Kulturelle Aneignung

  • [modmoved]

    Der Beitrag wurde als Off Topic in einen eigenen Thread verschoben. Auch der Titel kulturelle Aneignung ist von mir. Void[/modmoved]

    Aber ich möchte ja auch nicht Tibeterin werden, sondern mein Verständnis der buddhistischen Lehre erweitern, und zwar unter besonderer Berücksichtigung des im alten Tibet entstandenen Wissens über den menschlichen Geist.

    Warum rede "ICH" hier nicht von Kultureller Aneignug?


    Phänomen kulturelle Aneignung
    Buddha als Deko-Figur im Bad. Traditionelle Muster ethnischer Minderheiten in den Kollektionen von Modeketten. Indigenes Wissen um Heilpflanzen in Arzneien von…
    www.rbb-online.de


    Und warum ist das so okay, wenn ich Rapperin bin und meine, viel mit Buddha am Hut zu haben? Was gibt mir überhaupt das Recht so zu tun, als könnte ich nochmal so leben?


    Es gibt heutzutage viele Beispiele für die Frage, wo die Grenzen zwischen kulturellem Austausch und einer unethischen Aneignung oder sogar Ausbeutung verlaufen.


  • Du redest doch von kultureller Aneignung. Bzw.

    Warum rede "ICH" hier nicht von Kultureller Aneignug?

    Du redest doch von kultureller Aneignung.

    Eine Definition dieses Begriffs, die etwas mit dem Thema der vorangegangenen Diskussion zu tun hat, sucht man in deinem Beitrag allerdings vergeblich. Du machst dir nicht einmal die Mühe, meinen von dir zitierten Satz auf die von aus anderen Quellen zitierten Texte zu beziehen.

    Dagegen scheint es dir wichtig zu sein, mich als Buddha-ins-Bad-Stellerin zu diffamieren. Warum?

  • "Kulturelle Aneignung" ist immer eine Zweckentfremdung.


    Wenn Buddhismus als "Weg zur Befreiung" konzrptioniert ist, und jemand benutzt es als "Weg zur Befreiung" dann ist das keine Zweckentfremdung.


    Wenn Buddha dagegen zum Badezimmeruntensil und zur Wellnessikone wird, dann ist das eine Zweckentfremdung.


    Von daher ist das nicht vergleichbar.

  • Der Begriff der Kulturellen Aneignung ist vielschichtig und kommt natürlich erstmal aus einem Kontext, in dem angeeignete Kulturgüter oder -merkmale für ihre ursprünglichen Kulturträger zu Diskriminierung führen. Also, solange die Kleiderordnung in amerikanischen High-School das tragen von Dreadlocks verbietet (was erstmal nicht das Problem der privilegierten Schüler ist), solange muss man sich nicht wundern, wenn BIPOC (black / indigeneous people of color) es nicht cool finden, wenn eine weiße Person diese Frisur trägt (mit der wiederum eine BIPOC ggf. den Job nicht erhalten würde). Dazu braucht auch die weiße Person überhaupt nicht rassistisch zu sein, es geht da um den gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang.


    Auch wenn das konzept "Kulturelle Aneignung" schwierig ist, wenn man mal den Begriff beiseite lässt finde ich schon, dass rassistisch diskriminierte Bevölkerungsgruppen durchaus ein Recht darauf haben anzusprechen, wenn sie eine Ungleichbehandlung sehen, etwa weil Dreadlocks für Schwarze eben z.B. Einstellungshindernis sein können, und Weiße nonchalant als exotischer "style" da weniger Probleme haben.



    Nun gut, was hat das mit Buddhismus zu tun? Ich denke ein bisschen selbstbeobachtung tut da auch den westlichen Buddhisten gut, insgesamt haben wir es ja auch mit der Selbstbeobachtung, wir Buddhisten.


    Ich erinnere mich an einen Text, in dem ein Tibeter (Laier) berichtet hat, wie er von westlichen Neu-Buddhisten angegangen wurde, weil er eben keine Meditation praktiziert, etc. Ähnliche Geschichten gibt es aus dem Therāvada. Erinnere mich an einen Text von einem deutschen Buddhisten über seine Wahrnehmung der dörflichen Traditionen in Nordthailand, kurz zusammengefasst: Alles sei unbuddhistisch, die Bewohner riskierten schlechtes Karma, etc.


    Dann gibt es noch auf einer ganz anderen Ebene Probleme, die wirtschaftliche Macht liegt eben im Westen, mit dem Geld, den Spenden, hat "der Westen" natürlich ordentlich Einfluss auf "den Osten". Das kann man schon mit Aneignung (zumindest Partiell) bezeichnen.


    Es gibt da ja durchaus auch Einflüsse des Westens die ich da positiv werten würde, etwa beim Thema Frauenordination im Theravāda oder die Behandlung von Kindermönchen in Klostern. Aber das ist natürlich auch wieder eine Wertung aus meiner deutschen Perspektive, die schon wieder etwas problematisch ist. (Ergo: Besser wäre es natürlich wenn das Thema z.B. in Thailand innerhalb der buddhistischen Gesellschaft aufgearbeitet würde und Diskriminierung von Frauen schritt für schritt abgeschafft würde).

  • Ich könnte mir auch vorstellen, dass jemand meinen etwas flapsig formulierten Satz "Ich möchte nicht Tibeterin" werden zumindest im ersten Moment auf einer emotionalen Ebene als Distanzierung von der tibetischen Kultur begreift und nach dem Motto reagiert: "Aber wenn man sich mit dem tibetischen Buddhismus beschäftigt, dann sollte man auch..."

    Das wäre ein guter Startpunkt für eine Diskussion darüber, wieweit man sich auf die Kultur, aus der die Religion, über die man spricht, einlassen muss, kann und darf. Das fände ich persönlich sehr interessant.

    Ich gehe davon aus, dass ich die tibetische Kultur stets nur sehr unvollkommen werde begreifen können, dass es aber notwendig ist, zu versuchen zu verstehen, aus welchem kulturellem Kontext die Erkenntnisse und Überzeugungen stammen, mit denen ich mich befasse.

    Mit "kultureller Aneignung" hat das für mich nichts zu tun. Im Gegenteil würde es in meinen Augen eher in Richtung einer kulturellen Aneignung deuten, wenn ich meinen eingangs formulierten Satz in "Ich möchte Tibeterin werden" ändern würde. Das geht schlicht und einfach nicht - zumindest nicht in diesem Leben.

  • Ich Frage mich, ob es auch das Gegenteil "kultureller Aneignung" gibt. Also wenn z.B in Bayern die Leute statt in Kirchen Gotteshäuser zu sehen die dem Gottesdienst dienen sollen, diese primär als Ausdruck der eigenen Kultur sehen. Wo doch vielleicht ein katholisches Gotteshaus viel verwandter mit einem katholisches Geistlichen aus Afrika und Indien ist, als es etwas mit Leberkässemmel und Lederhosen zu tun hat. Die Erklärung zum Kulturgut und zum Träger der eigene Identität ist selbst eine "Aneignung".

  • von Dreadlocks verbietet (was erstmal nicht das Problem der privilegierten Schüler ist), solange muss man sich nicht wundern, wenn BIPOC (black / indigeneous people of color) es nicht cool finden,


    also ich verstehe dieses menschliche Ding überhaupt nicht.


    ist doch erstmal ein Symphatie-Zeichen......


    wenn die jeden zerstört haben, der ihnen Sympathie entgegen bringt.


    mit Buddhastatuen im Badezimmer ist es das gleiche. ist auf Buddha Statuen irgendein Copyright das der Einzelne für sich in Anspruch nehmen kann? und woher hat der Einzelne jetzt das Recht für alle Buddhisten dies einzufordern?

  • Buddhastatuen im Badezimmer, im Garten, am Klo, sind in Österreich häufiger zu beobachten, als der gekreuzigte Jesus.

    Ich persönlich bezweifle auch, dass man in den buddhistischen Ursprungsländer, das selbige beobachtet wie Hierzulande.

    Der Buddhismus wird dort eher als Religion angesehen und als Zeichen des Respekts vor dem Heiligen, stellt man sich wahrscheinlich keine Buddhastatue ins Klo.

    Von daher finde ich die „Unterstellungen“ *Buddha ins Bad-Stellerin* respektlos und konflikterzeugend. Ein bisschen aufpassen wie das Gesagte beim anderen ankommt, ist hilfreich um derartige Konflikte zu vermeiden.

  • ^^


    Jemand, der sich einfach so einen enthaupteten Buddhakopf hinstellt, stört mich nicht wirklich.

    Die Absicht scheint positiv oder unschuldig zu sein... Deko-Stuff allright?

    Es ist also ein Irrtum, dafür ist die Person sich dessen ja nicht bewusst.


    Menschen, die ohne Buddhismus meditieren, stören mich auch nicht.

    Die Absicht ist eindeutig positiv, wenn auch fehlgeleitet.


    Menschen, die buddhistische Symbole tätowieren, sind etwas unangenehmer..

    Letztendlich stören sie mich aber auch nicht wirklich. Denn ihre Absicht ist eindeutig kulturelle Aneignung, auch wenn die Absicht fehlt, anderen oder eine kulturellen Gruppe zu schaden.


    Letztendlich habe ich festgestellt, würde mich nichts davon wirklich stören.

    Aber es gibt diesen Begriff und "Ich" verwendet ihn, was komisch ist!


    Weiter stört mich bei diesem Thema.

    Einzelpersonen oder Gruppen, die eindeutig über den Buddhismus Bescheid wissen und sich dafür entscheiden, die grundlegenden Lehren des Buddhismus nach ihren persönlichen Vorlieben zu verdrehen.


    ^^


    Es ist eine koloniale Mentalität, in das Gebiet eines anderen einzudringen, sich zu nehmen, was sie wollen, und das zu verwerfen, was sie für nutzlosen, primitiven, rückständigen Aberglauben halten. (Leugnung von Karma, Wiedergeburt, Ritualen, traditionellen Praktiken.)


    ^^


    Das ist es, was mich beleidigt.

    Eine eklatante, absichtliche, vorsätzliche Bastardisierung der Religion.


    Aber eine weiße Vorstadtmutter der Oberschicht mit einem riesigen weißen Porzellan-Buddha-Kopf in ihrem Solarium, umgeben von heiterem Zen-Dekor und Feng-Tsui Pflanzenarrangements?


    Nur zu.


    Das stört mich nicht.


    Und noch dazu habe ich wichtigere Dinge, um die ich mich kümmern muss.


    ^^

  • Es ist eine koloniale Mentalität, in das Gebiet eines anderen einzudringen, sich zu nehmen, was sie wollen, und das zu verwerfen, was sie für nutzlosen, primitiven, rückständigen Aberglauben halten. (Leugnung von Karma, Wiedergeburt, Ritualen, traditionellen Praktiken.)

    Auch die Menschen nicht wertzuschätzen, die das Gewollte erarbeitet bzw. überliefert haben, und eigene Schätze nicht teilen wollen (volle Teller, Chancen, Macht, etc.)

  • Das Thema kulturelle Aneignung finde ich ein schwieriges Thema. Ich kann gar nicht sagen welche Position ich dazu genau habe. Zum Thema koloniale Mentalität fiel mir folgendes Interview aus der taz mit Geshe Pema Samten vom Tibetischen Zentrum in Hamburg ein:


    Paradoxerweise führt gerade der Einsatz von Menschen aus dem Westen für eine Emanzipation der Frauen in Tibet dazu, dass diese Frauen keine eigene Stimme mehr in der Entscheidung haben. Das fällt für mich unter koloniale Mentalität.

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

    Einmal editiert, zuletzt von Mabli ()

  • kristallklar : nur weil dich das nicht stört, heißt das ja noch lange nicht, dass es den anderen genauso geht. Nicht jeder findet das ok, wenn man Buddha im Klo oder im Bad stehen hat, quasi, beim Ausziehen und Ausscheiden.

    Und hier in der Kommunikation geht es ja darum, dass du einen anderen User in etwas presst, was nicht so ist. Magst du das vielleicht klären?

    Du redest doch von kultureller Aneignung.

    Eine Definition dieses Begriffs, die etwas mit dem Thema der vorangegangenen Diskussion zu tun hat, sucht man in deinem Beitrag allerdings vergeblich. Du machst dir nicht einmal die Mühe, meinen von dir zitierten Satz auf die von aus anderen Quellen zitierten Texte zu beziehen.

    Dagegen scheint es dir wichtig zu sein, mich als Buddha-ins-Bad-Stellerin zu diffamieren. Warum?

    Einmal editiert, zuletzt von Honin ()

  • Mich pressen auch User in ihre Vorstellung, meine Handlungen selbst zu verachten oder zu verschweigen.

    Buddhas Lehre ist das nicht und Mitgefühl, Achtung meines inneren Wesen auch nicht. Es bleibt an der Ton- Staubschicht um den Buddha.

    Die eigene Lehre wir sehr gut verstanden.

  • Mich pressen auch User in ihre Vorstellung, meine Handlungen selbst zu verachten oder zu verschweigen.

    Mag sein, leider bin ich noch nicht so lange dabei um dies beurteilen zu können.

    Aber ich hoffe du meldest es falls es dir zuviel wird.

  • Mich pressen auch User in ihre Vorstellung, meine Handlungen selbst zu verachten oder zu verschweigen.

    Mag sein, leider bin ich noch nicht so lange dabei um dies beurteilen zu können.

    Aber ich hoffe du meldest es falls es dir zuviel wird.

    User ist hier ein allgemeiner Begriff für User eben, die, die mich gebrauchen, aber nichts von mir haben wollen außer Aufgeben und Anpassen.

  • User ist hier ein allgemeiner Begriff für User eben, die, die mich gebrauchen, aber nichts von mir haben wollen außer Aufgeben und Anpassen.

    Wie geschrieben, falls dir etwas dir etwas Zuviel wird oder dir etwas zu wenig ist, im Sinne von dich wo hineinpressen, was du nicht bist und dies dann viral zu bringen, einfach melden. Es wird versucht eine Lösung zu finden.

    In Österreich sagen wir: Durch´s Reden kumman die Leit zam


    Gassho

    Einmal editiert, zuletzt von Honin ()

  • Offen gesagt verstehe ich diese Geschichte 'kulturelle Aneignung' nicht wirklich. Beim Zusammentreffen unterschiedlicher Kulturen in Zeit und Raum kommt es unweigerlich an den Peripherien (die sich idR überlappen) zu Transitionsprozessen. Eher selten ausschließlich einseitigen. Neben Austausch von materiellen Gütern (wobei die Grenze zwischen Handel und Raub selten scharf zu ziehen ist) ist da ein Austausch von Bräuchen und Sitten und schließlich auch von Ideen unvermeidlich - wobei sich letzteres (der Austausch von Ideen) natürlich erst seit ihrer schriftlichen Fixierung historisch nachweisen lässt. Nicht zuletzt findet auch ein genetischer Austausch statt. In der Archäologie sind für den Austausch von 'Bräuchen und Sitten' insbesondere Bestattungsformen und 'gemischte' (also zwei verschiedenen Kulturtraditionen, etwa La Hoguette- und Bandkeramik, angehörenden) Keramikdepots Indikatoren solcher in Europa bis ins Mesolithikum nachweisbaren kulturellen Wechselbeziehungen.


    Es ist ein besonderes Kennzeichen der Globalisierung, dass die Peripherien unterschiedlicher Kulturen zunehmend diffus werden und die wechselseitige kulturelle Durchdringung sich zunehmend intensiviert - wobei konkret auch Migrationen nach wave-of-advance-Modell eine zunehmend bedeutendere Rolle spielen.


    In diesem Kontext kann ich mich nicht des Eindrucks erwehren, dass der Diskurs zur 'kulturellen Aneignung' eigentlich unter falscher Flagge geführt wird. Dass es weniger um Respekt vor anderen Kulturen geht als um die Abgenzung von ihnen. Zur Verdeutlichung etwas provokativ formuliert: Xenophobie in der Verkleidung des Respekts.


    Zur Charakterisierung kultureller Wechselbeziehungen dienen insbesondere die bewährten Begriffe 'Akkulturation' und 'Inkulturation'. Während Inkulturation - grob gefasst - das Eindringen fremder kultureller Elemente bezeichnet (von außen nach innen gerichtet), ist Akkulturation deren wertschätzende Übernahme und Aneignung (von innen nach außen). Die Inkulturation trägt häufig den Charakter einer 'feindlichen Übernahme', selten den friedlicher Missionierung. Die Inkulturation der neuzeitlichen westlichen Kultur in anderen Kulturen, mittlerweile in Form eines entwickelten liberalen Kapitalismus, mit Mitteln des Kolonialismus und Imperialismus ist ein gutes Beispiel dafür.


    Dass Akkulturation in sehr verschiedenen Formen stattfindet, ist unvermeidlich und daran ist auch nichts schlimmes. Und dass sich diese Formen zuweilen stark von ihren Vorbildern unterscheiden, auch nicht - der Akkulturationsprozess ist notwendig eine Anpassung des übernommenen kulturellen Elements an den anderen Kontext. Insofern ist das ein aneignender, aktiv verändernder Prozess. Der zweifellos seine Blüten treibt, bis hin zu Trivia wie dem Deko-Buddha auf dem Klo. Was soll's, wenn es bei der Verdauung hilft ... Trotzdem würde ich mir, wenn mir so etwas begegnet, einen freundlichen und nicht übertrieben deutlichen Hinweis darauf erlauben, dass es da ein Kreuz an der Wand zur Erinnerung an Demut und Hingabe vielleicht auch täte ...


    Auch ich habe einen Deko-Buddhakopf im Garten stehen, ein wohlgemeintes und von Herzen kommendes Geschenk meines Bruders zum Geburtstag. Sein Anblick lässt mich jedes Mal die Verbindung mit meinem Bruder spüren - ob das nun jemand kitschig oder irgendwie kulturell übergriffig findet, ist mir schnurz. Was in meinem Garten Platz findet, geht niemanden außer mir etwas an - dafür habe ich ihn.


    Wie gesagt, ich verstehe diese etwas hysterische (so kommt sie mir jedenfalls vor) Debatte um "kulturelle Aneignung" nicht. Wenn ein Halbstarker aus Mönchengladbach sich Dreadlocks wachsen lässt (was ich persönlich etwas unappetitlich finde, aber mich nix angeht), dann drückt er damit symbolisch allem Anschein nach Anerkennung und Wertschätzung für bestimmte kulturelle Werte aus. Dass er kein gebürtiger oder wenigstens gläubiger Rastafari ist (was ja nur eine noch umfangreichere Aneignung wäre) - wen juckt's? Einen Rastafari nach meiner Einschätzung eher nicht.


    Hier wurde gestern in der Zeitung im Lokalteil allen Ernstes diskutiert, ob es okay ist, wenn die Kinder als Indianer verkleidet in den Kindergarten zum Kinderfasching kommen. Geht's noch? Klar wird da ein romantisches Märchenbild reproduziert, das die grausame Wahrheit des Genozids verdeckt - aber ist es sinnvoll, kleinen Kindern den verantwortlichen Umgang damit zuzumuten? Oder auch nur, sie in diesem Alter darüber aufzuklären?


    Für die signalisiert die Verkleidung Tapferkeit und Ehre und auch ein Stück Naturverbundenheit - Respekt vor dem naiv aufgefassten "Wilden", in dessen Rolle sie spielerisch schlüpfen. Was vielleicht ein paar Jahre später dazu führt, etwas hinter die Kulisse von 'Cowboy und Indianer' zu schauen und zu sehen, was da wirklich los war.


    Mein Lieblingsoutfit im Kinderfasching war übrigens der Chinese - Gesicht knallgelb mit Schlitzaugen geschminkt, den gelben Kegelhut mit langem, angenähten Zopf auf dem Kopf. Lyncht mich. Mir hat's nicht geschadet und auch sonst niemand. Aktuell lese ich z.B. die Arbeit des Sinologen und Ethnologen Thomas Höllmann 'China und die Seidenstraße', eine breit angelegte und faktenreiche Geschichte kulturellen Austauschs Chinas nicht nur mit dem Westen und Norden, sondern auch dem pazifischen Raum (sog. 'Seidenstraße des Meeres'). Vielleicht eine karmische Spätwirkung meiner kindlichen Respektlosigkeit ...

    OM MONEY PAYME HUNG

  • Irgendwie habe ich den Eindruck du hast meinen Text garnicht gelesen. Der Problematische Aspekt bei der Aneignung liegt garnicht in der zweierbeziehung zwischen dir und dem angeeigneten Objekt und sonder im Geflecht der gesellschaftlichen Abhängigkeiten. Sprich, du kannst mit dir im Reinen sein, aber ggf. wirst du dich Kritik von einigen aussetzen. Das sollte dich dann halt auch nicht überraschen. Wenn du mit dir im reinen bist wirst du das auch aushalten, insbesondere wenn du dich bewusst dafür entschieden hast z.B. dreadlocks zu tragen, obwohl du weißt dass es auf Kritik stoßen kann.

  • Paradoxerweise führt gerade der Einsatz von Menschen aus dem Westen für eine Emanzipation der Frauen in Tibet dazu, dass diese Frauen keine eigene Stimme mehr in der Entscheidung haben. Das fällt für mich unter koloniale Mentalität.

    Das erscheint mir doch etwas verkürzt. Was Wiederbelebung der Nonnenordination in Tibet angeht, so ist das ein besonderes Arbeitsfeld von Bhikṣuṇī Jampa Tsedroen (Dr. Carola Roloff), die bereits 1987 mit Unterstützung des Dalai Lama die erste Konferenz zu dem Thema ins Leben gerufen hat. Ihr 'The Buddhist Nuns’ Ordination in the Tibetan Canon' ist Standardwerk zu dem Thema.


    U.a. auch gerade ihre Arbeit führte im Juni letzten Jahres zur Vollordination von 144 Bhikṣuṇī in Bhutan, ein historischer Vorgang. Die Frauen kamen aus Bhutan, einige aus Nachbarländern. Dazu eine Engländerin, die allerdings schon länger in einem bhutanesischen Kloster lebte.


    Vielleicht möchtest Du Deine Bedenken ja mal mit ihr erörtern - ihre Email Adresse findet man im Link oben.

    OM MONEY PAYME HUNG

  • Da kann ich überhaupt nich mitreden, weil ich sicher anecke und mich dann mit allerlei unrealistischen Meinungen rumschlagen muss.

    Das betrifft auch das Gendern, vollkommen überflüssig, weil es so schon genug Menschen gibt, die sich auf den Schlips getreten fühlen, selbst wenn man nichts sagt, den Mund ein wenig unpassend verziehen und sei es aus Zufall reicht schon.

    Jetzt fehlten nur noch "offene Briefe" die, wie mir scheint den einzigen Zweck haben sich ins Abseits zu stellen und aus diesem Abseits Andersdenkende zu beleidigen und herabzusetzen.

  • Das erscheint mir doch etwas verkürzt.

    Natürlich ist das verkürzt und unterkomplex.

    Vielleicht möchtest Du Deine Bedenken ja mal mit ihr erörtern - ihre Email Adresse findet man im Link oben.

    Dazu fühle ich mich nicht ausreichend mit dem Thema vertraut. Ich finde es ja sehr begrüßenswert, wenn sich Menschen auf eine reflektierte Weise für Frauenrechte in Tibet einsetzen. Es gibt jedoch bestimmte Muster in der Debatte, die seit dem Beginn der Kolonialisierung bestehen und sich bis heute in das post-koloniale Zeitalter fortsetzen, die man dabei auf dem Schirm haben sollte. Spivak prägte dafür die Formel von den "weißen Männern, die braune Frauen vor braunen Männern retten".



    Dhawan: Diese politischen Positionierungen nicht rassistischer Feministinnen sind zwar bedeutsam, aber eine verantwortungsvolle Solidarität zwischen Feministinnen aus dem globalen Norden und globalen Süden verlangt nach Selbst-Reflexivität. Den Zusammenhang zwischen westlicher Politik und der Situation von Frauen in der dritten Welt muss dringend berücksichtigt werden – insbesondere dann, wenn militärische Interventionen wie der Krieg in Afghanistan von westlicher Seite immer wieder mit dem Verweis auf Geschlechtergewalt legitimiert werden.

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

  • Irgendwie habe ich den Eindruck du hast meinen Text garnicht gelesen. Der Problematische Aspekt bei der Aneignung liegt garnicht in der zweierbeziehung zwischen dir und dem angeeigneten Objekt und sonder im Geflecht der gesellschaftlichen Abhängigkeiten. Sprich, du kannst mit dir im Reinen sein, aber ggf. wirst du dich Kritik von einigen aussetzen. Das sollte dich dann halt auch nicht überraschen. Wenn du mit dir im reinen bist wirst du das auch aushalten, insbesondere wenn du dich bewusst dafür entschieden hast z.B. dreadlocks zu tragen, obwohl du weißt dass es auf Kritik stoßen kann.

    zu 100% auch meine Meinung......


    und sorry für den Eindruck. es war nicht meine Absicht.

  • Was hat das alles mit meinem von dir zitierten Beitrag zu tun? Mag ja sein, dass du nur einmal deine Gedanknen zur "absichtliche(r), vorsätzliche(r) Bastardisierung der Religion" loswerden wolltest, aber wenn du ich eingangs eines Zitats von mir bedienst, dann mach dir auch die Mühe, den inhaltlichen Bezug dazu herzustellen.

  • Paradoxerweise führt gerade der Einsatz von Menschen aus dem Westen für eine Emanzipation der Frauen in Tibet dazu, dass diese Frauen keine eigene Stimme mehr in der Entscheidung haben. Das fällt für mich unter koloniale Mentalität.

    Was meinst du damit? Ich verstehe das nicht. Kannst du bitte erklären, wie es dazu kommt, dass Frauen in Tibet durch den Einsatz von Menschen aus dem Westen ihre Stimme verlieren?


    Okay, ich habe erst später gelesen, dass die Diskussion dann noch weiter ging. Meine Frage wurde dadurch aber nicht beantwortet. Mag sein, dass Frau Spivak eine Formel geprägt hat, aber diese Formel erklärt im vorliegenden Zusammenhang gar nichts, weil die Geschehnisse und Probleme, die im Text geschildert werden, sich auf gänzlich andere Konstellationen beziehen als die, denen Frauen heutzutage in Tibet ausgesetzt sehen dürfen. Das große Problem der zeitgenössischen Tibeterinnen sind meines Wissens nicht die Westler.

    Wenn du nicht im Thema bist, wieso führst du dann die Diskussion um dier Ordination tibetischer Nonnen als Beispiel für den Verlust der eigenen Stimme an? Ich bin übrigens auch nicht im Thema. Aber das kleine bisschen Allgemeinwissen, über das ich verfüge, drängt mir die Frage auf, ob moderne tibetische Nonnen nicht ganz andere, viel existentiellere Probleme haben als die Ordination. Selbst wenn diese Hyptohese zutreffen sollte, legt sie jedoch nicht den Schluss nahe, dass die Ordination keine Bedeutung für tibetische Nonnen hat oder dass es keinen Zusammenhang zwischen wirtschaftlich-existentiellen Nöten und Notwendigkeiten, denen Nonnen traditionell ausgesetzt waren, der Ordination, gesellschaftlicher Anerkennung von Nonnenklöstern und darauf basierend den materiellen Lebensbedingungen von Nonnen, die wiederum den Rahmen ihrer spirituellen Praxis definier(t)en usw.

    2 Mal editiert, zuletzt von Yoshikind ()

  • Wenn du nicht im Thema bist, wieso führst du dann die Diskussion um die Ordination tibetischer Nonnen als Beispiel für den Verlust der eigenen Stimme an?

    Ich habe mich auf die Aussage von Geshe Pema Samten bezogen, dass die Diskussion über Nonnenordination und die Gleichberechtigung in Tibet, die von außen kommt, in der Sache nicht viel nützt.

    Nun habe ich - wie ich ja schon gesagt habe - selbst keinen blassen Schimmer von der gesellschaftlichen Situation in Tibet und lediglich diese Aussage assoziert mit der kolonialen Mentalität, um die es in der Diskussion ging. Wahrscheinlich ist meine nicht-wissende Einmischung in diese Diskussion nicht weniger Zeugnis einer kolonialen Mentalität.


    Zum Thema der kulturellen Aneignung habe ich noch einen schönen Artikel in der jungle world entdeckt, mit dem ich mich sehr gut identifizieren kann.


    Zitat

    Wer sich auf die Debatte über kulturelle Aneignung einlässt, wird geistig nicht unbeschadet daraus hervorgehen. Sie nötigt, auf Platitüden mit Platitüden zu reagieren – und kritische Energie in Endlosdiskussionen zu vergeuden, zu Fragen, die man vor wenigen Jahren noch als infantil oder scherzhaft aufgefasst hätte. Doch drängt die Aneignungskritik unter progressiver Flagge jeden Einspruch in die Defensive und zur Rechtfertigung, ihn nicht rassistisch oder prokolonial zu meinen. Doch wer sich rechtfertigt, so weiß man, der hat schon verloren.


    Über den vernünftigen Kern der Aneignungskritik redet kaum mehr jemand: der Kritik von kulturalisierender Aneignung als Romantisierung der Kultur Diskriminierter und von kultureller Enteignung als Definitions- und Vermarktungsmacht über diese Kulturen.

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte