Erläuterung des Erleuchtungsgeistes

  • 1.Ich verneige mich vor den glorreichen Unzerstörbaren,

    die den Erleuchtungsgeist verkörpern,

    und werde hier die Entwicklung des Erleuchtungsgeistes

    erklären, der samsarischer Existenz ein Ende setzt.

    2.Die Buddhas gehen davon aus, dass der Erleuchtungsgeist

    nicht von den konzeptionellen Vorstellungen

    eines „Selbst“, der „Aggregate“ und dergleichen behindert wird

    und stets das Merkmal der Leerheit hat.

    3.Mit einem von Mitgefühl benetztem Geist

    solltet ihr euch bemühen, den Erleuchtungsgeist zu entwickeln.

    Die Buddhas, die das Mitgefühl verkörpern,

    entwickeln ihn immerzu.

    4.Untersucht ihr mittels der Logik gründlich

    das Selbst, das die Tirthikas postulieren,

    werdet ihr es in den Aggregaten

    an keiner Stelle irgendwo finden.

    5.Die Aggregate existieren, doch sind sie nicht beständig,

    auch haben sie nicht das Wesen eines Selbst.

    Etwas Beständiges und Unbeständiges existieren

    nicht als Grundlage bzw. als das darauf Beruhende.

    6.Wenn das sogenannte „Selbst“ nicht existiert,

    wie kann der sogenannte „Handelnde“ beständig sein?

    Nur wenn etwas, das Eigenschaften hat, existiert,

    vermag man, dessen Eigenschaften in der Welt zu untersuchen.

    7.Da etwas Beständiges weder aufeinanderfolgend

    noch gleichzeitig wirksam ist,

    kann ein solch beständiges Ding

    weder innen noch außen existieren.

    8.Hätte es [inhärentes] Potenzial, wie könnte es abhängig sein?

    Es brächte [alle] Dinge auf einmal hervor.

    Was von anderen Dingen abhängig ist,

    ist weder beständig noch hat es [inhärentes] Potenzial.

    9.Ist etwas ein wirksames Ding, so ist es nicht beständig,

    denn wirksame Dinge bestehen immer nur für einen Augenblick.

    Darum wird in Hinsicht auf unbeständige Dinge

    auch nicht verneint, dass sie etwas hervorbringen.

    10.Diese Welt, die frei vom Selbst und dergleichen ist,

    wird überwältigt von der Wahrnehmung der Aggregate,

    der Elemente und Sinnesquellen, des Objekts und des Subjekts.

    Sie wird überwältigt von der Wahrnehmung.

    11.Die [Buddhas], die danach streben, [den Lebewesen] zu nutzen,

    lehrten darum die Shravakas

    die fünf Aggregate – Form, Empfindung, Unterscheidung,

    gestaltende Faktoren und Bewusstsein.

    12.Die Besten der Menschen lehrten stets auch:

    „Formen erscheinen wie eine Masse von Schaum

    Empfindungen ähneln Blasen im Wasser

    unterscheidende Wahrnehmungen sind wie Luftspiegelungen.

    13.Gestaltende Faktoren ähneln dem [kernlosen] Holz des Bananenbaumes,

    Bewusstsein ist wie eine magische Illusion.“

    So lehrten [die Buddhas] die Bodhisattvas

    über die Aggregate.

    14.Das, was die Natur der vier großen Elemente hat,

    wird deutlich als das Aggregat der Form erklärt.

    Die Übrigen gelten somit

    unweigerlich als formlos.

    15.Dadurch sind Augen, sichtbare Formen und dergleichen,

    die als die achtzehn Komponenten beschrieben werden,

    auch als die [zwölf] Sinnesquellen

    sowie als Objekte und Subjekte zu verstehen.

    16.Weder die Atome der Form noch die Sinneskräfte existieren.

    Eine Sinneskraft, die etwas hervorbringt, existiert keineswegs.

    Das Erzeugende und das Erzeugte

    sind ungeeignet für wahre Erzeugung.

    17.Die Atome der Form bewirken keine Sinneswahrnehmung,

    denn sie liegen jenseits des Sinnesvermögens.

    [Nimmt man an, die Atome] erzeugen sie durch ihr Zusammenkommen,

    so wird auch [ein solches Erzeugen durch] Anhäufung nicht akzeptiert.

    18.Durch das Aufteilen in räumliche Dimensionen

    sieht man, dass selbst das Atom Bestandteile hat.

    Wie könnte etwas, das hinsichtlich seiner Teile

    untersucht werden kann, als [unteilbares] Atom gelten?

    19.In Hinblick auf ein einziges äußeres Objekt

    entstehen verschiedene Wahrnehmungen.

    Eine Form, die einige schön finden,

    mag für andere etwas anderes sein.

    20.In Hinblick auf denselben weiblichen Körper

    gibt es drei verschiedene Sichtweisen:

    für einen Asketen ist er „eine Leiche“, für einen Liebhaber

    „begehrenswert“ und für einen wilden Hund „Futter“.

    21.„Es ist die Gleichartigkeit des Objekts, die wirksam ist.“

    – [Doch] ist das nicht so, als erleide man Schaden im Traum?

    Zwischen dem Traum und dem Wachzustand gibt es

    bezüglich der Wirksamkeit der Dinge keinen Unterschied.

    22.In Hinblick auf Objekte und Subjekte,

    was immer dem Bewusstsein erscheint,

    gibt es nirgendwo ein äußeres Objekt,

    das getrennt vom Bewusstsein existiert.

    23.Die völlige Nichtexistenz äußerer Objekte

    ist also die Wesensart der Dinge.

    Die Erscheinungen für das jeweilige Bewusstsein

    treten als Erscheinungen von Formen auf.

    24.So wie eine Person mit verwirrtem Geist

    magische Illusionen, optische Täuschungen,

    Städte von Gandharva-Geistern und dergleichen sieht,

    so werden auch Formen und so weiter wahrgenommen:

    25.Um das Festhalten am Selbst zu überwinden,

    wurden die Aggregate, Elemente und so weiter gelehrt.

    Indem sie bei der Nur-Geist[-Lehrmeinung] verbleiben

    geben die vom Glück Begünstigten sogar diese [Lehre] auf.

    26.Für jene, die die [Nur-]Geist[-Lehrmeinung] verkünden,

    existiert die Vielfalt der Dinge [nur] als Bewusstsein.

    Was ist die Natur dieses Bewusstseins?

    Eben dies werde ich nun erklären.

    27.„All dies ist nur der Geist.“

    Der Fähige Buddha lehrte dies,

    um kindischen Wesen die Angst zu nehmen.

    Er [schilderte damit jedoch] nicht die Wirklichkeit.

    28.Das Zugeschriebene, das Bedingte

    und das Vollständige:

    Ihre Essenz ist einzig die der Leerheit,

    ihre Wesensart wird vom Bewusstsein erstellt.

    29.Jene, die dem universellen Fahrzeug zugetan sind,

    lehrte der Buddha in wenigen Worten,

    dass Phänomene gleich sind in ihrem Nicht-Selbst

    und dass der Geist von Anbeginn nichts Erzeugtes ist.

    30.Die Yogacharins sagen:

    Ein reiner Geist — erwirkt durch Kontrolle über den eigenen Geist

    und völlige Veränderung seines Zustands —

    ist die Sphäre des eigenen selbst-erkennenden Gewahrseins.

    31.Das Vergangene existiert nicht mehr,

    was in der Zukunft liegt, ist noch nicht erreicht;

    wie soll etwas in der Gegenwart existieren,

    wenn seine Grundlage sich völlig ändert, während es verweilt?

    32.So, wie es ist, erscheint es nicht,

    und wie es erscheint, so ist es nicht.

    Die Wesensart des Bewusstseins ist das Nicht-Selbst;

    das Bewusstsein hat keine andere Grundlage.

    33.In der Nähe eines Magneten

    bewegt Eisen sich rasch nach vorn.

    Auch wenn es keinen Geist hat,

    scheint es so, als besäße es einen.

    34.Ähnlich ist das grundlegende achte Bewusstsein:

    Es scheint wirklich zu sein, ist es jedoch nicht.

    Es bewegt sich vor und zurück

    und hält so fest an samsarischer Existenz.

    35.So wie das Meer und die Bäume sich bewegen,

    auch wenn sie keinen Geist haben,

    so bewegt sich das grundlegende achte Bewusstsein

    in Abhängigkeit vom Körper.

    36.Bedenkt ihr, dass es

    ohne Körper kein Bewusstsein gibt –

    so sagt doch: Was ist die Wahrnehmung dieses

    sich selbst-erkennenden Gewahrseins?

    37.Beschreibt ihr es als selbst-erkennendes Gewahrsein,

    so erklärt ihr es zu einem Ding.

    Sagt ihr: „Es ist dies“,

    beschreibt ihr es als „unvermögend“.

    38.Um selbst Gewissheit zu erlangen

    und anderen Gewissheit zu verschaffen,

    gehen die Gelehrten stets

    auf fehlerlose Weise vor.

    39.Ein Bewusstsein erkennt ein Erkenntnisobjekt;

    ohne Erkenntnisobjekt gibt es kein Bewusstsein.

    Warum also akzeptiert ihr nicht, dass weder

    das Betrachtende noch das Betrachtete existieren?

    40.Der Geist ist ein bloßer Name;

    anders als ein Name existiert er nicht.

    Betrachtet das Bewusstsein als bloßen Namen;

    auch der Name existiert nicht durch seine eigene Natur.

    41.Weder innen noch außen

    noch irgendwo dazwischen

    haben die Siegreichen Buddhas den Geist gefunden;

    der Geist hat also die Natur einer Illusion.

    42.Die Unterteilung in Farbe und Form,

    in Objekt und Subjekt

    oder in Mann, Frau, Zwitter und dergleichen

    – der Geist verweilt nicht in solchen Wesensarten.

    43.Kurzum: Die Buddhas haben [einen solchen Geist]

    nie gesehen, noch werden sie ihn jemals sehen.

    Wie könnten sie etwas, das nicht durch seine eigene Natur existiert,

    als etwas wahrnehmen, das durch seine eigene Natur existiert?

    44.Ein „wirksames Ding“ ist ein begriffliches Konzept.

    Die Abwesenheit von begrifflichen Konzepten ist die Leerheit.

    Wie könnte es die Leerheit dort geben,

    wo begriffliche Konzepte erscheinen?

    45.Die Tathagatas betrachten den Geist nicht unter dem Aspekt

    von Wahrnehmbarem und Wahrnehmendem.

    Wo sich Wahrnehmbares und Wahrnehmender befinden,

    da gibt es keine Erleuchtung.

    46.Frei von Merkmalen, frei von Entstehen,

    frei von substanzieller Wirklichkeit und jenseits von Sprache —

    Raum, Bodhicitta und Erleuchtung

    haben die Merkmale der Nicht-Dualität.

    47.Buddhas — die großartigen Wesen,

    die im Herzen der Erleuchtung verweilen —

    und all jene, die von Zuneigung erfüllt sind,

    wissen zu allen Zeiten, dass Leerheit so wie Raum ist.

    48.Darum meditiert stets über die Leerheit,

    die die Grundlage aller Phänomene ist.

    Sie ist friedvoll, einer Illusion ähnlich, ohne Basis

    und das, was samsarischer Existenz ein Ende setzt.

  • 49.Sie wird als „nicht erzeugt“,

    Leerheit“ oder „Nicht­-Selbst“ bezeichnet.

    Wer über eine Leerheit geringerer Art meditiert,

    der meditiert nicht über sie.

    50.Begriffliche Konzepte von Tugend und Untugend

    haben die Merkmale des Zerfalls

    Die Buddhas sprachen von ihrer Leerheit.

    Eine Leerheit, anders als diese, wird nicht erwägt.

    51.Das Verweilen des Geistes ohne ein Objekt

    hat das Merkmal von Raum.

    Sie gehen also davon aus, dass die Meditation

    über die Leerheit eine Meditation über den Raum ist.

    52.Der Löwenruf der Leerheit

    verschreckt all jene, die Behauptungen aufstellen.

    Wo immer sich diese befinden,

    da wird auch die Leerheit sein.

    53.Für jene, für die sich der Geist von Augenblick

    zu Augenblick verändert, kann er nicht beständig sein.

    Ist der Geist unbeständig, wie könnte er

    im Widerspruch zur Leerheit stehen?

    54.Kurz gesagt: Gehen die Buddhas davon aus,

    dass der Geist unbeständig ist,

    wie könnten sie dann nicht davon ausgehen,

    dass er leer [von inhärenter Existenz] ist?

    55.Von Anbeginn an hat der Geist

    nie eine eigene Natur gehabt.

    Es wird nicht behauptet, dass etwas, das durch

    seine eigene Natur existiert, ohne eigene Natur sei.

    56.Bringt man dies zum Ausdruck, wendet man sich

    davon ab, dass der Geist der Sitz des Selbst ist.

    Es ist nicht die Eigenschaft der Dinge,

    sich jenseits ihrer eigenen Natur zu befinden.

    57.So, wie Süße die Natur der Melasse

    und Hitze die des Feuers ist,

    so halten wir die Leerheit

    für die Natur aller Phänomene.

    58.Spricht man von Leerheit als die Natur [der Phänomene],

    vertritt man damit keineswegs eine Form des Nihilismus,

    ebenso wie man auch nicht

    eine Form der Verdinglichung vertritt.

    59.Beginnend mit Unwissenheit bis hin zu Altern und Tod

    betrachten wir alle Vorgänge, die aus

    den zwölf Gliedern abhängigen Entstehens hervorgehen,

    als ähnlich einem Traum oder einer Illusion.

    60.Dieses Rad der zwölf Glieder des abhängigen Entstehens

    rollt den Pfad samsarischer Existenz entlang.

    Außerhalb dessen können die fühlenden Wesen

    nicht die Wirkungen ihrer Handlungen erfahren.

    61.So wie in Abhängigkeit eines Spiegels

    das Abbild eines Gesichts erscheint.

    Das Gesicht hat sich nicht in den Spiegel begeben,

    doch ohne es gäbe es nicht sein Abbild.

    62.Auf ähnliche Weise treten die Aggregate in ein neues Leben ein,

    und die Weisen sind sich stets gewiss,

    dass jemand weder in einer anderen Existenz geboren

    noch in eine solche Existenz überführt wird.

    63.Kurzum: Aus leeren Phänomenen

    gehen leere Phänomene hervor.

    Handelnder, Handlungen, Wirkungen und jene, die sie erleben –

    diese lehrten die Siegreichen Buddhas als konventionell existent.

    64.So, wie der Klang einer Trommel oder ein Keimling

    aus einer Ansammlung [von Ursachen] entsteht,

    so akzeptieren wir die äußere Welt des abhängigen Entstehens

    als ähnlich einem Traum oder einer Illusion.

    65.Dass Phänomene aus Ursachen entstehen,

    kann niemals zum Widerspruch werden.

    Da eine Ursache leer von einer [inhärenten] Ursache ist,

    erkennen wir, dass sie ohne [inhärentes] Entstehen ist.

    66.Das nicht[-inhärente] Entstehen der Phänomene

    wird deutlich als ihre Leerheit erklärt.

    Kurzum: Die fünf Aggregate werden

    als „alle Phänomene“ beschrieben.

    67.Wird die Realität erklärt, so wie sie ist,

    wird das Konventionelle nicht untergraben.

    Getrennt vom Konventionellen

    ist die Realität nicht zu finden.

    68.Das Konventionelle wird als Leerheit beschrieben;

    die Leerheit selbst ist das Konventionelle.

    Das eine kommt nicht ohne das andere vor,

    ähnlich dem Erschaffenen und dem Unbeständigen.

    69.Das Konventionelle entsteht aus Verblendungen und Karma.

    Karma hat seinen Ursprung im Geist.

    Der Geist bildet sich durch Prägungen.

    Frei von Prägungen zu sein, ist der Zustand des Glücks.

    70.Ein glücklicher Geist ist friedvoll.

    Ein friedvoller Geist ist nicht verwirrt.

    Ohne Verwirrung zu sein, heißt, die Realität zu erkennen.

    Durch die Erkenntnis der Realität, erlangt man Befreiung.

    71.Es wird als Soheit, Grenze der Wirklichkeit,

    Merkmalslosigkeit, letztendliche [Wahrheit],

    höchster Erleuchtungsgeist

    und auch als Leerheit beschrieben.

    72.Diejenigen, die die Leerheit nicht kennen,

    sind kein Gefäß für die Befreiung.

    Diese Verwirrten kreisen im Gefängnis

    der sechs samsarischen Formen der Existenz.

    73.Wenn die Yogis über

    diese Leerheit meditiert haben,

    entsteht in ihnen zweifellos ein Geist,

    dem das Wohl der anderen am Herzen liegt:

    74.„Jenen fühlenden Wesen gegenüber,

    die mir als meine Eltern, Verwandte

    und Freunde einst Hilfe erwiesen,

    werde ich mich für das,

    was sie taten, erkenntlich zeigen.“

  • 75.„Es ist angebracht, dass ich den fühlenden Wesen,

    die im Gefängnis samsarischer Existenz vom Feuer

    der Verblendungen gequält werden,

    [jetzt] Glück schenke, so wie ich ihnen [einst] Leid antat.“

    76.Die Ergebnisse, welche in Form von glücklicher oder elender

    weltlicher Existenz erwünscht bzw. unerwünscht sind,

    entstehen dadurch, dass den fühlenden Wesen

    Nutzen erwiesen oder geschadet wird.

    77.Da der unübertreffliche Zustand der Buddhaschaft

    in Anlehnung an fühlende Wesen erreicht wird,

    was ist dann so erstaunlich daran, dass es

    in Hinsicht auf menschliche und göttliche Vergnügen,

    78.an denen sich Brahma, Indra, Rudra

    und die Beschützer der Welt erfreuen,

    in den drei weltlichen Bereichen nichts gibt, das nicht allein dadurch

    zustande gekommen ist, dass den fühlenden Wesen Nutzen erwiesen wurde?

    79.Die vielen Formen des Leidens,

    die die Wesen in den Höllenbereichen,

    als Tier und als Hungergeister erleben,

    entstehen daraus, dass anderen geschadet wurde.

    80.Hunger, Durst und die Leiden

    des gegenseitigen Angriffs und der Unterdrückung,

    welche schwer zu vermeiden und endlos sind,

    resultieren davon, fühlenden Wesen zu schaden.

    81.[So wie es auf der einen Seite] die Buddhaschaft, Bodhicitta

    oder Geburt in einem glücklichen Bereich und

    [auf der anderen Seite] Geburt in einem der elenden Bereiche gibt, so solltet ihr wissen,

    dass [die Handlungen] fühlender Wesen auf zweifache Weise heranreifen.

    82.Unterstützt [andere] mit allen Mitteln und

    beschützt sie wie euren eigenen Körper.

    Desinteresse an den fühlenden Wesen

    ist sorgfältig zu vermeiden wie Gift.

    83.Erlangten die Shravakas nicht aufgrund

    ihrer Zurückhaltung die geringere Erleuchtung?

    Die vollkommene Erleuchtung eines Buddhas wird erlangt,

    indem fühlende Wesen in keinster Weise aufgegeben werden.

    84.Wie könnten jene, die die Folgen hilfreicher

    und nicht-hilfreicher Taten erwägen,

    auch nur für einen Augenblick

    darin verweilen, am eigenen Wohlergehen zu hängen?

    85.Tief verwurzelt aufgrund von Mitgefühl

    und aus dem Keimling des Erleuchtungsgeistes entstanden

    ist das Erwachen, welches das Ergebnis des Bestrebens nach dem Wohlergehen anderer ist

    — es wird von den Nachkommen der Buddhas praktiziert.

    86.Wenn sie mittels der Meditation darin gefestigt sind,

    lassen sie — in Sorge über das Leiden der anderen —

    vom Glückszustand der meditativen Konzentration ab und

    begeben sich sogar in den schonungslosen Höllenbereich.

    87.Dies ist wunderbar, es ist lobenswert,

    es ist die herausragende Vorgehensweise erhabener Wesen.

    Dass sie ihren Körper und ihre Reichtümer

    hergeben, ist nicht überraschend.

    88.Jene, die die Leerheit der Phänomene verstehen und

    [doch] das Gesetz von Karma und seinen Ergebnissen befolgen,

    sind wunderbarer als wunderbar und

    erstaunlicher als erstaunlich!

    89.Jene, die den Wunsch hegen, fühlende Wesen zu schützen, werden

    — auch wenn sie im Morast der samsarischen Existenz wiedergeboren werden —

    von den dort auftretenden Makeln nicht beeinträchtigt,

    ähnlich den Blütenblättern eines Lotus, der in [schlammigem] Wasser wächst.

    90.Obwohl die Nachkommen der Siegreichen Buddhas wie Samantabhadra

    das Brennholz der Verblendungen mit dem Feuer

    der ursprünglichen Weisheit verbrannt haben,

    sind sie doch vom Mitgefühl benetzt.

    91.Durch die Kraft des Mitgefühls stellen sie

    das Verlassen [des reinen Bereichs] dar sowie

    Geburt, Vergnügung, den Verzicht auf Königtum,

    Askese, das große Erwachen, den Sieg über Maras,

    92.das Drehen des Dharma-Rades,

    Eintritt in das Reich aller Gottheiten und

    auch die Darstellung

    des Eingangs in Nirvana.

    93.Erscheinend in der Gestalt von Brahma, Indra, Vishnu,

    des zornvollen Rudra und anderen mehr

    vollführen sie mit Handlungen, die umherwandernde Wesen bändigen,

    den Tanz, der von der Natur des Mitgefühls ist.

    94.Um denen, die des Pfades samsarischer Existenz überdrüssig sind,

    Erleichterung zu verschaffen, wurden zwei Weisheiten gelehrt,

    die [indirekt] zum Großen Fahrzeug führen,

    [doch] diese sind nicht letztendlich.

    95.Solange sie sich nicht von den Buddhas [zum Eintritt in das Große Fahrzeug]

    inspiriert fühlen, verweilen die Shravakas

    in einem körperlichen Zustand von Weisheit,

    überwältigt von dem Rausch meditativer Versenkung.

    96.Doch fühlen sie sich inspiriert, wenden sie sich

    in verschiedenen Formen dem Wohl der Lebewesen zu,

    und haben sie Verdienst und Weisheit angesammelt,

    erlangen sie die Erleuchtung eines Buddha.

    97.Da es die Prägungen der zwei [Hindernisse] gibt,

    werden die Prägungen als Samen beschrieben.

    Kommen diese Samen mit den [entsprechenden] Bedingungen zusammen,

    wird der Keimling samsarischer Existenz erzeugt.

    98.ie von den Beschützern der Welt gelehrten [Pfade],

    die der Denkweise der fühlenden Wesen entsprechen,

    sind aufgrund der zahlreichen [von den Buddhas dargestellten] Methoden

    äußerst unterschiedlich [für die verschiedenen Wesen] in der Welt.

    99.[Die Lehren] sind in tiefgründig und weitreichend unterteilt;

    einige haben beide Merkmale.

    Obwohl sie unterschiedlich dargestellt werden,

    unterscheiden sie sich nicht darin, dass sie leer und nicht-dualistisch sind.

    100.Die Allwissenden lehrten, dass die Kräfte

    des Erinnerungsvermögen, sowie die [Bodhisattva­-]Ebenen

    und die Vollkommenheiten eines Buddhas

    Aspekte des Erleuchtungsgeistes sind.

    101.Hinsichtlich jener, die mit Körper, Sprache und Geist

    stets zum Wohl der Lebewesen wirken,

    und sich für Erörterungen über die Leerheit einsetzen,

    ist es unbestritten, dass sie keine Nihilisten sind.

    102.Großartige Wesen verweilen

    weder im Daseinskreislauf noch im Nirvana.

    Darum lehrten die Buddhas

    hier das Nirvana des Nicht­-Verweilens.

    103.Der einzigartige Geschmack des Mitgefühls ist das Verdienst;

    der Geschmack der Leerheit ist der Höchste.

    Jene, die [dies] zu ihrem und zum Wohl anderer zu sich nehmen,

    sind Nachkommen der Buddhas.

    104.Verneigt euch vor ihnen mit eurem ganzen Wesen.

    Sie sind in den drei samsarischen Existenzen stets der Ehrerbietung würdig.

    Diese Wegweisenden der Welt

    verweilen als Vertreter der Buddhas.

    105.Es wird erklärt, dass der Erleuchtungsgeist

    im universellen Fahrzeug das Höchste ist.

    Durch die Tatkraft des meditativen Gleichgewichts

    entwickle den Erleuchtungsgeist.

    106.Es gibt keine andere Methode auf der Welt,

    um das eigene Wohl und das der anderen zu verwirklichen.

    Abgesehen von dem Erleuchtungsgeist

    sahen die Buddhas bislang keine solche Methode.

    107.Würde die Anhäufung von Verdienst, die allein

    durch das Erzeugen des Erleuchtungsgeist erlangt wird,

    Form annehmen, würde sie mehr

    als den gesamten Himmelsraum ausfüllen.

    108.Wer auch nur für einen Augenblick

    über den Erleuchtungsgeist meditiert,

    erzeugt eine Anhäufung von Verdienst,

    die nicht einmal die Buddhas ermessen können.

    109.Ein kostbarer Geist, frei von Verblendungen,

    dies ist ein höchst einzigartiges Juwel,

    das von Räubern, wie dem Mara der Verblendungen,

    weder beschädigt noch entwendet werden kann.

    110.So unerschütterlich, wie die Bestrebungen der Buddhas

    und Bodhisattvas hinsichtlich des Daseinskreislaufs sind,

    so sollte der Entschluss jener sein,

    die sich dem Erleuchtungsgeist widmen.

    111.Voller Hochachtung bemüht euch,

    so wie es erklärt wurde,

    sodass ihr daraufhin selbst

    Samantabhadras Taten realisiert.

    112.Durch den unvergleichlichen Verdienst, den ich dadurch erlangte,

    dass ich den von den erhabenen Buddhas gerühmten Erleuchtungsgeist pries,

    mögen alle fühlenden Wesen, die in den stürmischen Wellen des Ozeans der samsarischen

    Existenz versinken, den Pfad gehen, den der Höchste der Menschen lehrte.


    Verfasst von Nagarjuna

  • Nun - es handelt sich jedenfalls um das Bodhicittavivaraṇa (dessen Zuschreibung zu Nāgārjuna übrigens umstritten ist). Aber das wusstest Du ja schon, Bosluk , Dir geht es wohl um die Übersetzung ...


    Dazu der Hinweis, dass solch ein Komplettzitat (zumal ohne Quellenangabe) möglicherweise einen (unbeabsichtigten) Copyright-Verstoß darstellt.

    OM MONEY PAYME HUNG

  • Nun - es handelt sich jedenfalls um das Bodhicittavivaraṇa (dessen Zuschreibung zu Nāgārjuna übrigens umstritten ist). Aber das wusstest Du ja schon, Bosluk , Dir geht es wohl um die Übersetzung ...

    Danke! Nein, das kannte ich noch gar nicht. Erst durch eurer Gespräch in einem anderen Thread bin ich auf das Diamantsutra gestoßen (und musste feststellen, dass die Vorurteile auf Basis einiger Theravadamönche gegenüber Mahayana-Schriften völlig unbegründet sind). Seitdem artet mein Literaturverzeichnis aus, das erstmal geordnet werden muss.