Psychotherapie & Buddhismus

  • Ich lese gerade das Buch "Psychotherapie & Buddhismus" von John Welwood. Der Untertitel des Buches lautet "Der Weg persönlicher und spiritueller Transformation". Es geht darum wie Psychotherapie und Buddhismus sich ergänzen können. Welwood ist Psychotherapeut und ein prominenter Vertreter der transpersonalen Psychologie, die sich explizit auch mit spirituellen Fragen auseinander setzt. Er war ein Schüler von Eugene Gendlin, dem Begründer der körperorientierten Focusing Therapie, bei der es darum geht einen Zugang zu körperlichen Empfindungen im Sinne eines felt sense zu bekommen, das heißt als einer vorsprachlichen und rohen Erfahrung. Welwood hat viel zu Partnerschaft und Beziehungen publiziert. Mit dem Buch ist er zu seinem grundlegendem Interesse zurück gekehrt, nämlich zu der Frage, in welchem Verhältnis Persönlichkeitsentwicklung in der Psychotherapie und spirituelle Entwicklung stehen.

    Es handelt sich bei dem Buch um eine lose Sammlung von Texten, die in ebendiesem thematischen Zusammenhang stehen. Welwood unterscheidet drei Ebenen: die persönliche Ebene, die interpersonelle Ebene und die überpersönliche Ebene als Grund des Seins. Während die Psychotherapie vor allem mit der persönlichen und interpersonellen Ebene befasst ist, geht es in der spirituellen Entwicklung darum in Kontakt mit der überpersönlichen Ebene zu kommen.

    Ich möchte hier in dem Thread in der kommenden Zeit gerne die Perlen, die mir beim Lesen begegnen, sammeln und auch gerne in eine Diskussion über die Kernfragen, die in dem Buch behandelt werden, kommen.


    Bitte melde dich an, um diesen Anhang zu sehen.

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

  • Hendrik

    Hat das Thema freigeschaltet.
  • Das erste Kapitel ist ein Neuabdruck eines Textes von 1984, in dem Welwood den Begriff spiritual bypassing prägte. In der deutschen Übersetzung wird von "spiritueller Umgehung" gesprochen, was ich eine etwas sperrige Übersetzung finde.


    Welwood:

    Manchmal habe ich die psychotherapeutische Erkundung des Selbst als dem spirituellen Ziel, über das Selbst hinauszugehen, diametral entgegengesetzt, sogar antagonistisch gesehen, und manchmal habe ich sie als äußerst nützliche Ergänzung spiritueller Arbeit betrachtet.

    Da wird deutlich in welchem Spannungsfeld sich Welwood mit seiner Frage nach dem Verhältnis von Psychotherapie und spiritueller Entwicklung zueinander bewegt. Widerspruch und Antagonismus bestehen anscheinend zwischen den Zielen der Stärkung des Selbst und dessen Überwindung.


    Welwood:

    Daher gibt es oft eine Tendenz, spirituelle Praxis zu benutzen, um zu versuchen, sich über unsere emotionalen und persönlichen Themen zu erheben - über alle diese ungeordneten oder wirren, ungelösten Dinge, die uns runterziehen. Ich nenne diese Tendenz, menschliche Grundbedürfnisse, Gefühle und Entwicklungsaufgaben zu vermeiden oder vorzeitig zu transzendieren, spirituelle Umgehung.

    Die spirituelle Umgehung - oder vielleicht könnt man besser sagen Vermeidungs- und Abwehrstrategie - besteht für Welwood in einer mangelnden Bodenhaftung und Verwurzelung. Die widersprüchliche Einheit besteht letztendlich darin, dass wir um uns vom Selbst zu befreien erstmal eines haben beziehungsweise entwickeln müssen.

    Welwood nennt neben der spirituellen Vermeidungsstrategie noch zwei weitere Fallen, in die wir auf unserem Weg hinein tappen können. Die eine ist die Tendenz, sich in einer therapeutischen Selbsterforschung zu verlieren. Die Arbeit an Beziehungsmustern, Träumen und Gefühlen kann so faszinierend sein, dass sie selbst zu einem Zweck wird - und sie erscheint ja wirklich nie als beendet. Dann verheddert man sich in egozentrischer Selbstbespiegelung. Die dritte Falle ist die Betäubung in Süchten und Ablenkungen.

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

    Einmal editiert, zuletzt von Mabli ()

  • Hallo Mabil, ich habe mich seit frühester Jugend mit Spiritualität befasst. Einfach so, weil sie mich interessierte und immer mehr in ihren Bann zog.

    Später habe ich gemerkt, dass sie mich auch heilt.


    Jetzt kommt mir die Begründung auf Deinen Beitrag. Ich fühlte mich nie als Opfer, auch als ich eine Therapie in Anspruch nahm.

    Vielleicht ist das auch ein Grund, die Spiritualität vorzuziehen, wenn auch unbewusst.

    _()_

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Jetzt kommt mir die Begründung auf Deinen Beitrag. Ich fühlte mich nie als Opfer, auch als ich eine Therapie in Anspruch nahm.

    Vielleicht ist das auch ein Grund, die Spiritualität vorzuziehen, wenn auch unbewusst.

    Das ist spannend. Meinst du dass dir die Spiritualität geholfen hat keine Opfermentalität zu haben? Ich vermute es ist da entscheidend, dass man sich selbst als wirksam erlebt, dass man das Selbstvertrauen in sich hat etwas bewirken und verändern zu können.

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

  • Ja, aber ich glaube, ich hab von hausaus ein großes Vertrauen mitbekommen. Ich hatte wunderbare Eltern.

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    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Meine Spiritualität hat mich in die Hölle geschickt, einzig die hart geübte Konzentration auf das, was jetzt wirklich real hier ist, hat mich da rausgeholt. Dabei blieb jede Spiritualität und Metaphysik wohl auf der Strecke des jetzt Weg sein liegen.

