Welche Lehrrede (n) ?

  • Der Buddha hat sinngemäß gesagt: nehmt meine Worte nicht an aus Glauben oder Respekt vor mir, sondern überprüft sie als wenn ihr Gold kaufen würdet.

    In welcher Lehrrede genau steht das geschrieben oder gibt es diese sogar mehrfach im Palikanon :?:

  • Hendrik

    Hat das Thema freigeschaltet.
  • Herzlichbwillkommen, A.N.!


    Rede an die Kalamer


    Anguttara Nikaya 3 (62-66)


    Ein Ausschnitt nach

    https://buddhastiftung.org/kalama-sutta/ :



    Liebe Grüße, Aravind.

  • Hallo Aravind -


    das Kalama-sutta ist mir auch gleich eingefallen.

    Allerdings erinnere ich mich an einen Vortrag, der den Blick bei dieser Sutra auf einen etwas anderen Aspekt verlegt:

    - (Leute:) Lieber Asket Gotama, hier kommen soviele Gurus/Weise/etc, jeder hat seine eigene Botschaft, die widersprechen sich: wie soll man sich da eigentlich auskennen? Welche wäre es wert?

    - (Buddha:) Liebe Leute, wenn sie sagen: das ist halt Tradition - dann laßt euch nicht überreden.

    (und weiter, wie du zitierst):

    > Geht, Kalamer,

    > - nicht nach Hörensagen,

    > - nicht nach Überlieferungen,

    > - nicht nach Tagesmeinungen,

    > - nicht nach der Autorität heiliger Schriften,

    > - nicht nach bloßen Vernunftsgründen und logischen Schlüssen,

    > - nicht nach erdachten Theorien und bevorzugten Meinungen,

    > - nicht nach dem Eindruck persönlicher Vorzüge,

    > - nicht nach der Autorität eines Meisters!

    >

    > Wenn ihr aber, Kalamer, selber erkennt:

    > - Diese Dinge sind unheilsam, sind verwerflich, werden von Verständigen getadelt,

    > - und, wenn ausgeführt und unternommen, führen sie zu Unheil und Leiden‘,

    > dann o Kalamer, möget ihr sie aufgeben.“


    Ich finde, der Buddha sagt hier etwas allgemeines, über das allgemeine Umgehen mit den vielen sprituellen Angeboten der Guru(?) / Sramana Bewegung (der Buddha hatte ja selbst vor seiner Erwachung schon bei zwei -sogar gut reputierten, woviel ich weiß- Meistern/Sramanas "studiert", und war aber trotz seines sehr tiefen Eindringens bei der Praxis noch unzufrieden geblieben und hat weiter gesucht.)


    Ein Satz mit dem "... überprüft meine Lehre als wenn ihr Gold kaufen würdet" ist nach meinem Gefühl etwas anderes, und ich würde auch gerne wissen, ob - und wenn, dann: wo? - das so gesagt worden ist? Hier wäre das dann eher die Ermahnung (die auch an anderer Stelle, z.B. in DN 16 in etwa auftaucht): [bezüglich meiner Lehre:] strengt euch an! Prüft sie [praktisch und] genau!


    Aber vielleicht ist die Originalfrage ja doch mit deinem (Arivind) Zitat beantwortet - dann ziehe ich meinen Einwurf gerne zurück :)

  • Ich möchte mir erlauben, die - völlig richtige - Antwort mit dem Hinweis zu ergänzen, dass dieses Sutta einen ebenso wichtigen zweiten Teil hat. Da zeigt Buddha den Kalamern einen 'säkularen', also nicht weltanschaulich (allerdings ethisch) gebundenen Weg auf, den Unterschied zwischen 'heilsam' und 'unheilsam' zu erkennen, ohne sich dabei nur auf das Beispiel 'verständiger Menschen' zu verlassen - wo man ja manchmal durchaus in Zweifel kommen kann.


    Es ist dies jedenfalls die Übung der 'vier Unermesslichen', auch unter der Bezeichnung 'vier Verweilungszustände Brahmas' bekannt. Diese Übung ist ein wundervoller Einstieg in die Geistesschulung, weil sie neben Konzentration und Achtsamkeit auch eine (heilsame) ethische Grundhaltung vermittelt.

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  • Ein Satz mit dem "... überprüft meine Lehre als wenn ihr Gold kaufen würdet" ist nach meinem Gefühl etwas anderes, und ich würde auch gerne wissen, ob - und wenn, dann: wo? - das so gesagt worden ist?

    ich fand das im Berzin-Archiv und da wird es auch ohne Quelle einfach behauptet - als Zitat !!.


    Die vier Grundsätze zum Prüfen einer buddhistischen Lehre
    Vier Arten zu untersuchen, ob etwas Sinn ergibt oder nicht.
    studybuddhism.com


    Das Zitat findet sich - auch ohne Quellenangabe - noch bei Matthias Ennenbach und diversen Business-Coaches.

    :zen:

  • und diversen Business-Coaches.

    ... deren Kundschaft zur Metapher "Gold kaufen" womöglich eher eine Beziehung herstellen kann als beispielsweise ich. Ich habe so selten Gelegenheit dazu.

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  • ... deren Kundschaft zur Metapher "Gold kaufen" womöglich eher eine Beziehung herstellen kann als beispielsweise ich. Ich habe so selten Gelegenheit dazu.

    Yes. Dasselbe skeptische Gefühl habe ich auch. Brahmanen & Kaufleute waren sicherlich deutlich sichtbar in der Sangha (und wahrscheinlich auch die besten Rezitierer wegen der intensiven Geistes-/Erinnerungsschulung in ihrer Schul-/Erziehungsphase) - z.B. Wolfgang Schumann schreibt über die (geschätzte) Sozialstruktur im Orden, woher ich das auch habe.

    Aber ich kann mir kaum vorstellen, daß der Buddha, der auch zu den anderen Mönchen & Laien spricht, also auch Kastenlose und "Unberührbare" darunter, im allgemeinen den Wert seiner Lehre irgendwie mit Goldkäufen vergleicht - aber wer weiß, vielleicht doch einmal in einem Diskurs, wo nur Brahmanen dabei waren, oder der König Pasenadi - womöglich mit Hofstaat und seinen Eminenzen, who knows.


    Eine Google-suche mit 'site:http://www.palikanon.com "gold kaufen"' sollte solch eine Stelle eigentlich finden; aber nix. Beim Dr. Berzin taucht das auf der deutschen Seite auf, aber immerhin nicht auf der englischen (und die ist aber wohl sein Hauptquelltext von dem er die deutschen und anderen Seiten ableitet) Vielleicht kann ich oder jemand anders ihn mal per email erreichen & fragen ...

  • Vielleicht kann ich oder jemand anders ihn mal per email erreichen & fragen

    Nun ja - ich will ja jetzt nicht maliziös sein, aber ich habe auch mit der Lokalisierung dieser 'vier Prinzipien in Je Tsongkhapas Lamrim Chenmo so meine Probleme (ich verwende die vom 'Lamrim Chenmo Translation Project' im Auftrag des 'Tibetan Buddhist Learning Center erstellte und 2000 bei Snow Lion veröffentlichte Übersetzung, wo sich übrigens das 'Goldzitat', wenn ich meinen Recherchekünsten vertrauen mag, auch nicht findet. Wenn es hier keiner weiss, kann man bei der Gelegenheit vielleicht mal nachfragen.


    Nicht, dass mich selbst das hinreichend umtreiben würde, bei Herrn Berzin - ein zweifellos zu recht hochgeachteter Philologe und Praktizierender (mW in der Gelug-Tradition) selbst anzufragen. Das ist für mich ein Randgebiet, ein Blick über den Tellerrand. Und da reicht mir eine verlässliche und für mich verständliche Übersetzung, lesen und das Gelesene verstehen kann ich selbst. Trotzdem: wenn jemand eine etwas präzisere Quellenangabe hätte, wäre ich ihm für die Verständnishilfe dankbar.


    Wenn ich etwa in Kapitel III ('Wie man den Dharma hört und darlegt') nachschlage, finde ich da folgende Vorschläge:

    1. die Wohltaten des Hörens der Lehre kontemplieren und

    2. Verehrung für die Lehre und den Unterweisenden entwickeln

    3. zum einen die 'drei Fehler des Gefäßes' aufgeben und sich zum anderen auf die 'sechs Ideen' stützen.


    Die 'drei Fehler' wiederum werden behoben durch "zuhören mit dem Wunsch, alles zu verstehen, konzentriert [einspitzig] zu verbleiben, aufmerksam, mit fokussiertem Geist und mit vollständiger Sammlung [composure]."


    Der Vollständigkeit halber - die 'sechs Ideen' sind in psychologischer Hinsicht auch nicht alle ganz unproblematisch:

    1. denke von dir als einem Kranken

    2. denke von dem Unterweisenden als einem Arzt

    3. denke von den Erklärungen des Unterweisenden als einer Medizin

    4. denke von der ernsten Übung als Weg, deine Krankheit zu heilen

    5. denke von den Tathagathas als hervorragenden Wesen

    6. wünsche, dass die Lehre lange andauern wird.


    Ich will das gar nicht weiter kommentieren oder gar schlecht reden - aber es scheint mir hier doch ein stark religiös geprägter Weg der Übertragung des Dharma konzipiert zu sein, der stark auf Glaubensbereitschaft und intensiver Indoktrination basiert. Damit implizit auch auf einer hierarchischen Sangha-Struktur. Jedenfalls - mit der den Kalamern empfohlenen kritischen Prüfung oder den von Berzin aufgeführten "vier Grundsätzen zum Prüfen einer buddhistischen Lehre" hat das nach meinem Eindruck nicht viel zu tun. Vielleicht hapert's bei mir ja auch nur am "Wunsch, alles zu verstehen". Oder es liegt am Lehrer - zu dem Je Tsongkhapa im nächsten, dem 4. Kapitel kommt. Lassen wir es mal dabei, auch da ist das mit dem kritischen Prüfen bekanntlich so eine Sache.

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  • Hallo, ich erhielt eine Antwort von Dr. Berzin. Es ist nichts persönliches drin und ich glaube, ich darf das hier veröffentlichen:


    > Thank you for your query. If you look carefully, you will find the

    > quote in all language versions of the article you cite in German from

    > our website.

    >

    > The quote appears with some slight variants in 12 texts in the

    > Tengyur (6 sutra commentaries and 6 anuttarayogatantra commentaries):

    >

    > 1. Ye-shes snying-po kun-las btus-pa (Derge Tengyur vol. 97, 27B)

    > 2. Ye-shes snying-po kun-las btus-pa zhes-bya-ba’i bshad-sbyar (Derge vol. 97, 35A)

    > 3. De kho-na-nyid bcu-pa’i rgya-cher ‘grel-ba (Derge vol. 51, 177A)

    > 4. mDo kun-las btus-pa’i bshad-pa rin-po-che snang-ba’i rgyan (Derge vol. 110, 333A)

    > 5. Rigs-pa’i thigs-pa’i phyogs snga-ma mdor bsdus-pa (Derge vol. 189, 93A)

    > 6. Dug-lnga sbas-pa’I lam-mchog-tu gsang-ba bsam-gyis mi-khab-pa (Derge vol. 53, 130B)

    > 7. dPal gsang-ba ‘dus-pa rgyud-kyi rgyal-po’i bshad-pa zla-ba ‘od-zer (Derge vol. 41, 197B)

    > 8. dPal gsang-ba ‘dus-pa’i rgyan (Derge vol. 40, 11A)

    > 9. dPal gshin rje’i dgra nag-po’i rgyud-kyi rgyal-po chen-po’i dka’-‘grel rin-po-che’i sgron-ma (Derge vol. 46, 134B)

    > 10. gShin rje’i dgra nag-po’i rgyud-kyi rgyal-po mngon-par mthong-ba lam-gyi sgron-ma zhes-bya-ba’I rgya-cher bshad-pa (Derge vol. 46, 173B)

    > 11. dPal mkha-‘gro rGya-mtsho rnal-‘byor-ma’I rgyud-kyi rgyal-po chen-po’I ‘grel-pa glu-gzings (Derge vol. 20, 12B)

    > 12. rDo-rje theg-pa’i rtsa-ba’I ltung-ba’I rgya-cher bshad-pa (Derge vol. 53, 207A)

    >> “Monks and the learned should accept my words not out of respect, but

    > after examining (them) as with gold that is burned, cut and rubbed”

    >

    > None of these texts give the sutra source of the quote.

    >

    > The exact verse does not appear in any of the texts translated

    > into Tibetan and found in the Kangyur.

    > There is a similar quote, however, in The Regal Tantra of Glorious Mahabala

    > (dPal stobs-po-che’s rgyud-kyi rgyal-po, Skt. Srimahabalatantraraja) (Derge Kangyur, vol. 79, 216B):

    >

    > “The learned should accept my words after examining (them) as with

    > gold that is burned, cut and rubbed, and not engage (with them) by

    > means of admiration or anything else.”

    >

    > It is certainly not a fake Buddhist quote.

    >

    > Best wishes,

    > Alexander Berzin

    >

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    My mail has been:

    Einmal editiert, zuletzt von Helgo () aus folgendem Grund: Mein Anschreiben an Dr. Berzin eingefügt

  • Ich bin noch nicht ganz schlüssig, wie ich mit der Antwort von Dr. Berzin umgehen will.

    Ich habe einige Stellen gefunden, wo die notwendige Sorgfältigkeit bei der Anstrengung auf dem 8-Pfad mit "Gold" - allerdings unter dem Thema "Handwerken mit dem Gold" - bebildert wird. Es gibt dazu einige; ein Beispiel AN III:

    Zitat

    Anguttara Nikaya III.93-103

    (...)

    Es kommt jedoch die Zeit, wo der Goldschmied oder Goldschmiedegehilfe jenes Gold [nochmals] schmilzt, zusammenschmilzt, es gründlich einschmilzt. Dann ist jenes Gold geschmolzen, zusammengeschmolzen, gründlich eingeschmolzen; [seine Mängel] sind nun beseitigt, die Schlacken ausgeschieden, es ist geschmeidig und formbar, glänzend, nicht spröde und gut zur Verarbeitung geeignet. Welche Schmuckstücke auch immer man daraus herzustellen wünscht, sei es ein Stirnband, Ohrringe, Halsschmuck oder eine goldene Kette, diesen Zweck wird es erfüllen.


    Ebenso nun auch, ihr Mönche, gibt es für den die hohe Geistigkeit pflegenden Mönch grobe Unreinheiten, wie den schlechten Wandel in Werken, Worten und Gedanken. Diese gibt der gedankenvolle, edelgeartete Mönch auf, entfernt sie, beseitigt sie, bringt sie zum Schwinden.

    Bei einem Zitat oder auch nur Paraphrase solch einer Stelle hätte ich sicher nicht so unwillkürlich gestutzt; aber eine deutsche Übersetzung/Paraphrasierung aus der englischen des gleichen Inhalts (welche hierbei ebenso das handwerkliche Gründlichkeitsideal als Meßlatte nimmt) mit dem Berufsbild des "Kaufens" scheint mir unzulässig daneben.

    Insofern ist es vielleicht eine "Buddhist quote" - aber sicher kein "Buddha-Zitat" /"Buddha-Wort".

    Aus einem kleinen Zoom-Gespräch gestern mit jemand aus der tibetischen Tradition entnehme ich immerhin, daß die Frage nach Zitaten dort etwas anders/großzügiger gesehen wird... May it be...


    Ich möchte hier keine große Sache draus machen, aber wenigstens einmal den Betreiber der "fakebuddhaquote"-webseite fragen, wie *er* das sieht. Gebe dann nochmal Bescheid.


    Für den universitären Seminarbetrieb, in dem ich unterrichtet habe, wäre eine solche Paraphrasierung einer direkten oder indirekten Quelle jedenfalls inakzeptabel, bei aller Kulanz gegenüber üblichen Ungewißheiten in historischen Texten.

    Einmal editiert, zuletzt von Helgo ()

  • Nun ja - für mich ist Dr. Berzins Antwort, dass es um ein in der tibetischen (Kangyur-) Überlieferung tradiertes (und wohl auch paraphrasiertes) Sutrentitat handelt, dessen Quelle jedoch verloren ist, schlüssig. Evt. könnte die Frühbuddhimus-Forschung da näheren Aufschluss gebebn - der chinesische Tripitaka enthält ja, anders als der in dieser Beziehung recht sparsame Kangyur, die kompletten Agamas des nördlichen Kanon (entsprechend Nikayas des Palikanon). Ich selbst bin in dem Bereich nicht sonderlich firm.


    Wobei ich den Schluss, dass hier eine andere Zielgruppe ins Auge gefasst ist als im Kalamer-Sutta, schon nachvollziehen kann. Woraus sich jedoch keine schlüssige Antwort hinsichtlich Anciennität herleiten lässt. Die Sutten des Palikanon legen nahe, dass schon zu Zeiten Buddha Shakyamunis eine (womöglich gar gezielte) Konversion von Eliten zur Alimentierung der Bhikkus betrieben wurde - beispielhaft seien hier der wohlhabende Kaufmann Anāthapiṇḍika und Bimbisara, König der damals bedeutendsten Stadt Nordindiens (Magadha), genannt. Bei solchen Ansprechpartnern machen solche Metaphern Sinn.

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