Der nächste Schritt

  • Meine ganz persönliche Sicht:


    Ich trenne Ethik ganz strikt von Religion: Es ist immer die Ethik, die fordert. Religion hat nicht zu fordern, sondern zu erlösen. Wo sie dennoch fordert, überschreitet sie ihre Grenzen und hört auf, Religion zu sein.

    Man kann es anders sehen.

    Wenn man die Ich-Losigkeit ( Die Leere), usw., verwirklicht hatte, man nimmt die ursprüngliche Buddha-Natur in allen lebendigen Wesen, und dann das Mitgefühl ist die "treibende" Kraft.

    So, etwa, DL, der immer betont, wie es wichtig, den Guten Menschen zu sein ( mit der "Güte", mit dem "Herzen auf dem rechen Fleck"), und der sieht darin das Wesen der Religion. Allen Religionen überhaupt.

    Sehr klar und eindeutig schreibt genau über das J. Kornfield.

    Also, ich schlussfolgere nur, die Ethik wäre dann das innere Wesen von der Religion.

    Um es zu verdeutlichen, ein Zitat:


    Zitat

    Das Bodhisattva-Gelübde (auch: Vier bedeutsame Gelübde) ist ein häufig rezitierter Text im chinesischen und japanischen Buddhismus, insbesondere im Zen. Im tibetischen Buddhismus ist das Bodhisattva-Gelübde Grundlage für die Mahayana-Praxis. Es ist Ausdruck und Bestärkung des Bodhisattva-Geistes (bodhicitta) und motiviert zur täglichen Praxis von Mitgefühl und Weisheit, zur praktischen Umsetzung im Alltag zum Wohle aller fühlenden Wesen.



    Also, die Weisheit und das Mit-gefühl man kann als zwei Flügel betrachten, reine Weisheit reicht nichts aus.

    Man kann es von dem Blinkwinkel Zen bei D.T. Suzuki sehen, der sieht Parallellen zwischen Buddhismus und dem Christentum. ( M.Eckhart)./ nichts traditionell, aber "innerlich"./ genau das man kann auch bei Willigis Jäger sehr gut sehen/.

    Das Werk: " Der westliche und der ostliche Weg.".

    Ach, noch eins!

    Die Ethik, die von den Instutionen aufgezuwungen ist, die ist nicht echt, sie ist so wie gekünstelt, aber wenn die vor der Weisheit stammt, also als die innere Erfahrung des Geistes, dann diese Ethik IST das Wesen der Religion per se, par excellence, nichts mehr , aber nichts weniger.

    LG.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Ethik fordert.

    Religion hilft.

    Allen. Bedingungslos.

    Dass "Ethik fordert", gilt allenfalls von der deontologischen Ethik nicht oder nur sehr eingeschränkt von der Tugendethik und die teleologischen Ethik ist abhängig vom verfolgten religiösen oder nicht-religösen Ziel.

    Jede Religion baut auf eine oder mehrere dieser Ethiken. Zur Erreichung des Zieles einer Religion bedarf es ja immer einer zweckmäßigen Lebensführung. Ohne Tugendethik geht also gar nichts, ohne deontologische Ethik geht sehr viel, wobei die Tugendethik den Boden bereitet, auf dass er fruchtbar werde im Sinne der Zielerreichung. Ohne Tugend keine Zielerreichung, aber nicht notwendigerweise Verdammnis oder Bestrafung.

    mankind ... must act and reason and believe; though they are not able, by their most diligent enquiry, to satisfy themselves concerning the foundation of these operations, or to remove the objections, which may be raised against them [Hume]

  • Namaste!


    Wenn ich mir die Welt so ansehe, mit all ihren Kriegen und der Ausbeutung, mit der Klima-Krise und dem Unwillen zur Umkehr, sowie dem Umstand, dass die Mehrheit der Menschen (einschließlich meiner Person) eher Teil des Problems als Teil der Lösung sind, dann kann und muss ich die Frage schlicht mit "Nein!" beantworten.

