Praxis bei Menschen mit psychischen Handicaps

  • Hallo liebe Forenten,


    in diesem Thread soll es um die Frage gehen, wie psychische Handicaps sich auf Meditations- und Achtsamkeitspraxis auswirken.


    Es ist, ja so, dass alle Tipps und Anleitungen zur Praxis eigentlich für "normale", geistig "gesunde" Menschen geschrieben sind. Jedenfalls soweit ich weiß. Wobei natürlich generell kein Mensch wie der andere ist. Aber ich denke, es wäre eine gute Idee, wenn es mehr Austausch über das eigene Erleben, also die Wahrnehmungsbrille geben würde, um eventuell die eigene Praxis an die jeweils eigenen Bedürfnisse hin zu optimieren. Wobei ich auch psychisch gesunde dazu einladen möchte, über ihre Wahrnehmungsweisen zu reden.


    Ich möchte dabei weniger Augenmerk auf die Krankheitsbilder an sich legen, sondern eher den Fokus auf die spezifischen Wahrnehmungen der Umwelt, des Erlebens und der Art und Weise wie Gedankenflüsse ablaufen. So haben manche Menschen eher so was wie Hyperfokussierung, also können sich relativ lange Zeit auf eine Sache konzentrieren. Dann sind sie vielleicht weniger achtsam. Anderen gelingt es vielleicht sehr gut, achtsam zu sein und ihnen mangelt es stattdessen an Konzentration. Manchen gelingt vielleicht auch Beides nicht richtig. Sie können sowohl ihre Konzentration, als auch ihre Achtsamkeit nicht richtig steuern.


    Wie geht es Euch mit Konzentration, Achtsamkeit? Könnt ihr es - in gewissem Rahmen - steuern? Reißt euch womöglich oft der Gedankenfluss ab? Worauf legt ihr bei euren Übungen den Fokus?

    "Setz dich, Freund und trink einen Tee."

  • Hendrik

    Hat das Thema freigeschaltet.
  • nuk

    Hat den Titel des Themas von „Psychisch krank, Konzentration Meditation und Achtsamkeit“ zu „Praxis bei Menschen mit psychischen Handicaps“ geändert.
  • Hallo, lieber nuk .


    das ist kein einfaches, aber sicher für viele sehr interessantes Thema!

    Schon oft habe ich mich gefragt, ob Buddhismus nicht eher etwas für Gesunde ist, weil bereits das Sitzen für körperlich Gehandicapte zum Problem werden kann, gar nicht zu reden von den u.U. psychisch destabilisierenden Meditationen für Menschen mit psychischen Erkrankungen.


    Andererseits sind dies ja oft gerade diejenigen, die aufgrund ihres "Dukkhas" Zuflucht suchen und eine Befreiung ersehnen.

    Ich kam vor 5,5 Jahren, ausgerechnet im Anschluss an eine Psychotherapie (gen. Angststörung, somatoforme Schmerzstörung), mit der Buddha-Lehre in Kontakt.

    Meditationen waren mir anfangs nicht möglich, weil Unruhe, Angst und Konzentration auf schmerzende Körperbereiche dominierten. Ich musste erstmal lernen, ruhiges Sitzen für ganz kurze Zeit überhaupt auszuhalten....

    Habe zunächst viele Vorträge angehört, Buddhismus-Bücher gelesen, versucht, im Alltag Achtsamkeit zu entwickeln und mich auf die Einhaltung der Sila konzentriert. Immer, wenn es meine Verfassung zuließ, habe ich anschließend die Anapanasati - Meditation geübt.

    Langsam wurde ich ruhiger und konnte auch immer öfter "auf dem Atem" bleiben. Geführte Metta-Meditationen fallen mir dennoch leichter und sind sehr heilsam.

    Vipassana-Meditation fordert mich noch sehr heraus....Aber ich will "dranbleiben"! ;)

    Wirklich liegt alle Wahrheit und alle Weisheit

    zuletzt in der Anschauung. (Arthur Schopenhauer)


    Oh wünsche nichts vorbei und wünsche nichts zurück!

    Nur ruhiges Gefühl der Gegenwart ist Glück. (Friedrich Rückert)

  • Vielen Dank Anna Panna-Sati


    für deinen kleinen Einblick in deine Krankheitsgeschichte und den Umgang damit bei deiner Dharma-Praxis.


    Wie du schon anmerktest, gibt es ja nicht nur rein psychische Handicaps, sondern oft auch somatische Einschränkungen bei vielen Menschen. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es nicht unbedingt nötig ist, Meditation im Sitzen auf dem Kissen auszuüben. Es gibt ja Stehmeditation, und im Liegen funktioniert sie auch hinreichend. Viele scheinen aber unbedingt dem Ideal auf Biegen und Brechen hinterherzurennen. Vielleicht ist es dem Perfektionismus in unseren Breiten geschuldet. Irgendwie scheint es tief in unserer Kultur verankert zu sein, ständig nach "höher, schneller, weiter" zu streben - wenn auch unbewusst.


    Nun ein wenig zu mir selbst:

    Ich habe erhebliche Mühe, meine Konzentration aufrecht zu halten, bin meistens unruhig und nervös. Vor allem im Umgang mit Menschen. Oft reißen bei mir auch die Gedanken ab und ich verfalle in so was wie Gedankenverlorenheit. Auf dem Kissen machte sich das früher oft bemerkbar. Ich kam einfach nicht in den Modus von Ruhe und Gelassenheit. Ich versuchte es am Anfang mit Zählen meiner Atemzüge. Aber das artete bei mir immer in starkem Zwingen der Gedanken aus. Es war immer eine Pein und machte mich am Ende noch unruhiger. Viel besser funktioniert bei mir das das Lauschen in den eigenen Körper und den Fokus auf eine korrekte Sitzhaltung zu legen. Ich kann gut sowohl einzelne Regionen in meinem Körper beobachten als auch mich selbst als gesamtes Ganzes. Einmal so zur inneren Ruhe gekommen fällt es mir viel leichter das sogenannte "einfach-nur-Sitzen" zu genießen, als Sōtō Zenni. Dabei achte ich allerdings darauf, dass ich nicht ins Träumen abgleite.

    "Setz dich, Freund und trink einen Tee."

  • Vielen Dank, nuk ,


    Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es nicht unbedingt nötig ist, Meditation im Sitzen auf dem Kissen auszuüben. Es gibt ja Stehmeditation, und im Liegen funktioniert sie auch hinreichend. Viele scheinen aber unbedingt dem Ideal auf Biegen und Brechen hinterherzurennen

    Da kann ich dir nur beipflichten, ich meditiere auch auf einem Stuhl, weil Schneider- oder gar Lotussitz gesundheitliche Probleme hervorrufen....

    Man liest und hört allerdings immer, dass die richtige Art zu sitzen soooooo wichtig sei für die Meditation (auch hier im Forum gibt es einen ausführlichen Austausch zu dem Thema), in den buddhistischen Zentren sitzen die meisten auf den Kissen und man mag ja als "Herdentier" ungern der "Außenseiter" sein, empfindet vielleicht sogar einen gewissen "Gruppenzwang"...

    Ich habe erhebliche Mühe, meine Konzentration aufrecht zu halten, bin meistens unruhig und nervös. Vor allem im Umgang mit Menschen. Oft reißen bei mir auch die Gedanken ab und ich verfalle in so was wie Gedankenverlorenheit. Auf dem Kissen machte sich das früher oft bemerkbar. Ich kam einfach nicht in den Modus von Ruhe und Gelassenheit. Ich versuchte es am Anfang mit Zählen meiner Atemzüge. Aber das artete bei mir immer in starkem Zwingen der Gedanken aus

    Danke für die präzise Beschreibung der Situation auf dem Kissen- so habe ich es auch erlebt! Das Zählen der Atemzüge wurde zum Zwang, loslassen gelang nicht mehr.....Erst, wenn man einigermaßen ruhig ist, kann man sich überhaupt richtig konzentrieren, deswegen ist mir (fast) alles recht, um zur Ruhe zu kommen (auch -vorher- Musik hören, Mantras singen, ...)...

    Viel besser funktioniert bei mir das das Lauschen in den eigenen Körper und den Fokus auf eine korrekte Sitzhaltung zu legen. Ich kann gut sowohl einzelne Regionen in meinem Körper beobachten als auch mich selbst als gesamtes Ganzes.

    Prima, dass du für dich die richtige Methode gefunden hast!

    Als "Soto Zenni" brauchst du dich wenigstens nicht um sogenannte "Vertiefungen" zu kümmern, die es im Theravada auch noch zu erreichen gibt, sondern kannst "einfach nur sitzen". ;)


    Bin gespannt, ob sich noch weitere Forumsmitglieder äußern - fällt vielen bestimmt schwer...


    Liebe Grüße, Anna :heart: :) _()_

    Wirklich liegt alle Wahrheit und alle Weisheit

    zuletzt in der Anschauung. (Arthur Schopenhauer)


    Oh wünsche nichts vorbei und wünsche nichts zurück!

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  • Übrigens habe ich festgestellt,


    dass es mir bei körperlichen Schmerzen oft hilft, wenn ich mich bewusst auf den Schmerz konzentriere. Also ich versuche dann, den Schmerz so intensiv wie möglich zu erspüren. Oft löst sich dann das Schmerzgefühl von selbst auf.

    "Setz dich, Freund und trink einen Tee."

  • Bei mir sind wohl ein paar „psychische“ Störungen.

    Neurologische sind endogene Polyneuropathien. Weiß nicht mehr, wann das angefangen hat, zu lange her. Ärzte und Medikamente sind immer Verschlimmerungen, auch lange Jahre Erfahrungen. Meditation war und ist mein Heilmittel. Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott. Nicht Arzt oder Priester, Psychologe, Psychiater, Neurologe.

    Andere Schmerzen werden abgeklärt, wollen die Klärenden an meine Polyneuropathie gibt es eins auf die Finger.

    Bis auf dieses „Handicap“ bin ich körperlich dem Alter gemäß gesund.

    Psychisch liegt wohl so was wie Asperger vor, mit begründeter und unbegründeter Angst vor Menschen, vor mehr als 10 Personen gleichzeitig bin ich einfach blöde. Wenn mich Einzelne bedrängen, gehe ich weg, mache nie wieder einen Versuch, mit denen auszukommen, heißt, die müssen das wollen.


    Neuropathien und Asperger machen einen Irren Typen aus mir, find ich inzwischen gut diese Einmaligkeit.


    Ich hab über 3000 Freunde, die mir helfen, mit den mir direkt Begegnenden fertig zu werden. Ich meine Autoren von Büchern und Schriften, die zu mir sprechen. Alles Fachleute, Philosophen, Wissenschaftler, Vorteil man kann sie ins Regal stellen, wenn sie nerven, die sprechen mich nicht unaufgefordert an.


    Aber Gott behütet mich davor mir lange einzubilden etwas, auch nur ein wenig zu wissen, denn es gibt immer andere, die es anders wissen, nicht unbedingt besser, wie meine Mutter mir oft sagte.

    Einmal editiert, zuletzt von Noreply ()

  • Haben denn nicht sehr viele Menschen mittlerweile Probleme? Es wird medial gesagt, es wären die Kinder und Jugendlichen. Das mag stimmen, das nimmt man ernst. Dies kam jetzt als Thema durch die Corona Zeit bzw. deren Folgen.

    Allgemein in der Gesellschaft ist es nach wie vor ein Thema, was man ungern angreift, als ob es das nicht gäbe.

    Ich sah vor kurzem eine Sendung, wo ein sehr depressiver Mensch sich mit Meditation aus dieser Problematik rausholen konnte, er ist heute buddhistischer Mönch und seit Jahren.

    Das ist nicht immer so einfach.

    Ellviral hat es bereits geschrieben, nach längeren Suchen fand er heraus, welche Dinge nicht hilfreich sind und hat sein Leben ganz gut im Griff mit dem Weg, denn er danach ging.

    Am Ende einer Suche, wenn man den achtsam ist reduziert sich Hilfe auf das was er geschrieben hat, nämlich sich selbst.