Die Gelassenheit und die Ignoranz des Buddhismus

  • Wenn wir uns von dieser Identifikation freimachen, haben wir grundsätzlich weniger Probleme, weil wir keine Angriffsfläche bieten weder für andere noch für uns selbst.


    Wer kann uns noch beleidigen, wenn wir uns nicht mehr verteidigen müssen, weil wir schwul, schwarz, dick oder dünn sind, dumm oder hochbegabt sind ... ?

    wenn es nur so einfach getan, wie gesagt wäre....

    denn alles, was entsteht, ist wert, dass es zugrunde geht, drum besser wär's, dass nichts entstünde.


    (Goethes Faust)

  • Der Buddha sagt für alles Körperliche und Geistige gilt der Wirklichkeit gemäß "das bin ich nicht, das gehört mir nicht, das ist nicht mein Selbst". Das Ich existiert nicht aus sich selbst heraus ...

    Damit verneint der Buddha, unsere gewöhnliche, alltägliche, unreflektierte Auffassung von unserem Ich an die wir stark gewöhnt sind.


    Mit dieser Verneinung sagt Buddha aber nicht, dass es kein Ich gibt. Es gibt kein Ich, dass aus sich selbst heraus existiert, aufgrund eines innewohnenden Wesenskerns. Es gibt aber ein Ich. Buddha Sakyamuni hat dieses Wort ja auf sich selbst angewandt. Dieses Ich existiert aber nur als abhängige Benennung; in Abhängigkeit von den fünf Skandhas sprechen wir von einem Ich, fassen wir ein Ich auf.

    Wenn ich nicht Körper/Geist bin, dann ist es nur ein Glaube das zu sein, ein Gefühl, eine Vorstellung, eine Gestaltung. Erwachen bedeutet, darüber vollkommen bewusst zu sein. Würdest du dem zustimmen?

  • Wenn ich nicht Körper/Geist bin, dann ist es nur ein Glaube das zu sein, ein Gefühl, eine Vorstellung, eine Gestaltung

    Lieber mukti, wenn ich darf. Im Grunde genommen geht es hier um die bloße konventionelle Benennung, also die Bezeichnung. Ich zitiere sehr kurz eine sehr klare Stelle aus Milindapanha:


    Zitat

    Ganz richtig, o König, hast du erkannt, was ein Wagen ist. Gerade so aber auch, o König, entsteht in Abhängigkeit von Kopfhaaren, Körperhaaren, Zähnen, Nägeln usw. die Benennung, die Bezeichnung, der Begriff, die landläufige Ausdrucksweise, das bloße Wort <Nāgasena>. Im höchsten Sinne aber ist da eine Persönlichkeit nicht vorzufinden.

    Auch die Nonne Vajirā, o König, hat in Gegenwart des Erhabenen gesagt: <Gerade wie man infolge des Zusammentreffens einzelner Bestandteile das Wort "Wagen" gebraucht, ebenso auch gebraucht man, wenn die fünf Daseinsgruppen (khandha) da sind, die konventionelle Bezeichnung "Wesen">."

    Quote
    (Dieser Text findet sich im S.5.10, dort spricht allerdings die Nonne Vajirā zu Māra, nicht zum Buddha)


    Fett markiert ist von mir. Alles Gute! :taube: _()_ :)


    Unpersönlichkeit

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

    Edited once, last by Igor07 ().

  • Wenn wir uns von dieser Identifikation freimachen, haben wir grundsätzlich weniger Probleme, weil wir keine Angriffsfläche bieten weder für andere noch für uns selbst.


    Wer kann uns noch beleidigen, wenn wir uns nicht mehr verteidigen müssen, weil wir schwul, schwarz, dick oder dünn sind, dumm oder hochbegabt sind ... ?

    wenn es nur so einfach getan, wie gesagt wäre....

    Es ist aber leichter als man DENKT. Was sind schon Gedanken? Die hindern schlimmstenfalls am Handeln.


    Wenn Du nicht sofort beginnst, sobald Du das verstanden hast, wird sich nichts ändern. Alles beginnt mit dem ersten Schritt. Es ist ja kein Wettkampf, es geht um Deine Freiheit, sonst nichts. Keiner muss, jeder kann.


    _()_

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Es ist auch eine Bezeichnung, aber ist es nicht noch mehr als das? Es setzt ja nicht das Erwachen ein, indem man die Bezeichnung weglässt, einen Namen oder das Wort "Ich". "ich bin Körper/Geist", das ist auch nicht nur ein Gedanke. Man mag denken dass man das nicht ist, aber das löscht die existentielle Ich-Erfahrung nicht aus, die Triebe und Anhaftung. Es beginnt mit der Analyse und dem Verstehen und wird erst zu einer Erfahrung der Wirklichkeit wenn der achtfache Pfad erfolgreich beendet ist, soweit ich das sehe.

  • Es ist auch eine Bezeichnung, aber ist es nicht noch mehr als das?

    mukti, ohne diese Bezeichnung wären wir nicht imstande, hier zu kommunizieren. Ich denke, es kommt darauf an, wie man den Begriff "Erwachen" definieren sollte.
    Einen kleinen Scherz (oder nicht?) würde ich mir nicht verkneifen, so sagt dazu Fred von Allmen:


    Zitat

    Erwachen in einem buddhistischen Sinn bedeutet, mehr und mehr zu verstehen, wie unser Geist funktioniert. Das ist kein Flash, sondern ein kontinuierliches Erkennen und ein Verstehenlernen, wie wir uns das eigene Leiden selber erschaffen. Das geschieht innerhalb von dicht verwobenen Gewohnheiten, und die lassen sich nicht abstellen, bloss weil wir sie erkennen.


    Der Buddha nach dem Erwachen war bestimmt nicht der Buddha vor dem Tod. Er hatte mehr dazugelernt, so meine bescheidene Meinung.

    Er sollte doch normal weiter funktionieren, also sprechen und kommunizieren. Als der Massen-Suizid passierte (nur als Beispiel) wegen der Leichenbetrachtungen, geriet er sogar in Bedrängnis und musste die Methode abändern. Leider war ich nicht dabei, um das Ganze zu überprüfen. _()_ :taube: :)

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    Sokrates

  • Danke erneut für die vielen verschiedenen Ansätze, wobei es bleibt trotz allem ein komplexes Thema, das zeigt sich auch an Euren Antworten.


    Es ist schwer für mich, wie gesagt für meinen Geist hoch komplex.


    Was Tim in den letzten Tagen aber endgültig zu verstehen beginnt ist, dass diese destruktive Haltung den Menschen und der Welt gegenüber nicht nur falsch war sondern so ziemlich viel in Tims Leben nachhaltig zerstört und beeinflusst hat.


    Es ist zwar nie zu spät, die Erkenntnis ist nicht neu, ABER wen es "ihm" nicht bald gelingen wird dramatische Veränderungen in der Wahrnehmung von allem zu finden wird das nichts mehr.


    Monikadie4.

    Danke für das Zitat von Jesus, das kannte ich nicht, ist sehr schön.

  • Es ist auch eine Bezeichnung, aber ist es nicht noch mehr als das?

    mukti, ohne diese Bezeichnung wären wir nicht imstande, hier zu kommunizieren.

    Das ist wahr, aber nur weil wir darüber reden erwachen wir noch nicht.


    Ich denke, es kommt darauf an, wie man den Begriff "Erwachen" definieren sollte.
    Einen kleinen Scherz (oder nicht?) würde ich mir nicht verkneifen, so sagt dazu Fred von Allmen:


    Zitat

    Erwachen in einem buddhistischen Sinn bedeutet, mehr und mehr zu verstehen, wie unser Geist funktioniert. Das ist kein Flash, sondern ein kontinuierliches Erkennen und ein Verstehenlernen, wie wir uns das eigene Leiden selber erschaffen. Das geschieht innerhalb von dicht verwobenen Gewohnheiten, und die lassen sich nicht abstellen, bloss weil wir sie erkennen.

    Sehe ich auch so, die Gewohnheiten lassen sich nicht abstellen, bloss weil wir sie erkennen. Auf der Ebene der Bezeichnungen kann man den Buddhismus studieren ohne dass sich im eigenen Leben was ändert. Wenn man erkennt 'was ich da gerade mache fördert nicht das Erwachen', ist das schon viel besser und wenn man dann noch die Fähigkeit entwickelt damit aufzuhören und nur mehr heilsam zu handeln, beginnen sich die Geistestrübungen tatsächlich zu lichten bis die Wirklichkeit bewusst wird anstatt nur eine Idee oder logische Schlussfolgerung im Kopf zu sein.

  • Die einzige Frage, die ich mir stellte, war, wer ist Ich wirklich unbezweifelbar Ich.