    Ohne moralischen Anspruch sähe es vielleicht aktuell noch schlimmer aus...?!


    Zitat

    Zählt die Tatsache der Rettung oder ihr "Werkzeug"?

    Ich denke, das kommt darauf an, wen man fragt.


    Zitat

    Honens und Shinrans Ansichten führen auch in eine Prädestinatonslehre, wie sie so im christlichen Umfeld kaum noch vertreten wird. Ein "Erlösungsautomatismus" würde auch diesen Problemen ein Ende setzen. (Natürlich kein Grund, dass es so ist; immerhin aber eine erfreuliche Nebenerscheinung.)

    Sowohl Hônen als auch Shinran haben beide trotz ihrer Trost-spendenden Interpretationen der Drei Sutras weiterhin ethische und moralische Leben geführt, Hônen als tadelloser zölibatärer Mönch und Shinran als verheirateter "Weder-Mönch-noch-Laie". Beide predigten folglich zwar das "Sogar der Gute wird erlöst, um wie viel mehr der Böse", aber dennoch verurteilten sie diejenigen unter ihren Anhängern, welche jegliche Ethik und Moral über Bord warfen und gerade wegen des Erlösungsgedankens Verbrechen begingen.


    Auch der (eigene) Trost findet seine Grenzen dort, wo er anderen schadet.



    Ich gebe Dir absolut Recht: Religion ist vornehmlich zum trösten da. Das hatte auch schon meiner Linji im alten China festgestellt und seine Zen-Schüler mit dieser Aussage in seinen "Morgengesprächen" geschockt.

    Aber Trost ist halt immer etwas sehr individuelles und auch stets von der Lebenssituation und den Umständen des Einzelnen abhängig.

    C'est la vie!


    < gasshô >


    Benkei


    BuPôSo-en

    "Allmorgendlich beginne ich meinen Tag damit, den Spiegel zu polieren;
    Täglich türme ich neue Staubschichten auf;
    Allabendlich beende ich meinen Tag damit, weiter zu polieren;
    Und scheinbar wirbelt auch ein Schlafender noch Staub auf."
    HôShin

  • Keine Frage - die Verhältnisse sind durchaus nicht ideal und einem "Anything goes" will ich keinesfalls das Wort reden!


    Ich komme aus der Biolgie und habe "evolutionäres Denken" dort aufgesogen. Ich bin es gewohnt, in extrem langen Zeiträumen zu denken - und das lässt mich bezüglich unserer ethisch-moralischen Entwicklung hoffen: Wir sind hier am Weg - nicht am Ende! Vor allem aber sind wir in recht ungleichem Tempo unterwegs: Während manche anscheinend schon ohne stets drohende "Knute" auskommen, scheinen andere sie im Hinblick auf ein erträgliches Miteinander zu brauchen - und wieder andere "funktionieren" selbst unter Androhung schärfster Strafen nicht.


    Kann Werkgerechtigkeit aber tatsächlich erlösen? Es war wohl Shinran, der sagte, er wisse nicht, was gut oder böse sei. Wie soll man unter solchen Prämissen noch gezielt an der eigenen Rettung arbeiten? Bin ich dann nicht ein umhertappender Blinder und geradezu auf Rettung von außen angewiesen?


    Viel Stoff zum Nachdenken!

  • Namaste,


    Für mich sind das eigentlich zwei Paar Schuhe,

    einerseits das Paar "Erlösung und Bedingung" (wie auch immer diese aussieht - im Reinen-Land-Buddhismus ist es schlicht das "Sprich das Nenbutsu und sei von Amida Buddha gerettet!"),

    und andererseits das Paar "Erlösung und Ethik".


    Letzteres Paar haben Hônen und Shinran dahingehend entkoppelt, dass eine tadellose ethische Lebensführung im Sinne der buddhistischen Gelübde / Empfehlungen im Mappô-Zeitalter als ihrer Sicht gar nicht mehr möglich ist und dass sie folglich auch keine Ursache für die Rettung / Erlösung durch den Buddha sein kann. Insoweit widersprachen sie klar den Lehren der (Shingon-)Ritsu Shû und auch einigen heutigen Interpretationen des Theravada.

