An der Stelle möchte ich kurz ein paar Überlegungen zu Selbstkonzepten in der Psychoanalyse und Soziologie einfügen. Nach der Diskussion drüben in dem Thread Wahres Selbst ist mir klar geworden, dass es im Buddhismus ein Selbstkonzept gibt, das eher dem entspricht was wir heute Seele nennen würden. Das wird verneint. Das entstandene und vergängliche Selbst wird dagegen als Schein verstanden. Um das Entstehen dieses Scheinselbst zu verstehen und daran zu arbeiten, können meiner Meinung nach diese Perspektiven sehr hilfreich sein.
Quote from Wiener Kreis für Psychoanalyse und Selbspsychologie:Das Selbst ist in erster Linie ein phänomenologischer Begriff, der die emotionale Verfasstheit des Menschen meint, aus der heraus die subjektive Art und Weise, wie er sich selbst und den Anderen erlebt, organisiert wird. Das Selbsterleben entwickelt sich in den frühesten Eltern-Kind-Interaktionen aber auch lebenslang in allen wichtigen Beziehungen. Es sind die Präsenz und Verfügbarkeit der Bezugspersonen sowie deren empathisch akzeptierenden Qualitäten im wechselseitigen Austausch, die unser Selbsterleben formen.
Hier wird deutlich, dass dieses Scheinselbst nicht einfach nur eine individuelle Erscheinung ist, sondern in sozialen Beziehungen entsteht. Es besteht aus Verinnerlichung (Introjektion) von sozialen Beziehungen.
Das Selbstkonzept des Pragmatisten G.H.Mead macht den Einfluss der Gesellschaft auf das Selbst deutlich.
Quote from Selbstkonzept (Wikipedia):George Herbert Mead hat das Konzept in Anlehnung an William James ausgebaut. Mead überträgt James’ Kategorisierung des Selbst in I und Me auf das Verhältnis zwischen dem Individuum und der Gesellschaft: (a) Das Individuum erschließt sich zunächst durch Rollenübernahme die Perspektive anderer und letztlich der gesamten Gemeinschaft. Darüber entwickelt es ein Me bzw. eine Selbstwahrnehmung, die primär von gesellschaftlichen Verhaltensnormen geprägt ist. (b) Der konzeptuelle Unterschied des I liegt darin, dass es eine aktiv-schaffende Antwort des Individuums verkörpert: Es reagiert zwar ebenso auf eine durch Normen und Erwartungen konstituierte Situation, kann diese aber von sich aus verändern.
Das sind durchaus prozessuale Konzepte, die auf emotionale Zustände und soziale Interaktionen Bezug nehmen. Es handelt sich bei diesen Selbstkonzepten also nicht um essentialistische Vorstellungen, sondern das Selbst wird gewissermaßen als eine geronnene Struktur verstanden die aus Prozessen entstanden ist und - laut diesen Konzepten - zu einem gewissen Maß auch wieder verflüssigt werden kann.