Säkularer Buddhismus im Vergleich

  • Hier etwas ausführlicher die Position von Ajita Kesakambali

    Dankenswert, dass du diesmal nicht nur einen Kommentar postest.
    Zunächst sollte folgendes beachtet werden. In gewisser Weise haben wir es hier mit einer Polemik gegen eine der philosophisch-religiösen Strömungen z.Z. Buddhas zu tun, da aber von denen keine eigenen Überlieferungen erhalten geblieben sind, kennen wir sie nur durch verschiedene (nicht nur buddhistische) Berichte über diese Strömung. Sehr wahrscheinlich wird Ajita Kesakambali in den Pali-Überlieferungen mit Makkhali Gosali verwechselt.
    Der Grund besteht darin, dass beide leugneten, dass es überhaupt eine Möglichkeit der Einflussnahme auf sowas wie "Karma" geben könnte. Karma wird selbst nicht geleugnet. (Näheres darüber bei Johannes Bronkhorst).
    Deshalb ist auch die Zuschreibung "materialistisch", oder "nihilistisch" völlig unangebracht, das sind ideologische Kampfbegriffe aus dem Europa des 19. Jahrhunderts und sie gehören ganz klar nicht hierher.


    Dieser Mensch ist aus vier Elementen gemacht, wenn man stirbt, geht die Erde zur Erdmasse zurück, geht das Wasser zur Wassermasse zurück, geht das Feuer zur Feuermasse zurück, geht die Luft zur Luftmasse zurück. Die Sinnesfunktionen gehen in den Raum.

    An dieser Stelle unterscheidet er sich in der Sache überhaupt nicht von der Lehre Buddhas, sondern nur in den Folgerungen daraus.

    Quote

    Wer da tot und abgestorben ist, o Bruder, dessen körperliche Elemente sind aufgelöst und erloschen, dessen sprachliche Elemente sind aufgelöst und erloschen, dessen geistige Elemente sind aufgelöst und erloschen, die Lebenskraft ist aufgezehrt, die Wärme verflogen, die Sinne zerstoben;...
    M43



    Und warum wird eigentlich von den Wiedergeburts-Gläubigen nie auch an folgendes gedacht:


    Zitat

    Gleichwie etwa, ihr Mönche, wenn diese große Erde gänzlich mit Wasser bedeckt wäre, und es hätte ein Mann eine einkehlige Reuse hinein geworfen; die würde vom östlichen Winde nach Westen getrieben, vom westlichen Winde nach Osten getrieben, vom nördlichen Winde nach Süden getrieben, vom südlichen Winde nach Norden getrieben; und es wäre da eine einäugige Schildkröte, die von 100 zu 100 Jahren je einmal emportauchte. Was meint ihr nun, ihr Mönche: sollte da die einäugige Schildkröte, die von 100 zu 100 Jahren immer je einmal emportaucht, in jene einkehlige Reuse mit ihrem Halse hineingeraten?"

    "Nur selten mag es sein, o Herr, daß eine solche einäugige Schildkröte, die von 100 zu 100 Jahren immer je einmal emportaucht, in jene einkehlige Reuse mit ihrem Halse hineingeraten kann".

    So selten auch nur ist es, ihr Mönche, daß man Menschentum erlangt.

    S.56.48. Das enge Loch III - Dutiyachiggaḷayuga Sutta


    Ganz zu schweigen, von der Seltenheit einer Wiedergeburt als Reicher, Adliger oder was weiß ich.

    Übrigens, in gewisser Weise haben Ajita Kesakambali/ Makkhali Gosali sogar recht:

    Wer sich nämlich eine "bessere Wiedergeburt" wünscht, entfernt sich nur noch mehr von "keiner Wiedergeburt", weil er mit diesem Glauben nur seinen "Ich- und Mein-Wahn" verstärkt.
    Erst wenn man sein Tun nicht mehr mit dem Verlangen danach verbindet, Gleiches zu erfahren (was ja der Wirklichkeit entspricht), beginnt der Befreiungsprozess.

