Sterben unter Drogen

  • Die allermeisten sind in der Geistesschulung nicht so geschult, dass sie heftige Schmerzen mit klarem Geist achtsam betrachten können. Reagiert dieser Geist auf Schmerzen mit Ablehnung, dann ist dies unheilsam und daher möglichst zu vermeiden. Eine Möglichkeit könnte sein, Schmerzmittel zu nehmen. Habe ich ja nirgends verneint. Das Schmerzmittel "blockt" den Kontakt (phassa), ohne Kontakt, kein Wehgefühl und ohne Wehgefühl, keine Ablehnung und somit kein unheilsames Bewusstsein.


    Interessant ist hier vielleicht Anālayos Mindfully Facing Disease and Death: Compassionate Advice from Early Buddhist Texts.

    So ganz zustimmen kann ich da nicht. Schmerz ist eine edle Wahrheit, und Leiden ist auch erst der Grund zu praktizieren. Ohne Leiden braucht sich ja niemand aufs Sitzkissen zu setzen und zu meditieren. Für mich waren die schmerzlichsten Momente immer die heilsamsten, aus dem Grund weil ich in der Zeit nichts anderes gemacht habe als mich mit der Buddhistischen Praxis zu beschäftigen. Zumeist auf dem Sitzkissen.

    So kommt man voran, nicht in dem man immer nur Glück und Schmerzfreiheit empfinden will.

    Natürlich ist der ablehnende Zustand bei Schmerzen höchst unheilsam, auch Trauer ist ein höchst unheilsamer Geisteszustand. Doch nur in der Art wie man es benutzt, wer Richtige Ansicht hat, der kann damit sehr weit kommen. Das davonlaufen davon wird nie in Nibbana enden.


    Setzt euch doch mal so lange aufs Sitzenkissen bis alles Weh tut, nach 2 Stunden in Meditationshaltung werden die Beine und der Rücken schon unerträglich. Wenn man beharrlich durchhält, den Rücken immer wieder aufrichtet, und der Geist klar wird, kommt der Moment wo Schmerzen nurnoch Schmerzen sind, da ist was fühlbar, doch es tut nicht mehr weh. Einzig das Betrachten davon bleibt übrig, Abneigung nimmt ein Ende. Den Zustand des Geistes kann jeder erreichen, und an dem Punkt kann man dann erst Weisheit entwickeln indem man Schmerz als Vergänglich, Nichtselbst und leidhaft kontempliert. Wenn die Sammlung nachlässt kommt der Schmerz auch wieder, aber man sieht das man daran garkeinen Anteil haben muss. Der Umgang damit wird sich ändern, der Blickwinkel wird sich ändern.


    Natürlich würde ich wohl auch bei unerträglichen Schmerzen zu Schmerzmitteln greifen, ich will das ja niemanden verübeln, doch dennoch die Leute aufmuntern genau hinzusehen, zumindest diejenigen die sich ernsthaft für den Buddhismus interessieren.

    Und am besten macht man das bevor man am Lebensende unerträgliche Schmerzen hat, denn da ist es vll schon zu spät aufrichtig zu praktizieren.

  • Natürlich würde ich wohl auch bei unerträglichen Schmerzen zu Schmerzmitteln greifen, ich will das ja niemanden verübeln, doch dennoch die Leute aufmuntern genau hinzusehen, zumindest diejenigen die sich ernsthaft für den Buddhismus interessieren.

    Und am besten macht man das bevor man am Lebensende unerträgliche Schmerzen hat, denn da ist es vll schon zu spät aufrichtig zu praktizieren.

    Etwas ganz klar erkennbares erscheint nach dem Sitzen mit durch das Stillhalten des Körpers, wenn ich damit echte Schmerzen betrachte erscheinen unechte.

    Die Schmerzen durch sagen wir mal "Sport" Yoga. Beendet man die Sitzung verschwindet dieser unechte Schmerz und wenn der echte wieder auftritt, kann man die Qualitäten genau unterscheiden.

    Ich hab früher oft für unechte Schmerzen Mittel genommen.

    Heute kann ich die alle unterscheiden: durch willentliche Körperanstrengung, durch organische Ursachen und bei mir noch speziell Schmerzen, die zwar organisch sind, aber keinen Befund in den Organen haben (Fibro).

    Ich kann noch unter Schmerz durch kranke Organe leiden, aber die Fibro z. B. kann ich einfach so lassen wie eben "es Regnet".


    Die Meditation auf, mit Schmerz ist also sehr nützlich, um zu erkennen, wann es wirklich gefährlicher Schmerz ist, egal, wie leicht oder schwer er ist. Den erkennt man dann wie ein Leuchtfeuer der Warnung, der andere ist nur noch ein Lagerfeuer um Licht zu machen.

