Sprechen – die Wahrheit ist der Tod der Kommunikation

  • Quote from Onyx9

    " ...Aber wenn wir genau das tun, wenn wir diesem Fleischsack, den wir unser Selbst nennen,
    die richtige Form geben, dann sind wir mit einem Satz Buddhas." ( Kodo Sawaki )


    Diese beispielhaft postulierte "Wahrheit" ist der Tod jeder Kommunikation ?


    Na, dann warts mal ab ! :grinsen:


    Wenn ich mich ändere, bin ich ein Anderer. So weit ist das eine Wahrheit. Sie ist so neutral, dass sie wenig Bewegung in ein Gespräch bringen wird.


    Nehme ich das Zitat vollständiger auf, liegt für im Ausgangspunkt der Änderung, dem »Selbst genannten Fleischsack« viel Selbstverachtung, und in dem Ziel der Änderung, das Buddha sein, etwas sehr großes. Die Spanne wird (siehe meine Einlassungen zum Hochsprungsinteressierten) so groß, dass diese Wahrheit mehr Ablehnung erzeugen kann, als sie auch Anziehungskraft hat.
    Für Dich ist dieser negative Sinn nicht präsent. Ich vermute, für Dich ist das ein sehr stärkendes Zitat. Wunderbar! Ich will Dir Wahrnehmung gar nicht schmälern, denn das kann auch in diesem Zitat liegen. Aber In dem Moment, in der Du sie in das Licht des Gesprächs stellst, können Wahrnehmungen wie meine oben angeführte und viele andere, die zwischen Deiner stärkenden und meiner negativen liegen bei jedem Leser anders auftreten.


    Aber es geht mir nicht darum, dass Wahrheiten erst dann Wahrheiten sind, wenn alle sie gleich auf- und wahr(!)nehmen. Es geht darum, dass Aussagen, je näher sie in den Kontext einer Universalwahrheit rücken (oder nur gerückt werden – vom Sender oder Empfänger, da haben beide ihren Anteil dran), die Qualität verlieren können, einen weiteren Austausch anzustoßen.


    Du hältst die Fackel der Wahhrheit genauso wenig in der Hand wie ich. Über Herrn Sawaki will ich mangels Kenntnis nicht spekulieren. Wenn wir uns dessen bewusst sind, müssen wir meiner Ansicht nach mit unseren Aussagen erkennbar bleiben, damit wir bewegen und bewegt sein können.


    Hochachtungsvoll
    Mal Sehen


  • Das Problem an der Sprache/des Worts ist, das es alleine ohne einen Menschen der es spricht, individuell aufgenommen werden kann.
    Worte können von dem Einen so verstanden werden, von dem Anderen anders. Der eine kann einen Satz friedlich interpretieren, der andere kann ihn als Angriff empfinden.
    Worte lassen unglaublich viel Spielraum zu.


    Das Problem an dem Ganzen: Der der etwas zu sagen hatte, wird nie erwarten können, das sein gesagtes wirklich so ankommt bei dem Zuhörer, außer es spielen noch andere Faktoren eine Rolle: Mimik und Gestik aber auch dann könnte sein Gesagtes falsch interpretiert werden, nur kann dann ein wohlwollendes Lächeln diese Interpretation in die Richtigen bahnen lenken.


    Beim geschriebenen Wort ist es noch problematischer, denn hier spielen solche Faktoren wie Mimik und Gestik keine Rolle. Die einzige Möglichkeit die Schriftsprache so gut wie möglich verstehbar zu machen, ist beim ICH zu bleiben.
    Dies kann auch zu Missverständnissen führen, aber wenn der andere liest: Das ist die Meinung des Schreibers, dann muss er sich nicht an dessen Meinung orientieren, und sich auch nicht angegriffen fühlen.


    Vor vielen Jahren war ich politisch aktiv, ich habe einiges mit den Medien erlebt. Gerade im Bereich Fernsehen, wird mit Sprache gespielt, es wird ausgetrickst und dem anderen vorgegaukelt: alles ist positiv.


    Meine Frau und ich wurden einmal zu einer Talkrunde nach Wien eingeladen, damals ging es (angeblich) um die rechtliche Seite von Homosexuellen im Vergleich: Österreich/Deutschland.
    Wir repräsentierten die Deutsche Seite.
    Das es keine Österreichische Seite gab, also keinen der mit uns diskutieren wollte, wussten wir zu diesem Zeitpunkt nicht.
    Als es dann soweit war und wir zum runden Tisch gebeten wurden, wurde uns mit erschrecken bewusst, das wir keine Chance hatten unsere politische Sicht nahe zu bringen, denn wir wurden sogleich Sprachlich auseinander genommen.
    Man fragte uns nach unserem Kinderwunsch und den Möglichkeiten die unser Land uns bietet um ein Kind zu bekommen. Das alles mit einem Lächeln im Gesicht. Ich antwortete offen und wurde daraufhin so dermaßen auseinander genommen, das ich vor der laufenden Kamera und dem Publikum in Tränen ausbrach.


    Passiert ist da folgendes, was mir als Wohlwollen damals anhand von Sprache, Gestik und Mimik erschienen ist, hat sich im Laufe des Ereignisses als Kriegerisch entwickelt. Es war von vorneherein klar, das wir die deutschen Versuchskaninchen waren, um die Rechte in Österreich besser darzustellen. Da wir Leien waren, also keine Politiker konnten sie damit rechnen, das wir während des Gesprächs keine Argumente mehr finden würden, weil das Gespräch persönlich wurde und somit verletzend. Ich konnte es zwar rechtlich durchsetzten, das mein Tränenzusammenbruch aus der Talkrunde entfernt wurde, aber die Sendung wurde dennoch gezeigt und hat eine ziemliche Diskussion in Österreich ausgelöst / zu unseren Gunsten.


    UND das Publikum das anwesend war, hat mich weinend gesehen... was für mich eine Weile ein richtiges Problem darstellte.


    Meine Frau und ich sind danach nie wieder vor der Kamera aufgetreten, meine politische Aktivität habe ich niedergelegt.


    Sprache kann zerstören, unglaublich verletzten, sie kann aber auch Mut machen und zärtlich streicheln - Berühren.


    Ohne Sprache könnten wir uns nicht verständlich machen, ein groß Teil unseres Inneres wäre damit für immer eingeschlossen..
    Wir brauchen Sprache um ein Miteinander zu formen.


    Liebe Grüße von Jo

  • Jo,


    schön gesagt!


    Sprache als Mittel zur Austausch mit einem Gegenüber verdient unsere höchste Achtung.


    Dies gilt für Sender und Empfänger!


    In sofern möchte ich Brigitte gerne zurufen:
    Kein Wort ist unnütz, kein Gedanke macht unrein.
    Worte und Gedanken spiegeln immer nur genau das, was ich in dem Moment in mir zum Ausdruck bringen wollte.
    Es ist in diesem Moment das beste, was ich anbieten kann.
    Erst in der Wahrnehmung eines Zweiten Menschen enststeht eine Qualität, eine Wertung, schlimmstenfalls eine Verletzung.
    Gedanken können nur mir selber schaden, wenn sie keinen Ausdruck finden, indem sie mich mit Scham und Schuld bedrängen.
    Wenn sie einen Ausdruck finden (ja ich kenn die ganze Poesie à la »aus Gedanken werden…), dann können Sie auch anderen schaden.
    Wenn ich Gedanken und Worte habe und keine Alternative spüre, sind sie immer das beste, was in mir ist, und niemals machen sie unrein.
    Wenn ich ständig außerhalb von mir danach suche, ob mein Gedanke nicht doch irgendwo Schaden anrichtet, komme ich nie zu mir, weder in meinem Inneren, noch als erkennbares Gegenüber.
    Das spricht den Sender nicht frei von seiner Verantwortung, aber die Verantwortung über die Frage, ob etwas Gesagtes fruchtbar oder schädlich ist, ist im Dialog geteilt zwischen Sender und Empfänger. Ob 50:50 sei mal dahingestellt.
    Ein nachträgliches Bewerten einer schädlichen Aussage ist so schamvoll und schuldaufladend, dass man darüber manchmal sich selbst verdammt.
    Verantwortung als Alternative zu Schuld und Scham bedeutet vielleicht einfach zu sagen: Ich schaue nicht zurück und attestiere mir »unreinheit«, sondern schaue auf das nächste mal, ob ich es anders sagen kann…


    Hochachtungsvoll
    Mal Sehen

  • Quote from malsehen

    Verantwortung als Alternative zu Schuld und Scham bedeutet vielleicht einfach zu sagen: Ich schaue nicht zurück und attestiere mir »unreinheit«, sondern schaue auf das nächste mal, ob ich es anders sagen kann…


    Aber ist nicht auch ein Zurückrudern, eine Zurücknahme, eine Entschuldigung eine verantwortliche Tat? Wenn ich aus einer Laune heraus Bullshit schreibe, mir dessen vielleicht sogar im Augenblick des Schreibens (halb) bewusst bin, muss ich dann nicht später mich entschuldigen, zurücknehmen? Oder relativierend kommentieren?