  • Ein weiteres schönes Zitat aus dem ersten Kapitel:

    Zitat

    Erkennen und durcharbeiten dieser unbewussten Muster [in der Kindheit festgelegte Muster, die man wiederholt] und Herauswachsen aus ihnen ist die Vorarbeit dafür, eine authentische Individualität zu entwickeln, die nicht zwanghaft von konditionierten Tendenzen aus der Vergangenheit bestimmt ist - von begrenzenden Selbstbildern, verleugneten Bedürfnissen, von Selbstbestrafung, Skripten aus der Kindheit, dysfunktionalen Beziehungsmustern, von Angst zu lieben und Liebe zu verlieren. Dies ist primär psychologische und nicht spirituelle Arbeit.

    [...]

    Im besten Fall kann Psychotherapie uns helfen, voller verkörpert, mehr in uns selbst geerdet zu sein. Diese Art Arbeit kann auch sehr bescheiden machen. Zu ihr gehört das, was Robert Bly den schrecklichen "Abstieg in die Wunde" nannte. Die Kernwunde, unter der wir alle leiden, ist die Trennung von unserem eigenen Sein. Diese innere Trennung fand ursprünglich in der Kindheit statt, als wir in ängstlicher Reaktion auf eine Umwelt kontrahierten, die uns nicht vollständig gesehen, willkommen geheißen und angenommen hat.

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

  • Aus demselben Kapitel:


    Zitat

    Wenn wir uns für diesen [leeren] Raum öffnen lassen, wie in der Sitzmeditation, kommen wir dahin, zu sehen, wie verbreitet das Festhalten an der zentralen Fixierung von "Ich" und "mein" ist. Spirituelle Arbeit bringt diese Bindung oder dieses Festhalten an begrenzten Vorstellungen davon, wer wir sind, ans Licht und hilft, sie zu lösen, so dass wir vielleicht unsere größere Natur realisieren können, die jenseits aller Form, Struktur oder Gedanken liegt. Wenn Psychotherapie wie Beschneiden oder Düngen eines Baumes ist, damit er wachsen und Früchte tragen kann, ist spirituelle Praxis eine radikalere Medizin. Sie geht an die Wurzeln - an dieses grundlegende Klammern an einen eingeschränkten Begriff des Selbst, das uns daran hindert, uns zu entspannen und tiefer in den weiteren Grund des Seins zu sinken.

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  • Fallbeispiel aus Kapitel 2 " Persönlichkeit. Weg oder Pathologie?":

    Zitat

    Tara war eine Klientin, die als Kind unter extremem Mangel an Kontakt und emotionaler Nahrung gelitten hatte und als Folge eine harte unabhängige Haltung angenommen hatte, die im Wesentlichen die Botschaft vermittelte: "Ich brauche niemanden. Ich kann alleine für mich sorgen." Diese Identität hatte ihr ermöglicht, den Mangel an Liebe in ihrem Elternhaus zu überleben. Später in ihrem Leben wurde ihre übertriebene Unabhängigkeit jedoch dysfunktional, wie es alle Persönlichkeitsmuster an einem bestimmten Punkt tun. Sie war zu einer Weise geworden weiter im Mangel zu bleiben, was ein großes Hindernis dafür war, Liebe und Fürsorge anzunehmen, und eine große Quelle des Leidens.


    In ihren späten 20ern war Tara einer spirituellen Gemeinschaft beigetreten, zu deren Methode es gehörte, das Ego ihrer Mitglieder zu brechen, das als Barriere gegen spirituelle Realisierung angesehen wurde. Die Gemeinschaft praktizierte eine kollektive Form der spirituellen Umgehung, indem sie versuchte ein Ideal "spiritueller" Identität in ihre Mitglieder zu implantieren, während sie persönliche Bedürfnisse und Interessen entwertete. Die Führer der Gemeinschaft verfolgten gegenüber Taras unabhängiger Haltung einen aggressiven Ansatz, den man mit einer Brandrodung vergleichen kann. Sie akzeptierte das, denn sie war überzeugt, dass ihre alten Persönlichkeitsmuster ihren spirituellen Fortschritt blockierten. Indem sie die Härte ablegte, verlor sie aber auch Kontakt mit ihrer Kraft, ihrem Willen und ihrem Gefühl von Sinn. Als sich die Gemeinschaft schließlich auflöste, war sie unfähig, mit dem normalen Leben umzugehen und musste viele Jahre damit verbringen, zu heilen und sich zu erholen.

    Das Fallbeispiel verdeutlicht, dass schwierige Persönlichkeitsmuster oft mal einen Sinn hatten als eine Bewältigungsstrategie. Sie sind daher, auch wenn sie heute nicht mehr angemessen erscheinen, auch eine Ressource. Wenn diese schwierigen Muster nun abgeschnitten oder ausgemerzt werden wird diesem Aspekt ihrer ehemaligen Sinnhaftigkeit die Anerkennung verweigert. Mit möglicherweise fatalen Folgen wie der Fall von Tara zeigt. Die kollektive spirituelle Umgehung, dieser Gemeinschaft bestand in einer vorzeitigen Transzendierung der schwierigen Persönlichkeitsanteile und einer Implantierung einer neuen Identität. Es ist wohl eine zentrale wie man mit schwierigen Anteilen auf dem Pfad arbeiten kann. Inwieweit schwierige Anteile vielleicht auch gerade ein Sprungbrett für eine Entwicklung darstellen.


    Man könnte sicher auch den Fall den pano in dem Thread "Wie es ist als amerikanischer Buddhist großgezogen zu werden"

    eingebracht hat unter diesen Aspekten lesen und käme zu einigen aufschlussreichen Parallelen.

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

  • Hallo Mabli - deine Zitate aus Welwood fangen an mich zu interessieren. :)


    Bei diesen drei Zitaten klingt bei mir etwas anderes an: die "Brandrodung" gegen sie/ihre Muster, ist tatsächlich einfach eine Wiederholung ihrer Kindheitserfahrung, wenn ich das richtig verstehe. Und daher kennt sie diese -nichtakzeptierende- Härte ... und läßt sich auf den Weg ein, weil er ihr vertraut erscheint.


    Sie legte die Härte nicht ab, sondern richtete sie gegen sich selbst, und unterwarf sich ihren eigenen Härteansprüchen gegen sich selbst - ohne aber über ein alternatives Konzept, z.B. einer "akzeptierenden Güte" zu verfügen. ... Solch ein Prozeß muß äußerst selbstzerstörerisch sein, und in andauernder Absenz von Erfahrungen "liebender Güte" o.ä. bis zur moralischen und womöglich physischen Selbstdestruktion führen.