    Unabhängig davon aber führt die Abstandnahme von sogenannten Unheilvollen Handlungen (Töten, Stehlen, Ehebruch, Dummsuff) in diesem Leben de facto dazu, dass wir weniger leiden müssen, weil wir weniger Konsequenzen zu spüren bekommen oder fürchten müssen. Diese Furchtlosigkeit und Konsequenzenlosigkeit können ja auch schon Grund genug sein, da mal drüber nachzudenken... - selbst wenn man (nachher) von Amida Buddha gerettet sein wird / könnte.


    Zum ersten Paar hatte ich ja schon den Senf bereitet.



    Ja, es ist viel Stoff, um darüber nachzudenken.


    < gasshô >


    Namo-kie-BuPôSô

    "Allmorgendlich beginne ich meinen Tag damit, den Spiegel zu polieren;
    Täglich türme ich neue Staubschichten auf;
    Allabendlich beende ich meinen Tag damit, weiter zu polieren;
    Und scheinbar wirbelt auch ein Schlafender noch Staub auf."
    HôShin

  • Tariki funktioniert nicht als metaphysisches Konstrukt per se, sondern nur in der Anrufung, die Tariki 'hervorruft'. D.h. als konzeptionelle Ausrichtung einer devotionalen Praxis der Selbstaufgabe. Eine ergänzende ethische Praxis mag da theoretisch nicht absolut notwendig sein, förderlich ist sie gewiss.


    Insofern besteht da auch eine große Nähe zu devotionalen Praktiken monotheistischer Glaubenssysteme, die wiederum den abendländischen Religionsbegriff geprägt haben. Was dabei gerne übersehen wird ist, dass ein solcher Begriff nur eingeschränkt auf den Buddhismus anwendbar ist; allenfalls auf seine soziale Gestalt. Im Buddhismus gibt es eben keinen Primat der Doktrin / des Glaubens, sondern einen Primat der Lebenspraxis - des 'Weges', den man geht. Der Begriff 'Religion' ist da so schief, als würde man etwa den Katholizismus als einen Yoga bezeichnen.


    Nun ja - insofern ist das uns hier vorgestellte Gedankenspiel, sofern irgend jemand daran glauben mag, zweifellos "der nächste Schritt" zur Religion. Dafür einer aus dem Buddhismus heraus. Für den Anspruch, buddhistisch zu sein, sollte es sich zumindest als upāya / hōben qualifizieren, als 'geschicktes Mittel'. Ein Mittel, das nichts bewirkt, weil man keine An- und Verwendung dafür hat, würde ich nicht als 'geschickt' bezeichnen.


    Okay - religiöse Konzepte zusammenbasteln darf jeder wie er kann und wie er glauben mag. Wobei ich, wenn ich für diese Sorte Hobby zu haben wäre, mich wohl eher der Fundamentaltheologie des 'Fliegenden Spaghettimonsters' widmen würde. Wie das mit Religionen halt so ist - die sind Geschmackssache und deswegen aus gutem Grund auch Privatsache.

    OM MONEY PAYME HUNG

  • Nochmals Rilke:


    "Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen

    unendlich sanft in seinen Händen hält."


    Wir fallen gemeinsam und sollten nicht darüber streiten, wer langsamer fällt. Ich werde es nicht mehr tun.

  • Nochmals Rilke:


    "Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen

    unendlich sanft in seinen Händen hält."


    Wir fallen gemeinsam und sollten nicht darüber streiten, wer langsamer fällt. Ich werde es nicht mehr tun.

  • Ich sehe es ähnlich wie Sudhana. religiöse Konzepte kann man ja die unterschiedlichsten haben, aber dass Zentrale ist für mich, dass es eine Praxis ist, die

    eine konkrete Transformation zu bewältigen hat. Diese Praxis kann man als etwas sehen, was man selber tut oder als etwas Äuẞeres dem man sich anvertraut, aber die muß konkret stattfinden und Wirkung entfalten.