    Für mich selber ist das unwichtig. Für mich reicht die Reflexion meiner Worte und der erzeugten Reaktion anderer um meine zukünftige Ausdrucksweise eventuell zu ändern. Wenn ich das denn ernsthaft will und mache.


    Aber für mein gegenüber, den Verletzten, ist eine Entschuldigung vielleicht wichtiger als all meine nicht-verletzenden Worte in Zukunft.


    Ich denke beides gehört dazu.


    Selbstverdammung und 180 Grad Kehren legen den Verdacht von Unsicherheit, Selbstzweifel nahe. Das ist aber eine andere Baustelle, ein Extrem was viel tiefere Probleme offenbart als reine Schwächen in der Kommunikation.

    Von mehreren Theorien, die die gleichen Sachverhalte erklären, ist die einfachste allen anderen vorzuziehen.


    Die Leute von denen Du am meisten lernen kannst sind die mit denen Du nicht einer Meinung bist.


  • Gott ! Wasn das jetzt ? Für "intellektuell kalt und rational" gibts hier ganz andere Protagonisten !
    Sei herzlich umarmt .

  • Mir ist das hier zuviel Text. Zuviel Abwägen.
    Das ist immer die Gefahr beim "Bewegtsein" und sich von "Wahrnehmungen bewegen" zu lassen.
    "Wasserfälle" wie es Grund ausdrückt.
    Als Schutzfaktor halte ich mich außnahmsweise mal an kurze, knackige Wahrheiten:


    Z.B: Wer Angst hat gibt dem Teufel die Hand. ( russisches Sprichwort )

  • Quote from Onyx9

    Mir ist das hier zuviel Text. Zuviel Abwägen.
    Das ist immer die Gefahr beim "Bewegtsein" und sich von "Wahrnehmungen bewegen" zu lassen.
    "Wasserfälle" wie es Grund ausdrückt.
    Als Schutzfaktor halte ich mich außnahmsweise mal an kurze, knackige Wahrheiten:


    Z.B: Wer Angst hat gibt dem Teufel die Hand. ( russisches Sprichwort )


    Schön, wenn Du Dich entschiedest zu schweigen. Es ist eine Möglichkeit, einem Gespräch einen Lauf zu lassen, zu dam man nichts beitragen möchte.


    Das russische Sprichwort gibt dem mutigen ein schönes Motto.
    Dem Ängstlichen stellt es den Teufel zur Seite.


    Ich bedanke mich für diesen Blick auf den, der neben mir steht.


    Hochachtungsvoll
    Mal Sehen


  • Bambus, ich gebe Dir da recht. Mittlerer Weg oder goldener Mittelweg oder was auch immer als sprachliche Floskel ist das Ziel.
    Ich muss nicht auf einem alten Fehler bestehen, wenn ich die Verantwortung dafür übernehme.
    Wenn ich mir halb bewusst war, hätte ich ja auch eine (halbe) Alternative gehabt … ;)
    Wenn ich kann, kann ich nachträglich kommentieren und ergänzen.
    Entschulden und Verzeihen, da differenziere ich…
    DIe Qualität von Verzeihung erbitten und geben ist eine hohe Kunst für beide Beteiligten.
    Entschuldigen geht für mich nicht, wenn ich den Begriff er Schuld als etwas, was den (Selbst- oder Fremd-) Beschuldigten von einer Schuld als Begriff freisprechen möchte. Schuld und Scham greifen für mich begrifflich weiter auf den betroffenen Menschen, als die reine »Tat«, für die es Verantowrtung zu übernehmen gilt es nötig macht.
    Ich übernehme Verantwortung, indem ich die Tatsache meines (buddh. gesagt) leiderzeugendes Verhaltens anerkenne. Ich kann es nicht zurücknehmen, ich kann mich nicht entschulden, denn der Fakt ist gelegt. Ob das nun Karma ist – bitte gerne. In dem ich um Verzeihung bitte, und in dem Verzeihung gewährt wird, wird diese Schuld auch nicht abgetragen, der Fakt bleibt. Verzeihen anerkennt und würdigt das Geschehene eher schonungslos und klar zwischen den Beteiligten. Es wirkt für mich dann in einer Art in die Zukunft gerichtete gemeinsame Statuserklärung, dass man sich über das Geschehene bewusst ist und dies die Zukunft zwischen den Verzeihenden nicht oder so wenig als möglich beeinflussen soll. Für den, dem verziehen wurde in dem Sinne, als dass er es möglichst nicht wiederholt, aber auch, dass er ohne Angst um Nachwirkungen seines Handelns dem verziehen Habenden gegenüber treten kann. Für den Verziehen habenden bedeutet es, dass er dem Verziehenen nicht weiter »nachkartet«, um die Zukunft möglichst unbelastet zu halten.


    Hochachtungsvoll
    Mal Sehen


  • malsehen


    Habe Deinen Ruf vernommen !


    Nun, ich habe eine anderes Sichtweise,
    was Gedanken, Wort, Schrift und Tat bedeutet.


    Halte ich meine Gedanken "rein",
    kommt auch kein dummes, unnützes, oder gar böses Wort heraus,
    was sich dann womöglich nocht in der Handlungsweise Bahn bricht.


    Schweigen ist für mich im letzten Jahr zur Oberregel geworden.
    Schweigewochen, die ich immer wieder an dafür ausgesuchten
    Orten besuche,
    zeigen mir immer wieder auf,
    was für ein oberflächlicher Unsinn von den Menschen geredet wird.


    Mittlerweile fasse ich mich kurz,
    im Gedanken, Wort, Schrift und Handlung und ich WILL,
    das dies alles mit meinem Herzen und voller Aufmerksamkeit
    vollzogen wird.


    LG


    Es ist eine wahre Schmach und Schande, daß wir Christen wie blinde Hühner umhergehen und nicht erkennen, was in uns ist und davon gar nichts wissen.
    Johannes Tauler


  • Ich kann dir da nur recht geben Bambus,


    Wenn ich das Gefühl andere zu verletzten, fällt es mir nicht schwer mich zu entschuldigen. Ich habe gelernt, das es wichtig ist, sich in sein Gegenüber hinein zu versetzten. Meine Verantwortung ist:


    1) nicht davon auszugehen, das ich immer recht behalten muss
    2) dem anderen die Möglichkeit geben, meine Worte zu widerlegen - was mir zu Gute kommt, denn ich kann dadurch lernen, das sich alles Verändert. Was eben noch die absolute Wahrheit war, kann morgen schon veraltet sein.
    3) mir immer bewusst zu sein, das ich eine Verantwortung habe für das was ich sage.
    4) wenn ich etwas nicht weiß zu fragen, oder die Klappe zu halten.
    5) mich zu entschuldigen, wenn ich verletzt habe - dabei spielt es keine Rolle ob ich es bewusst tat, oder unbewusst.


    Ich glaube wenn man sich daran hält ist Kommunikation sehr Bereichernd.


    Liebe Grüße von Jo

  • Quote from Jobrisha

    4) wenn ich etwas nicht weiß zu fragen, oder die Klappe zu halten.


    Manchmal ist es auch sehr hilfreich einfach zu sagen "Ich weiß das nicht" :D

    Kein "Ich" - keine Probleme.

  • Quote from Simo
    Quote from Jobrisha

    4) wenn ich etwas nicht weiß zu fragen, oder die Klappe zu halten.


    Manchmal ist es auch sehr hilfreich einfach zu sagen "Ich weiß das nicht" :D


    :D Das gehört für mich zum Fragen dazu... HÄÄÄÄÄ????? ;)


  • Liebe Brigitte,


    ich glaube die Sprache symbolisiert das Miteinander wie es wirklich abläuft.
    Da gibt es den: "Alder"
    Den: "Hey du Arsch"
    Den: usw,usw,


    Die Jugendsprache von heute versteht kein Mensch / noch nicht mal die Jugend selbst. Weil man im Grund genommen für alle was lieb gemeint ist, genau das gleiche für, das was nicht lieb gemeint ist an Worten benutzen kann.


    Da gibt es den Nachbarsjungen, der seinen besten Freund mit: "Hey du Arsch!" begrüßt.
    Der gleiche Nachbarsjunge sagt das aber auch zu einem Jungen, den er nicht mag.
    Der gleiche Nachbarsjunge ruft "Alder" wenn er sich freut. Und "Alder" wenn er jemanden auf sich aufmerksam machen will.


    Ganz ehrlich... ich steh oft da und frag mich wie die Jugend von heute überhaupt noch begreifen soll, was Gefühle, Achtsankeit und Aufmerksamkeit im Miteinander bedeutet wenn die Sprache so reduziert benutzt wird, das für große Worte keinen Platz bleibt.


    Das wir überhaupt hier miteinander reden, in Wort und Bild ist in unserer Welt schon bemerkenswert.


    Alles liebe von Jo


  • Vielleicht versuchst Du es mal mit dem Weg Buddhas. Die Angst lässt spürbar nach. Das Misstrauen übrigens auch.
    Und das Psychoding: Ich muß unbedingt alles richtig machen, sonst werd ich nicht gemocht, auch.


    Übrigens muß man auch keine Angst vor schweigender oder irritierender oder postulierender Kommunikation haben.
    Es sei denn, man muß :grinsen: Aber ich kann Dich beruhigen. Das ist nur die Angst vor der Angst.
    Zumindest eine kannst Du also ruckzuck loswerden.


    Wunderbare Wasserfälle der Ablenkung vom Wesentlichen mag ich Dir nicht wünschen;
    die Entscheidung liegt bei Dir !


    Ps: Mut ist übrigens nicht der Überwinder der Angst, sondern Vertrauen.
    Und so versteht sich auch dieses Zitat aus der orthodoxen Ecke.

  • Quote from Onyx9


    Z.B: Wer Angst hat gibt dem Teufel die Hand. ( russisches Sprichwort )
    Ps: Mut ist übrigens nicht der Überwinder der Angst, sondern Vertrauen.
    Und so versteht sich auch dieses Zitat aus der orthodoxen Ecke.


    Liebe Onyx,


    Ich glaube, wenn man vor dem Leben davon läuft, überholt einem das Leben und man hinkt am Ende hinterher. Was soviel bedeutet wie: Das Leben kann man nicht kontrollieren, wenn man es versucht verpasst man ganz besondere Dinge, die ausserhalb der Kontrolle liegen und ausserhalb der Kontrolle liegt alles. "Wer Angst hat gibt dem Teufel die Hand", könnte hier bedeuten: Angst vor dem leben, vor dem was das Leben dir schenkt. Leid, Glück, Freude, Trauer.... Angst vor einer Partnerschaft, Angst vor Versagen.. all das sind Dinge die man dem Teufel überlässt...


    Ich denke, man muss in sich Vertrauen finden, um das Leben zu genießen.


    Ich finde das Zitat bemerkenswert wahr.


    Liebe Grüße von Jo

  • Onyx,


    ich mag jetzt gerad nicht über Buddhas Weg gegen meine Angst nachdenken. Ich habe meine Position in diesem Kontext so weit ich es für sinnvoll halte dargestellt. So viel: Ich halte es für eine Option.


    Ich habe zwar – um mal im Sinne meines Thread-Postulats ausgesprochen persölnlich von mir zu berichten – momentan ein recht blühendes Angst-Problem, aber ich habe die recht deutliche Wahrnehmung, dass dies sich zumindest nicht auf den Bereich der Kommunikation erstreckt.


    Ja, Vertrauen ist die Medizin gegen die Angst. In dieser Hinsicht bin ich mir bereits länger auf der Spur, als ich dem Buddhismus »begegnet« bin.
    Um weiter von mir zu sprechen – ich bin immer raus, wenn mir »ruck-zuck«-Effekte angeboten werden.


    Und um ein wenig für andere zu sprechen: Mir macht der Teufel, den Du mir an die Seite stellen wolltest (oder eben auch nicht) nichts aus.
    Was aber, wenn Dich da ein sensibleres Kerlchen so angetickt hätte, dass Du ihm den Kollegen mit den Hörnern zugesellt hättest?
    Ich rede nicht von Dramen, die nur zu geringeren Wahrscheinlchkeiten überhaupt passieren.
    Aber diese Wahrheit war keine – Du hast Sie in zweitem Posting in einen erweiterten Kontext setzen wollen – und sie ist im Sinne des ursprünglichen Postulats auch nicht fruchtbar im Sinne eines respektvollen Anstoßes zu einer Bewegung des Gegenübers gedacht.
    Lass uns keinen unseligen wechselseitigen Vorwurfs-Dialog betreiben, ich halte mich nicht für besser – es ist nur ein schönes Beispiel dafür, wie genau diese Ex-cathedra-Klopper ohne einen persönlichen Kontext unmittelbar nicht frunchtbar sind.


    Hochachtungsvoll
    Mal Sehen


  • Excuse me officer,


    Du, Jo bist ne` r`echte Bereicherung ›escht ey Alder‹.
    Liebe Jo wenn`s keine ›Die‹ gerade Kurve mehr gibt ( * der gehört Hanzze*)
    dann eventuell ›de‹ ungerade Kurve :idea::roll::lol:


    Lebt (Plural) lange gesund & in Frieden


    _()_ Nomad


  • Du solltest die Jugend nicht unterschätzen,liebe Jo. Sie kennt Gefühle genauso wie die Jugend sie vor 20 Jahren gekannt hat. Sie hat lediglich eine andere Sicht der Dinge und versteht die Welt auf ihre Weise. Da spielen Gefühle, Achtsamkeit und Aufmerksamkeit genauso eine Rolle. Dass sie Sprache und der von Dir oben gezeigten Weise benutzt zeigt lediglich, dass Sprache etwas total Relatives ist, dass sich nicht festnageln lässt. Die Folks von heute kommen genauso mit ihrem Leben klar wie die Alten, dass die Alten das nicht immer raffen ist doch Standard, Alder!

    Kein "Ich" - keine Probleme.

  • Darf ich ganz eitel als Initiator an den Topic erinnern?
    Gerne Jugendsprache (ob nun buddhistisch oder nicht) als neuer Thread… Ich wäre halt noch ein wenig an der Sprache im Sinne unserer Kommunikationsräume hier interessiert


    Hochachtungsvoll
    Mal Sehen

  • Lieber Malsehen, lieber Simo, lieber Nomad,


    als erstes Sorry Malsehen, ich wollte deinen Topic nicht verabern, sondern vielmehr erweitern, aber du hast recht, es würde hier den Ernst des Gesprächs blockieren. Entschuldige.


    Zu euch anderen beiden,
    ich glaub ihr habt mich falsch verstanden, das lag sicherlich an meiner flapsigen Art und nicht an euch.
    Was ich meinte war vielmehr, das die Sprache ganz unterschiedlich genutzt wird und das es schwierig ist Sprach als das zu begreifen, was sie für den Sprechenden (Schreibenden) wirklich bedeutet.
    Die Gefühle werden oft während des Sprechens gekappt, anhand der Jugendsprache habe ich versucht das zu verdeutlichen.


    Wir haben durch unser Repertoire viele Möglichkeiten, Latainische Worter wie: de facto, fränzösische Wörter wie: Trottoire ( - das benutze ich z.B. für Bürgersteig oder Gehweg, kommt in meinem Fall durch die Hugenotten, die Ansässig waren in meinem Geburtsort) usw.
    Wir nutzen diese im normalen Sprachgebrauch und oft denken wir nicht darüber nach ob das Gegenüber es auch wirklich versteht.
    In vieler Hinsicht gehen wir - ich spreche hier auch immer von mir - davon aus, das man uns verstehen MUSS, wenn der Andere Hören kann.
    Was aber nicht der Fall ist.
    Mit persönlich gelingt es auch nicht immer - oder sehr selten... ;) das ich mich so ausdrücken kann, das der andere mich wirklich versteht.
    Ein: "Was meinst du" ist für mich ein sehr guter Wink mit dem Zaunpfahl, denn es zeigt mir, das ich mal wieder vollkommen daneben gegriffen habe in meiner Wortwahl...


    Ich gebe Malsehen recht, die Art der Sprache und die damit verbundene Symptomatik ist ein anderes Thema...


    Euch liebe Grüße von Jo

  • Quote from malsehen

    Und um ein wenig für andere zu sprechen: Mir macht der Teufel, den Du mir an die Seite stellen wolltest (oder eben auch nicht) nichts aus.
    Was aber, wenn Dich da ein sensibleres Kerlchen so angetickt hätte, dass Du ihm den Kollegen mit den Hörnern zugesellt hättest?


    Samsara halt. ...


    Mir gefällt dieser Fred. Es ist immer wieder gut, sich darüber auszutauschen und du, malsehen, hast das wirklich gut hinbekommen hier!
    Aber: es gibt IMMER, in Foren und im real- life Dinge, die einen anticken können. Und sei der andere noch so achtsam und mitfühlend, man wird nie ganz vermeiden, etwas auszulösen. Das bedeutet die erste edle Wahrheit für mich: wer lebt, leidet und erzeugt Leid.
    Es ist ein Geflecht von Gegenseitigkeiten. Wir sollten achtsam miteinander umgehen, wir sollten nicht zu empfindlich sein und doch: immer wieder geht etwas 'schief' und einer zieht sich zurück und darf sich aufs Neue mit seinen Verletzungen beschäftigen. Ein dynamischer Prozess.

  • @ Jo:
    Sei Dir gerne verziehen. Es ging mir bei meiner Mahnung allerdings nicht um Ernst oder Unernst. Die Aufforderung, in seinen Postings bei sich persönlich und damit erkennbar zu bleiben, heißt nicht, dass dieses persönliche immer Ernst sein muss. Ich bin da ganz offen. Alles, was man mir bisher an buddhistischem Unernst oder gar Humor präsentiert hat, war entweder eine sehr heitere Interpretation einer Quelle oder die durchaus glaubhafte Beschreibung des Humors, mit dem das buddhistische Personal unterwegs ist. Nur, dass im Bereich Humor der Buddhismus mir bisher keinen Vorteil gegenüber einem staubtrockenen nordeuropäischen Protestantismus hat zeigen können, heißt nicht, das wir alle Ernst sein müssen. Wer auf das Thema Humor im Buddhismus einsteigen möchte, es gibt da schon einen Thread zu, ich mag gerade nur nicht suchen.


    @ Mascha:
    Ich wünsche mir leidenschaftliche Wort-Gefechte, wogende Streite mit intensivsten »Anticken«. Dort, wo ehrlich gestritten wird agieren Menschen, die sich nicht verstecken, auch wenn sie Angst haben, weder als Streitführer, noch als »Streitempfänger«, um das mal so zu benennen.
    Rücksicht, Respekt oder Achtsamkeit setze ich dabei auf eine gewisse Art und Weise voraus. Wobei:


    Quote

    jeder Versuch sich mitzuteilen ist frei innerhalb der Grenzen von „das ist das, so wie ich es verstehe“


    um ein Zitat aus meinem Eingangsposting noch einmal herauszulösen – diese Grenze ist für mich weiter, als manche Grenze aus Respekt/Achtsamkeit, hinter der man sich auch verstecken kann. Die Kraft, sich auf den Wegen zu beflügeln, zu bewegen und zu bremsen (wenn es mal Not tut) ist auch beschnitten, wenn man zu Achtsam ist.
    Die grundlegende Verabredung, dass alles Gesagte nur »das ist, so wie ich es verstehe« wäre eine hilfreiche Regel, denn sie relativiert alles gesagte und schützt so den Empfänger einer Aussage auf eine interessante Weise.


    Einer der beeindruckendsten Streite, denen ich beiwohnen durfte, war der zwischen meinem Onkel und einem damals wie heute sehr guten Freund. Gestandene Mannsbilder, Szenario »Tisch mit vielen Freunden, nach opulent selbst zubereitetem Mal und – natürlich reichlich Wein«. Es ging um die Frage, wie man Kindern/Jugendlichen einen Zugang zum Thema Faschismus ermöglicht, ohne in der Art der späten 70er amerikanisch-kitschig oder besserwisserisch nur auf die dummen/bösen Nazis zu schauen. Beide waren sich bestenfalls in Nuancen uneinig. Und doch … ein Wort gab das andere, die anfangs noch teilnehmende Tischrunde wurde immer karger in ihren Beiträgen, der Wein floss weiter, die Worte wurden gröber, der Ton lauter. In meiner Erinnerung saßen sich die beiden sogar an den Kopfenden gegenüber. Ein fulminantes Bild. Mitten in der größten Hitzigkeit vollständiger Unachtsamkeit (der ein oder andere Buddhist hätte wohl schon längst die Tafel verlassen) schrie (wirklich schrie) der Freund meinen Onkel an »Ich streite mich doch nur mit Dir, weil ich Dich liebe«.


    Nicht, dass das den Streit beendet hätte. Weiß Gott nicht. Aber mittendrin war plötzlich klar, dass alle Hitzigkeit, alle Lautstärke zum einen direkt und unmittelbar der Persönlichkeit der Streitenden entsprang und nicht der Belehrung über eine wie auch immer geartete von den beiden zu vertretenden Wahrheit dienen sollte. Zum anderen war mit dem Wort »Liebe« gesagt worden, dass es dem einen um den anderen ging, das ein Interesse am anderen Menschen und seinem Weg die Grundlage von so viel Intenstät war.


    In sofern – bitte gerne anticken. Bitte gerne streiten, wenn wir nicht verletzen wollen, wenn wir am anderen interessiert sind, und nicht an unseren Wahrheiten. Wenn das verabredet ist oder erkennbar wird, wenn wir uns nicht verstecken hinter den Visieren, dann kann solche Intensität des Gesprächs hoher Fruchtbarkeit tragen. Ich bin der letzte, der das verwehren würde…


    Hochachtungsvoll
    Mal Sehen

  • Ach lieber Malsehen, eigentlich möchte man klatschen, aber man kanns leider nicht...
    Gutes Statement!


    Zu deinem Beispiel mit deinem Onkel gibt es auch ein negatives:
    Ich war im Vorstand des Waldkigas meiner Tochter und deckte so einige Ungereimtheiten auf - natürlich ging es ums Geld, um viel Geld - Spenden - ... das irgendwie nicht auftauchen wollte... warum auch immer.
    Also sagte ich klipp und klar meine Meinung zu diesem Thema und legte das Amt mit sofortiger Gültigkeit nieder.
    Der Mitvorstand, der zu diesem Zeitpunkt nur aus einem Ehepaar bestand, fing darauf an, mich dermaßen zusammen zu brüllen, das mir hören und sehen verging. Ich kann damit nicht umgehen, genauer gesagt ich fange sofort an zu weinen, weil ich es nicht ertrage, wenn jemand schreit. Ich fühle mich sofort in einer Ecke (Boxring) und komm nicht mehr rauß.
    Also weine ich wie ein Kleinkind - das kann ich leider nicht ändern... ist nicht gespielt sondern einfach so wie es ist.


    Das Ehepaar sah das und beide meinten wie aus einem Mund: "Wir schreien doch nur weil du uns nicht gleichgültig bist!"
    Daraufhin bekam ich einen hysterischen Lachanfall und konnte mich kaum beruhigen...
    Tja, das zum Thema Zuneigung.


    Liebe Grüße von Jo


  • Hi Jo, da das Zitat aus der christlich - orthodoxen russischen Volksreligion stammt, mag es bedeuten: Da ist kein Vertrauen und damit keine Hinwendung zu Gott.
    Angst ist ja das grundlegenste Gefühl überhaupt- oder nennen wir es existenzielle Unsicherheit. Das Hinterherhetzen hinterm vergänglichen Glück- und Genuß-
    und der Kampf gegen "Ungeliebtes" entspringt ja dem existenziellen Unsicherheits und Unfriedensgefühl aller Wesen; diese permanente rastlose Irritation äußert sich in Angst und führt zu Hass und Gier, zu Kampf und Lust, zur Agression und zur Sucht in sämtlichen wahrnehmbaren Facetten. Der Teufel ist der Versucher, er ist der Wille, die Gestaltungskraft, die sagt: Nimm und tue was Du willst, damit wirst Du groß, er ist schlicht der Egoismus, der sich aufplustert, bis er seinem Wahn erliegt. Der Genuß, die Lust an weltlicher Befriedigung ist die Versuchung schlechthin, denn sie verdeckt die Angst und ihren Verursacher, sie macht die Talfahrt angenehm.



    Und da mag ich mal das zitieren, weil es am besten ausdrückt, was im budhistischen Sinne gemeint ist:


    " Unsicherheit und Furcht und alle unsere Ängste entstehen aus dem Gefühl, etwas schützen zu müssen,
    etwas , das geschädigt oder verloren werden kann, das unerfüllt ist. Wenn wir aber wirklich wissen ( erkennen ),
    dass es nichts unerfülltes gibt, nichts, das geschützt werden muss, weil nichts zerstört werden kann, dann brauchen wir nichts mehr zu fürchten"
    Ringu Tulku Rinpoche


  • Schau mal, wie fruchtbar dieser Wahrheits-Joke war. Zeile um Zeile um Zeile.... :grinsen: