Zitat
Wenn etwa ein Mensch aufgrund einer Depression hochmoralisch und tugendhaft wird, dann sagen Sie, was ist das für ein netter Mensch, wie hat er sich verändert!
Krischnamurti, vollkommene Freiheit, S.46
Eine beliebte Falle – für alle Seiten.
Wenn etwa ein Mensch aufgrund einer Depression hochmoralisch und tugendhaft wird, dann sagen Sie, was ist das für ein netter Mensch, wie hat er sich verändert!
Krischnamurti, vollkommene Freiheit, S.46
Eine beliebte Falle – für alle Seiten.
Wie kann man durch eine Depression tugendhaft und hochmoralisch werden? Von so etwas habe ich noch nie gehört.
Wenn Krishnamurti beobachtet, wie Menschen in einer Depression plötzlich „hochmoralisch und tugendhaft“ werden und von anderen dafür bewundert werden, stellt er die Frage, ob diese Tugendhaftigkeit echt ist oder nur eine Reaktion auf inneren Schmerz. Das klingt nach einer tiefgründigen Reflexion – doch mir fehlt dabei das Mitgefühl und die Tiefe, die Menschen in Krisen brauchen.
Krishnamurti kritisiert die gesellschaftliche Bewunderung für Menschen, die sich in einer Krise „verändern“. Aber er fragt nicht nach den Ursachen, warum jemand so handelt. Ist es wirklich nur ein Mechanismus, um Anerkennung zu bekommen, oder steckt dahinter echtes Leiden, Hilflosigkeit oder der verzweifelte Versuch, Halt zu finden? Wer nur die Oberfläche betrachtet, übersieht die Komplexität menschlicher Krisen.
Indem Krishnamurti die Echtheit von Tugendhaftigkeit infrage stellt, ohne das Leid der Betroffenen ernst zu nehmen, wirkt seine Haltung kalt und distanziert. Menschen, die in einer Depression nach Orientierung suchen, brauchen Verständnis und Mitgefühl – nicht die intellektuelle Frage, ob ihr Verhalten „echt“ ist.
Krishnamurti bleibt bei der Analyse stehen und bietet keine praktischen Lösungen oder Unterstützung an. Für Menschen in Krisen ist das wenig hilfreich. Wer sich fragt, warum er plötzlich „tugendhaft“ wird, braucht mehr als nur philosophische Herausforderungen – er braucht echte Begleitung und Hilfe.
Krishnamurtis Aussage mag philosophisch anregend sein, aber sie bleibt an der Oberfläche. Sie blendet das Leid und die Not der Betroffenen aus und bietet keine echte Unterstützung. Wahre Spiritualität sollte nicht nur zum Nachdenken anregen, sondern auch Mitgefühl zeigen und praktische Hilfe bieten.
Wie kann man durch eine Depression tugendhaft und hochmoralisch werden? Von so etwas habe ich noch nie gehört.
Es ist ein hilfloser Versuch, sich durch Anerkennung oder gar Bewunderung besser zu fühlen. Du hast Recht, in der heutigen Zeit eher selten. Ich glaub, das muss man aus einem historischen Kontext sehen:
In den 1950er bis 1970er Jahren (und davor) war die Gesellschaft in vielen Ländern noch stark von traditionellen Werten und Normen geprägt. Tugendhaftigkeit und Moralität galten als erstrebenswert und wurden öffentlich hochgehalten. Tugendhaft zu sein bedeutete, sich an gesellschaftliche Regeln zu halten, ehrlich, fleißig, hilfsbereit und anständig zu sein.