  • So kommt man voran, nicht in dem man immer nur Glück und Schmerzfreiheit empfinden will.


    Ist auch schwierig mir ganz zuzustimmen, wenn wir nicht ganz von der gleichen Sache reden. Ich rede im Konjunktiv davon, dass es Sinn machen kann auf dem Sterbebett, Schmerzmittel zu nehmen. Und du redest von "immer nur Glück und Schmerzfreiheit empfinden will".

  • Ich habe jetzt nicht den ganzen Thread durchgelesen und ich hoffe, ich wiederhole nichts.


    Habt ihr mal überlegt, daß in Extremsituationen wie Sterben, besonders, wenn es ein natürlicher (Alters)Tod ist und kein Unfall oder so etwas, der Körper sowieso eine Menge natürlicher Stoffe aussendet, um die Situation zu erleichtern? Einige dieser Stoffe sind durchaus mit massiven Drogen wie Opiaten zu vergleichen.


    In jedem Krieg gibt es Berichte von Soldaten, die Schusswunden erhalten und trotzdem einfach weitermachen, weil ihr Körper genug eigene Schmerzmittel produziert, um die Folgen der Verletzung für eine Weile zu unterdrücken.

  • Setzt euch doch mal so lange aufs Sitzenkissen bis alles Weh tut, nach 2 Stunden in Meditationshaltung werden die Beine und der Rücken schon unerträglich. Wenn man beharrlich durchhält, den Rücken immer wieder aufrichtet, und der Geist klar wird, kommt der Moment wo Schmerzen nurnoch Schmerzen sind, da ist was fühlbar, doch es tut nicht mehr weh. Einzig das Betrachten davon bleibt übrig, Abneigung nimmt ein Ende. Den Zustand des Geistes kann jeder erreichen, und an dem Punkt kann man dann erst Weisheit entwickeln indem man Schmerz als Vergänglich, Nichtselbst und leidhaft kontempliert.

    Das ist ja auch gängige Zen-Praxis (Zazen) und während der Sesshins kann man das "Sterben auf dem Kissen" (so nennt Zen-Meister Muho das Loslassen - des Schmerzes -) dann u.U. erleben.

    Psychologisch macht es aber einen großen Unterschied, ob ich mich bewusst einem freiwilligen "Üben" unterziehe oder Schmerzen - von innen oder außen - "aufgezwungen" werden. Der Zwang erzeugt/verstärkt die Ablehnung (Angst, Zorn, Frustration, Verbitterung,Trauer), welche die Schmerzen verschlimmern kann und Leiden hervorbringt.

    Wenn die Sammlung nachlässt kommt der Schmerz auch wieder, aber man sieht das man daran garkeinen Anteil haben muss. Der Umgang damit wird sich ändern, der Blickwinkel wird sich ändern.

    Abspaltung vom Schmerz - da ist zwar Schmerz, aber der geht mich nichts an....Ja, das kann den Umgang mit Schmerzen sicher ändern.

    Und am besten macht man das bevor man am Lebensende unerträgliche Schmerzen hat, denn da ist es vll schon zu spät aufrichtig zu praktizieren.

    Das ist wohl wahr, aber man sollte sich auch nicht an die Vorstellung klammern, dass man durch das Praktizieren jetzt alles ertragen kann/ können "muss"...

    Wirklich liegt alle Wahrheit und alle Weisheit

    zuletzt in der Anschauung. (Arthur Schopenhauer)


    Oh wünsche nichts vorbei und wünsche nichts zurück!

    Nur ruhiges Gefühl der Gegenwart ist Glück. (Friedrich Rückert)

  • fotost


    Ja, danke, das ist ein wertvoller Hinweis darauf, dass wir - gerade in Bezug auf unseren Körper - auch der "Natur" vertrauen dürfen....

    (Palliativmedizin ist sowieso auch nicht immer und überall verfügbar)

    Aber eine "Vorbereitung" des Geistes - z.B. durch Praktizieren der Buddha-Lehre - erleichtert zusätzlich jegliche Grenzsituationen.

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  • Ich finde man erkennt beim Schmerz auch ob er gefährlich ist oder nicht. Ich hatte schon zwei mal gefährliche Schmerzen, und hab richtig gehandelt und bin ins Krankenhaus. Gab beides mal ne Not-op, und wäre der sichere Tot gewesen wenn ich nichts gemacht hätte.

    In der Regel kann der nicht praktizierende das schon auch unterscheiden, ich kenn aber auch Leute die nicht auf den Schmerz gehört haben und verstorben sind.