  • Die Griechen sahen diejenigen, die die Götter leugneten mit Argwohn. Die Denkweise dahinter war nicht so sehr religiös sondern lag darin, dass die Götter als das Fundament der moralischen und sozialen Ordnung halten. Es wurden ja alle Verträge und alle Ehen bei den Göttern geschlossen und wenn es die Götter nicht gab, halt dies alles nicht. Meine Frau ist nicht mehr meine Frau, mein Haus nicht mehr mein Haus, und wenn niemand die Götter fürchtet - so dachte man - kann ja jeder betrügen, stehlen und Fremdgehen wie er will. Ohne Götter droht Nihilismus und Anomie.


    Und ich denke mir, im indischen Denken erfüllte Wiedergeburt die Funktion eines moralischen Fundament der Gesellschaft. Die Leute - so die Denkweise - handeln aus Furcht vor schlechter Wiedergeburt und in Hoffnung auf gute Wiedergeburt ethisch. Wiedergeburt ist das was sie zum Asketentum motiviert. Und von daher sah man Materiallisten ebenfalls als Wegbereiter von Nihilismus und Anomie. Wahrscheinlich hatte man ein ähnliches und wie die Griechen: Das alle rauben, plündern und Vergewaltigen wenn es kein stabiles metaphysisches Fundament gibt.


    Aber heute sieht man dich, dass eine Gesellschaft auch ohne ein solches funktionieren kann. Und von daher gibt es eben säkulare Buddhisten, die das auch

    im Buddhismus als optional sehen.

  • Seine Argumentation stützt sich also vor allem auf die Vereinbarkeit mit einem "wissenschaftlichen Weltbild" und hier vor allem mit einem "westlichen, wissenschaftlichen Weltbild". Das Wissenschaftlichkeit eine Methode ist während Weltbilder ja immer ideologische Konstruktionen sind und welchen Zündstoff das "westlich" beinhaltet übergeht er eher.

    Wenn dem so ist (ich weiß es nicht) hielte ich diesen Ansatz für grundsätzlich falsch.

    Stephen Batchelor würde bei solcher Argumentation genau denselben Fehler begehen, wie er auch von der Gegenseite gemacht wird. Alles was iwie im PK steht unkritisch als das reine Wort Buddhas zu nehmen.
    Eigentlich unhaltbar bei einer modernen Exegese.

    Wenn man etwas kritisieren will, dann kann man es sehr gut auch anhand der inneren Widersprüche tun, die sich aus verschieden innerbuddistischen Positionen ergeben.


    Ich übersetze "säkular" für mich übrigens mit "nicht-religiös". Etwas, was Batchelor eher nur am Rande tut. Er möchte gern als Begründer eines "Buddhismus 2.0" gesehen werden.

    Edited once, last by Metta ().

  • Nein, der Grund ist, dass sich in den Texten die Zeugen vieler der mehr als 18 frühbuddhistischen Schulen finden, die damals bereits sehr unterschiedliche Zugänge zum Dharma hatten. Die Versuche all dies in ein einheitliches System zu quetschen, sind zum Scheitern verurteilt.


    Säkularer Buddhismus ist auch eine Reformbewegung, wie es zum Beispiel auch Zen einmal war. Die Frage, die wir uns deshalb stellen, ist, was hat Buddha wohl wirklich gelehrt. Eine Antwort darauf: Es war sicher nicht eine Lehre, die von monokausalen Karmafolgen ausging.

    Das Studium der Frühschriften ist ja eine gute Sache für Wissenschaftler. Ob das frühere das bessere ist, sei da mal dahin gestellt.


    Säkularer Buddhismus ist mit dem Zen nicht vergleichbar. Zen hat einige Jahrhunderte gebraucht und sich in China mehrfach transformiert - dagegen ist der säkulare Buddhismus noch nicht mal 50 jahre alt. :)

    Allerdings hat der Zen wenig Neigung zum Spekulativen - und stimmt da auch mit dem Buddhadharma überein. Aber im Gegensatz zu Batchelor und dem säkularen Buddhismus kennt Zen Karma und Wiedergeburt.


    Als Beispiel ist hier Bodhidharma zu nennen und seine 'Zwei Eingänge und vier Übungen".

    Hier in Englisch


    Allerdings ist Bodhidharma legendär - d.h. die Chinesen nahmen es nie so historisch genau mit ihren großen Figuren - wie das eben auch für Rinzai gilt und gar manche andere Patriarchen.


    Und Sudhana hat mal auf seinem blog auch was zu Karma geschrieben:

    zensplitter

    :zen:



  • „Man sieht mit dem Himmlischen Auge, das geläutert und dem
    menschlichen überlegen ist, die Wesen sterben und wiedererscheinen, niedrige und hohe, schöne und häßliche, in Glück und Elend, und man versteht, wie die Wesen ihren Handlungen gemäß weiterwandern.“

    Sehr schön, und wie interpretierst du das aufgrund deiner Erfahrungen?

  • Dass das Ich wiedergeboren wird, bestätigt und bestreitet Buddha immer wieder in den dem Hörer angepassten Gesprächen.

    Ohne Frage. Aber die Frage ist einfach: "Wie?"
    Man nähert sich dieser Frage, wenn man klar und deutlich sagen kann, was denn "das Ich" ist. Da scheint es immer wieder auch bei den "Langgedienten" zu hapern, sonst hätten wir nicht immer wieder diese Frage.

    Quote

    bezeichnet er die Frage nach dem wiedergeboren Werden des Ich immer als Frage, die nicht beantwortet werden kann, auch nicht von ihm.

    Das halte ich für völlig unbelegt, seine ganze Lehre handelt davon.

  • Säkularer Buddhismus ist mit dem Zen nicht vergleichbar.


    Hättest Du gern, nicht wahr? Ich lese da nichts als Dünkel. Zen war irgendwann auch mal nur irgendwas neues, über das andere die Nase gerümpft haben. Übrigens finden wir in den frühbuddhistischen Texten eine klare Abgrenzung gegenüber Ritualen. Zen ist voll davon. Also insgesamt kein Grund für irgendeine Überheblichkeit.

    "Es gibt nur eine falsche Sicht: Der Glaube, meine Sicht ist die einzig richtige."

    Nagarjuna / 塞翁失馬焉知非福

  • Das ist halt ähnlich wie bei einem Kreuzworträtsel: Es kommt vor, dass nur ein einziger Begriff waagerecht möglich erscheint und nur ein einziger Begriff senkrecht, aber es passt nicht an der Stelle, wo sie sich treffen. Meistens liegt der Fehler dann nicht beim Rätselautor, sondern beim Lösenden.

    Könnte also auch an dir liegen.
    Zunächst mal sollte man anerkennen, dass es sich tatsächlich um Widersprüche handelt, wie sie sich auf der rein textlichen Ebene darstellen.
    Als Gründe sollte man zumindest 2 Möglichkeiten in Betracht ziehen: a) tatsächliche Redaktion und/oder/aufgrund b) Fehlinterpretation der früheren Hörer.
    Beides scheint mir angesichts der heutigen Situation, das Hörerklientel betreffend, höchstwahrscheinlich.

    Wie kommt man da raus: Man braucht ne klare Richtschnur, worum es eigentlich in der Buddhalehre geht, dann klappt das auch. Wer allerdings jedem Pups hinterherjagt, scheitert daran natürlich grandios.


    Quote

    Wo er nicht weiterkommt, schneidet er die missliebigen Teile heraus und ersetzt sie nach eigenem Gutdünken mit dem, was da der Autor wohl eigentlich gemeint hat.


    Und du weißt das? Dann mal los.

    Edited once, last by Metta ().

  • Übrigens finden wir in den frühbuddhistischen Texten eine klare Abgrenzung gegenüber Ritualen

    Das stimmt so nicht. Rituale (Regeln), Ansichten, Wissen und Erkenntnis, sind zunächst genauso notwendig, wie sie später auch losgelassen werden müssen.

    Quote

    Auf Grund von Ansicht nicht, von Wissen und Erkenntnis,

    Nicht kann man wegen Regeln und Gelübden von der 'Reinheit' sprechen.

    Doch auch nicht ohne Ansicht, Wissen und Erkenntnis,

    Nicht ohne Regeln und Gelübde, auch nicht ohne diese.

    Abwerfend jene, nicht sich (an diese) klammernd, Wird man, gestillt und stützenlos, kein Dasein mehr ersehnen.

    SN IV.9, 839

  • Das große Rätsel für mich ist ja folgendes:


    Die Säkularisierung führte ja zu einer Entmischung religiöser und weltlicher Fragestellungen. Während vorher das Christentum in allen Bereichen des Lebens hineinragte - in Erziehungssystem, in Politik, in die Organisation der Gesellschaft , führte die Säkularisierung zu einer Trennung. Für Welterklärung war die Wissenschaft zuständig. Für die Lenkung der Gesellschaft die Politik, für die Erziehung das Schulsystem. Und die Religion war nur mehr für religiöse Fragen ( Seelenheil zuständig) durch Säkularisierung wurde die Religion also sozusagen religiöser!


    Von daher würde das doch für den Buddhismus auch bedeuten, dass der Buddhismus sich seinem religiösen Ziel ( Befreiung ) widmet und die dazu nötigen Konzepte verwendet. Die dann nur für dieses Ziel funktionieren müssen ohne eben mit der Wissenschaft kompatibel sein zu müssen.


    Von daher wäre doch dann die Absage: "Glaube an was auch immer so lange dies als geschicktes Mittel ( upaya) hilft um dich dem Ziel näherzubringen."


    Aber warum ist das nicht so? Für Stephen Bachelor ist ja gerade auch die gesellschaftliche Wirkung von religiösen Ansichten wichtig. Also z.B ob die Idee von Karma Ungerechtigkeit und Ungleichheit legitimiert. Oder ob ein bestimmter Glaube mit der Wissenschaft inkompatibel ist.

  • Von daher würde das doch für den Buddhismus auch bedeuten, dass der Buddhismus sich seinem religiösen Ziel ( Befreiung ) widmet und die dazu nötigen Konzepte verwendet.

    Verstehe diese Ableitung nicht. Befreiung ist doch im Buddhismus etwas, das Religion, auch Buddhismus als Religion, hinter sich lässt. Religion ist bestenfalls nur ein (mögliches) Floß.

  • Hinsichtlich der Ausgangsfrage wie es sich mit den Auswirkungen von guten und schlechten Taten verhält, hilft dann der gesunde Menschenverstand weiter - wie auch sonst oft: Alles, was wir tun hat eine Auswirkung manchmal auch weit über unsere individuelle Existenz hinaus. Diese ist aber weder kontrollierbar noch moralisch.


    Das bedeutet, im Unterschied zu religiösen Vorstellungen, haben gute Taten nicht automatisch gute Auswirkungen und böse Taten nicht automatisch schlechte Auswirkungen.

    Ganz so einfach verhält es sich ja auch im Buddhadharma nicht, wie der Buddha hier ausführt:


    Quote

    A.III.101 Die Karmawirkung - 9. Loṇakapalla Sutta

    Sollte, ihr Mönche, die Behauptung zutreffen, daß der Mensch für jedwede Tat (kamma), die er verübt, die ihr jedesmal genau entsprechende Wirkung erfährt (*3), so ist in diesem Falle, ihr Mönche, eine heiliger Wandel ausgeschlossen und keinerlei Möglichkeit besteht für völlige Leidensvernichtung.


    Sollte aber, ihr Mönche, die Behauptung zutreffen, daß, wenn der Mensch eine Tat verübt, er je nach der unterschiedlichen Art der zu erfahrenden Auswirkung die der Tat entsprechende Wirkung erfährt (*4), so mag es in diesem Falle einen heiligen Wandel geben und es besteht die Möglichkeit für völlige Leidensvernichtung.

    Nur, weil eben nicht zwangsläufig z.B. eine böse Tat genau entsprechende negative Auswirkungen bringt, ist überhaupt eine Leidensvernichtung möglich.


    (Angulimala*, der 999 Menschen umbrachte, hätte dementsprechend ewig in diversen Höllen schmoren müssen, stattdessen erlangte er später Befreiung.


    *https://www.palikanon.com/buddhbib/07budjng/budjng13.htm )


    Die Wirkung von Karma wird durch mehrere Faktoren beeinflusst, wie die Tatumstände, Geisteshaltung während der Tat und spiritueller Entwicklungsstand des Handelnden:

    Mit einem Gleichnis verdeutlicht der Buddha das Gelehrte:

    Die Wirkungen von Karma sind also komplex und nicht immer unmittelbar sichtbar (dabei kann beispielsweise auch eine schlechte Tat durch viele gute abgemildert werden und umgekehrt).



    Letztlich geht es aber bei der buddhistischen Praxis nicht um die Anhäufung guten Karmas, sondern darum, kein Karma mehr zu erzeugen, mithin um die Befreiung aus dem karmischen Kreislauf - > durch Entwicklung von Weisheit, ethischem Verhalten und Meditation, die innere Transformation bewirkt.




    Liebe Grüße _()_ :heart: :)

    Loslassen....öffnen... - und alles fügt sich.


    "Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch." (F. Hölderlin)


    "...In der Aufhebung des Begehrens (tanha) besteht die Aufhebung des Leidens.

    Dieser edle achtfache Pfad aber ist der zur Aufhebung des Leidens führende Weg..."

    (AN.VI.63)

  • Ganz genau. Aber es gibt dazu auch einen Text aus dem Kanon. Ich schau mal danach und zitiere ihn dann.

    Ja, das ist eine gute Idee, finde ich.

    Er sagt klar, dass die Effekte eine Handlung nicht vorhersehbar sind. MN 135 und MN 136 sind übrigens kein Wort eines historischen Buddha, sondern spätere Hinzufügung.

    Warum ausgerechnet diese und nicht zum Beispiel zehn oder hunderteinundvierzig?

    Viele Grüße

    Elliot

    Edited once, last by Elliot ().

  • Sehr wahrscheinlich wird Ajita Kesakambali in den Pali-Überlieferungen mit Makkhali Gosali verwechselt.

    In der von Hendrik herangezogenen Lehrrede wird zu Makkhali Gosala gesagt:


    "Daraufhin sagte mir, Verehrungswürdiger, Makkhali Gosāla Folgendes: 'Nicht gibt es, Großkönig, einen Grund, nicht gibt es eine Ursache für das befleckt Werden der Wesen. Ohne Grund, ohne Ursache beflecken sich die Wesen. Nicht gibt es einen Grund, nicht gibt es eine Ursache für die Reinwerdung der Wesen. Ohne Grund, ohne Ursache reinigen sich die Wesen. Nicht gibt es Selbstverantwortung, nicht gibt es Verantwortung für andere, nicht gibt es menschliche Verantwortung, nicht gibt es Tatkraft, nicht gibt es menschliche Stärke, nicht gibt es menschliches Streben. Alle Wesen, alle Lebewesen, alle Kreaturen, alle Lebenden haben keinen willentlichen Einfluss, haben keine Kraft, haben keine Tatkraft. Infolge von Schicksal und äußeren Umständen empfinden sie Wohl und Leid in den sechs Existenzbereichen. Es gibt eine Million vierhunderttausend hauptsächliche Geburten und weitere sechstausend und noch weitere sechshundert, fünfhundert Taten und noch fünf Taten und noch drei Taten und noch eine und eine halbe Tat. Es gibt zweiundsechzig Vorgehensweisen, zweiundsechzig Zwischenweltperioden, sechs Existenzbereiche, acht Stufen des Menschen, viertausendneunhundert Arten des Lebenswandels, viertausendneunhundert Arten von Wanderasketen, viertausendneunhundert Gegenden wo Schlangengeister leben, zweitausend Fähigkeiten, dreitausend Höllen, sechsunddreißig Elemente von Staub, sieben wahrnehmende Wesensklassen, sieben nichtwahrnehmende Wesensklassen, sieben durch Knoten sich fort-pflanzende Wesen, sieben Götter, sieben Menschen, sieben Dämonen, sieben Seen, sieben Strudel, siebenhundert Strudel, sieben Abgründe, siebenhundert Abgründe, sieben Träume, siebenhundert Träume, acht Millionen vierhunderttausend große Weltperioden durchwandern die Toren und die Weisen, (danach) beenden sie das Leid. Doch dies gibt es nicht: Durch diese Sittlichkeit, durch diese Gelübde, durch diese Askese, durch diesen Reinheitswandel werde ich die noch nicht gereifte Tat zur Reife bringen und wenn die gereifte Tat eintritt, löse ich sie auf, indem ich sie erleide. So ist das nicht. Wohl und Leid ist wie mit einem Maß zugemessen, der Samsara ist begrenzt, es gibt keine Verkürzung und keine Verlängerung, keine Vergrößerung und keine Verkleinerung. Wie ein hingeworfenes Garnknäuel sich abwickelt und auflöst, so durchwandern die Toren und die Weisen den Samsara und beenden das Leid.'"


    Einem säkularen Buddhisten fällt es vermutlich einfacher, seine Sichtweise von dieser dem Makkhali Gosala zugeschriebenen abzugrenzen, als von der dem Ajita Kesakambali zugeschriebenen.


    Hier nochmal modernere Interpretationen:


    Purana Kassapa

    Ajita Kesakambali

    Makkhali Gosala

    Pakudha Kaccayana

    Viele Grüße

    Elliot

  • Einem säkularen Buddhisten fällt es vermutlich einfacher, seine Sichtweise von dieser dem Makkhali Gosala zugeschriebenen abzugrenzen, als von der dem Ajita Kesakambali zugeschriebenen.

    Wie gesagt, das sind alles nur Sockenpuppen, also personalisierte Stellvertreter von Standpunkten, gegen die damals argumentiert werden sollte. Die Argumentation ist natürlich um so einfacher, je überspitzter man die Gegenposition darstellt.
    Wieso brauchst du diese Polemik, wo du doch auch ohne Not gegen aktuelle "säkulare" Standpunkte argumentieren könntest, indem du dich allein auf diese beziehst.
    Dabei könnte man dann auch überprüfen, ob du sie richtig wiedergibst, was man Makkhali Gosala/Ajita Kesakambali überwiegend nicht kannst. Ich hielte das jedenfalls für redlicher.

  • Wieso brauchst du diese Polemik, wo du doch auch ohne Not gegen aktuelle "säkulare" Standpunkte argumentieren könntest, indem du dich allein auf diese beziehst.

    Diese Diskussion ist ja nicht entstanden, weil ich gegen säkulare Standpunkte argumentieren wollte, sondern weil ich Hendrik gefragt habe worin ein säkularer Buddhist eine Frucht guter oder böser Taten sieht. Für den Fall, dass er sich von der einem Ajita Kesakambali zugeschriebenen Sichtweise abgrenzen möchte.

    Viele Grüße

    Elliot

  • Diese Diskussion ist ja nicht entstanden, weil ich gegen säkulare Standpunkte argumentieren wollte, sondern weil ich Hendrik gefragt habe worin ein säkularer Buddhist eine Frucht guter oder böser Taten sieht. Für den Fall, dass er sich von der einem Ajita Kesakambali zugeschriebenen Sichtweise abgrenzen möchte.

    Und ich habe dir gezeigt, dass der von dir dargestellte, angeblich "materialistische" Standpunkt von Ajita Kesakambali, nämlich, dass die Körper-Geist-Einheit mit dem Tode vollständig zerfällt, so auch beim Buddha, und eigentlich auch konsequenter, zu finden ist.
    Dieses Argument eignet sich überhaupt nicht zur Abgrenzung.

  • Zitat

    Aus Suttacentra.net

    Der König fragt Ajita Kesakambali, Ajitas mit der Haardecke

    Er antwortete mir: „ Geben, Opfer oder Spenden haben keinen Sinn.“ Es gibt keine Früchte und kein Ergebnis von guten und schlechten Taten. Es gibt kein Leben nach dem Tod. So etwas wie Mutter und Vater oder Wesen, die durch unmittelbares Erscheinen wiedergeboren werden, gibt es nicht. Und es gibt keine Asketen oder Brahmanen, die sich richtig benehmen, richtig üben, und die das Leben nach dem Tod erklären, nachdem sie es durch eigene Einsicht erkannt haben.

    Das Leugnen von „Mutter und Vater“ wird gewöhnlich als das Leugnen moralischer Verpflichtungen gegenüber seinen Eltern gedeutet. Ich denke aber, es ist eine Doktrin (Aussage mit Allgemeingültigkeitsanspruch (es gibt nur weiße Schwäne)) der Empfängnis, die Leugnet, dass ein Kind durch Mutter und Vater geschaffen wird.


    Vielmehr wird das Kind von den vier Elementen erzeugt, und die Eltern sind bloße Impulsgeber und Brutapparat. Dieser Mensch besteht aus den vier Grundzuständen. Wenn er stirbt, mischt und verbindet sich die Erde in seinem Körper mit der Substanz der Erde, das Wasser in seinem Körper mischt und verbindet sich mit der Substanz des Wassers, das Feuer in seinem Körper mischt und verbindet sich mit der Substanz des Feuers und der Wind in seinem Körper mischt und verbindet sich mit der Substanz des Windes. Die Sinne gehen in den Raum über. Das ist eine materialistische Analyse des Menschen. Vier Männer mit einer Bahre tragen die Leiche weg. Ihre Fußspuren zeigen den Weg zum Friedhof. Die Knochen bleichen aus. Den Göttern gewidmete Gaben enden als Asche. Geben ist eine Doktrin (Aussage mit Allgemeingültigkeitsanspruch) von Schwachsinnigen. Wenn jemand eine Lehre von etwas Bestehendem bejaht, ist das bloß unbegründeter, falscher Unsinn. „Törichte wie Kluge werden vernichtet und zerstört, wenn ihr Körper auseinanderbricht, und bestehen nach dem Tod nicht fort.“


    Und als ich so Ajita mit der Haardecke nach den Früchten des Asketenlebens fragte, die noch in diesem Leben offensichtlich sind, antwortete er mit der Doktrin (Aussage mit Allgemeingültigkeitsanspruch) der Vernichtung. Es ist, als ob jemand, der über eine Mango gefragt hätte, mit einer Brotfrucht geantwortet hätte, oder jemand, der über eine Brotfrucht gefragt hätte, mit einer Mango geantwortet hätte. Ich dachte: ‚Wie könnte jemand wie ich sich erlauben, einen Asketen oder Brahmanen, der in meinem Reich lebt, zu tadeln?‘ Daher begrüßte ich diese Aussage Ajitas mit der Haardecke weder, noch lehnte ich sie ab. Ich war verstimmt, zeigte aber meine Verstimmung nicht. Weder stimmte ich seinen Worten zu, noch widersprach ich ihnen, sondern erhob mich von meinem Sitz und ging.


    Wie kann man sich davon abgrenzen, das würde dazu führen, dass es nur weiße Schwäne oder nur schwarze Schwäne gibt. Der König hat recht, wenn er weder zustimmt noch ablehnt, denn er weiß, das schwarze Schwäne immer wieder zufällig erscheinen und beweisen, dass es keine allgemeingültigen Aussagen gibt. Andererseits ist nur das Real, was auch ein anderer mit seinem Körper bestätigen kann, alles andere ist metaphysisch und wird geglaubt, nicht weiter schlimm, wenn man weiß, dass man glaubt.


    Buddha antwortet immer so, dass der Gesprächsteilnehmer weiß, dass er glaubt und nicht so, dass er den Glauben des anderen zerstört, das muss derjenige schon selbst machen.

    Menschen haben oft Schwierigkeiten, auf das Wesentliche reduzierte Menschen zu verstehen.

    Ein Mensch, der sich auf das Wesentliche reduziert, hat Schwierigkeiten, sich anderen Menschen verständlich zu machen.

    Ich werde den Weg des mich Reduzierens nicht mehr verlassen, kann ich auch nicht.

    Den gehe ich seit Jahrzehnten.

  • Qualia

    Es wäre schön, wenn du Zitat und Kommentar konsequent sichtbar trennen würdest. Bei PK-Zitaten bietet sich auch eher deutsche Übersetzungen aus http://www.plaikanon.com an, als aus "suttacentral" mit iwelchen Übersetzungsprogrammen.

    Doktrin bedeutet erstmal nix anderes als "Lehrmeinung".

    Das ist eine materialistische Analyse des Menschen.

    In diesem Sinne war dann auch der Buddha "materialistisch": Siehe M43

    Wenn jemand eine Lehre von etwas Bestehendem bejaht, ist das bloß unbegründeter, falscher Unsinn. „Törichte wie Kluge werden vernichtet und zerstört, wenn ihr Körper auseinanderbricht, und bestehen nach dem Tod nicht fort.“

    Dem kann ich mich uneingeschränkt anschließen, auch wenn das nur die halbe Wahrheit ist, und leider wird nicht überliefert, ob nicht Ajita Kesakambali auch dazu etwas sagte.
    Für andere Leute erscheint Ajita Kesakambali "Vernichtungsansicht" aber als eine derartige Kränkung ihres Egos, dass sie immer wieder eine Ausflucht daraus suchen.
    Vernichtungsansicht ist übrigens beim Buddha etwas anderes, als landläufig darunter verstanden wird. Vernichtungsglaube uccheda-ditthi ist die Ansicht, daß es eine Atta gäbe (setzt es also voraus), das von der Körper-Geist-Einheit abhängig sei und daher bei deren Auflösung beim Tode auch vernichtet wird. Zu gut Deutsch, wer keinem Atta anhängt, ist auch kein Vernichtungsgläubiger.

    Es ist, als ob jemand, der über eine Mango gefragt hätte, mit einer Brotfrucht geantwortet hätte, oder jemand, der über eine Brotfrucht gefragt hätte, mit einer Mango geantwortet hätte.

    Nun ja, sie haben offenbar keine gemeinsame Gesprächsbasis gefunden. So ist das halt, wenn Ideologien aufeinanderstoßen. Was aber nicht heißt, man könne nicht die Frage beantworten, oder sie wäre nicht anderswo beantwortet worden.

    Edited 3 times, last by Metta ().

  • Übrigens finden wir in den frühbuddhistischen Texten eine klare Abgrenzung gegenüber Ritualen

    Das stimmt so nicht. Rituale (Regeln), Ansichten, Wissen und Erkenntnis, sind zunächst genauso notwendig, wie sie später auch losgelassen werden müssen

    Doch, das stimmt genauso, weil sich Buddha in Opposition zum Ritualwesen der Brahmanen befand. „Regeln“ sind nicht Rituale.

    "Es gibt nur eine falsche Sicht: Der Glaube, meine Sicht ist die einzig richtige."

    Nagarjuna / 塞翁失馬焉知非福

  • Davon habe ich nichts gesagt. Es geht darum, die englischen Texte nicht nochmal durch ein Übersetzungsprogramm zu jagen. Lies doch mal richtig, ehe du dich künstlich aufregst.

    Im von mir zitierten Teil hast Du das aber geschrieben. Falls Du es anders gemeint haben solltest, dann war es zumindest missverständlich formuliert. Dass es keinen Sinn macht, eine englische Übersetzung durch ein Übersetzungsprogramm zu jagen, wenn es (oft mehrere) deutsche Übersetzungen gibt, liegt auf der Hand. Aufregen tu ich mich übrigens nicht. Deine Antwort hingegen wirkt auf mich aufgeregt.

  • Doch, das stimmt genauso, weil sich Buddha in Opposition zum Ritualwesen der Brahmanen befand. „Regeln“ sind nicht Rituale.

    Ehrlicherweise kann ich nichts über Brahmanen-Rituale zu Buddhas Zeitensagen. Aber Regeln, wie sie im Zen üblich sind, haben nach meiner Erfahrung inhaltlichen Sinn. Selbst wenn die Halle nur mit dem linken Fuß betreten werden soll. Es könnte aber natürlich auch der rechte Fuß sein, wenn das so festgelegt wäre :D .

  • Und ich habe dir gezeigt, dass der von dir dargestellte, angeblich "materialistische" Standpunkt von Ajita Kesakambali, nämlich, dass die Körper-Geist-Einheit mit dem Tode vollständig zerfällt, so auch beim Buddha, und eigentlich auch konsequenter, zu finden ist.
    Dieses Argument eignet sich überhaupt nicht zur Abgrenzung.

    Und siehst Du dann überhaupt eine Möglichkeit, wie ein säkularer Buddhist erklären kann, warum er nicht die Sichtweise von Ajita Kesakambali teilt?

    Viele Grüße

    Elliot