Beispiel: Ich verliere das Interesse an "sinnlichen Freuden" jeder Art und deute das als erfolgreiche Durchdringung der Realität als vergänglich und leidhaft. Ich werde leise und ruhig, und erzeuge eine äußere wie innere Maske der Freundlichkeit und Freigebigkeit, die aber im Kern eine neurotische Reaktion auf diese innere Zwangslage ist, mit dem Ergebnis, dass das Gefühl des Ausgenutzt-Werdens und der Erschöpfung auftritt, statt der Freude an der "selbstlosen Handlung". Dieses Charakterbild erscheint nach außen freundlich und tugendhaft – wenn auch etwas hölzeren. Und auch im Inneren kann dieser Eindruck entstehen. Unterdrückte Energien, Wünsche oder Triebe erzeugen oft eine mitunter zwanghafte Haltung zu Ordnung und Kontrolle. Auch das kann nach außen wie innen als Tugend der Ordnung und Selbstdisziplin aufgefasst werden. Die buddhistische Lehre kann hier leicht eine fruchtbare Basis für diese Fehleinschätzungen (Symptomatik) bieten.
Krishnamurtis Aussage mag philosophisch anregend sein, aber sie bleibt an der Oberfläche. Sie blendet das Leid und die Not der Betroffenen aus und bietet keine echte Unterstützung. Wahre Spiritualität sollte nicht nur zum Nachdenken anregen, sondern auch Mitgefühl zeigen und praktische Hilfe bieten.
Darum geht es doch hier gar nicht.
Beispiel: Ich verliere das Interesse an "sinnlichen Freuden" jeder Art und deute das als erfolgreiche Durchdringung der Realität als vergänglich und leidhaft. Ich werde leise und ruhig, und erzeuge eine äußere wie innere Maske der Freundlichkeit und Freigebigkeit, die aber im Kern eine neurotische Reaktion auf diese innere Zwangslage ist, mit dem Ergebnis, dass das Gefühl des Ausgenutzt-Werdens und der Erschöpfung auftritt, statt der Freude an der "selbstlosen Handlung". Dieses Charakterbild erscheint nach außen freundlich und tugendhaft – wenn auch etwas hölzeren. Und auch im Inneren kann dieser Eindruck entstehen. Unterdrückte Energien, Wünsche oder Triebe erzeugen oft eine mitunter zwanghafte Haltung zu Ordnung und Kontrolle. Auch das kann nach außen wie innen als Tugend der Ordnung und Selbstdisziplin aufgefasst werden. Die buddhistische Lehre kann hier leicht eine fruchtbare Basis für diese Fehleinschätzungen (Symptomatik) bieten.
Ah, ja jetzt verstehe ich, wie das gemeint ist. Aber man wird ja nicht wirklich moralisch und auch nicht tugendhaft sondern bildet sich das nur ein, oder?
Darum geht es doch hier gar nicht.
"Eine beliebte Falle – für alle Seiten.
" -> Wirkt schon etwas kryptisch auf mich 😄
Worum geht es deiner Meinung nach?
Aber man wird ja nicht wirklich moralisch und auch nicht tugendhaft sondern bildet sich das nur ein, oder?
Ich denke, von außen wie innen ist das manchmal nicht zu unterscheiden. Der Geist ist da schon sehr einfallsreich.
Worum geht es deiner Meinung nach?
Um das hier:
RE: Tugend und Depression
Worum geht es deiner Meinung nach?
Um das hier:
RE: Tugend und Depression
Okay, ich verstehe dein Beispiel. Da braucht es schon eine grosse Bereitschaft, sich selbst zu täuschen, die Kontrolle und Selbstwirksamkeit zu behalten, obwohl eigentlich klar sein müsste, dass da was Grundlegendes nicht stimmt.
obwohl eigentlich klar sein müsste, dass da was Grundlegendes nicht stimmt.
Dieses Gefühl lässt sich sehr leicht als "Dukkha" deuten.
Display MoreZitatWenn etwa ein Mensch aufgrund einer Depression hochmoralisch und tugendhaft wird, dann sagen Sie, was ist das für ein netter Mensch, wie hat er sich verändert!
Krischnamurti, vollkommene Freiheit, S.46
Eine beliebte Falle – für alle Seiten.
Wenn etwa ein Mensch aufgrund einer Depression Melancholie hochmoralisch und tugendhaft wird, dann sagen Sie, was ist das für ein netter Mensch, wie hat er sich verändert!
Krischnamurti, vollkommene Freiheit, S.46
Melancholie ist für Krischnamurti keine Krankheit des Nervensystems.
Depressive wurden ihrem Schicksal überlassen, weil man die Krankheit nicht verstand und nicht heilen konnte.
Meine Melancholie führte genau zu den von Krischnamurti beschriebenen Vorgängen. Eine neuronale Depression war nicht nachzuweisen.
Melancholie ist auch heute noch ein Helfer, um zu erkennen, was ich nicht ändern kann, obwohl ich es doch so gern möchte.
Viele Werke der Kunst gäbe es ohne Depression gar nicht.Sie macht vieles erst sichtbar und beschreibbar.Der Künstler bringt sie ins Werk ein,sie dient oft als Anlass.Den Künstler kann sie ausmachen und,vielleicht,fertigmachen,für den Nichtkünstler ist sie nur Belastung oder Anlass.
Viele Werke der Kunst gäbe es ohne Depression gar nicht.Sie macht vieles erst sichtbar und beschreibbar.Der Künstler bringt sie ins Werk ein,sie dient oft als Anlass.Den Künstler kann sie ausmachen und,vielleicht,fertigmachen,für den Nichtkünstler ist sie nur Belastung oder Anlass.
Als Musiker kann ich deine Ansicht bestätigen. Es hat immer irgendwie befreiend und entlastend gewirkt, wenn ich meinen Schmerz in der Musik ausdrücken konnte. Die Ursache des Schmerzes musste ich selber auflösen.
Danke für das Thema, lieber Thorsten, ich halte es für wichtig, gerade in Zeiten, wo Depressionen in der Gesellschaft rasant zunehmen (und natürlich auch Buddhisten nicht verschonen), auch über derartige Verschleierungen dieser Erkrankung zu informieren und aufzuklären,
Beispiel: Ich verliere das Interesse an "sinnlichen Freuden" jeder Art und deute das als erfolgreiche Durchdringung der Realität als vergänglich und leidhaft.
Diese - wohl speziell spirituellen Menschen, u.a. Buddhisten - unterlaufende Fehldeutung könnte sich wirklich als "Falle" (für den Betroffenen und sein soziales Umfeld) erweisen, aber, zumindest für Praktizierende des Buddhadharmas, dürfte das folgende Sutta (MN 14) vielleicht zeigen, wann man tatsächlich das Interesse an Sinnesgenüssen verliert:
Quote4. "Sogar wenn ein edler Schüler der Wirklichkeit entsprechend mit angemessener Weisheit deutlich gesehen hat, wie wenig Befriedigung die Sinnesvergnügen bieten, aber wieviel Leid und wieviel Verzweiflung, und wie groß die Gefahr ist, die in ihnen steckt; solange er nicht die Verzückung und Glückseligkeit erlangt, die von Sinnesvergnügen abgetrennt sind, abgetrennt von unheilsamen Geisteszuständen, oder etwas noch friedvolleres [2], so lange mag er noch zu Sinnesvergnügen hingezogen werden.
Aber wenn ein edler Schüler der Wirklichkeit entsprechend mit angemessener Weisheit deutlich gesehen hat, wie wenig Befriedigung die Sinnesvergnügen bieten, aber wieviel Leid und wieviel Verzweiflung, und wie groß die Gefahr ist, die in ihnen steckt; und wenn er die Verzückung und Glückseligkeit erlangt, die von Sinnesvergnügen abgetrennt sind, abgetrennt von unheilsamen Geisteszuständen, oder etwas noch friedvolleres, dann wird er nicht mehr zu Sinnesvergnügen hingezogen."
Und das galt/gilt auch für den Buddha, solange er noch ein "unerleuchteter Bodhisatta" war:
Quote5. "Vor meiner Erleuchtung, als ich noch lediglich ein unerleuchteter Bodhisatta war, sah auch ich deutlich, der Wirklichkeit entsprechend mit angemessener Weisheit, wie wenig Befriedigung die Sinnesvergnügen bieten, aber wieviel Leid und wieviel Verzweiflung, und wie groß die Gefahr ist, die in ihnen steckt [3]; aber solange ich noch nicht die Verzückung und Glückseligkeit erlangt hatte, die von Sinnesvergnügen abgetrennt sind, abgetrennt von unheilsamen Geisteszuständen, oder etwas noch friedvolleres, so lange bemerkte ich, daß ich noch zu Sinnesvergnügen hingezogen werden konnte. Aber als ich der Wirklichkeit entsprechend mit angemessener Weisheit deutlich sah, wie wenig Befriedigung die Sinnesvergnügen bieten, aber wieviel Leid und wieviel Verzweiflung, und wie groß die Gefahr ist, die in ihnen steckt; und als ich die Verzückung und Glückseligkeit erlangt hatte, die von Sinnesvergnügen abgetrennt sind, abgetrennt von unheilsamen Geisteszuständen, oder etwas noch friedvolleres, da bemerkte ich, daß ich nicht mehr zu Sinnesvergnügen hingezogen wurde."
Es selbst zu bemerken/erkennen ist demzufolge ein unerlässlicher Schritt...
Ich werde leise und ruhig, und erzeuge eine äußere wie innere Maske der Freundlichkeit und Freigebigkeit, die aber im Kern eine neurotische Reaktion auf diese innere Zwangslage ist, mit dem Ergebnis, dass das Gefühl des Ausgenutzt-Werdens und der Erschöpfung auftritt, statt der Freude an der "selbstlosen Handlung".
Sehr anschaulich beschrieben und gut analysiert - auf einen mir nahestehenden Menschen, der sich allen als "immer freundlich und hilfsbereit" und "stets heiter- gut gelaunt" präsentierte, auf Feiern den Entertainer gab, der alle unterhält und zum Lachen bringt, aber hinterher total erschöpft äußerte, dass Menschen ihn "anstrengen", scheint das zuzutreffen....
(Seine Diagnose "Depression" wollte er jedoch nie wirklich akzeptieren..)
Durch das Abweichen von Symptomen der typischen/klassischen Depression entstehen also leicht Verwirrung und Irritation.
Unterdrückte Energien, Wünsche oder Triebe erzeugen oft eine mitunter zwanghafte Haltung zu Ordnung und Kontrolle. Auch das kann nach außen wie innen als Tugend der Ordnung und Selbstdisziplin aufgefasst werden. Die buddhistische Lehre kann hier leicht eine fruchtbare Basis für diese Fehleinschätzungen (Symptomatik) bieten.
Die Buddha-Lehre fordert u.a. dazu auf, den eigenen Geist mit Achtsamkeit zu erforschen, zu behüten, zu zähmen, zu bewachen - da müsste es dem Übenden doch eigentlich irgendwann bewusst werden, was da bei ihm abläuft...?
ZitatAber man wird ja nicht wirklich moralisch und auch nicht tugendhaft sondern bildet sich das nur ein, oder?
Ich denke, von außen wie innen ist das manchmal nicht zu unterscheiden. Der Geist ist da schon sehr einfallsreich.
Es scheint schon geboten, sich ehrlich, mit dem Wunsch, die Wahrheit ans Licht zu bringen, zu reflektieren - ggf. mit sachkundiger Unterstützung durch Therapeuten und/oder Dharmalehrer.
Offenbar existiert schon eine "Benennung" für solche, sich "atypisch" ausdrückenden Depressionen":
"Smiling Depression"...
QuoteWie kam es zur Formulierung „Smiling Depression“?
Die Hauptsymptome einer klassischen Depression sind mittlerweile gut bekannt:
- ständige Niedergeschlagenheit
- Verlust von Freude
- Interessenlosigkeit
- sozialer Rückzug
- Abwehr von Aufmunterungsversuchen aus dem Umfeld
- Antriebslosigkeit und Erschöpfung, vor allem morgens
Smiling Depression ist keine Krankheitsbezeichnung. Es wird hier umgangssprachlich wie beim Begriff „Burnout“ mit einer bildhaften Formulierung auf ein noch nicht erkanntes Geschehen hingewiesen.
Die Smiling Depression, professionell als Unterform einer atypischen Depression verstanden, betrifft bestimmte Persönlichkeitstypen: Diese entwickeln bei bestehender Depression nicht genannte typische Symptome, sondern andere. Bei der lächelnden Depression wird die Erkrankung hinter einer freundlichen Fassade versteckt.
Die sogenannte hochfunktionale Depression gehört auch zu den atypischen Depressionen: Hier wird das Leiden mehr hinter Perfektionismus und nur nach Effizienz orientierter Alltagsgestaltung verborgen.
QuoteDisplay MoreWas sind typische Anzeichen einer Smiling Depression?
Diese zu erkennen und ernst zu nehmen, ist daher besonders wichtig:
- Starke Traurigkeit: Sie tritt vor allem abends auf. Tagsüber sorgen Aktivitäten noch für ausreichend kompensierende Ablenkung.
- Häufiges Essen über Sättigung hinaus: Nahrung wird zur Kompensation genutzt, dämpft und macht müde.
- Hoher Schlafbedarf: Hier ist die Kompensation die versuchte Flucht in den Schlaf.
- Hohe Empfindlichkeit gegenüber Kritik: Dies gilt besonders dann, wenn die Kritik an der vermeintlich schützenden Fassade rüttelt.
- Schweregefühl in Armen und Beinen
Sich selbst auf die Schliche zu kommen, ermöglicht manchmal auch ein Selbsttest.
Auch wer folgende Glaubenssätze verinnerlicht hat und nach ihnen lebt, wird seine Depression eher hinter einem Lächeln verbergen:
„Ich werde nur wegen meiner Fröhlichkeit, Leistung und Hilfsbereitschaft geliebt.“
„Ich will (und darf) mein (eventuell krankes) Umfeld nicht mit meinen Problemchen belasten.“
„Ich kann/muss mit meinen Problemen alleine klarkommen.“
Das Erkennen solcher für die eigene Gesundheit destruktiven Muster bedeutet in einem ersten Schritt, sich einem bislang komplett unbewussten Verhalten bewusst zu werden. Was uns aber bewusst ist, kann angesehen, geprüft und in ein selbstfürsorgliches Verhalten verändert werden.
Liebe Grüße, Anna
Im alltäglichen Leben sind sicher auch noch viele weitere Situationen denkbar die depressiven Charakter aufweisen ggf nicht als klinische Depression gelten aber dennoch im Wortsinnes als stark bedrückender Seelischer Zustand wahrgenommen werden und mit tugendhaftem Verhalten assoziiert werden.
Kurz vor dem Burnout ist so manche Betroffene äußerst fleißig und engagiert.
Ein kegelbruder geht nicht mehr zur Kegelbahn und kommt nicht mehr beschwipst und zu spät Hause. Er macht das aber nicht weil er dem Alkohol abschwört sondern aus einer sich entwickelnden Sozialphobie etc.
So vielfältig wie wir Menschen so vielfältig sind unsere Gemüter. #notjustsad
Depression ist so etwas Basales, dass Verhaltensbiologen sogar bei Recht einfachen Tieren - wie der Fluchtfliege - depressionsartige Zustände identifizieren können.
Depression auf dieser Ebene ist ein Verhalten des Rückzugs aus der Welt. Ein verletzte, krankes, überforderte, verängstigte Tier zieht sich zurück, und fährt das art typische Verhalten ( Essen, Sexualverhalten) runter. Es ist also durchaus eine Form der Entsagung. Und es ist auch wie beim Menschen durch einen niedrigen Serotoninspiegel gekennzeichnet.
Während sich aber ja bei Meditation der Serotoninspiegel erhöht. Buddhismus ist kein "trauriger Rückzug".
Ich finde das Thema nicht nur aktuell sondern auch ziemlich dramatisch:
Die Entwicklung rund um Depression und Burnout ist alarmierend und deutet auf eine weltweite Krise hin. Weltweit leiden mehr als 320 Millionen Menschen an einer Depression, das sind etwa 4 bis 5 Prozent der Bevölkerung. Auch Burnout nimmt dramatisch zu: In vielen Ländern berichten bis zu 40 Prozent der Beschäftigten von Burnout-Symptomen.
In Deutschland sind rund 9,5 Millionen Menschen von einer diagnostizierten Depression betroffen, das entspricht etwa 12,5 Prozent der Bevölkerung. Zudem geben etwa 30 bis 40 Prozent der Erwerbstätigen an, schon einmal unter Burnout gelitten zu haben oder sich innerlich ausgebrannt zu fühlen. Besonders besorgniserregend ist, dass immer mehr junge Menschen und Berufseinsteiger betroffen sind.
Diese Zahlen steigen kontinuierlich an, was die Belastung für Betroffene, Unternehmen und Gesundheitssysteme enorm erhöht. Die Kombination aus gesellschaftlichen Herausforderungen, wirtschaftlichem Druck und den Anforderungen der modernen Arbeitswelt trägt dazu bei, dass Depression und Burnout zu echten Volkskrankheiten geworden sind. Wir stehen damit vor einer globalen mentalen Gesundheitskrise, die dringendes Handeln erfordert.
Kannst du meinen ernst gemeinten Beitrag hier: RE: Tugend und Depression
aus einer menschlichen Sicht kommentieren?
Es fällt mir auf, dass du auf manche Beiträge achtsam eingehst, während andere scheinbar von dir mit avijjā (Unwissenheit) oder vielleicht mit einer Form von dosa (Abneigung) übersehen werden. Im Geist von sati (Achtsamkeit) und samma-vācā (rechter Rede) möchte ich dich einladen, auch den Stimmen Gehör zu schenken, die vielleicht nicht sofort mit deinen Ansichten in Einklang stehen.
Im Sangha ist es eine wertvolle Praxis, mit upekkhā (Gleichmut) und mettā (liebender Güte) allen Beiträgen offen zu begegnen, um gemeinsam Weisheit (prajñā) zu entfalten und nicht in selektiver Wahrnehmung oder Anhaftung an eigene Sichtweisen (ditthi-upādāna) zu verharren.
Mögen wir alle im Austausch wachsen und voneinander lernen.
Depression auf dieser Ebene ist ein Verhalten des Rückzugs aus der Welt. Ein verletzte, krankes, überforderte, verängstigte Tier zieht sich zurück, und fährt das art typische Verhalten ( Essen, Sexualverhalten) Es ist also durchaus eine Form der Entsagung. Und es ist auch wie beim Menschen durch einen niedrigen Serotoninspiegel gekennzeichnet.
Während sich aber ja bei Meditation der Serotoninspiegel erhöht. Buddhismus ist kein "trauriger Rückzug".
void.
Ich entschuldige mich, aber die sogenannte Serotonin-Hypothese ist eine glatte Lüge der Pharma-Konzerne. Das sagt der zuständige Facharzt für die führenden Leitlinien der Depression, Professor Tom Bschor, in einer ARD-Dokumentation – und das schon vor vielen Jahren. Hier
Die Depression ist ein moderner Begriff unserer Zeit, mit dem man besser Geld abkassieren kann. Das habe ich selbst im Fach „Die medizinische Dokumentation“ hier in Deutschland gelernt.
Ich möchte außerdem hinzufügen, dass Hermann Hesse, Camus oder Sartre darunter gelitten haben – aber genau das machte sie besonders kreativ und schöpferisch. Gustav Mahler hat absichtlich auf die Psychoanalyse verzichtet, um weiter Musik zu komponieren. Seine ganze Familie war depressiv.
Heute findet man alles im Internet, aber das bedeutet noch lange nicht, dass es der Realität entspricht.
Alles Gute.
Es fällt mir auf, dass du auf manche Beiträge achtsam eingehst, während andere scheinbar von dir mit avijjā (Unwissenheit) oder vielleicht mit einer Form von dosa (Abneigung) übersehen werden. Im Geist von sati (Achtsamkeit) und samma-vācā (rechter Rede) möchte ich dich einladen, auch den Stimmen Gehör zu schenken, die vielleicht nicht sofort mit deinen Ansichten in Einklang stehen.
Im Sangha ist es eine wertvolle Praxis, mit upekkhā (Gleichmut) und mettā (liebender Güte) allen Beiträgen offen zu begegnen, um gemeinsam Weisheit (prajñā) zu entfalten und nicht in selektiver Wahrnehmung oder Anhaftung an eigene Sichtweisen (ditthi-upādāna) zu verharren.
Mögen wir alle im Austausch wachsen und voneinander lernen.
Da bekommt man ja gleich noch einen Nachhilfekurs in buddhistischer Terminologie. Vielen Dank!
Ich habe Deinen Beitrag (vacana) nicht übersehen (anavalokita) und wollte damit auch keine Missachtung (tiraskṛti) zum Ausdruck bringen. Da es mir manchmal an Zeit (kāla-abhāvaḥ) fehlt oder aber ich nachdenken (cintayati) muss, um eine angemessene Antwort (uttara) zu finden, kann es manchmal etwas dauern. Aber es kommt auch vor, dass ich nichts zu erwidern (virodhayati) habe.
Was Deinen Beitrag angeht. Hm, was soll ich dazu sagen? Mir sind diese Fakten schon lange bekannt. Allerdings ging es mir in diesem Thread mehr darum, die unter religiöser Praxis verborgene Depression zu besprechen, die mir nicht selten im buddhistischen Kontext, nicht zuletzt auch in Bezug auf meine eigene Person immer wieder mal begegnet ist. Depression als allgemeines Phänomen ist auch interessant, hier soll es aber um die Gefahr gehen, buddhistische Texte im Falle einer depressiven Grundverfassung misszudeuten. Zum Beispiel das hier:
Wird dem Begehrlichen zuteil, was er begehrt,
Gewiß ist er dann frohgestimmt,
Wenn, was er wünscht, der Sterbliche erlangt.
Doch wenn dem Lüstenden, erfüllt von Willensdrang,
Die Gegenstände seiner Lust entschwinden,
Gleichwie vom Pfeil durchbohrt, so ist er dann gequält.
Wer Lüste, wie der Fuß den Schlangenkopf, vermeidet,
Das Hängen an der Welt wird achtsam er verwinden.
Nach Feldern, Land und Schätzen, nach Rindern, Pferden, Dienervolk,
Nach Frauen, Freunden, vielen Lustobjekten wer da giert,
Was machtlos scheint, das übermächtigt ihn, die Fährnisse bezwingen ihn.
Hieraus dringt Leiden in ihn ein, wie Wasser in ein leckes Schiff.
Daher soll, achtsam stets, der Mensch die Lüste meiden,
Hat er sie aufgegeben, kreuzen kann er dann die Flut,
Wie man hinübersetzt auf ausgeschöpftem Schiff.
Die Haltung, schöne und lustvolle Dinge zu meiden aus Angst vor dem Pfeil des Verlustes führt in eine enge, ängstliche Haltung der Welt gegenüber. Zugleich ist die Analyse, die sich in diesem Vers bietet, richtig. Sobald ich mein Herz an etwas hänge, laufe ich Gefahr, Leid zu erfahren. Wenn ich aber mein Herz an nichts hänge, höre ich in gewissen Maßen auch auf zu leben. Hier liegen die Untiefen, die ich in den Jahren der Praxis immer wieder einmal wahrgenommen habe, die auch den Anlass für diese Diskussion gegeben haben. Im Zustand der Freiheit (oder was ich dafür halte) fließen Lust, Freude, Angst und Leid, ohne ins Stocken zu geraten. Das Stocken, dieses Nicht-Mehr-Fließen assoziiere ich mit depressiven Episoden. Und die können sehr tugendsam wirken – nach außen wie nach innen. Ein Trugschluss.
QuoteDie Haltung, schöne und lustvolle Dinge zu meiden aus Angst vor dem Pfeil des Verlustes führt in eine enge, ängstliche Haltung der Welt gegenüber. Zugleich ist die Analyse, die sich in diesem Vers bietet, richtig. Sobald ich mein Herz an etwas hänge, laufe ich Gefahr, Leid zu erfahren. Wenn ich aber mein Herz an nichts hänge, höre ich in gewissen Maßen auch auf zu leben. Hier liegen die Untiefen, die ich in den Jahren der Praxis immer wieder einmal wahrgenommen habe, die auch den Anlass für diese Diskussion gegeben haben. Im Zustand der Freiheit (oder was ich dafür halte) fließen Lust, Freude, Angst und Leid, ohne ins Stocken zu geraten. Das Stocken, dieses Nicht-Mehr-Fließen assoziiere ich mit depressiven Episoden. Und die können sehr tugendsam wirken – nach außen wie nach innen. Ein Trugschluss.
Lieber Thorsten
Jetzt verstehe ich endlich, was du mit dem Thread sagen willst. Du hast einen wunderbaren und sehr reflektierten Text dazu geschrieben, sehr beeindruckend. Dem ist im Prinzip nix hinzu zu fügen.
Global sehe ich es aus meiner Perspektive so:
Das Leben ist ein ständiger Fluss von Wahrnehmungen, Emotionen, Gedanken und Motivationen. Sie tauchen auf, verändern sich und verschwinden wieder – so wie Wellen, die kommen und gehen. In diesem freien Strömen liegt eine große Lebendigkeit und Freiheit, denn nichts bleibt für immer, und alles darf sich wandeln.
Anhaftung entsteht dort, wo wir versuchen, bestimmte Gefühle oder Zustände festzuhalten, wo wir nicht loslassen können und immer wieder das Gleiche erleben wollen. Dann verlieren wir den natürlichen Fluss und geraten ins Stocken. Wahre Freiheit bedeutet, diesen Fluss zuzulassen, ohne festzuhalten oder zu verdrängen. So bleibt das Herz offen für alles, was kommt und geht, und wir können das Leben in seiner ganzen Tiefe erfahren.
Ich hab noch eine Ergänzung aus der Sicht der Identifikation, die den Fluss ebenfalls behindert:
Identifikation verhindert den natürlichen Fluss des Lebens, weil sie Erlebnisse, Gedanken oder Gefühle zu einem festen Teil des eigenen Selbst macht. Sobald wir uns mit etwas identifizieren – etwa mit einer Emotion, einer Meinung, einer Rolle oder einem Erfolg – entsteht das Gefühl: “Das bin ich” oder “Das gehört zu mir”. Dadurch verlieren Wahrnehmungen und Gefühle ihre Leichtigkeit und Beweglichkeit. Sie werden nicht mehr als vorbeiziehende Erscheinungen erlebt, sondern als etwas, das verteidigt, festgehalten oder ständig bestätigt werden muss.
Statt dass Gedanken, Gefühle und Erfahrungen frei durch uns hindurchfließen, klammern wir uns an sie und verweben sie mit unserem Selbstbild. Das führt dazu, dass wir auf Veränderungen, Verluste oder Kritik mit Angst, Abwehr oder Schmerz reagieren, weil wir glauben, unser Wesen selbst sei bedroht. Der Fluss stockt, weil wir nicht mehr offen sind für das Neue und Vergängliche, sondern am Alten und Vertrauten festhalten.
Indem wir erkennen, dass wir nicht unsere Gedanken, Gefühle oder Erfahrungen sind, sondern der Raum, in dem sie auftauchen und wieder verschwinden, kann der Fluss des Lebens wieder frei werden. Identifikation löst sich, und wir erleben uns selbst als Teil des lebendigen Wandels, nicht als etwas Festes, das gegen Veränderung kämpfen muss.
Identifikation behindert das im Fluss sein, nicht sich identifizieren verhindert, die Ufer zu erkennen.
Der mittlere Weg ist der Fluss, der durch seine Ufer definiert ist.
Fesseln sind sich mit dem rechten oder linken Ufer oder dem Fluss als, Das ist mein zu verbinden. Man muss immer eines ergreifen und loslassen, wenn es nicht mehr hilfreich ist.
Das ist der Stromeintritt, denn dann wird der Fluss als in Ufern eingegrenzt erkannt. Alle drei Teile vereint erzeugt den Strom, der kein Fluss ist.