    - - - - -

    Ich habe noch einen, allerdings grundsätzlicheren Einwand: mir scheint (ohne daß ich wirklich Expertise hätte - bin weder Scholar noch Mönch) daß der Buddha mit seiner Zurückweisung eines "Atman" etwas anderes meint, als wir heute mit unserm Persönlichkeitskonzept "Selbst" oder "Ego". Selbst seine aller-heiligsten Zeitgenossen, Sariputta, Maha-Mogallana, Maha-Kassapa, Ananda, werden durchaus mit markanten Persönlichkeitsmerkmalen geschildert, die im Falle Maha-Kassapa und Ananda sogar zu einem dauernden, latenten Konflikt sich entwickeln konnten (der in der Konzilsszene nach dem Verscheiden des Buddha einmal deutlich aufbricht).


    Wir scheinen jedoch diesen wichtigen Unterschied zwischen dem vedischen/brahmanischen Konzept "Atman" und dem weltlichen Konzept "Persona" nicht zu kennen: diesen hypothetischen unvergänglichen "Splitter des Brahma" "Atman", den man im Laufe der Wiedergeburten herauskristallisieren und reinigen soll um den Kontakt zum allumfassenden "Brahman" (wieder-) zu finden - solch' einen unveränderlichen, ewigen Wesenskern (bzw deren Vorstellung im menschlichen Geist) nimmt der Buddha in den Fokus, und sagt: "ist nicht zu finden" und fordert: Leute gebt den Glauben daran auf! (Die Arbeit an den persönlichen Mängeln, an unethischen, unheilsamen, unweisen und/oder unsinnigen Verhalten/ Charakterzügen liegt dann auf einer ganz anderen Ebene) - - -


    - - - Wie gesagt, das obige ist eine persönliche Meinung, die keine mönchische oder tiefe wissenschaftliche Autorität beansprucht sondern ein ziemlich individuelles Pflänzchen Verständnis & Extrapolation, und das will ich hier auf keinen Fall zu einer eigenen Diskussion anstelle deiner Welwood-Betrachtung, die mich ja anfängt zu interessieren, ausweiten.

  • Bei diesen drei Zitaten klingt bei mir etwas anderes an: die "Brandrodung" gegen sie/ihre Muster, ist tatsächlich einfach eine Wiederholung ihrer Kindheitserfahrung, wenn ich das richtig verstehe. Und daher kennt sie diese -nichtakzeptierende- Härte ... und läßt sich auf den Weg ein, weil er ihr vertraut erscheint.

    Ja, das ist auf jeden Fall ein wichtiger Aspekt. Das glaube ich auch. Diese "Brandrodung" der Persönlichkeit ist sehr wahrscheinlich auch eine Reinszenierung der ursprünglichen Erfahrung von Nicht-Anerkennung.

    So wie die Haltung der Unabhängigkeit und (Schein-)Autarkie eine Reaktion auf einen erfahrenen Mangel und das damit verbundene vernichtende und existenzbedrohende Gefühl war, so ist die Identifikation mit der spirituellen Gemeinschaft auch eine Form der Selbstablehnung und -verleugnung, die aber eben nicht zur Auflösung der Abwehr führt, sondern eine neue Form der Abwehr gegen die Auseinanderstezung mit der eigenen Geschichte darstellt.

    Wir scheinen jedoch diesen wichtigen Unterschied zwischen dem vedischen/brahmanischen Konzept "Atman" und dem weltlichen Konzept "Persona" nicht zu kennen: diesen hypothetischen unvergänglichen "Splitter des Brahma" "Atman", den man im Laufe der Wiedergeburten herauskristallisieren und reinigen soll um den Kontakt zum allumfassenden "Brahman" (wieder-) zu finden - solch' einen unveränderlichen, ewigen Wesenskern (bzw deren Vorstellung im menschlichen Geist) nimmt der Buddha in den Fokus, und sagt: "ist nicht zu finden" und fordert: Leute gebt den Glauben daran auf! (Die Arbeit an den persönlichen Mängeln, an unethischen, unheilsamen, unweisen und/oder unsinnigen Verhalten/ Charakterzügen liegt dann auf einer ganz anderen Ebene) - - -

    Ja, das glaube ich auch. Da kommt es schnell zu Missverständnissen. Im nächsten Kapitel schreibt Welwood über den Unterschied von Ichstärke und Egolosigkeit. Das geht in eine ähnliche Richtung. So ganz schlau bin ich aus dem Kapitel allerdings noch nicht geworden. Vielleicht muss ich es nochmal lesen.

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

  • solch' einen unveränderlichen, ewigen Wesenskern (bzw deren Vorstellung im menschlichen Geist) nimmt der Buddha in den Fokus, und sagt: "ist nicht zu finden" und fordert: Leute gebt den Glauben daran auf! (Die Arbeit an den persönlichen Mängeln, an unethischen, unheilsamen, unweisen und/oder unsinnigen Verhalten/ Charakterzügen liegt dann auf einer ganz anderen Ebene) - -

    Hi, Helgo . So sehe ich auch, aber ich wollte Mabli nichts verletzen. Das Buch habe ich und genug gelesen. Ich beschäftige mich mit der Psyvhonalyse das Leben lang. Wenn man keine normale Persönlichkeit- ( Sturuktur) aufbauen würde , denn er hat so wie " Defitite" , und man würde dem Klienten das sagen:


    Zitat

    3.-7. "Die Körperlichkeit - das Gefühl -die Wahrnehmung - die Gestaltungen - das Bewußtsein sind vergänglich. Was vergänglich ist, das ist leidvoll. Was leidvoll ist, das ist Nicht-Ich. Was Nich-Ich ist, davon gilt: 'Dies ist nicht mein, das bin ich nicht, das ist nicht mein Selbst!' So hat man dies der Wirklichkeit gemäß mit rechter Weisheit zu verstehen.


    Samyutta Nikaya 22.12_30


    und man würde das entsprechen praktizieren, dann... man bekommt bestimmt sehr schwere "dissoziative" Störung, nehme ich an.

    Man sollte, wie mir ein sehr erfahrener Buddhist einmal ausdrückte, zuerst sehr stark verwurzeletes "Ich " haben, um dann ( danach) es zu "verlieren".

    Das ist echt bedauerlich, wenn ich das ganze lese. Denn man riskiert die eigene Probelamatik, die absolut auf der anderen Ebene sich befindet, unter dem Teppich zu kehren, und das würde die anwesende Symptomatik wenigstens verdecken, im ungünstigen Falle sehr verstärken und verschlimmern.


    Noch ein Zitat:


    Zitat

    18.-22. "Daher, o Mönche: was es irgend an Körperlichkeit gibt - an Gefühl - an Wahrnehmung - an Gestaltungen - an Bewußtsein gibt, sei es vergangen, künftig oder gegenwärtig, eigen oder fremd, grob oder fein, gewöhnlich oder edel, fern oder nahe - von jeder Körperlichkeit - jedem Gefühl - jeder Wahrnehmung - allen Gestaltungen - jedem Bewußtsein gilt: 'Dies ist nicht mein, das bin ich nicht, das ist nicht mein Selbst!' So hat man dies der Wirklichkeit gemäß mit rechter Weisheit zu betrachten.


    23. So erkennend, o Mönche, wendet sich der erfahrene, edle Jünger von der Körperlichkeit ab, er wendet sich ab vom Gefühl, er wendet sich ab von der Wahrnehmung, er wendet sich ab von den Gestaltungen, er wendet sich ab vom Bewußtsein. Abgewandt wird er entsüchtet. Durch die Entsüchtung wird er befreit. Im Befreiten ist die Erkenntnis: 'Befreit bin ich. Versiegt ist die Geburt, vollendet der Heilige Wandel, getan das Werk, nichts Weiteres nach diesem hier' - so erkennt er."

    Samyutta Nikaya 22.51-60


    Das sollte ausreichen. Wenn ich dem psychich leidenden Menschen das ganze einzuschärfen versuchen würde, aber genau das !, nichts anderes ist der Kern! der Buddha-Lehre, meine Güte, ich wollte auf seiner Stelle niemals landen.

    Deswegen ich betrachte solche Bücher sogar gefährlich, denn es könnte bestimmt schaden. Und das erste Gebot der Medizin --noli nocere( latein)--- ( nicht! schaden).

    LG.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Igor07:
    Man sollte, wie mir ein sehr erfahrener Buddhist einmal ausdrückte, zuerst sehr stark verwurzeletes "Ich " haben, um dann ( danach) es zu "verlieren".

    Was Lama Tilmann auf eine Publikumsfrage dazu sagt, finde ich sehr interessant. Beginnt bei ca. 1:20 min (dauert nur ein paar Minuten).


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  • Ich hatte an diesen Thread erinnert, praktisch sofort, als ich das gelesen hatte. Der Text stammt aus dem Buch :


    Zitat

    DIE HEILSLEHRE DES BUDDHA

    Eine Einführung von GEORG KRAUSKOPF, Copyright beim Verlag Beyerlein & Steinschulte


    Und auf der Fussnote man kann das lesen:



    Zitat

    [48] Welche Auswirkungen sich aus unvorbereiteter Meditation ergeben, erwähnt A. O. Schmitz in seinem beachtenswerten Buche "Psychoanalyse und Yoga": "Gesetzt, der Europäer wollte die indische Methode als seelisches Training annehmen, ist seine Seele ohne weiteres dazu fähig? Gesetzt, daß er mit einem klaren Kopf den entschiedenen Willen zur Ab- und Einkehr verbinde: Er lässt sich nieder, schließt die Augen, zieht den Willen von der Außenwelt ab, bringt das Denken zum Schweigen, gewährt dem Leib völlige Entspannung, so daß das Bewußtsein wirklich einen Augenblick geleert ist; was aber tritt nun ein?

    Jedenfalls das Gegenteil von Ruhe. Zunächst wird der Körper sich absurd gebärden, undefinierbare Druckempfindungen, Hitze- und Kältewellen und unerträgliche Juckreize hervorbringen.

    Gelingt es, dieser durch objektivierende Anschauungen einigermaßen Herr zu werden, so entsteht in einer anderen Bewußtseinsschicht, etwa ein sinnloses Triumph-Gefühl, dem dann ein völlig richtungsloses, aber logisch haarscharfes Denken, bezogen auf die gleichgültigsten Dinge, entspricht.

    Erreicht man eines Tages, auch dieses objektiv zu machen, dann entsteht meistens Schläfrigkeit, und wenn auch diese besiegt wird, dann taucht ein Chaos von Bildern auf, aus denen sich dann bei völligem Stillhalten einige geordnete Gruppen ablösen, sinnlos-sinnvolle wie Träume, nur bedeutend eindringlicher und später in der Erinnerung leichter wieder herstellbar. Diese Bilder wird der Europäer dann unfehlbar ästhetisch werten. Bei widerstandslosen Naturen besteht die Gefahr, dass sie sich zu gewohnheitsmäßigen Wachträumern oder Visionären entwickeln. In harmlosen Fällen hat der Übende einen neuen Zeitvertreib gefunden. In schweren Fällen nährt er einen Schmarotzer. Kurz, die Yogaübung, die befreien sollte, hat nur eine neue Verhaftung gebracht."

    Dass es alles absolut stimmt, dann ich hatte es sebst vor sehr langen Zeit hier im Forum geschildert, aber ich hatte genug Vor-Wissen, also die Vorsicht, um nichts in die Klapsmühle sofort zu landen.

    Die reine Meditation könnte sehr viel Unheil bereiten, man sollte im Klarem im Vorfeld sein , was man tut und welches Ziel man verfolgt.

    Ich sollte das sagen , denn ich betrachte das als keine Lösung für die "Psychologische "Problematik. Aber als die einzige Antwort auf das existenzielle Leid, als das grundlegende Problem des Daseins. Das ist absolut die andere Ebene. Klar, das ist meine Sichtweise, ach , von Nanavira ( " Notizen zu Dhamma").

    Mabli ... Bitte, nimm es nichts persönlich.

    Apropo, das ganze Buch man kann hier nachlesen: ( empfehlenswert , aber für die Anfänger).


    Die Heilslehre, Buddh. Handbibliothek 5

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Was Lama Tilmann auf eine Publikumsfrage dazu sagt, finde ich sehr interessant. Beginnt bei ca. 1:20 min (dauert nur ein paar Minuten).

    Lama Tilmann sagt, dass es Unfug sei, dass man erst ein stabiles Ich aufbauen müsse, bevor man es loslassen kann. Seine Begründung lautet, dass es sich um zwei verschiedene "Ichs" handelt. Die Psychologen meinten eigentlich Ich-Funktionen wie klare Wahrnehmung, Gedächtnis, Belastbarkeit, Geduld, Ausdauer, Entspannungsfähigkeit. Er vergleicht diese Fähigkeiten mit den Paramitas (Freigebigkeit, ethische Richtlinien, Geduld, Tatkraft, Meditation, Weisheit) im Dharma. Die Quelle dieser Fähigkeiten seien Liebe und Mitgefühl. Daher habe ein Buddha nach Lama Tilmann ein stabiles Ich im Sinne der Psychologie. Es gebe aber bei ihm keine Illusion, dass da ein Wesenskern sei, der diese Qualitäten individuell besitzt. Die Qualitäten der Buddhanatur setzt er gleich mit dem wahren Selbst. Bei Welwood findet sich ein ähnliche Argumentation:

    Zitat

    So wie spirituelle Sucher, die nur ein oberflächliches Wissen von der westlichen Psychologie haben, das therapeutische Ziel der Ichstärke oft missverstehen, so würden die meisten westlichen Psychologen die Vorstellung der Egolosigkeit als eine Einladung zur Psychose verstehen.

    Offenbar wird hier also häufig aneinander vorbei geredet. Der Begriff "Ich" bezeichnet anscheinend je nach Kontext ganz unterschiedliche Prozesse oder Dinge. Nach Welwood besteht in der westlichen Psychologe eine Hauptaufgabe des Ichs darin, dass wir überleben und geschützt sind. Es sorgt dafür, dass wir im Alltag funktionieren. Als eine Imitation des wahren Selbst (der Begriff ist eine Parallele zur Argumentation von Lama Tilmann) versucht das Ich aber auch Schwächen auszugleichen. Zum Beispiel wenn uns Stärke fehlt, um mit Schwierigkeiten klar zu kommen, versuchen wir stark zu sein, indem wir uns anspannen und eng machen.

    Zitat

    Wenn wir Ichstärke als die Fähigkeit definieren, wirksam in er Welt zu funktionieren, ohne von innerem Konflikt geschwächt zu werden, würde tatsächlich gewiss kein östlicher Lehrer daran etwas auszusetzen haben.

    Allerdings neigt die westliche Psychologie dazu, sich das Ich als eine verdinglichte feste Größe vorzustellen, die als begrenzte und getrennte Einheit existiert. Die Erfahrung, dass es da etwas gibt, das kontrolliert und funktioniert verleitet dazu anzunehmen, dass dieses Ich alles ist was wir sind.

    Welwood sieht in der buddhistischen Sicht ein Sein hinter dem Ich, das er als wahres Selbst bezeichnet und das sich erst erschließt, wenn wir den begrenzten Raum des individuellen Ich überschreiten.

    Zitat

    Wenn die westliche Psychologie das Ich vor allem als feste Struktur definiert, die auf Selbstrepräsentanzen und Prägung durch Interaktion von einem Selbst mit anderen (Objektbeziehungen) aufbaut, richtet die buddhistische Psychologie ihre Aufmerksamkeit stattdessen auf ein Ich als eine Aktivität - eine wiederkehrende Tendenz, sich selbst zu etwas Festem und Definiertem zu machen und nach allem zu greifen und es festzuhalten, was diese Identität aufrecht erhält, während alles abgelehnt wird, was sie bedroht.

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

    Einmal editiert, zuletzt von Mabli ()

  • Lama Tilmann sagt, dass es Unfug sei, dass man erst ein stabiles Ich aufbauen müsse, bevor man es loslassen kann. Seine Begründung lautet, dass es sich um zwei verschiedene "Ichs" handelt. Die Psychologen meinten eigentlich Ich-Funktionen wie klare Wahrnehmung, Gedächtnis, Belastbarkeit, Geduld, Ausdauer, Entspannungsfähigkeit.

    Ja genau. Nach Freud ist ja das "Es" der Ausdruck der Triebe, das "Über-Ich" Ausdruck verinnerlichter gesellschaftlicher Werte ( die oft eben genau in Richtung Triebverzicht geht) und das "Ich" das Realitätsprinzip - das nicht nur den Trieben sondern sogar dem Über-Ich zu relativieren im Stand ist.


    Jemand wie Buddha ist, wäre nach diesem Wortgebrauch jemand mit einem besonders starken Ich ( Realitätsprinzip) das im Stand ist allen Formen von Es oder Über Ich zu wiederstehen.


    Es handelt sich also um einen nahezu komplementären Sprachgebrauch, der zu vielen Mißverständnissen führen kann.

  • Mabli ... Bitte, nimm es nichts persönlich.

    Nein, kein Problem.

    Wenn ich dem psychich leidenden Menschen das ganze einzuschärfen versuchen würde, aber genau das !, nichts anderes ist der Kern! der Buddha-Lehre, meine Güte, ich wollte auf seiner Stelle niemals landen.

    Ich denke das ist nicht so leicht zu sagen. Auch Menschen, die an einer Psychose erkrankt sind, können von Übungen der Achtsamkeit durchaus profitieren. Ich habe mal einen schönen Film darüber gesehen: Someone beside you. In dem Film kommt übrigens auch Lama Tilman vor. Daher kannte ich ihn auch. Er leitet dort ein Retreat, an dem die Hauptperson, der Psychiater Edward Podvoll, teilnimmt, und sagt ein paar Worte dazu wie psychische Erkrankungen aus buddhistischer Sicht gesehen werden können.

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

  • (Die Arbeit an den persönlichen Mängeln, an unethischen, unheilsamen, unweisen und/oder unsinnigen Verhalten/ Charakterzügen liegt dann auf einer ganz anderen Ebene) - - -

    Allerdings glaube ich schon, dass die Egolosigkeit im buddhistischen Sinn da ans Eingemachte geht. Und wenn man daran arbeitet, die eigene Selbstbezogenheit aufzulösen, kommt man wahrscheinlich auch in Kontakt mit allen möglichen Marotten des eigenen Charakters.

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

  • Hallo Mabli -

    ein Beispiel von "psychotherapie" sozusagen habe ich mal gefunden, da taucht auch das "Selbst" auf mit dem der Buddha operiert. In meiner homepage mit dem kleinen "Nano-Index in den PK" blättere mal auf den Intro in die Sutta mit "Tissa".


    SN22.84 (aus Palikanon.com, formatiert nach meinen Lesevorlieben) Ich weiß allerdings nicht, welches Pali-Wort hier mit "Selbst" übersetzt worden ist.

    Was ich hier jedenfalls gut finde: da ist kein "Ego-crunching" zu sehen sondern sogar ein freundliches, ermutigendes "...sei heiter, Tissa. Als Berater bin ich ja da...."












    (es ist allerdings keine psychotherapie sondern eher ein Training, eine Ermunterung zu entspannterer Übung, Coaching oder so, - weiß also nicht recht ob das hier überhaupt paßt)

  • SN22.84 (aus Palikanon.com, formatiert nach meinen Lesevorlieben) Ich weiß allerdings nicht, welches Pali-Wort hier mit "Selbst" übersetzt worden ist.

    Was ich hier jedenfalls gut finde: da ist kein "Ego-crunching" zu sehen sondern sogar ein freundliches, ermutigendes "...sei heiter, Tissa. Als Berater bin ich ja da...."

    Das ist sehr gutes Buch: " "Das Nichtselbst. " von T. Scheel.


    Zitat

    Das Nichtselbst

    Die buddhistische Lehre von der Selbstüberwindung

    von Theodor Scheel

    160 Seiten, Paperback

    ISBN 3-931095-46-0




    danke zuerst. Ich denke, das "Selsbt", egal, wie das übersetzen kann, wenn man das ganze an Bezug zu Pali-Kanon "interpretiert", das sind nichts alle meine Khandha.... Aber alle meine ("") Khandha ist meine eigene Welt, denn es gibt doch keine andere. Was um Gottes willen dann bleibt, wenn ich nichts mein Körper bin, usw... Ich scherze , klar. Schaue mal, was sagt dazu Nyanatiloka :


    Zitat

    Die Tatsache, dass allen Dingen jegliche dauerhafte Essenz oder Substanz fehlt, die man eigentlich als "Selbst" bezeichnen könnte.

    Diese Lehre von anattā oder der Unpersönlichkeit besagt, daß es weder innerhalb noch außerhalb der körperlichen und geistigen Daseinserscheinungen irgend etwas gibt, das man im höchsten Sinne als eine für sich bestehende unabhängige Ich-Wesenheit oder Persönlichkeit bezeichnen könnte.

    Es ist dies die Kernlehre des ganzen Buddhismus, ohne deren Verständnis eine wirkliche Kenntnis des Buddhismus schlechterdings unmöglich ist, die einzige wirklich spezifisch buddhistische Lehre, mit der das ganze buddhistische Lehrgebäude steht und fällt. Alle anderen buddhistischen Lehren mögen mehr oder weniger auch in anderen Philosophien und Religionen anzutreffen sein, die Anattā-Lehre aber wurde in ihrer vollen Klarheit nur vom Buddha gewiesen, weshalb auch der Buddha als der anattā-vādī, der Verkünder der Unpersönlichkeit, bezeichnet wird.


    Wie kann das man für "Coaching " verwenden? So kann man den Menschen, der das nichts richtig versteht, so total umzuhauen, dann er vergisst, wie er heisst.


    Das war:


    anattā


    Ich bezweifele sehr, dass das:



    "Das Leiden gibt es, doch kein Leidender ist da. Die Taten gibt es, doch kein Täter findet sich. Erlösung gibt es, doch nicht den erlösten Mann. Den Pfad gibt es, doch keinen Wandrer sieht man da"


    Würde rein "psychotherapetisch" den Nutzen bringen. Aber eher umgekehrt. Klar, wenn man den "ursprünglichen " Buddhismus " so zusammenbastelt, ( zusammenzimmert), dass es am Ende nur der Name bleibt, dann es wäre in Ordnung, ( Ironie). Die Hauptsache, die Kohle ... aber keine "Wahrheit" in Sinne Die "Authentizität". Das steht auf dem anderen Blatt.


    LG.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Helgo:

    Aber wenn zu der Ermüdung die Selbstanklage kommt, der leidhafte Selbst-zweifel: dann kann man versuchen, dieses unrealistische "Selbst"-Bild, die "Selbst"-Vorstellung (und deren Ideale) zu thematisieren. Ist meine körperliche, seelische, geistige Formation "mein Selbst"? Kann ich mich von dieser zusätzlich Leiden-schaffenden Identifikation meiner körperlichen, seelischen oder geistigen Schwäche mit (m)einem "schlechten" Selbst emanzipieren, mich von ihnen "abwenden"?

    Das ist genau der Punkt glaube ich. Da greift ja auch die Unterscheidung von falschem und wahrem Selbst an. Wobei diese Terminologie mit wahr-falsch natürlich auch wieder in Frage gestellt werden kann. Aber das "falsche" Selbst ist eben ein - wie du sagst - unrealistisches Bild vom Selbst. Das kann ein überhöhter Anspruch an sich selbst sein, immer fit und leistungsfähig sein zu müssen oder die Vorstellung immer der Beste und Größte sein zu müssen oder anderen immer gefallen zu wollen oder sich ständig schuldig zu fühlen und selbst anzuklagen und niederzumachen. Bei Welwood klingt das so:

    Kap. 3 Ichstärke und Egolosigkeit, S.64:

    Wenn uns die wahre Stärke, um mit schwierigen Lebensumständen umzugehen, fehlt, versuchen wir stark zu sein - indem wir uns anspannen und eng machen. Wenn und wahres Vertrauen fehlt, versuchen wir ganz vorne oder ganz oben zu sein - gewaltsam und mit Druck. Wenn uns unmittelbares Wissen unseres Wertes fehlt, versuchen wir, liebenswert zu sein - indem wir Kompromisse machen oder unsere Eltern zu retten oder Leuten zu gefallen zu suchen.

    Das sind in gewissem Sinn ja alles Kompensationsversuche eines erfahrenen Mangels oder einer "Wunde" die hinter diesen Verhaltensweisen und "falschen" Auffassungen des Selbst liegt. Welwood zitiert an einer Stelle im Zusammenhang mit Psychotherapie Robert Bly, der von einem "schrecklichen Abstieg in die Wunde" spricht. Wobei die Kernwunde, an der wir alle leiden, die Trennung vom eigenen Sein sei.

    Jemand wie Buddha ist, wäre nach diesem Wortgebrauch jemand mit einem besonders starken Ich ( Realitätsprinzip) das im Stand ist allen Formen von Es oder Über Ich zu wiederstehen.

    Ich weiß nicht, ob es erstrebenswert sein kann allen Formen von Über-Ich und Es zu widerstehen. Es gibt ja auch gesunde Formen des Über-Ichs im Sinne eines gut integrierten Gewissens. Aber auf jeden Fall kann ein rigides oder nicht gut integriertes Über-Ich viel Leid erzeugen und es ist sicher nicht einfach mit einem Fingerschnipsen aufzulösen.

    und man würde das entsprechen praktizieren, dann... man bekommt bestimmt sehr schwere "dissoziative" Störung, nehme ich an.

    Man sollte, wie mir ein sehr erfahrener Buddhist einmal ausdrückte, zuerst sehr stark verwurzeletes "Ich " haben, um dann ( danach) es zu "verlieren".

    Ich würde dem Satz, dass man zuerst ein Ich aufbauen muss, um es danach zu verlieren, zustimmen. Wobei ich tatsächlich auch denke, dass das Ich, das man aufbauen und stärken muss nicht dasselbe Ich ist, das man dann zu verlieren strebt. Die Äußerungen von Lama Tilmann sind ja so zu verstehen sind, dass der Pfad des Buddha auch eine Stärkung von Ich-Funktionen bedeutet, wenn er sagt, dass der Buddha ein starkes Ich hat.

    Wenn jemand wirklich unter Dissoziationen oder Ich-Störungen leidet, sollte er womöglich nicht an einem Vipassana-Retreat teilnehmen, bei dem 14 Stunden am Tag über Vergänglichkeit meditiert wird, aber pauschal zu sagen, dass Meditation in einem solchen Fall im Allgemeinen mehr Schaden anrichtet als zu nutzen, halte ich auch für fragwürdig.

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

  • Kann ich meine Persönlichkeit einfach so ändern oder muss ich mich zehn Jahre beim Psychoanalytiker auf die Couch legen oder zehn Jahre über die Leerheit meditieren?

    ... nur eine kurze Anmerkung, weil das so abstrakt wie alternativlos scheint: man/frau kann sich auch in die "Umwelt" begeben und sich neu erfahren. Z.b. aus meinem Studium und durch eine Freundin, die dort Lehrerin war, kenne ich etwas dieses "outward bound": in einem sozialen Kontext (Gruppe) neue Erfahrungen in der Auseinandersetzung mit der natürlichen Umwelt machen, neue Stärken entwickeln oder vielleicht sogar schlummernde Talente entdecken, und tatsächlich sogar "die Persönlichkeit" entwickeln.


    Jemand die ich gut kenne, fast immer ohne Partner, ohne Kinder, hat sich getraut und macht (seit ein paar Jahren) Leihoma und entsprechende Erfahrungen und setzt sich dadurch Situationen aus, in denen "wahre" Lebensfreude entsteht - und durch das Erwecken & Üben schlummernder Talente sicherlich auch eine echte Persönlichkeitsentwicklung.


    Also, diese "Sitzen&Erkennen&Erleuchten" Sache ist a) nur *eine* Fahrtrichtung, die m.Mn.nach nur Leute unternehmen sollten, die auch eine natürliche Freude daran haben, und b) gibt es sie in so vielen Ausprägungen vor dem Buddha, nach dem Buddha und um den Buddha herum, daß man nicht bei jedem Meditationsstil Buddha drin findet, wenn auch Buddha drauf steht. Unsere "moderne Zeit" hat neben unendlich vielen unmenschlichen Dingen auch etliche Ansätze entwickelt, nach denen eine "positive" Persönlichkeitsentwicklung auch mit menschenfreundlichen Methoden, ohne brutales "Ego-Crunching" z.B. , stattfinden kann.

    (Psychoanalyse halte ich übrigens für ein weiteres ausgezeichnetes Hilfsmittel [in bestimmten Settings]. Ich füge das nur an, damit das bei meinem länglichen Kommentar zu deinem Text nicht ganz wegfällt)

    Einmal editiert, zuletzt von Helgo () aus folgendem Grund: Textverbesserung

  • Upps, bei meinem vorigen Post vielleicht ein bißchen weit vom eigentlichen Thread abgekommen. Sorry... Ggflls löschen... (man kann anscheinend nach 1/2 Std nicht mehr editieren?)

  • Ich würde dem Satz, dass man zuerst ein Ich aufbauen muss, um es danach zu verlieren, zustimmen. Wobei ich tatsächlich auch denke, dass das Ich, das man aufbauen und stärken muss nicht dasselbe Ich ist, das man dann zu verlieren strebt. Die Äußerungen von Lama Tilmann sind ja so zu verstehen sind, dass der Pfad des Buddha auch eine Stärkung von Ich-Funktionen bedeutet, wenn er sagt, dass der Buddha ein starkes Ich hat.

    Wenn jemand wirklich unter Dissoziationen oder Ich-Störungen leidet, sollte er womöglich nicht an einem Vipassana-Retreat teilnehmen, bei dem 14 Stunden am Tag über Vergänglichkeit meditiert wird, aber pauschal zu sagen, dass Meditation in einem solchen Fall im Allgemeinen mehr Schaden anrichtet als zu nutzen, halte ich auch für fragwürdig.

    Hi, Mabli .

    Das sind zwei absolut ! :!: verschiedene Ansätze. es könnte helfen, aber auch das könnte sehr schaden. Z.B, man benutzt doch MBSR-Methode , auch gegen die Depressionen, oder auch man kann das gegen die anndere Probleme erfolgreich benutzen. Im Arbor-Verlag es gibt genug davon. Aber ist kein echter, also authenticher Buddhismus, wie man Satipatthana nach Analayao oder Nyanaponika praktiziert. Dafür es gibt das bestimmte Sutta im Pali-Kanon.



    Zitat

    X. MAHᾹ-SATIPATTHᾹNA-SUTTA (Dīgha-Nikāya 22)

     

    A. EINLEITUNG

    Die «Lehrrede von den Grundlagen der Achtsamkeit» (Satipatthāna-Sutta) findet sich an zwei Stellen des Pāli-Kanons:


    1. in der «Mittleren Sammlung» (Majjhima-Nikāya) als 10. Rede,

    2. in der «Langen Sammlung» (Dīgha-Nikāya) als 22. Rede, mit dem Titel «Die große (oder größere) Lehrrede von den Grundlagen der Achtsamkeit» (Mahā-Satipatthāna-Sutta). Diese zweite Fassung unterscheidet sich von der ersten lediglich durch eine ausführliche Behandlung der Vier Heiligen Wahrheiten, eingefügt in den hierauf bezüglichen Abschnitt der «Geistobjekt-Betrachtung». Diese zweite, längere Fassung wurde für die Wiedergabe in diesem Buche gewählt, um dem Leser die Grundwahrheiten der Buddha-Lehre auch in diesem Rahmen zu bieten.



    Maha Satipatthana Sutta (D.22)



    Und das :!: ist der echte Buddhismus, keine moderne Anpasung an die Leute mit den Problemen. Das könnte auch helfen, aber besser nichts zu riskieren.

    Denn im Sutta man geht davon aus, dass man so wirklich auf eigenem Körper die wie die vier Wahrheiten, wie die drei Daseins-Merkmale zu realisieren sollte , also das wäre der "Direkte Weg", um Nibbana zu erlangen. Sehr verienfacht ausgedrückt. Die Metode gehört dem Buddha selbst. Und wenn man die totale Desindefikation mit den Khandha Schritt für Schritt durchführt, dann es ist genau das, was der ursprüngliche Buddhismus lehrt und praktiziert. Man könnte, natürlich, in die moderne Zeit, wo man aus allem Kohle macht , dieser echter Brunnen ins " Mindfulness" usw zu verwandeln. Aber das ist der Ersatz ( Surrogat), aber kein Budhhismus. Das würde nichts automatich bedeuten, dass es schlecht ist. Kommt darauf an, welches Ziel man vefolgt.

    Liebe Grüsse, und viel Erfolg auf deinem Weg! Du solltest selbst wissen, was du wolltest. Und dann die entspechende Methodiken zu benutzen.


    P.S. Ich würde sogar an allen möglichen Reatreats tielnehmen, und ich kann sehr viele Stunden "einfach sitzen". Und ich kann ohne TV, Internet, Bücher, Handy... usw... leben, um wenigstens den Geschmack davon zu kriegen. Es ist alles dort verboten. Es gibt einen britischen bekannten Schriftsteller, der so wie diese Retreats besuchte, und er wurde durch das gegen sehr schwerer Krankheit geheilt. ( die Ärtze haben ihn aufegegeben, und er suchte nach den nichts so traditionellen Wegen, im Sinne nichts weiter zu verlieren). Also, man braucht keine Verallgemenerungen zu machen, denke ich. Jedem das Seine.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • bei dem 14 Stunden am Tag über Vergänglichkeit meditiert wird,

    Mein Freund, jeden Augenblick, wie es bei den Buddha war. Genau deswegen der junge Prinz hatte alles , absolut alles, hinter sich gelassen, denn das war "Samvega", sehr tiefe Enstsetzen, Bestürzung, dass alles im Leben , absoslut, ohne Ausnahme, vergänglich, leidhaft ( unzulänglich), und ohne den inneren Kern ist. Und er konnte das nichts mehr aushalten. Das war echt und absolut authentich. Er konte sich sogar nichts mit dem eigenen Kind verabschieden. Und der Vater flehte ihn an, er sollte bleiben. Aber dann Siddhartha sagte , ok, wenn der vater sagt ihm, dass er ("") nichts altern, niemals krank werden und nichts sterben würde. Und der vater war sprachlos.

    Wer von uns würde sich so verhalten? So verstehe ich den echten Buddhismus.

    E. Conze schreibt sehr klar und prägnant dasselbe im Buch " Buddhistisches Denken". Wie Nanavira. usw... Der gewöhnliche Mensch in der modernen Leistung-Gesellschaft konsumiert alles mögliche, was mit den Buddhismus nichts zu tun hat. Sorry, so sehe ich , und ich finde es für mich sehr schade, dass ich es nichts sofort erkannt hatte.

    Gut, das was, menr ich wollte hier nichts sagen. Und klar, nichts zu beweisen oder aufzuzwingen.

    Aber nur eine Illustration am Ende. Wenn der Junge Mensch , angenommen , macht die Routine-Untersuchung, und dann der Artz sagt ihm:" Tut mir leid, Sie haben den Krebs im Endstadium. Man kann nichts mehr tun. Absolut nichts. Ich gebe es Ihnen maximal einige Monate, Sie sollten die eigene Angelehenheiten erledigen. "

    Das wäre dann das echte , ummittelbare Erlebnis , auf dem eigenen Leid, was es bedeutet, die "Vergänglichkeit" zu erfahren.

    Aber der Buddha ( als der junge Prinz, der in die Heimatlosigakeit auszog) hatte auch das absolut klare Zuversicht und Vertrauen, dass es den Ausweg gibt. Man spricht dann über Pasada. Was das alles mit der "Psychotherapie " , egal welcher zu tun hat, für mich , persönlich, nichts vorstellbar.

    Mehr nichts. :taube:

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates