustand)

    Dies ist eine Art zu beschreiben, wie Karma aufgehoben wird.


    Zitat

    Im Geist, der aus der Leerheit hervorgeht, mit einem Pfad und einer Reinheit, macht man niemals Rückschritte von dem einen Pfad und der einen Erleuchtung. (Der mentale Zustand von Nicht-Rückentwicklung)

    Ein interessanter Hinweis zur Frage, ob man aus der Erleuchtung wieder herausfallen kann oder wie eigentlich als erleuchtet Erkannte sich dann noch danebenbenehmen können.


    Zitat

    Wenn man die Erlangung der Buddhaschaft für sich selbst erkennt, [kann man sagen, dass] alle Buddhas die gleichen sind wie man selbst (Der zeichenlose mentale Zustand)

    Das führt immer wieder zu Reibereien in Foren. Sagt einer: "Ich bin Buddha", folgt ein Flamewar.


    Zitat

    Wenn man in die Grundlagen der beiden Wahrheiten eindringt, sind sie weder eins noch zwei, und es gibt keine Aggregate, Elemente der kognitiven Aktivität oder Wahrnehmungs­felder. (Der mentale Zustand der Weisheit)

    Letztlich ist auch Nagarjunas Ansicht der zwei Wahrheiten zu überwinden, sowie etwa die der skandha.


    Zitat

    Durch das Ergreifen von Verlangen, Selbst, Ansichten und Geboten entstehen Gut und Böse in der Existenz. Der Beginn des Bewusstseins wird Geburt genannt, das Ende des Bewusstseins wird Tod genannt. (Der Grund der Leuchtkraft der Essenz)

    Klingt fast taoistisch: Erst das Ergreifen der Gebote schafft gut und böse. Und tot heißt: Ende des Bewusstseins.


    Zitat

    Doch jedes fühlende Wesen hört ent­sprechend seinen besonderen spirituellen Neigungen den Dharma, den es hören möchte. (dito)

    Da hat man uns hier bereits durchschaut.


    Zitat

    Im Dharma des Gipfel-Samādhi gibt es die Duldung der überragenden Glückseligkeit, das dauerhafte Erlöschen ohne Verweilen. Daraufhin betreten sie alle Buddha-Länder und kultivieren sich in der Kategorie der unzähligen Verdienste, wobei jede Praxis leuchtend erstrahlt. In die Anwendung von geschickten Mitteln eintretend, erleuchten sie alle fühlenden Wesen und ermöglichen ihnen, eine Vision der Beständigkeit, der Glückseligkeit, des Selbst und der Reinheit der Buddha-Natur zu erlangen. (Der Grund der Erkennbarkeit der Essenz)

    Hier der Hinweis auf jene Mahayana-Tradition, in der Buddha-Natur Eigenschaften hat: Beständigkeit, Glückseligkeit, Selbst (!) und Reinheit.

    "Ein Mönch, der Fragen stellt und sich unsicher ist, wie er den Geist eines anderen einschätzen mag, soll einen 'Buddha' genau untersuchen, um festzustellen, ob dieser tatsächlich erwacht ist." (Vivamsaka Sutta)

  • Hier der Hinweis auf jene Mahayana-Tradition, in der Buddha-Natur Eigenschaften hat: Beständigkeit, Glückseligkeit, Selbst (!) und Reinheit.

    Ja, das ist ein direkter Verweis auf das 'nitya, sukha, ātman' des Nirvanasutra. Wobei dieser dualistische Ansatz - Nirvana bzw. der Tathāgathagarbha als das 'ganz andere' und mithin Umkehrung von Samsara bzw. von dessen Merkmalen anitya, duhkha, anatman - eher nicht zum Zen passt. Da wird vielmehr auf die nonduale Interpretation von Aśvaghoshas Daijōkishinron ('Vertrauenserweckung in das Mahayana') oder Vasubandhus Busshōron ('Abhandlung über die Buddhanatur') Bezug genommen - beide wesentlich beruhend auf der Verschmelzung von Tathāgathagarbha-Doktrin (wie sie im Hōshōron / Uttaratantraśāstra aus verschiedenen Sutren zusammengefasst wird) und Weishi (Yogācāra). Der korrespondierende kanonische Text dieser Synthese ist das Lankāvatārasūtra.


    Die Autorzuschreibungen Aśvaghosha und Vasubandhu sind zwar fiktiv, aber man kann durchaus annehmen, dass gerade diese zugeschriebenen Texte dafür gesorgt haben, dass die beiden in der (natürlich ebenfalls fiktiven) Liste der indischen Zen-Patriarchen aufgeführt werden (unter den Nummern 12 und 21).


    Die genannten 'Merkmale' (wie auch ihr jeweiliges Gegenteil) stehen natürlich auch im Widerspruch zu der vom Mahāprajñāpāramitāsūtra gelehrten 'Zeichenlosigkeit' (ānimitta). "Śāriputra, alle Dharmas sind leer. Ohne Entstehen und ohne Vergehen, ohne Befleckung und ohne Reinheit, ohne Zunahme und ohne Abnahme ..."

    OM MONEY PAYME HUNG

  • Ich kenne die Motive all derjenigen nicht, die im Mahayana ein Selbst etablieren wollten, das ja deshalb noch lange nicht mit unserem Ego übereinstimmt. Aber aus heutiger Sicht, und wenn ich mir so anschaue, was zuweilen an Metaphern gelehrt wird, denke ich doch, man sollte diesem Aspekt mehr Aufmerksamkeit schenken.


    Kürzlich hörte ich, wie ein Zen-Lehrer auf eine Frage hin erklärte, wie er mit seiner Angst umgehe. Er sage sich, dieser (dann nannte er seinen eigenen Namen) habe dann eben Angst, das sei auch okay, aber das sei ja nicht er. - Für mich hatte das Anklänge an Schizophrenie, auch wenn es sicher nicht so gemeint war. Der Zen-Adept meint eben oft, er könne sich nicht mit seinem "Ich" identifizieren - dann "bin nicht ich es", der Angst hat. Als Trick mag das angehen, aber m.E. ist die Tathagatagarba-Tradition eher einem Verdacht geschuldet, dass es so nicht ganz richtig ist. Mit anderen Worten: Wir brauchen in diesem Leben zunächst ein Ich (Selbst) und eine Ich-Identität. Jeder Versuch, diese temporär aufzulösen, bietet einen Vorausblick auf das, was Tod ist oder ggf. auch Unsterblichkeit, denn in beiden Fällen existiert dieses Ich-Bewusstsein ja nicht mehr (es ist unabdingbar mit dem Wissen um die Begrenztheit des Lebens verknüpft und kann im Falle von Unsterblichkeit nicht sein). Insofern ist da gar kein Widerspruch, denn dieses ewige Selbst, von dem hier die Rede ist, kann demnach keine unsterbliche Seele oder dergleichen sein, weil sich darin Ewigkeit und Ich-Identität ausschließen. Ein Ich existiert nur - aber dann auch zwangsläufig - im Angesicht des Todes. Was ewig ist, kann nicht Ich sein.


    Viele Zen-Adepten meinen aber, das, was sie tun oder lehren, sei nicht mehr "ich" - und darin täuschen sie sich m.E. gewaltig. Das, was sie zuweilen erfahren, die Ich-Losigkeit oder, um eine beliebte Metapher zu wiederholen, das Sterben ihres Ichs (auf dem Kissen), ist quasi nur ein Vorgeschmack auf den sowieso unausweichlichen Tod jedes Ichs jeder individuellen Existenz. Aber solange sie leben, sind sie alle "Ich", und dieses Ich hat Angst und niemand außer diesem Ich. Und da ist kein anderer, der keine Angst hat und das angstvolle Ich beobachtet, sondern der ängstliche Mensch sieht sich selbst kritisch an. Bis die Angst wieder vergangen ist. Auch derjenige, der "Zeichenlosigkeit" beschrieb und die Leerheit der Phänomene, war ein "Ich" und tat das als "Ich". Auf der Grundlage einer Erfahrung zwar, so können wir unterstellen, der Ich-Losigkeit, die jedoch nur temporär war und die möglichst häufig wiederholt werden wollte, ehe sie sich mit dem Tod von selbst verwirklichte. Diese Erfahrung war - und das bestätigen ja etliche Schilderungen davon - keinesfalls "zeichenlos", sondern der Adept wurde - früher oder später - den Verdacht nicht los, dass daran ein (allumfassendes) SELBST beteiligt und eine Art Glücksgefühl vorhanden war. Und das kann man dann so formulieren wie in diesen Sutren.

    "Ein Mönch, der Fragen stellt und sich unsicher ist, wie er den Geist eines anderen einschätzen mag, soll einen 'Buddha' genau untersuchen, um festzustellen, ob dieser tatsächlich erwacht ist." (Vivamsaka Sutta)

  • (..)beschrieb und die Leerheit der Phänomene, war ein "Ich" und tat das als "Ich". Auf der Grundlage einer Erfahrung zwar, so können wir unterstellen, der Ich-Losigkeit, die jedoch nur temporär war und die möglichst häufig wiederholt werden wollte, ehe sie sich mit dem Tod von selbst verwirklichte. Diese Erfahrung war - und das bestätigen ja etliche Schilderungen davon - keinesfalls "zeichenlos", sondern der Adept wurde - früher oder später - den Verdacht nicht los, dass daran ein (allumfassendes) SELBST beteiligt und eine Art Glücksgefühl vorhanden war. Und das kann man dann so formulieren wie in diesen Sutren.

    Ein wenig verstehe ich wo du hinaus willst. :) Ich kann Ich- Losigkeit nicht verstehen und auch nicht erleben. Wenn ich sage, ich bin jetzt gerade Ich- los wäre das vermutlich gelogen, denn dann wäre da keiner mehr, der sagt Ich bin Ich- los. Vieles was wir erleben in Ich- Losigkeit und dann mitteilen sind dann nur Worte, oder Finger die zum Mond zeigen, nicht der Mond. Der Verstand kann Leerheit nur bis einen gewissen Grad miterleben würde ich sagen, was das erlebt wäre die Leerheit selbst. Also die Leerheit erkennt sich. Das wäre kein Ich, oder wenn dann ein Höheres Ich oder Selbst, dieses ist unendlich und ohne Anfang und ohne Ende. Und jeder trägt es in sich. Also ich wollte nur sagen, dass wir Erlebnisse haben können ohne dieses Ich. Und einer der so befreit ist, dass er immer ohne Ich ist, würde noch Körper haben, aber die anderen Skandhas nicht mehr ? Wie auch immer. Das verstehe ich noch nicht. So jemand würde das was er erlebt wohl auch nach dem Tod so erleben, bloß dann ohne Körper. Geist ist unabhängig von Körper oder Materie sagen doch manche. Aber das ist für uns noch eine Hausnummer zu groß- auch für mich. Man kann ja auch klein anfangen oder muss ja nun nicht schon sich Sorgen machen, was dann nach dem Tod passiert. Wir sollten ja Befreiung erlangen um hier schon glücklich, gelassen, sein zu können. Aber viele Lehrer sagen, dass man dann auch glücklich rüber gleitet, wohin auch immer. :om:

    Der Weise, der, auf Sittlichkeit gestützt,

    Den Geist entfaltet, sich in Weisheit übt,

    Ein solch entschlossener und weiser Jünger

    Mag dieses Lebens Wirrsal einst entwirren.


    (Diese Verse finden sich im Samyutta-Nikāya).

  • Zitat

    Also ich wollte nur sagen, dass wir Erlebnisse haben können ohne dieses Ich. Und einer der so befreit ist, dass er immer ohne Ich ist, würde noch Körper haben, aber die anderen Skandhas nicht mehr ?

    Wer etwas erlebt, hat Bewusstsein, und es ist ein Ich-Bewusstsein, das mit dem Wissen um die Sterblichkeit erlebt.

    Und wenn dieses Bewusstsein unsterblich sein soll, dann ist es ja eben kein solches Ich-Bewusstsein mehr (dessen einziges wirkliches "Problem" ja gerade die Sterblichkeit darstellt), es hat überhaupt nicht die Schwierigkeiten, von denen der Buddha sprach (Krankheit, Alter, Tod), die buddhistische Lehre ist sinnlos für ein solches Bewusstsein.

    "Ein Mönch, der Fragen stellt und sich unsicher ist, wie er den Geist eines anderen einschätzen mag, soll einen 'Buddha' genau untersuchen, um festzustellen, ob dieser tatsächlich erwacht ist." (Vivamsaka Sutta)