Hallo zusammen!
Ich bin eigentlich ein Anhänger des Theravada, ich habe mich aber zuletzt ein wenig mit Zen beschäftigt und fand es sehr wertvoll, erbaulich und interessant. Ich fühlte auch einigen Fortschritt - dieser wurde jedoch durch einige Koans regelrecht zerstört, da sie immer wiederkehrende Fragen in mir aufbrachten, ohne deren Lösung ich beim Zen nicht mehr weiterkomme, da sie im krassen Gegensatz zum Buddhismus stehen und ich sie auf keinen Fall gutheißen kann. Es ist diese Gewalt in manchen Koans, welche anscheined nicht einmal vor dem Töten von Tieren und dem Schlagen und Verletzen von anderen Lebewesen und Menschen halt macht.
2 Beispiele zur Erinnerung:
1. Beispiel:
Im Kloster von Nansen stritten sich die Mönche des östlichen und westlichen Flügels um den Besitz einer Katze. Der Meister ergriff das Tier, hielt es vor den streitenden Mönchen hoch und sagte: "Wenn einer von euch etwas zur Rettung dieses armen Tieres zu sagen weiß, will ich es laufen lassen." Als keiner vortrat, schnitt Nansen die Katze in zwei Teile und setzte dem Streit somit ein Ende. Kurz darauf kam Joshu von einem Ausgang nach Hause. Nansen trug ihm den Fall vor und fragte ihn, was er getan haben würde, um das Tier zu retten. Joshu zog seine Sandalen aus, legte sie auf seinen Kopf und verlies so den Raum. Darauf sagte Nansen: "Wärest du dabei gewesen, so hättest du die Katze gerettet."
2. Beispiel:
Als Buddha geboren wurde, streckte er eine Hand zum Himmel und eine zur Erde uns sagte: "Himmel oben, Erde unten, ich allein bin der Verehrungswürdige." Ummon, der Begründer einer Zen-Schule sagt dazu: "Wäre ich dabeigewesen, so hätte ich ihn totgeschlagen und den Leichnam vor den Rachen eines hungrigen Hundes geworfen."
In anderen Beispielen schneidet ein Meister dem Schüler einen Finger ab, ein anderer Meister schlägt seinen Schüler als Antwort auf seine Frage nieder, ein weiterer droht seinen Schülern, sie mit seinem Stock zu schlagen.
Soweit, so gut! Bitte versucht nun nicht den Sinn von solchen Geschichten zu erklären oder zu zitieren. Ich weiß um den Sinn und um das wertvolle Etwas, das nicht ausgesprochen werden kann - das ist mir soweit schon bewußt und ich möchte hier nicht noch mehr schreiben als nötig. Die meisten Koans erfüllen ihren (Un-)sinn aber auch ohne Gewalt. Warum ist also soviel Gewalt in diesen Geschichten nötig?
Doch da diese Geschichten ja anscheinend alle wahr sein sollten, so frage ich mich doch, was dies alles überhaupt mit Buddhismus und Buddha zu tun hat. Ein buddhistischer Meister, der zur Demonstration eine Katze tötet oder einem Schüler einen Finger abschneidet und Fragen mit Schlägen beantwortet?
Worin bestünde der Unterschied, wenn der Meister die Katze hätte laufen lassen? Versteht ihr? Nur um diesen einen Punkt geht es mir: WARUM TÖTEN, VERLETZEN UND SCHLAGEN die Meister, um ihre Weisheit zu beweisen bzw. ihre Schüler zu belehren?
Folgende 2 (selbsterfundenen) Geschichten hätten wohl auch Berechtigung gehabt, wenn man die oben genannten (und anscheinend ja wahren) Geschichten rechtfertigt und ihnen auch noch Weisheit andichtet:
1. Beispiel (selbsterfunden)
Der Meister kommt hinzu, als sich die älteren Mönche darum streiten, wer den erst 6 Jährigen Tulku eines großen vergangenen Meisters unterrichten dürfte. Er sagt zu ihnen: “Ich werde ihn töten wenn ihr euch weiterstreitet. Und wenn ihr aufhört euch zu streiten, werde ich ihn auch töten.” Daraufhin wissen die Mönche keine Antwort und der Meister erschlägt den Tulku und geht weiter.
2. Beispiel (selbsterfunden)
Der Schüler fragt den Meister: ”Herr, wie erkenne ich, dass ich auf dem richtigen Weg bin?” Der Meister bricht dem Schüler mit einem Faustschlag die Nase, der Schüler stürzt daraufhin mit dem Kopf gegen einen Stein und stirbt an der Verletzung. Noch während der Körper des Schülers jedoch im Fallen begriffen war, erlangte dieser die Erleuchtung bevor er mit einem Lächeln auf den Lippen starb.
Bitte nehmt diese Beispiele nicht allzu ernst. Ich möchte damit nur demonstrieren, dass man solche Geschichten ebenfalls als Taten weiser Meister deuten könnte, hätten sie sich ereignet. Und wenn diese großen Meister anscheinend das Recht hätten andere Lebewesen zu verletzen und zu töten, dann müßte auch folgende selbsterfundene Geschichte die Tat eines großen erleuchteten Meister sein:
Der große Lama trifft auf einem Staatsempfang den amerikanischen Präsidenten. Dieser fragt den Lama sehr ernst, ob er ihm die Grundlage buddhistischer Weisheit in wenigen Worten erklären könnte. Daraufhin tritt der Meister dem Präsidenten vor allen Leuten in die Weichteile und versucht einfach weiterzugehen, ehe er verhaftet und eingesperrt wird und damit eine große Staatskrise für sein Land erwirkt. Wie soll er nun erklären, dass er dem Präsidenten nur die Grundlage buddhistischer Weisheit vermitteln wollte? Er kann nur hoffen, dass der Präsident durch den Tritt erleuchtet wurde! (O.K., nehmt das Beispiel bitte nicht zu ernst, es soll euch nur zum Nachdenken anregen....... Oder zumindest zum lachen bringen. Entschuldigt, falls ich damit etwas übertreibe.)
Bitte beachtet bei euren Antworten nur den einen Punkt auf den es mir dabei ankommt: “WARUM IST MORD UND TOTSCHLAG, VERSTÜMMELUNG UND GEWALT IM ZEN NÖTIG, UM SEINE SCHÜLER ZU BELEHREN und WARUM SOLL SOLCH EIN HANDELN WEISE SEIN und WAS HAT DAS GANZE MIT BUDDHISMUS UND BUDDHA ZU TUN und HÄTTEN DIE GROSSEN MEISTER NICHT AUCH OHNE DIESE GEWALT IHRE WEISHEIT LEHREN KÖNNEN?
Falls ihr mir hier weiterhelfen könnt, wäre ich sehr dankbar! Ich möchte Zen noch nicht aufgeben. Aber diese Frage beschäftigt mich doch sehr. Ich lehne jegliche Gewalt strikt ab, esse kein Fleisch, verletze oder töte keine Tiere und auch keine Insekten. Deshalb ist es mit meinem Verständnis des Buddhismus auch unmöglich zu vereinbaren. Und ich könnte keinen Meister akzeptieren, der um mich zu belehren ein Tier tötet, mich niederschlägt oder mir den Finger abschneidet. Versetzt euch bitte selbst in diese Lage!
Danke für eure aufrichtige Hilfe, liebe Sangha,
Euer BUDDHIST77a