Ich denke, ich habe die Ursache gefunden, warum die Menschen mit mir nichts anfangen bzw. umgekehrt.
Ich kenne natürlich deine spezielle Situation nicht und kann nichts dazu sagen. Ganz allgemein gesehen läßt sich aber nach meiner Erfahrung (ich habe beruflich seit mehreren Jahrzehnten zwangsläufig mit sehr vielen Menschen unterschiedlichen Alters, Menschengruppen, 'Peer Groups' etc. zu tun) sagen:
Nahezu alle Menschen kreisen in hohem Maße um sich selbst, um ihre bevorzugten Themen und um Menschen/Wesen, die sie als sich zugehörig empfinden (wie z.B. ihre Familie, Freunde, Haustiere etc.). Wenn man sich nun fragt, was Menschen auszeichnet, die besonders beliebt sind und von anderen als intressant angesehen werden, dann zeichnet sich ein klares Muster ab:
Besonders beliebt sind Menschen, die es schaffen, sich auch für andere zu interessieren. Menschen, die zuhören können und wirklich auf das eingehen, was der/die andere sagt. Menschen, die in der Lage sind, anderen persönliche oder intellektuell treffende Fragen und Nachfragen zu stellen. Menschen, die auch emotional offen für den anderen sind.
Besonders isoliert sind dagegen i.d.R. Menschen, die primär über sich und ihre persönlichen Lieblingsthemen reden. Diese Themen können dabei durchaus gesellschaftsrelevant sein. Wenn ein solcher Mensch aber nicht bereit ist, sich aufrichtig für die Sicht seines Gegenübers zu interessieren, dann verliert der/die andere i.d.R. schnell das Interesse am Austausch mit und der Nähe zu solch einem Menschen.
Mein persönlicher Tipp an alle, die sich vereinsamt bzw. sozial nicht gut eingebunden fühlen: Hört auf nach jemandem zu suchen, der sich für euch interessiert, auf euch eingeht und eure Nähe schätzen lernt. Versucht stattdessen, auf andere einzugehen - so schwer das solchen Menschen vielleicht auch erst mal fällt. Denn wer sich vereinsamt fühlt, hat ja i.d.R. das Grundgefühls eines Mangels, ein starkes Bedürfnis nach Zuwendung von außen. Oder die Resignation, sich mit der Einsamkeit 'abgefunden' zu haben. Für jemanden, der sich so fühlt, ist es emotional oft fast unmöglich, das alles einfach zurückzustellen, um sich erst mal auf die Sicht und Sorgen eines anderen einzulassen. Und doch liegt hier der einzige realistische Ausweg. Es ist oft ein Weg der kleinen Schritte (zum Beispiel dem Gegenüber im Gespräch - und sei dieses noch so banal einfach mal eine passende, interessierte Nachfrage zu stellen).
Das Gute ist, das sich so eine gewisse Eigendynamik entwickeln kann. Das heißt, aus ein paar krampfhaften Versuchen entsteht allmählich echtes Interesse und aus echtem Interesse entsteht auf Dauer menschliche Nähe. Diese Vorgehensweise funktioniert sehr zuverlässig. Beruflich bin ich quasi gezwungen, genau dieses Verhalten gegenüber Menschen ständig auszuüben; also herauszufinden, was sie wirklich meinen, wollen und brauchen und dann für sie da zu sein. Und was im Gegenzug dafür an Zuwendung und echtem Interesse zurückkommt, ist geradezu überwältigend.
Das ist vielleicht auch insofern interessant, als ich vom Temparament her und in meinem Freizeitverhalten eigentlich ein eher introvertierter Mensch bin. Ich habe sowohl als Jugendlicher, als auch als junger Erwachsener jeweils nach einem Umzug lange Phasen gehabt, in denen ich keinen Anschluss gefunden und mich extrem einsam gefühlt habe bzw. auch komplett vereinsamt war und nicht da raus kam. Mit meinem Verständnis von heute hätte ich natürlich ganz anders mit diesen Situationen umgehen können (aber klar, so funktioniert das Leben natürlich nicht, dass man einem früheren Ich aus der Zukunft heraus 'game-changende' Erkenntisse einflößen kann).
Eine ganz wichtige Warnung bei der oben angedeuteten Strategie: Ich würde sie nur bei Menschen/Gesprächspartnern anwenden, die selbst eine gewisse Offenheit gegenüber anderen signalisieren. Gegenüber stark selbstbezogenen Menschen funktioniert die oben angedeutete Methode nicht. Solche Menschen nehmen die Aufmerksamkeit, die wir ihnen zukommen lassen zwar gerne an, sind aber nicht bereit oder in der Lage, uns dafür mit Gegenaufmerksamkeit zu begegnen.
Der Schlüsselmoment liegt also in den Momenten, wo wir mal auf einen nicht so ausschließlich selbstbezogenen Menschen treffen. Aus dem Gefühl eines tiefen Mangels heraus neigen vereinsamte Menschen - wenn sie sich überhaupt noch öffnen können - dazu, in einer solchen Situation endlich mal über sich oder über ihre Themen zu reden. Das ist für sie verständlicher Weise erst mal so wichtig, dass sie nicht unbedingt sofort dazu kommen, viel Gegeninteresse zu zeigen und z.B. dem gegenüber viele Fragen und treffende Nachfragen zu stellen. Dadurch schrecken sie die potentiell offeneren Gesprächspartner aber i.d.R. gleich wieder ab. Diese ziehen sich zurück und das Ganze endet für den Vereinsamten enttäuschend und in dem Gefühl, das sich 'wieder mal' niemand für ihn oder seine doch so wichtigen Themen interessiert. Man denkt dann vielleicht, 'die anderen sind alle zu oberflächlich' oder 'sie können meinen Gedanken nicht folgen'. In Wirklichkeit ist aber fast immer meine mangelnde Bereitschaft, mich emotional und intelektuell auf den anderen einzulassen, der Grund dafür, das andere das Interesse an mir verlieren.