    Bei normalen Schmerz kommt des Gefühl der Dringlichkeit einfach nicht auf, Verspannungen sind in der Regel gut auszuhalten.


    Unechte Schmerzen hatte ich oft im Rücken beim Meditieren, die ersten 30 Minuten unerträglich. Danach war er immer einfach weg und kam auch garnicht wieder.


    Setzt euch doch mal so lange aufs Sitzenkissen bis alles Weh tut, nach 2 Stunden in Meditationshaltung werden die Beine und der Rücken schon unerträglich. Wenn man beharrlich durchhält, den Rücken immer wieder aufrichtet, und der Geist klar wird, kommt der Moment wo Schmerzen nurnoch Schmerzen sind, da ist was fühlbar, doch es tut nicht mehr weh. Einzig das Betrachten davon bleibt übrig, Abneigung nimmt ein Ende. Den Zustand des Geistes kann jeder erreichen, und an dem Punkt kann man dann erst Weisheit entwickeln indem man Schmerz als Vergänglich, Nichtselbst und leidhaft kontempliert.

    Das ist ja auch gängige Zen-Praxis (Zazen) und während der Sesshins kann man das "Sterben auf dem Kissen" (so nennt Zen-Meister Muho das Loslassen - des Schmerzes -) dann u.U. erleben.

    Psychologisch macht es aber einen großen Unterschied, ob ich mich bewusst einem freiwilligen "Üben" unterziehe oder Schmerzen - von innen oder außen - "aufgezwungen" werden. Der Zwang erzeugt/verstärkt die Ablehnung (Angst, Zorn, Frustration, Verbitterung,Trauer), welche die Schmerzen verschlimmern kann und Leiden hervorbringt.

    Ich hab ich in die Zen-Richtung noch nie erkundigt, dazu kann ich garnichts sagen.

    Bei den Zwang kommt es bei mir auch drauf an wie die Energie / Geisteshaltung dahinter ist. Ich war natürlich auch schon gesessen und hab nur Frustration geerntet. Wenn man aber Freude aufbringt, dann kann man richtig an die Sache gehen. Wenn die Ablehnung groß wird, kann man auch nur die Ablehnung betrachten. Oder man bringt wirklich immer wieder Energie auf und versucht hinzuschauen.

    Meditationspraxis sollte natürlich weder zwanghaft, noch Anstrengend sein, doch ist sie das zu beginn eben, bis man es gelernt hat.

    Und wenn man wirklich mal Leichenbetrachtung oder Todesbetrachtung macht, wie es in den Sutten steht, da kann das schon zwanghaft sein, die Themen sind nämlich unangenehm und der Geist will wegschauen. Man braucht eben die richtige Basis um das wirklich machen zu können.


    Das ist wohl wahr, aber man sollte sich auch nicht an die Vorstellung klammern, dass man durch das Praktizieren jetzt alles ertragen kann/ können "muss"...

    Das kommt drauf an was man zu ertragen hat. Wenn jetzt meine Mutter sterben würde, oder mein Bruder, würde ich auch stark leiden.

    Aber warum? Weil Vergänglichkeit nicht ausreichend kontempliert wurde. Fakt ist ja das niemand ewig lebt und jeder auf seine Weise dahinscheidet.

    Wer das wirklich erkannt hat, in dem kann die Art Leiden nicht entstehen.

    Ich hab die Leute getroffen, welche da wirklich nicht mehr leiden. Natürlich muss man als praktizierender sich nicht selbst Anzünden, und das ohne Leid ertragen können. Sowie Thich Quant Duq https://de.wikipedia.org/wiki/Th%C3%ADch_Quảng_Đức

    Augenzeugen Berichten zufolge, hat der nicht einmal das Gesicht verzogen, als er so dahingebrannt ist.


    Ich kann auch nicht alles ertragen, ich bin mit meiner Praxis auch noch nicht durch. Ob ein Arahant alles Ertragen kann, oder muss? Keine Ahnung.


    Anbei noch die ersten 3 Fähigkeiten die der Buddha bei Achtsamkeit auf dem Körper aufgezeigt hat, aus der Kāyagatāsati Sutta:


    Zitat

    „Ihr Bhikkhus, wenn die Achtsamkeit auf den Körper immer wieder gepflegt, entfaltet, geübt, als Fahrzeug verwendet, als Grundlage benutzt, verankert, gefestigt und gut ausgeübt worden ist, können diese zehn Vorteile davon erwartet werden. Welche zehn?“

    (I) „Man wird ein Sieger über Unzufriedenheit, und Unzufriedenheit besiegt einen nicht; man verweilt, indem man Unzufriedenheit überwindet, wann immer sie erscheint.“

    (II) „Man wird ein Sieger über Furcht und Schrecken, und Furcht und Schrecken besiegen einen nicht; man verweilt, indem man Furcht und Schrecken überwindet, wann immer sie erscheinen.“

    (III) „Man erträgt Kälte und Hitze, Hunger und Durst, und Kontakt mit Bremsen, Moskitos, Wind, Sonne und Kriechtieren; man erträgt böswillig gesprochene, unwillkommene Worte und aufgekommene körperliche Gefühle, die schmerzhaft, scharf, hart, peinigend, unangenehm, unerfreulich und lebensbedrohlich sind.“

  • Opiate sind als Palliativmedizin vielleicht ganz nützlich. Wenn mein Vater damals keine bekommen hätte, hätte er wahrscheinlich mehr leiden müssen. Leider war er dann aber auch emotional weiter weg, so kam es mir vor. Deswegen und wegen der starken Abhängigkeit, die Opiate auslösen können, würde ich das nicht nehmen. Wenn man eh stirbt, wäre es egal zum Ende abhängig geworden zu sein. Wenn Schmerzen nicht unerträglich sind, würde ich aber mindestens an meinen letzten Tagen keine Nebeltabletten nehmen.


    _()_

    ich schenk dieses Leben dem Leben zurück...
    weil es nie meins war...
    und jede Trennung nur scheinbar...
    alles in Vielfalt immer eins war...
    brich meinen Stolz…bis ich in Demut mir die Wahrheit schenke...
    nimm hinfort all die falschen Ideen, den falschen Glauben...
    denn wenn nichts mehr bleibt ist alles übrig...
    es gibt nichts zu verstehen...

    Aus dem Song ,,Schmerz" vom Deepwalka

  • Wenn jetzt meine Mutter sterben würde, oder mein Bruder, würde ich auch stark leiden.

    Aber warum? Weil Vergänglichkeit nicht ausreichend kontempliert wurde. Fakt ist ja das niemand ewig lebt und jeder auf seine Weise dahinscheidet.

    Wer das wirklich erkannt hat, in dem kann die Art Leiden nicht entstehen.


    Beim Tod naher (geliebter) Angehöriger kommt ja auch noch "Anhaftung" als Ursache für Leiden hinzu....

    Natürlich muss man als praktizierender sich nicht selbst Anzünden, und das ohne Leid ertragen können. Sowie Thich Quant Duq https://de.wikipedia.org/wiki/Th%C3%ADch_Quảng_Đức

    Augenzeugen Berichten zufolge, hat der nicht einmal das Gesicht verzogen, als er so dahingebrannt ist.

    Ehrlich gesagt, bin ich bei solchen Berichten immer sehr im Zweifel, ob diese Suizide nicht unter dem Einfluss starker Drogen durchgeführt wurden.

    Wirklich liegt alle Wahrheit und alle Weisheit

    zuletzt in der Anschauung. (Arthur Schopenhauer)


    Oh wünsche nichts vorbei und wünsche nichts zurück!

    Nur ruhiges Gefühl der Gegenwart ist Glück. (Friedrich Rückert)

  • @Anna Panna


    danke für die freundliche Antwort. Ich mag besonders den Begriff 'der Natur vertrauen'.


    Für mich als betont säkularen Buddhisten sind die einfachen Themen der Lehre die wichtigsten.

    Die erste der edlen Wahrheiten: das Leben im Daseinskreislauf ist letztlich leidvoll! Leben bedeutet nicht Leiden, es bedeutet der Gefahr des Leidens ausgesetzt zu sein. Die weiteren edlen Wahrheiten zeigen den Weg davon weg.


    Was auch das letzte mögliche Leiden umfasst. Vertrauen in die Lehre und die Vorbereitung kann auch die Erfahrung der letzten Grenze erträglicher machen.

    Für die meisten Menschen ist das Reden über oder der Gedanke an den Tod unangenehm und wird am besten ausgeblendet.

    Der Versuch etwas festzuhalten, der Drang anzuhaften als eine der letzten Quellen des Leidens.

  • iCloud


    Hier ist ein Dhammatalk über schmerz als edle Wahrheit und Schmerzensbetrachtung (In der Meditation), falls es jemanden interessiert. Ich denke es passt in diesem Thread, da das Thema ja bereits aufgegriffen wurde.

    Der Talk ist von Luang pu Bunmii Dhammarato aus Thailand, und wurde von Ajahn Mettiko übersetzt (Live) Es war immer Thai und Deutsch gemischt, ich habe das ganze Thai Gerede rausgeschnitten, damit man es besser verfolgen kann.

    Wirklich los geht er bei 8:30, davor geht es eher um sein Kloster in Thailand.