    Der achtfache Weg ist hier der Anfang, denn er macht die Sila/Tugenden/das Gebotene klar. Der Achtfache ist das nun wirklich einfachste. Wird in jeder Gemeinschaft gelehrt, seit es Menschen gibt. Ohne ihn gäbe es keine Gemeinschaften, die sich eben über den Achtfachen organisieren.


    Erkennt man den Pfad als Regelwerk der Gemeinschaft, kann man sich als einzelnen erkennen.

    Die Auflösung der Leiden kann erst dann geschehen, denn persönliche Leiden können nur entstehen, wenn man sich gegen die Gemeinschaft/dem Pfad verhält.


    Das führt zum Erkunden der Entstehung seines Leiden. Das bedingte Entstehen von 1-12 und von 12 bis 1.

    Verschwindet die Unwissenheit, erkennt man, dass das Leben an sich kein Leiden ist, es ist einfach Leben, wie es jetzt ist.

    Das ist die grundlegende Unwissenheit, dass Leben Leiden ist.


    Leiden erscheint dann, wenn man aus dem Achtfachen ein Gesetz macht oder gemacht wird, das unbedingt eingehalten werden muss, um in der Gemeinschaft bleiben zu können. Die Sila aus der persönlichen Freiheit der Entscheidung nimmt, dem Abstand nehmen aus persönlicher Erfahrung. Wenn kein Abstand genommen wurde und man dadurch sich selbst oder einem anderen zum Schaden gehandelt hat. Hilfreiches Abstandnehmen ist schnell vergessen, denn das Leben ist ja gut.

    Wenn es Gesetze und Strafrecht gibt, kann sogar hilfreiches handeln gegen Gesetze verstoßen.


    Erst jetzt wird das nicht ergreifen von Sinnenlust und Sinnesleid wichtig. Hier erscheint erst das Erkennen der Skandha im Gegensatz zum Selbstbewusstsein. Ich bin hier und Ich.


    Das erfahren, dass Skandha Bedürfnisse haben und anzeigen, die das Selbstbewusstsein beeinflussen. Nahrung, Verbindung mit gleichartigen Wesen, Lebenserwerb, Absicherung der Gemeinschaft.


    Wenn das Ich hier ergreifend und dann festhalten wird, kann es nur zu seinem Leiden führen. Das Selbstbewusstsein ist nicht die Kronen der Schöpfung, der Herr über die Skandha. Macht es sich zum Herren, Geist beherrscht den Körper, kommt es zu Veränderungen der Skandha und zu ihrem schnelleren Zerfallen. Auch hier beginnt alles wieder mit dem Achtfachen, aber dann absolut persönlich, die Anwendungen der Wege geschieht jetzt zwischen Skandha und Selbstbewusstsein und ohne Achtsamkeit auf die Umgebung. Man ist immer allein, aber nie einsam. Meditation.


    Die Ansicht ändert alles. Man erfährt sich als Ein Wesen, das nur in der Gemeinschaft überleben kann. Selbstbewusstsein (Allein) und Umwelt (nicht einsam). Selbstbewusstsein Ich (Allein) und Skandha (nicht einsam).

    Erst dann kann Befreiung erfolgen: Ich ohne Ich bedingt Bewusstsein ohne Ich oder Skandha. Dann kann man erst Abstand nehmen oder nicht, selbstbestimmt, doch es kommt nicht mehr zum Festhalten, ergreifen und loslassen sind im Fluss, das Bewusstsein ist unumkehrbar, kein Selbstbewusstsein, Ich, Ego kann das verblenden. Die Skandha sind immer Bewusstsein, ohne Selbstbewusstsein, Ich, Ego. Das Ich ist erkannt und misst sich jetzt an das Skandha, das es hervorgebracht hat.


    Das Allein doch nicht einsam, nicht auf sein eigenes fühlendes Wesen als einzelne Einheit anwenden, sondern verlangen, dass die Umwelt es gleich sieht, ohne dass man es bei sich selbst erkannt und erfahren hat, macht den Titel dieses Thread aus.


    Ohne Allein nicht einsam in sich, also zwischen Skandha/mein Körperliches und Selbstbewusstsein/Ich, Erfahrungs-Wissen bleibt alles intellektuelles Gerede und Befreiung unerreichbar. Befreiung heißt befreit bleiben von Festhalten wollen.


    Natürlich mache ich genau dasselbe, ergreifen, aber es ist schon losgelassen, weil ich es geschrieben habe, interessiert es mich nicht mehr, mal sehen, was als Nächstes ergreifen kommt. :D _()_ :zen:

    Ich ist nicht Körper. Selbst ist temporäre Erscheinung. Körper ist nicht Ich. Subjektiv

    Bewusstsein ist nicht Körper, Leben ist temporär, Körper ist nicht Bewusstsein. Objektiv

  • Es gibt keine „Naturgesetze“ wenn es keine Dinge gibt. Sie sind Erscheinungen der Körper/Skandha. Bedingt aus Bedingungen entstandene Dinge/Quarks, die in wechselseitiger Abhängigkeit treten und dadurch erst „Naturgesetze“ erscheinen lassen. Ohne wechselseitige Abhängigkeiten erscheint keine Raumzeit, kein Universum.

    Ohne wechselseitige Abhängigkeiten in den Skandha der fühlenden/lebenden Wesen erscheint weder Bewusstsein noch Selbstbewusstsein.

    Ich ist nicht Körper. Selbst ist temporäre Erscheinung. Körper ist nicht Ich. Subjektiv

    Bewusstsein ist nicht Körper, Leben ist temporär, Körper ist nicht Bewusstsein. Objektiv

  • Es gibt keine „Naturgesetze“ wenn es keine Dinge gibt.

    Ja, aber die gibt es und ich kann sie mir nicht einfach wegdenken

    Aber du kannst dein Selbstbewusstsein einfach „wegdenken“?
    Das gibt es nicht?

    Ich ist nicht Körper. Selbst ist temporäre Erscheinung. Körper ist nicht Ich. Subjektiv

    Bewusstsein ist nicht Körper, Leben ist temporär, Körper ist nicht Bewusstsein. Objektiv

  • Der Buddha sagt für alles Körperliche und Geistige gilt der Wirklichkeit gemäß "das bin ich nicht, das gehört mir nicht, das ist nicht mein Selbst". Das Ich existiert nicht aus sich selbst heraus ...

    Damit verneint der Buddha, unsere gewöhnliche, alltägliche, unreflektierte Auffassung von unserem Ich an die wir stark gewöhnt sind.


    Mit dieser Verneinung sagt Buddha aber nicht, dass es kein Ich gibt. Es gibt kein Ich, dass aus sich selbst heraus existiert, aufgrund eines innewohnenden Wesenskerns. Es gibt aber ein Ich. Buddha Sakyamuni hat dieses Wort ja auf sich selbst angewandt. Dieses Ich existiert aber nur als abhängige Benennung; in Abhängigkeit von den fünf Skandhas sprechen wir von einem Ich, fassen wir ein Ich auf.

    Wenn ich nicht Körper/Geist bin, dann ist es nur ein Glaube das zu sein, ein Gefühl, eine Vorstellung, eine Gestaltung. Erwachen bedeutet, darüber vollkommen bewusst zu sein. Würdest du dem zustimmen?

    Die Ansicht, das Ich ist identisch mit den Skandhas, ist eine verkehrte Ansicht, also eine Ansicht, die nicht mit der Realität übereinstimmt. Sie ist sogar ein Aspekt der Unwissenheit, der Wurzel des Samsaras. Das Erwachen, die Befreiung aus Samsara, bedeutet, dass die Unwissenheit und damit die Ansicht, das Ich sei identisch mit den Skandhas, überwunden ist.


    Um dies zu erreichen, reicht eine bewusste begriffliche Einsicht aber nicht aus.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Es gibt keine „Naturgesetze“ wenn es keine Dinge gibt.

    Ja, aber die gibt es und ich kann sie mir nicht einfach wegdenken

    Aber du kannst dein Selbstbewusstsein einfach „wegdenken“?
    Das gibt es nicht?

    Was meinst du mit "mein Selbstbewusstsein"? Wer ist dieser "mein", der denkt er habe ein Selbstbewusstsein oder er habe keines?

  • Wenn ich nicht Körper/Geist bin, dann ist es nur ein Glaube das zu sein, ein Gefühl, eine Vorstellung, eine Gestaltung. Erwachen bedeutet, darüber vollkommen bewusst zu sein. Würdest du dem zustimmen?

    Die Ansicht, das Ich ist identisch mit den Skandhas, ist eine verkehrte Ansicht, also eine Ansicht, die nicht mit der Realität übereinstimmt. Sie ist sogar ein Aspekt der Unwissenheit, der Wurzel des Samsaras. Das Erwachen, die Befreiung aus Samsara, bedeutet, dass die Unwissenheit und damit die Ansicht, das Ich sei identisch mit den Skandhas, überwunden ist.


    Um dies zu erreichen, reicht eine bewusste begriffliche Einsicht aber nicht aus.

    Meinst du das Ich ist nicht identisch mit irgendeinem Teil der Skandhas? Was ist es dann?

  • Ja, aber die gibt es und ich kann sie mir nicht einfach wegdenken

    Aber du kannst dein Selbstbewusstsein einfach „wegdenken“?
    Das gibt es nicht?

    Was meinst du mit "mein Selbstbewusstsein"? Wer ist dieser "mein", der denkt er habe ein Selbstbewusstsein oder er habe keines?

    Selbst-Bewusstsein, Ich-Bewusstsein. Aber das war dir ja sowieso klar, was ich meinte.

    Ich ist nicht Körper. Selbst ist temporäre Erscheinung. Körper ist nicht Ich. Subjektiv

    Bewusstsein ist nicht Körper, Leben ist temporär, Körper ist nicht Bewusstsein. Objektiv

  • Das ist wahr, aber nur weil wir darüber reden erwachen wir noch nicht.

    Nein, das ist mir klar, mukti. Reden darüber bringt nichts, aber man braucht das richtige Verständnis.

    Wenn du früher geschrieben hast, man braucht den achtgliedrigen Pfad bis zum Ende zu gehen, dann erschaffst du den Konstrukt der Zeit, der, sozusagen, nicht zu finden ist, obwohl die Phänomene entstehen und vergehen, Kausal-Nexus-Gesetz.

    Aber Ajahn Sumedho wie auch Buddhadasa Bhikkhu reden nicht viel, wenn überhaupt, über das Leben nach dem Tod. Ich entschuldige mich, wenn es persönlich klingt. Ajahn Sumedho betont sogar, dass Befreiung im Hier und Jetzt möglich sei, aber nicht woanders, also nicht an einem anderen Ort wie dem Paradies oder Himmel.

    Und um es klarzustellen, in der Mitte von Samsara existiert Nirvana. Das wäre der Geist, frei von den Täuschungen, also nicht vom Schein der Dinge geblendet, was zur Folge hat, dass man verblendet ist.

    Alle Glieder des Pfades sind nicht linear, sie passieren bedingt und zugleich. Wenn aber der Mensch echt die Leerheit unmittelbar wahrnimmt, dann kann ihm kein Mara etwas anhaben. Deswegen war die echte Realisation des Anatta für den Buddha entscheidend. Wie es Buddhadasa Bhikkhu beschreibt, konnte niemand es verstehen, daher war der Buddha gezwungen, den ganzen Pfad zu erstellen. Besser kann ich es nicht ausdrücken: Ohne Anatta gäbe es keinen Buddhismus. So meine bescheidene Meinung. Die ist nicht verboten.

    Liebe Grüße. _()_ :taube: :)

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Aber du kannst dein Selbstbewusstsein einfach „wegdenken“?
    Das gibt es nicht?

    Was meinst du mit "mein Selbstbewusstsein"? Wer ist dieser "mein", der denkt er habe ein Selbstbewusstsein oder er habe keines?

    Selbst-Bewusstsein, Ich-Bewusstsein. Aber das war dir ja sowieso klar, was ich meinte.

    War mir nicht klar. Ich-Bewusstsein bedeutet "Ich bin", wenn ich denke dass ich nicht bin, höre ich deshalb nicht auf zu existieren. Ich kann nur bestimmte Vorstellungen von mir wegdenken, aber nicht die Grund-Erfahrung dass ich existiere.

  • Meinst du das Ich ist nicht identisch mit irgendeinem Teil der Skandhas? Was ist es dann?

    Da stellt sich ja die Frage, wie existiert das Ich? Ist es materieller Natur oder immaterieller Natur?


    Das Ich ist nicht materiell, weil es keine Form und keine Farbe hat. Deshalb kann es nicht mit dem Körper identisch sein.


    Es kann also nur immaterieller Natur sein. Da wir aber vier geistige Skandhas haben, mit welchem soll es dann identisch sein? Ist es mit allen vier geistigen Skandhas identisch, dann hätten wir vier Ichs. Wenn es nur mit einem geistigen Skandha identisch ist, mit welchem dann und warum gerade mit diesem einen?


    Das Ich ist aber auch nicht völlig getrennt von den Skandhas, denn wir sprechen ja in Abhängigkeit von den Skandhas von einem Ich, einer Person. Die Person, das Ich ist eine Benennung, die nur für das Denken und die Sprache existiert. Die Benennung nehmen wir als denkende, handelnde, erlebende Personen auf der Grundlage der Skandhas vor. Deshalb existiert das Ich für uns. Die Benennung Ich ist abhängig von den Skandhas. Unabhängig von den Skandhas und unserer Benennung gibt es kein Ich.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Das Ich ist nicht materiell, weil es keine Form und keine Farbe hat. Deshalb kann es nicht mit dem Körper identisch sein.

    Identisch nicht, aber braucht es nicht den Körper dazu?

    Das ist wohl die eigentliche Frage

    denn alles, was entsteht, ist wert, dass es zugrunde geht, drum besser wär's, dass nichts entstünde.


    (Goethes Faust)

  • Meine bescheidene Meinung ist, dass sich die Leerheit nicht unmittelbar wahrnehmen lässt, ohne den gesamten achtfachen Pfad zu erfüllen. Nicht weil es ein Dogma wäre, aber ohne die Voraussetzungen dieser Sittlichkeit, Weisheit und Sammlung kann diese unmittelbare Wahrnehmung nicht entstehen. Ein Pfad hat einen Anfang und ein Ende, selbst wenn man denkt diese unmittelbare Wahrnehmung würde sich so schnell einstellen wie man einen Lichtschalter anknipst, ist es eine Voraussetzung den Schalter zu betätigen. Also wenn es bei jemandem so schnell geht, kann ich nur gratulieren.

  • Perfekt Igor, DANKE ❤️

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    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Also das Ich ist nicht die Skandhas und nicht außerhalb davon, aber es existiert abhängig von den Skandhas. Was ist das nun, das da abhängig von den Skandhas existiert? Eine Benennung ist ja auch eine Funktion der Skandhas, ein Begriff, etwas als ein Ich begreifen. Das dürfe nicht nur auf der Grundlage der Skandhas geschehen, das Begreifen selber ist ein Faktor des Daseins.


    In einem Traum nimmt man z.B. eine Person wahr, die physisch nicht vorhanden ist. Im Geist ist sie aber vorhanden und man hinterfragt nicht ob sie da ist oder nicht, während des Traumes ist sie eine Realität. Wenn man nun dahinterkommt dass man soeben träumt, ist die Person noch da, aber man weiß jetzt dass sie vom Geist projiziert ist. Ebenso weiß ein Erwachter, dass das Ich nur ein geistiges Gebilde ist. Auf diese Art erkläre ich mir das.


    Lässt sich das Ich als Objekt betrachten? Wenn man es vor sich hinstellt und betrachtet, ist es ja im Betrachter selber und nicht im betrachteten Objekt. Mir scheint aber das was betrachtet ist kein Ich sondern das was alles erfährt, eine Bezeichnung dafür ist "Bewusstsein". Das Ich-Bewusstsein ist vergleichbar mit der Realität eines Traumes, mit dem Erwachen wird bewusst wie sie zustande gekommen ist.

  • Das Ich ist nicht materiell, weil es keine Form und keine Farbe hat. Deshalb kann es nicht mit dem Körper identisch sein.

    Identisch nicht, aber braucht es nicht den Körper dazu?

    Das ist wohl die eigentliche Frage

    Das bin ich gelandet ohne Körper/Geist gleich Skandha gibt es weder Samsara noch Nibbana noch „Ich/Selbst“.

    Umkehrschluss: Mit „Ich/Selbst“, Samsara und Nibbana muss es ein Körper/Geist Skandha geben, auch wenn er als bösartige Fessel gesehen wird.

    Der schmerzende Körper holt jeden aus jedem Himmel. Da ist sofort alles fabulieren tot.


    Körper/Geist kann ohne „Ich/Selbst“, Samsara und Nibbana sein, so wie bei allen fühlenden Lebewesen. Der Mensch sieht sich ja als Mensch und vergisst in seinem Einmaligkeit-Narrativ gern, dass er doch nur ein fühlendes Wesen, Skandha ist. Wer sich ein Jenseits erfinden kann, ist ein über den fühlenden Wesen stehendes.


    Skandha ist Skandha, Ich ist ich, Samsara ist Samsara, Nibbana ist Nibbana, wer das nicht auftrennt, wird sich nie von seinen Narrativen befreien.

    Ich ist nicht Körper. Selbst ist temporäre Erscheinung. Körper ist nicht Ich. Subjektiv

    Bewusstsein ist nicht Körper, Leben ist temporär, Körper ist nicht Bewusstsein. Objektiv