    Die Ursache für unsere Fesselung - der ja jegliche "Erlösung" entgegenwirken soll - ist die "conditio Humana" das der Mensch in Gier und Hass verstrickt ist.


    Weil wir voll im Sumpf stecken braucht es

    eine Kraftanstrengung (力). Diese kann man sich als fremd (他力 )

    oder eigen (自力) vorstellen und man kann kann den Schwerpunkt entweder auf die Arbeit am eigenen Geist legen oder das Übersteigen von Ego als Hingabe und Liebe sehen. Aber weil der Sumpf recht real ist muss es auch das was ihm entgegenwirkt sein.


    Weswegen es meiner Meinung nach nicht funktioniert dass man Transformation und gelebte Praxis durch eine reine Behauptung von "Erlöstsein" ersetzt.

  • eine reine Behauptung von "Erlöstsein"

    Nun ja - die Behauptung von "Erlöstsein" ist nichtsdestotrotz äußerst populär; das ist schließlich der soteriologische Ansatz des reformierten Christentums. Und was ??? uns hier predigt, ist nichts anderes, auch wenn er das als eine Art Extrem-Amidismus tarnt. Erlösung allein durch den Glauben (sola fide), erlöst zu sein. Klingt für mich nach Selbstsuggestion - aber wie gesagt; es soll jeder glauben, was er will. Und wenn es ein besonders bequemer Glaube ist - warum nicht, es gibt Schlimmeres.

    OM MONEY PAYME HUNG

  • Weswegen es meiner Meinung nach nicht funktioniert dass man Transformation und gelebte Praxis durch eine reine Behauptung von "Erlöstsein" ersetzt.

    Klar, wer? sollte erlöst werden? Und wer? sollte transformiert werden? Ich als Igor 07?... das wäre doch blöd.

    Es könnte eher als die Augenblicke der Gnade passieren, dann ich kann überhaupt nichts dafür.

    Und es geht nichts nur um das:



    Erlösung allein durch den Glauben (sola fide), erlöst zu sein. Klingt für mich nach Selbstsuggestion - aber wie gesagt; es soll jeder glauben, was er will. Und wenn es ein besonders bequemer Glaube ist - warum nicht, es gibt Schlimmeres.

    Sondern um die unmittelbare Innere Erfahrung, die niemals mit den Wörtern oder den egal welchen Lehren ver-mittel-bar wäre, aber nur auf dem eigenen Leib er-fahr-bar.

    Dann egal welche Beschreibung wäre nichts mehr ald der Hinweis, mehr nichts.

    Apropo, man kann es nichts so objektiv verifizieren.

    Das ist die andere Ebene, rein wissenschaftlliche Methode gilt hier nichts.

    Zum Vergleich.

    Bardo-Zustände, sind die real oder nichts?

    Für denen , der das im eigenen Innerem ---erlebt-hatte, die sind real. Aber für die moderne Neurobiologie ist das alles "Hirn-Gespenst" oder der Zeichen der "Psychose", usw.

    Von der anderen Seite. Das alles könnte durchaus "nach Selbst-Suggestion" klingen. Genau!---klingen!

    Wer bestimmt die Realität? Wer weiss genau , was ist real? So man kann bis zum Ende der Welt streiten, was war zuerst, die Henne oder das Ei, das Geist/ Materie, Leib/Seele, ... Usw....

    Alles existiert nur durch die Kraft der Benennung ... Verinfacht ausgedrückt, wie nehmen für die bare Münze das, an was wir alle glauben. ( Gesitige Zu-Schreibung, technisch ausgedrükt, also die gemeinsame Consens-Realität, im Sinne von P. Watzlawick---Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Wahn, Täuschung, Verstehen. Piper, München 1976, ISBN 3-492-02182-4; 9. Auflage ebenda 2010.)

    Aber das würde nichts bedeuten, dass es der Realität entspricht.

    Jeder lebt in der eigenen Blase. Im eigenen Tunnel. Wenn ich hier einige Buchstaben vertausche, man würde mich niemals verstehen.

