(Int.) Buddhismuskonferenz in Wien 08'24 - Viel Lärm um "Nichts"

  • Quote

    "Ein Buddha sieht nichts", meint MacDonald [die Veranstalterin]. "Die Welt ist weg, weil sie immer bloß eine Projektion des Geistes war."

    So ein Schmarrn. Diesen Leuten empfehle ich stets die Anästhesie, da haben sie den gleichen Effekt.


    Und so versucht sie es zu retten:


    Quote

    Da steht in den Schriften, dass der Suchende, der Erleuchtung erlangen will, "dem Pfad" folgen sollte. "Gleichzeitig sollte er aber wissen: Es gibt keinen Pfad und es gibt keine Lebewesen. Und er selbst existiert auch nicht!"

    Dazu Joshu (Chao-chou) aus dem Zen (Chan), befragt, wer er denn sei:

    "Osttor, Westtor, Nordtor, Südtor."


    Ich erlaube mir, das klarer zu machen:


    Woher du auch kommst, ich bin für dich da (ich existiere). Denn ich sehe dich (das Lebewesen), wie du gehst (deinen Pfad) und deinen möglichen Platz in der Welt.

    "Ein Mönch, der Fragen stellt und sich unsicher ist, wie er den Geist eines anderen einschätzen mag, soll einen 'Buddha' genau untersuchen, um festzustellen, ob dieser tatsächlich erwacht ist." (Vivamsaka Sutta)

  • Zur Autorin Anna Sawerthal:


    Autor Dr. Anna Sawerthal


    Wenn man weiß, was ein Buddha ist, dann kommt man genau zu diesem Schluss:

    "Ein Buddha sieht nichts", meint MacDonald. "Die Welt ist weg, weil sie immer bloß eine Projektion des Geistes war."

    :zen:

    Edited once, last by Leonie ().

  • Wenn man weiß, was ein Buddha ist, dann kommt man genau zu diesem Schluss:

    "Ein Buddha sieht nichts", meint MacDonald. "Die Welt ist weg, weil sie immer bloß eine Projektion des Geistes war."

    Wie gut, dass das im Zen (Chan) anders ist:


    Ein Mönch fragte Tozan: "Was ist Buddha?"


    "Drei Pfund Flachs."


    [ergo: Die Welt ist NICHT weg.]


    ###


    Und noch einer von Tozan:


    "He, Mönche, ihr solltet kapieren, dass es ein höchstes Verständnis des Buddhismus gibt!"


    "Was ist denn das höchste Verständnis?"


    "Es ist nicht Buddha."


    [ergo: Was kratzt dich ein blinder Buddha?]

    "Ein Mönch, der Fragen stellt und sich unsicher ist, wie er den Geist eines anderen einschätzen mag, soll einen 'Buddha' genau untersuchen, um festzustellen, ob dieser tatsächlich erwacht ist." (Vivamsaka Sutta)

  • Tja - was soll man dazu sagen!


    Wenn du dir den Artikel von Anna Sawerthal durchgelesen hättest und nicht nur den Schnipsel raus gefischt, der in deine Weltsicht passt. dann wäre dir nicht das Folgende entgangen:

    Zitat

    Im Kern will sich das Madhyamaka von den Extremen von "Existenz" oder "Nicht-Existenz" lösen. "Madhyamaka akzeptiert zwar, dass die Welt wie sie vor uns ist, da ist, aber besagt, dass diese eigentlich recht anders ist, als wir denken", erklärt MacDonald. So unterteilt man im Madhyamaka in "konventionelle" und "ultimative" Realität. Andere Denkrichtungen im Buddhismus führen zum Beispiel alles auf den Geist zurück: Alles um uns herum ist bloß vorgestellt, nur der Geist existiert wirklich. Madhyamaka-Anhänger gehen einen Schritt weiter. Sie sagen, dass auch dieser Geist nur Illusion ist. Die wahre Natur der Dinge sei: Leerheit.

    Was genau diese Leerheit ist, darüber lässt sich trefflich streiten – und das tun Wissenschaftler bis heute, wie vor Kurzem in Wien. Da gibt es Schulen, die sagen, dass da schon irgendetwas ist – und da gibt es jene Forscherinnen wie MacDonald, die überzeugt sind, dass es keine Existenz in irgendeiner Form gibt. Die finale Analyse deute ihrer Ansicht nach auf einen transzendentalen Zustand hin, der jenseits von Existenz und Nicht-Existenz ist, unbeschreiblich, eben: leer.


    "Ein Buddha sieht nichts", meint MacDonald. "Die Welt ist weg, weil sie immer bloß eine Projektion des Geistes war." Ja, die Madhyamaka-Philosophie sei radikal, extrem und gehe gegen jede Intuition, attestiert MacDonald. Man stoße im Buddhismus ständig auf Paradoxe. Da steht in den Schriften, dass der Suchende, der Erleuchtung erlangen will, "dem Pfad" folgen sollte. "Gleichzeitig sollte er aber wissen: Es gibt keinen Pfad und es gibt keine Lebewesen. Und er selbst existiert auch nicht!" Madhyamaka bietet eine logische Erklärung dafür an.


    Da müsste man nun die Begriffe näher betrachten, um über diese Aussage von MacDonald zu klären, was denn mit Buddha und Welt gemeint sei. Das ist aber ein anderes Themenfeld.


    Nun zu deinen beiden Koan und deiner Deutung.


    Zitat

    Ein Mönch fragte Tozan: "Was ist Buddha?"

    "Drei Pfund Flachs."


    [ergo: Die Welt ist NICHT weg.]


    Was meinte Tozan mit "Drei Pfund Flachs"? Wieso ist Buddha "Drei Pfund Flachs"? Was ist Buddha?


    Wenn man das als Gleichung schreibt, dann steht da Buddha=Drei Pfund Flachs. Übersetzt entsprechend dem Herz-Sutra heißt das "Leere=Form" UND "Form=Leere" .


    Die (ganze) Welt ist Buddha.


    "Wer über Falsch und Richtig spricht, ist ein Mensch des Falschen und Richtigen." Fall 18 Mumonkan.


    Wenn du also zur Erleuchtung kommen willst, musst du aufhören ein Mensch des Falschen und Richtigen zu sein.

    Dann kannst du dich selbst kratzen, wenn's dir juckt.

    :zen:

    Edited once, last by Leonie ().

  • Ich muss die Definition des Madhyamaka nicht einem Zeitungsartikel entnehmen, die war mir bekannt. Ich habe mich auch gar nicht auf die Autorin eingelassen, sondern auf die Veranstalterin MacDonald, und die hat in ihrer Zusammenfassung zu verstehen gegeben, wie sie das begreift.


    Was MacDonald beschreibt, ist ein esoterisches Verständnis der Lehre ("transzendental"). Sie hat wahrscheinlich zu vielen Tibetern zugehört. Aber wenn ich sie fragte, wo denn einer sei, der "unbeschreiblich" wäre, müsste sie sehr wahrscheinlich passen, oder befürchten, dass ich ihn oder seinen Zustand beschriebe. Wenn jemand ein Wissenschaftler sein will und mit solchen Begriffen operiert, wird es fragwürdig.

    Wenn du also zur Erleuchtung kommen willst, musst du aufhören ein Mensch des Falschen und Richtigen zu sein.

    Ich muss dich enttäuschen. Ich will nicht zur Erleuchtung kommen.


    Und ich habe in Bezug auf Tozan nicht über falsch und richtig argumentiert (und darauf bezieht sich der Kommentar zu Mumonkan 18), das hast eher andeutungsweise du gemacht. Nach deiner Lesart scheint es richtig zu sein, wenn man Buddha=Drei Pfund Flachs liest. Es ist Aufgabe deines Zen-Lehrers, so du einen hast, das zu korrigieren.

    "Ein Mönch, der Fragen stellt und sich unsicher ist, wie er den Geist eines anderen einschätzen mag, soll einen 'Buddha' genau untersuchen, um festzustellen, ob dieser tatsächlich erwacht ist." (Vivamsaka Sutta)

  • Wenn man weiß, was ein Buddha ist, dann kommt man genau zu diesem Schluss:

    "Ein Buddha sieht nichts", meint MacDonald. "Die Welt ist weg, weil sie immer bloß eine Projektion des Geistes war."


    Hm, ich habe eine Frage, wenn es erlaubt ist. Also, im Artikel steht:


    Zitat

    "Ein Buddha sieht nichts", meint MacDonald. "Die Welt ist weg, weil sie immer bloß eine Projektion des Geistes war."


    Ist das nicht die Nur-Geist-Schule oder Cittamātra? Aber kein Madhyamaka, oder? :?


    Danke im Voraus. LG.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Igor07


    Deine Frage solltest du doch an Frau MacDonald richten.


    Ich verstehe diese Aussage über einen "blinden Buddha" wie Linji - er sprach da von "blinder Esel".
    Die feinen Unterschiede von dieser oder jener Lehre interessieren mich nicht.


    Wenn einer Gier, Hass und Verblendung gelassen hat, dann ist so einer blind für die Welt und ob man den Esel oder Buddha nennt ist schnurz.

    :zen:

  • Wenn einer Gier, Hass und Verblendung gelassen hat, dann ist so einer blind für die Welt und ob man den Esel oder Buddha nennt ist schnurz.

    Na ja, Leonie, mit dem 'Blind für die Welt' weiß ich nicht.
    Bezugnehmend auf die Oksenbilder lese ich bei Heinrich Dumoulin, im ersten Band von Geschichte des Zen-Buddhismus, S. 283:


    Zitat

    '10. Bild: Der Erleuchtete lebt mit allen seinen Mitmenschen und wie alle seine Mitmenschen, aber die Güte, die er ausstrahlt, rührt von seiner Erleuchtung her.'

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Wenn einer Gier, Hass und Verblendung gelassen hat, dann ist so einer blind für die Welt und ob man den Esel oder Buddha nennt ist schnurz.

    Na ja, Leonie, mit dem 'Blind für die Welt' weiß ich nicht.
    Bezugnehmend auf die Oksenbilder lese ich bei Heinrich Dumoulin, im ersten Band von Geschichte des Zen-Buddhismus, S. 283:


    Zitat

    '10. Bild: Der Erleuchtete lebt mit allen seinen Mitmenschen und wie alle seine Mitmenschen, aber die Güte, die er ausstrahlt, rührt von seiner Erleuchtung her.'

    Das ist doch prima. Dann freu dich doch.

    :zen:

  • Ich verstehe diese Aussage über einen "blinden Buddha" wie Linji - er sprach da von "blinder Esel".

    Linji sprach von seinem Nachfolger als "blindem Esel", mit dem seine Lehre unterginge. Selbst wenn das neckend gemeint war, ist bei ihm auch die abwertende Bedeutung des Esels zu finden, die wir erwarten würden.


    Katsuro瞎驢 ist ein blinder Esel im Sinne von blinder Mensch, blind für den Dharma.


    Keroketsu繫驢橛 ist ein Pfahl, an den ein Esel gebunden ist, d. h. einer, der an Worten (Pfahl) hängt.


    "Da ist kein Subjekt und Objekt" ist die dritte der vier Sichtweisen Linjis.

    "Da ist Subjekt und Objekt" ist die vierte der vier Sichtweisen Linjis.


    MacDonald versucht eine Erleuchtungserfahrung in Worte zu fassen und nicht das, was sie für den Einzelnen im Nachgang bedeutet und was viel entscheidender ist: Was tut man, wenn man nun aus dieser Erfahrung durchs Leben geht?


    Und anstatt nichts zu sehen ist der Blick für die Welt geschärft. Die Welt erscheint in ihrer ganzen Fülle. Statt Apathie ist da Empathie. Auch der "transzendentale" Zustand ist weg. Erst waren da Berge und Flüsse. Dann waren da keine Berge und Flüsse mehr (davon redet MacDonald). Dann sind da wieder Berge und Flüsse (das ist entscheidend, und davon redet sie nicht).

    "Ein Mönch, der Fragen stellt und sich unsicher ist, wie er den Geist eines anderen einschätzen mag, soll einen 'Buddha' genau untersuchen, um festzustellen, ob dieser tatsächlich erwacht ist." (Vivamsaka Sutta)

  • Und anstatt nichts zu sehen ist der Blick für die Welt geschärft. Die Welt erscheint in ihrer ganzen Fülle. Statt Apathie ist da Empathie. Auch der "transzendentale" Zustand ist weg. Erst waren da Berge und Flüsse. Dann waren da keine Berge und Flüsse mehr (davon redet MacDonald). Dann sind da wieder Berge und Flüsse (das ist entscheidend, und davon redet sie nicht).

    Wenn man buchstäblich "blind" ist, dann ist man wie betäubt, wie in einem Dämmerzustand. Zugespitzt formuliert: Der Mensch nach der sogenannten Erleuchtung ist aktiv. Er trägt die Verantwortung für alles, was er tut, und ist sich vollständig bewusst, was ihn bewegt. Er ist der Welt gegenüber transparent geworden, aber nicht blind.

    Man kehrt zurück in den Markt, zu den Menschen, aber nicht die Welt transzendiert. Das ergibt keinen Sinn.

    Danke für die Erklärung. Sehr interessanter Artikel zum Thema:


    Rinsais blinder Esel

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Man startet auf dem Markt der Welt und kehrt auf den Markt zurück? Man hat auf dem Weg den Markt kennengelernt, weil man ihn nie verlassen hat.


    Wenn man die neun Bilder wörtlich nimmt und sie als außerhalb des Marktes sieht, kommt man sicher in Schwierigkeiten der Eitelkeit.


    Wenn ich, um die neun Bilder zu erfüllen, den Markt verlasse, verlasse ich den mittleren Weg.


    Mich befreien, von Verlangen, Ablehnen und Wahrheiten glauben wollen kann ich nur auf dem Markt.


    Der Markt bleibt sich selbst gleich, nur ich befreie mich von dem Markt, ohne seine Verführungen zu verlangen, abzulehnen, an sein mein Glück erfüllen zu glauben.

    Transformieren ist eine Falle, führt zu Verlangen, Ablehnen, Glauben wollen an sein Leben als ungut so, wie es ist.

    Ich ist nicht Körper. Selbst ist temporäre Erscheinung. Körper ist nicht Ich. Subjektiv

    Bewusstsein ist nicht Körper, Leben ist temporär, Körper ist nicht Bewusstsein. Objektiv

  • Igor07


    Danke für den link zur Seite von Gerhardt Staufenbiel.


    Er sagt über Zen folgendes

    Zitat

    Aber darum geht es nicht im Zen und in den vom Zen geprägten Künsten. Wer will "objektiv" prüfen, ob ein Schüler das wahre Dharma-Auge erlangt hat? Wie prüft man so etwas?


    Da gibt es keine Prüfung, die als objektiv bezeichnet werden kann. Einmal weil es eine Sache ist zwischen zwei Menschen, die einander sich vertrauen und zum anderen, weil sie wissen, dass es nichts zu erlangen und auch nichts zu übertragen gibt.


    Und so ist auch der Dialog von Linji und San-sheng zu verstehen. Der Schatz des Auges des Wahren Dharma darf nicht ausgelöscht werden, so Linji. Und San-sheng verspricht, den Schatz des Auges des Wahren Dharma nicht auszulöschen.

    Beide wissen worüber sie da reden - weder kann der Schatz des Auges des Wahren Dharma ausgelöscht werden, noch kann er erzeugt werden, noch kann er übertragen werden.

    Aber Linji stellt dabei auch noch Fallen auf, wenn er von "meinem" Schatz ...

    spricht, denn das Auge des Wahren Dharma kennt kein mein oder dein. Es sieht keine Unterscheidungen. Es ist diesbezüglich blind.

    Im Buddhismus kennt man fünf Arten von Augen - das physische Auge, das himmlische Auge, das Auge der Weisheit, das Auge des Dharma und das Buddha-Auge.

    In einem Vortrag von Ajahn Chah wird über das Dharma-Auge gesagt, dass derjenige, der es empfängt, die Welt aufgegeben hat. Er ist blind für die Welt.


    Man könnte fragen, wofür ein Esel gut ist - er wird als Lastenträger gebraucht. Und so ist das - er nimmt den Sack Holz und hängt sich ihn über die Schulter und ist blind für die Welt mit ihren "besser" und "schlechter" und sonstigen Unterscheidungen.

    :zen:

  • In einem Vortrag von Ajahn Chah wird über das Dharma-Auge gesagt, dass derjenige, der es empfängt, die Welt aufgegeben hat. Er ist blind für die Welt.

    Leonie


    Man kann das Wort so verstehen: blind gegenüber der wahren Natur der Realität, also mit Avijjā . Wenn man von Avijjā beeinflusst ist, kann man die drei oder vier Daseinsmerkmale nicht adäquat erkennen. Daher ist man eher verblendet. Aber 'blind' im rein buchstäblichen Sinne macht (für mich, sorry) keinen Sinn, ebenso wie die Formulierung von Frau MacDonald . Der Buddha war nach dem Erwachen nicht blind; die Verblendung war verschwunden.
    Du kannst natürlich glauben, was du möchtest. Kein Problem, alles Gute! :taube:


    P.S. Die Welt bleibt bestehen, aber nicht das Klammern und Festhalten an ihr. Man bleibt in der Welt, lebt weiter, wird aber nicht mehr von ihr berührt – wie der Lotus im Schlamm. Bei Ajahn Chah heißt es: "Das Dhamma-Auge zu öffnen."


    Was sieht dieses "Dhamma-Auge"? Es sieht klar den Verlauf der Natur, nämlich, dass alles, das entsteht, für eine Weile existiert und dann wieder vergeht.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Zuvor wurde ja schon Gier, Hass, Verblendung mit dem Esel in Verbindung gebracht, ohne dass Linji dies getan hätte. Jetzt wird Ajahn Chah zitiert, also Theravada. Diese Vermischung führt m. E. zu einem üblichen Fehler. Zum einen übersieht man, dass das "mein" in Linjis Rede keine Falle ist, sondern ein Restzeichen von Ego. Es steht außer Frage, dass die Meister ihre Linien und "ihr" oder das Chan (und nicht Theravada-Buddhismus) übertragen wollten. Sie sahen im Lauf der Zeit manche Linien "aussterben" (wie die Yünmens) und wollten das verhindern, manche mehr, manche kratzte es vielleicht gar nicht. Dass es "nichts zu übertragen" gibt, änderte nichts daran, dass es der andere "erfasst" haben musste. Fragt doch einfach mal authentische Zen-Lehrer wie Harada Roshi, wem sie die Nicht-Übertragung der Übertragung bestätigen und wem nicht und warum nicht. Alle sind ja ursprünglich erleuchtet, aber in diesen Geschichten wird nur um ein paar bestimmte Leute ein Tamtam gemacht.


    Insofern ist zum Einen das Ganze zu lesen als die Unmöglichkeit eines dauerhaften Verlöschens von Gier, Hass und Verblendung, und genau darum redet Linji und Chan auch nicht so darüber wie Theravadin. Man lebt damit weiter, man übt sich weiter im Loslassen, auch diese Zen-Meister oder die Erwachten.


    Desweiteren ist das Wesentliche dabei nicht, dass man an der Welt mit ihren Fehlern und Schwächen nicht mehr teilhat, sondern lediglich, dass man an ihr nicht teilhaben muss und andere Methoden hat, mit ihr umzugehen, also auch "zu lassen". Es wäre zum Beispiel fatal, wenn man glaubte, man könne sich nach einer "Nicht-Übertragung" oder einem Erwachen nicht mehr gierig nach einem Menschen sehnen. Es ist also nicht nur so, das prophezeie ich, dass man es tut, sondern sogar explizit so, dass man es tun darf im Chan/Zen. Deshalb steht die Hinwendung zur Welt im Mittelpunkt, und dass man sich weiter schmutzig macht, aber im Kern davon nicht berührt wird wie der Normalverbraucher.

    "Ein Mönch, der Fragen stellt und sich unsicher ist, wie er den Geist eines anderen einschätzen mag, soll einen 'Buddha' genau untersuchen, um festzustellen, ob dieser tatsächlich erwacht ist." (Vivamsaka Sutta)

  • Zitat

    Da gibt es keine Prüfung, die als objektiv bezeichnet werden kann. Einmal weil es eine Sache ist zwischen zwei Menschen, die einander sich vertrauen und zum anderen, weil sie wissen, dass es nichts zu erlangen und auch nichts zu übertragen gibt.

    Das ist tatsächlich so, wenn man in der Schule des Zen bleiben möchte.


    Dass darüber hinausgehen, über das Dhamma des Zen ohne die Schule des Zen zu verlassen, ist der Schritt, die Welt als das wahre Gegenüber zu sehen, die gesamte Umwelt als einziges Prüfkriterium erkennen.

    „Ich bin“ das reine Subjekt und die Welt das reine Objekt.


    Der nahe Mensch, auch mein persönlich Körperliches, dem ich vertraue, ist Teil dieser Umwelt, mir näher als andere Teile. Nur vertrauen in die Lehre des Dhammaauges des mir Nahen, fesselt mich zwar selbst, dadurch verliere große Teil der Umwelt aus den Augen, dem Weltlichen und dem Dhammaauge. Ich verblende das scheinbar nicht zu der Lehre des Einen gehörende.


    Erfahren: „Ich bin“ das reine Subjekt und die Welt das reine Objekt."


    Dann erscheinen alle Unermesslichen. Diese Erfahrung ist der Dhamma den ich absolut allein erfahre, der mich von Verblendungen befreit, vom Leiden befreit. Dieses sich befreien vom Leiden erzeugt genau das Leiden, das durch die Verblendung geschaffen wurde.

    Davor schrecken Menschen zurück, sie wissen, dass sich von Leiden befreien, Leiden auslöst. Das ist zu üben. Die Leere zu ertragen, wenn Leiden vergeht. Es gibt kaum heftigeres Leiden als Trauer, das erkennen müssen, dass ich totes nicht lieben kann.

    Zitat

    Man könnte fragen, wofür ein Esel gut ist - er wird als Lastenträger gebraucht. Und so ist das - er nimmt den Sack Holz und hängt sich ihn über die Schulter und ist blind für die Welt mit ihren "besser" und "schlechter" und sonstigen Unterscheidungen.


    Eine Esellast ist Trauer.

    Die Last bewusst auf sich nehmen, blind für die Welt werden. Da ist nur die Last. Diese wird bei in der Lehre Geübten, mit der Zeit alle Wertungen verlieren, damit leichter und verschwinden oder bei in der Lehre Ungeübten immer schwerer und führt zu starken Verblendungen, Leiden.


    Meine Erfahrung ist, dass ich einen großteil der aufgenommenen Last der Trauer mit in das Grab dessen gesenkt habe, um den ich traure. Das tat weh, wie die Liebe zum Lebenden. Ich habe mich mit beerdigt, der, der den Lebenden noch liebt.


    Das ist ein mittlerer Weg, der immer wirkt Zeiten (Karma) unabhängig, wenn ich Totes, das zerstört oder zerfallenes Lebewesen so loslasse:

    Ich kann Totes nicht lieben, weil es mich nicht lieben kann.

    Vergessen, dass ich liebte, kann ich nicht, aber mich dadurch an Totes binden war mir nicht mehr möglich.

    Die Unermesslichen waren sofort klar erlebbar.

    Ich ist nicht Körper. Selbst ist temporäre Erscheinung. Körper ist nicht Ich. Subjektiv

    Bewusstsein ist nicht Körper, Leben ist temporär, Körper ist nicht Bewusstsein. Objektiv

  • Desweiteren ist das Wesentliche dabei nicht, dass man an der Welt mit ihren Fehlern und Schwächen nicht mehr teilhat, sondern lediglich, dass man an ihr nicht teilhaben muss und andere Methoden hat, mit ihr umzugehen, also auch "zu lassen". Es wäre zum Beispiel fatal, wenn man glaubte, man könne sich nach einer "Nicht-Übertragung" oder einem Erwachen nicht mehr gierig nach einem Menschen sehnen. Es ist also nicht nur so, das prophezeie ich, dass man es tut, sondern sogar explizit so, dass man es tun darf im Chan/Zen. Deshalb steht die Hinwendung zur Welt im Mittelpunkt, und dass man sich weiter schmutzig macht, aber im Kern davon nicht berührt wird wie der Normalverbraucher.

    Bevor ich mich endlich aus diesem Faden verdufte, wollte ich ein kleines Zitat aus dem Büchlein von Günter Wohlfart, Zen und Haiku, Reclam-Verlag, S. 30, zitieren:


    Zitat

    Die sogenannte Erleuchtung ist nach Rinzai nur ein Pflock, an dem Esel angebunden werden. Die Erwartung einer Erleuchtung ist das größte Hindernis auf dem Weg zur Erleuchtung. Die sogenannte Erleuchtung bzw. das Erwachen ist nur ein Traum. Aus diesem Erwachen zu erwachen, ist Erwachen. Das Festhalten an der Erleuchtung als einem Licht, das ich in meine Sache bringe, ist luziferisch. Schwärmer mit brennendem Ehrgeiz fliegen in dieses übernatürliche Licht. Dem Licht nähert man sich am besten wie ein Ruderer: rückwärts, das Licht Licht sein lassend, um – nicht geblendet von ihm – das Gesicht und den Blick der Dinge zu sehen, auf die es fällt.


    Kursiv im Originaltext markierte Stellen habe ich so belassen, wie sie sind.

    Alles Gute! :taube: :taube: :taube:

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Ein Mönch fragte Tozan: "Was ist Buddha?"

    "Drei Pfund Flachs."


    Sowohl Tozan, "Was Ist...?" als auch drei Pfund Flachs sind Objekte gegenüber dem Subjekt Ich/Mönch-Frage.

    Buddha ist also alles, was nicht Tozan, Mönch/Ich, die Frage, die Antwort ist.

    ###

    „He, Mönche, ihr solltet kapieren, dass es ein höchstes Verständnis des Buddhismus gibt!“

    „Was ist denn das höchste Verständnis?“

    „Buddhismus ist nicht Buddha.“


    Buddhismus ist der Pflock, an dem Buddhisten, Buddha anbinden.

    So entkommt er ihnen nicht immer wieder. Die Frage ist dann: Wer ist der Esel?

    Ich ist nicht Körper. Selbst ist temporäre Erscheinung. Körper ist nicht Ich. Subjektiv

    Bewusstsein ist nicht Körper, Leben ist temporär, Körper ist nicht Bewusstsein. Objektiv

  • Ein Mönch fragte Tozan: "Was ist Buddha?“

    „Drei Pfund Flachs.“


    Die Antwort führt zum Satori, jeder Koan ist ein Dokument des Satori, weil ihm klar wurde das „Buddha“ nur eine Vorstellung seinerseits sein kann und nicht objektiv existiert wie der Flachs, egal, wie viel er wiegt.

    Wäre der Buddha statt Flachs am Ort, gäbe es die illusorische Frage nicht.

    Ich ist nicht Körper. Selbst ist temporäre Erscheinung. Körper ist nicht Ich. Subjektiv

    Bewusstsein ist nicht Körper, Leben ist temporär, Körper ist nicht Bewusstsein. Objektiv