    Aber im meinem Innerem es bleibt trotzdem präsent und real.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Namaste!

    Dazu vielleicht ein Kommentar von Dôgen Zenji:
    "Von Buddhas Seite aus getragen wirst du - indem du nur folgst - ganz ohne Kraftanstrengung und Geistesbemühung frei von Leben-und-Sterben selbst Buddha; warum sollte jemand im Geist verharren?"

    (Shôbôgenzô-Shôji)


    < gasshô >


    Benkei


    Namo-Amida-Butsu

    "Allmorgendlich beginne ich meinen Tag damit, den Spiegel zu polieren;
    Täglich türme ich neue Staubschichten auf;
    Allabendlich beende ich meinen Tag damit, weiter zu polieren;
    Und scheinbar wirbelt auch ein Schlafender noch Staub auf."
    HôShin

  • Nun ja - die Behauptung von "Erlöstsein" ist nichtsdestotrotz äußerst populär; das ist schließlich der soteriologische Ansatz des reformierten Christentums. Und was ??? uns hier predigt, ist nichts anderes, auch wenn er das als eine Art Extrem-Amidismus tarnt. Erlösung allein durch den Glauben (sola fide), erlöst zu sein. Klingt für mich nach Selbstsuggestion - aber wie gesagt; es soll jeder glauben, was er will. Und wenn es ein besonders bequemer Glaube ist - warum nicht, es gibt Schlimmeres.

    Meine Experimente mit Telekinese kamen leider zu dem Ergebnis das ein Glaube als ein Füwahrhalten nichtmal Kieselsteine versetzen kann.


    Aber ich nehme an, dass Glaube als ein radikales Anvertrauen viel bewirken kann. Ich denke, dass das was Gier und Hass entgegenwirkt letzendluch nur das Abstehen von Gier und Hass ist. Und es nur unterschiedliche Arten gibt dieses Abstehen zu erzählen.


    Buddha widersteht den Versuchungen Maras, indem er einfach sitzen bleibt und nach nichts greift und vor nichts davonläuft. Was sich als Entsagung erzählen läßt - als asketischen Handlung - oder eben auch als Nicht-Handeln - als ein Ruhen in Buddhanatur wenn man so will.


    Ich nehme an, dass z.B Jesus bei seinen Versuchungen in der Wüste ebenfalls Guer und Hass widerständen hat. Aber er hatte es wohl als Akt der Treue zu Gott formuliert. Als ein Gottvertrauen: Weil man das eigene Leben ganz in die Hände Gottes gelegt hat ist kein Eigenbedarf mehr da um den man fürchten müsste und nicht nach dem man suchen müsste. Man steht fest zu Gott. Weil man beim Roulette auf keine Zahl gesetzt hat, hat man nichts zu verlieren.


    Shinran in natürlich kein Christ und von daher ist seine Formulierung anders. Ich denke bei ihm ist die Art und Weise nichts zurückzuhalten eine ganz radikale Offenheit und Aufrichtigkeit. Eine Identifikation mit Klesha - mit all dem was "zur Hölle geht". Auch das reißt einem ja jeglichen Boden weg und man hat kein Fitzelchen um sich daran festzuhalten.


    All diesen Formulierungen ist gemeinsam, dass sie so radikal sind.

  • Ich nehme an, dass z.B Jesus bei seinen Versuchungen in der Wüste ebenfalls Guer und Hass widerständen hat. Aber er hatte es wohl als Akt der Treue zu Gott formuliert. Als ein Gottvertrauen: Weil man das eigene Leben ganz in die Hände Gottes gelegt hat ist kein Eigenbedarf mehr da um den man fürchten müsste und nicht nach dem man suchen müsste. Man steht fest zu Gott. Weil man beim Roulette auf keine Zahl gesetzt hat, hat man nichts zu verlieren.

    Ich sehe es eher als der spontaner Ausdruck des Ur-vertrauens,so im Sinne von M. Eckhart:


    Zitat

    Gott ist immer in uns, nur wir sind so selten zu Hause.

    In den Terminis des Buddhismus es wäre passend die absolute "Hoffnungslosigkeit", wie es Ch. Trungpa ausdrückt. (das Buch:"Verrückte Weisheit")

    Aber, wie ich es betrachte, die reden über dasselbe, aber nur so von den verschiedenen "Konzepten" ausgehend.

    Also, Gott-Vertrauen, aber eher wie das Vertrauen in den eigenen Ur-Grund oder Ur-Sprung.

    Man hat keine Angst, sich selbst zu verlieren, keine Angst zu sterben, usw...

    Man ahnt so vage, nur die absolute Auf-gabe sei die einzige Lösung.

    Der krasse Beispiel ist der Buddha selbst. Er war fest entschlossen, bis zum Ende zu gehen, es koste , was es wolle. ( vor dem "Erwachen"-Erlebnis).

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Da es keinen Gott gibt, finde ich Gott-Vertrauen sinnlos.
    Aber Anvertrauen (egal ob an Amida oder das Leben, da würde ich nicht unterscheiden wollen) macht schon Sinn. Sich dem anvertrauen, was ist. Ethik kommt ja erst, wenn dieses Anvertrauen fehlt. Hoffnung ebenso.
    Daher bin ich schon für Trungpas "Hoffnungslosigkeit" (Erinnert mich an Richard Sylvesters Aussage: "Es gibt keine Methode, aber gäbe es eine, dann müsste sie im Wiederholen des Mantras "Hilflos, hoffnungslos, sinnlos" bestehen. Beim Rezitieren empfiehlt es sich im Auge zu behalten, dass niemand es macht. Es ist allerdings auch niemand da, der darauf achten kann.").


    Zitat

    Ein Mönch fragte Meister Ling-Yan Dschih-TschinYa: »Wie muss sich ein Mönch vervollkommnen, um den Leiden des Lebens — um Geburt, Alter, Krankheit und Tod entgehen zu können?«

    »Schau dir einmal den hochragenden, waldbedeckten Berg vor dem Kloster an«, sagte der Meister. »Er steht dort schon seit vielen Tausenden von Jahren und lässt die Morgennebel sein Haupt umhüllen, den Abendregen seine Hänge peitschen, nimmt alles an, was kommt, und lässt es gehen, gehen, wie es will.«

    "Von der Waschschüssel der Geburt

    bis zur Waschschüssel des Bestatters -

    nur Geschwafel"

    Ikkyû Sôjun

  • Daher bin ich schon für Trungpas "Hoffnungslosigkeit" (Erinnert mich an Richard Sylvesters Aussage: "Es gibt keine Methode, aber gäbe es eine, dann müsste sie im Wiederholen des Mantras "Hilflos, hoffnungslos, sinnlos" bestehen. Beim Rezitieren empfiehlt es sich im Auge zu behalten, dass niemand es macht. Es ist allerdings auch niemand da, der darauf achten kann.").

    Wenn ich richtig Das Buch von Ch. Trungpa erinnere, es geht hier um keinen Gott, im traditionellen Sinne, und auch man kann niemals über die "Sinnlos"-igkeit reden.

    Es geht eher im Sinne das Leben, wie es ist, zu -lassen, ohne wenn und aber akzeptieren, tief im eigenen Innerem "Ja" zu allem sagen, egal, wenn es sogar den Tod bedeutet, und dann das alles los-zu-lassen. Mehr aber nichts.

    Manchmal man kann nichts das Leben ändern. Z.B, man hat den Krebs in Endstadium. Ich hatte vor so langen Jahren mit den eigenen Augen gesehen, (wie) man kann im Frieden und in Ruhe sterben. Wenn es sogar sehr krasser Beispiel.

    Das ist einfach Ur-Vertrauen an das Los, das eigene Schicksal.

    Dieses Mantra , egal welches, nach der Meinung von Lama A.Govinda , wenn man es innerlich nichts realisiert hatte, aber nur so wie rein mechanisch plappert, wie der Papagei, dann es wäre alles für die katz. Oder eher wie Voodoo-Kult, klar, wie man weiss, der Glaube kann die Berge versetzen.

    Man braucht keinen Gott, und keinen Glauben , um einfach weiter zu leben, zu atmen, zu SEIN. Dafür man braucht keine "Berechtigung".

    Es geht um die Hingabe an das, was immer schon IST.

    Ich denke sogar, man kann es als die Innere Einstellung defineren , also das hat mit der Religion, wie man die gewöhnlich versteht, absolut nichts zu tun. Deswegen diese Amerikaner ( im Buch) fragen wieder und weider Trungpa, was er verdammt damit meint.

    Aber diese Fragerei , die kein Ende hat, ist genau der Beweis, dass man noch nichts bereit oder reif ist, alles aufzugeben, hinter sich zu lassen, man klammert egal an was, und dann er versperrt sich selbst den Weg in die Freiheit, die keine Definitionen und keine Befugnisse braucht, man kann sie ent-decken, denn die IST immer da, nichts zu erreichen.

    Das klingt , wahrscheinlich, echt verrückt, ( deswegen Trungpa spricht über "verrückte Weisheit"!) aber nur für unseren Verstand, der immer Garantie braucht.

    Aber das Leben, wie es ist, ist das Abenteuer ins absolute Unbekannte ohne egal welche Versicherungspolice,

    und es ist kein Rätsel, das gelöst werden sollte,

    aber das Mysterium , das man nur erleben, erfahren kann.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Danke, auch wenn ich die Papers schon kannte. Prof. Dr. Kleines Darstellungen sind durchaus lesens- und empfehlenswert, ob man nun alle seine Folgerungen teilt oder nicht. Er sieht und beurteilt, was er sieht, aus der Perspektive eines 'säkularen' Religionswissenschaftlers, während z.B. ich dies aus der Perspektive eines in der Zen-Tradition Praktizierenden sehe.


    Wenn Du Dich auf ihn als eine Art 'Kronzeugen' berufen willst, dann unterschlägst Du (bzw. ignorierst), was Kleine über

    Zitat

    die mentale wie die verbale Praxis des nenbutsu oder buddhanusmrti/buddhanussati als heilswirksame Übung

    schreibt, die er ausdrücklich als

    Zitat

    die zentrale Praxis des Amida-Buddhismus

    bezeichnet.


    Ein Amidismus, aus dem man die Praxis herausoperiert, ist kein Amidismus (und schon gar kein Buddhismus). Operation gelungen, Patient tot.

    OM MONEY PAYME HUNG

  • Da es keinen Gott gibt

    Sicher?

    Ja. Wenn es kein Wesen gibt, sondern nur Geschehen, dann gibt es auch kein höchstes Wesen.
    Oder wie ich heute woanders las: Ohne etwas Zweites gibt es auch nichts Erstes, was Macht oder Kontrolle hat.

    "Von der Waschschüssel der Geburt

    bis zur Waschschüssel des Bestatters -

    nur Geschwafel"

    Ikkyû Sôjun

  • Man braucht keinen Gott, und keinen Glauben , um einfach weiter zu leben, zu atmen, zu SEIN. Dafür man braucht keine "Berechtigung".

    Es geht um die Hingabe an das, was immer schon IST.

    Es ist ja nichts schon immer. Es ist nur immer das, was ist. Und das ist eine ständige Veränderung, im Fluss.
    Und das was ist, braucht letztlich auch keine Hingabe an das was ist. Ist da Hingabe, ist es das, was ist, ist da keine Hingabe, ist es das, was ist. Letztlich kein Unterschied. In beiden Fällen ist es das, was ist. Oder mit Shinran, wenn du das Anvertrauen machst, ist es kein Anvertrauen, sondern Eigenbemühung. Die Bewegung kann also nicht von dir kommen. Aus meiner Sicht ist der Schlüsselpunkt bei Shinran, dass alles Eigenbemühen scheitern muss. Es ist der Punkt, den Hisamatsu fürs Zen so formulierte: "Wenn alles, was du tust, nichts tut, was tust du dann?"

    "Von der Waschschüssel der Geburt

    bis zur Waschschüssel des Bestatters -

    nur Geschwafel"

    Ikkyû Sôjun

  • Ja. Wenn es kein Wesen gibt, sondern nur Geschehen, dann gibt es auch kein höchstes Wesen.

    Gott ist zunächst einmal ein Begriff, der eine reiche Wandlungsgeschichte hinter sich hat. Dieser Begriff meint ein ganzes Feld von Bedeutungen – je nach Zugang zu diesem Begriff. Das höchste Wesen als Bedeutung dieses Begriffs ist nur ein sehr kleiner Teil. Besonders aber ist, dass der Begriff Gott auch ein Feld von Erfahrungen bedeutet, die Menschen machen können. Diese Erfahrungen sind real. Die Deutung dieser Erfahrungen wandelt sich von Zeit zu Zeit. Interessant ist, dass ich in der Meditation Erfahrungen machen kann, die so auch als Erfahrungen mit Gott beschrieben werden. Da ist etwas, das den Namen Gott verdient.


    Paul Tillich hat eine interessante Deutung des Begriffs Gott angeboten. Dieser Begriff deckt sich mit dem fleckenlosen Spiegel im Zen. Gibt es Gott? Solange der Begriff etwas bedeutet, das erfahren werden kann, gibt es Gott.

    Das ist denn doch nur der Abendwind, der heute mit ordentlich verständlichen Worten flüstert.

  • Wenn es kein Wesen gibt, sondern nur Geschehen, dann gibt es auch kein höchstes Wesen.

    Alle Wesen bestehen durch Nahrung - alle Wesen bestehen durch Unterscheidung.

    D33_f66


    Im Buddhismus entspricht "Wesen" dem Atta - oder dem Selbst, ich und mein.

    Im Zen gibt es keinen Spiegel - von daher erübrigt sich die Debatte darüber. Deutungen sind, wie alle Vorstellungen, Nahrung für dukkha. Und das braucht natürlich einer, der nach dem erlösenden Gott sucht.

    :zen:


  • (Komplett) in der Welt entspricht Gefühl, Bewusstsein, Wille einem eigenem Ich, einem Selbst - einer Seele / so wird allgemein gedacht und vereinnahmt - nicht nur und absurderweise 'im Buddhismus'.


    Man kann das Aufkommen solcher Entsprechungsvorgänge in einem stärkerem Masse erkennen lernen - ich dachte, gerade das heisst buddhistische Praxis.


    Offenbar stand eine wichtigere Information im Raum, als gerade die in buddhistischen Lehrtexten erklärte Nichtentsprechung der Wesen zu 'Ich' und 'mein' komplett umgekehrt darzustellen. Oder meintest du damit, der Vorgang des Anhaftens kann sich nur auf die Gruppen des Ergreifens beziehen (denn das meint der Begriff Wesen in der vorgestellten Lehrrede).


    Danke, dass du diese Lehrrede mit dem Hinweis auf den Begriff der Unterscheidung gepostest hast _()_

  • Voyager


    Die Gruppen des Ergreifens SIND Gruppen des Anhaftens. D.h. es gibt die fünf skandhas - Körper, Gefühl, Wahrnehmung, Bewusstsein, Geistesformation (sankhara), die werden als ein Ich, Mein oder Selbst angeeignet - mein Körper, mein Gefühl ... das ist einfach eine Identifikation. Wenn sie als Konvention erkannt wird, dann sind diese Gruppen auch ohne Ergreifen einfach die konventionellen Unterscheidungen, wie die Teile eines Wagens.

    "Gott" ist in diesem Kontext ein sankhara, ein Gebilde oder etwas Gestaltetes, das durch Unwissenheit entsteht. Dabei ist dies heilsam oder unheilsam, je nachdem ob die Unwissenheit Anlass (heilsam) ist oder Bedingung (unheilsam).

    :zen: